Audienz für den Praefectus Urbi: Über die Lage der Stadt

  • Für Momente vergaß Menecrates, dass er sich in einer kaiserlichen Audienz befand. Er unterhielt sich mit jemand, der Verus kannte, ihn nur aus anderer Perspektive sah. Zudem erörterten sie ein Thema, zu dem sich der Claudier als Patron nicht nur verpflichtet fühlte, sondern das ihm am Herzen lag. Menecrates sann den Worten des Kaisers nach, bevor er nickte. Es herrschte Übereinstimmung, trotz verschiedener Blickwinkel.

    "Die Strafe entzieht sich leider meiner Kenntnis", gestand er. "Obwohl ich Tiberius pass genau zwischen dem Rapport bei Heius und seinem Verschwinden gesprochen hatte, riss er die Konsequenzen nicht an. Vor mir stand allerdings ein zerstörter Mann. Ich habe versucht, ihm eine Perspektive zu geben und ihn bei einer senatorischen Laufbahn nach Kräften zu unterstützen." Menecrates' Schweigen, das er zum Sammeln benötigte, ließ ahnen, dass der Versuch misslang. "Ich hätte bei dir um die Erhebung in den notwendigen Ordo bitten müssen, aber", er hob resigniert die Hände, "Tiberius Verus verschwand." Der Claudier atmete einmal durch, dann fügte er an: "Ich habe erst kürzlich die Suche nach ihm angestrengt. Das Kapitel ist für mich wegen der vielen ungeklärten Details noch nicht geschlossen."


    Wegen der perfekten Zusammenfassung des Kaisers, die Castella und die Stationes betreffend, nickte Menecrates. Besser hätte er es nicht formulieren können. Nur auf den Hinweis zum Kostenfaktor musste er eingehen. "Tja, im Grunde ziehe ich in meiner Planung bereits für die erste Castra eine bestehende Kohorte aus der Castra Praetoria ab. Castra zwei ginge nur dann umzusetzen, wenn es außer einer neu ausgehobenen Kohorte zum Betreiben der beiden Stationes noch eine weitere gäbe. Allerdings", er dachte kurz nach, während er sich - ohne es zu bemerken - ebenfalls über den Bart strich, "ich halte es für eine umsichtige Vorgehensweise, zunächst mit nur einer Castra zu beginnen. Wir greifen auf keinerlei Vorerfahrung zurück. Bei der zweiten Castra könnten wir aus den Anfangsfehlern der ersten lernen."

  • Lurco schwieg weiterhin, alles was er offenhielt waren Augen und vor allem die Ohren. Scheinbar geschahen in Rom weitaus mehr Dinge, als sie für möglich gehalten hatten. Ein Klient ihres Praecetus war spurlos verschwunden? Neben Morden nun auch noch das. Was warf das für ein Licht auf die Cohortes Urbanae, wenn sie nicht in der Lage waren, einen Klienten des höchsten Mannes der Urbaner aufzuspüren und falls nötig, aus der Gewalt von Geiselnehmern zu befreien?


    Oder hatte der Mann sich aus anderen Gründen abgesetzt? Auch dies galt es in Erfahrung zu bringen, denn im schlimmsten Fall konnte ein Fehlverhalten auf ihren Praefectus zurückfallen. Den entsprechenden Befehl darüber zu erteilen oblag allerdings ihrem Praefectus. Praefectus Claudius hatte die Suche erst vor kurzem angestrengt wie er selbst äußerte. Lurco war von einer derartigen Suche nichts bekannt, eine Vermisstenmeldung mit Suchvermerk lag nicht vor. Oder ließ der Praefectus privat nach seinem Klienten suchen, anstatt mit der Staatsmacht durch die Cohortes Urbanae?


    War dem Praefectus klar, dass es sich möglicherweise um einen Anschlag auf ihn und seinen Ruf handeln konnte?

    Zuerst fällte man seine Statio in der Subura und sabotierte damit sein Vorhaben, was diesen Bezirk anging.

    Dann tötete man Caesonius, der Mann der mögilcherweise zuviel wusste, ohne es selbst zu wissen.

    Und nun war ein Klient des Praefectus verschwunden.

    Das waren eindeutig zu viele Zufälle die in Richtung ihres Praefectus wiesen.


    Aber Lurco blieb im Moment nichts anderes übrig als zu schweigen und dies tat er auch, noch... wenn auch nicht gerne.

  • Der Kaiser zeigte keine Anzeichen, was er über das Verschwinden von Tiberius Verus dachte. Er bemerkte nur: "Ich dachte, Tiberius hätte sich schon vor langer Zeit gegen ein Leben entsprechend seinem Stand entschieden." Der Präfekt und auch der Aquilier waren beide Patrizier. Beiden war klar, dass die Karriere des Tiberiers sehr ungewöhnlich für seinen Stand war.


    Dass Menecrates aber zumindest mit dem Vorschlag zufrieden war, stimmte auch den Kaiser glücklich. "Gut, dann bleiben wir vorerst bei einer zusätzlichen Kohorte. Über die zweite sprechen wir, wenn sich die dezentrale Unterbringung bewährt hat." Er sah noch einmal auf den Plan und strich sich durch den Bart. Dann deutete er auf das Marsfeld. "Ich denke, dort wäre ein guter Anfang, was meinst du?"


    Damit war das erste Thema abgehakt. "Kommen wir zum nächsten Punkt: Die Ermordung der Virgo Vestalis Maxima." Die Miene des Augustus verfinsterte sich. Es war klar, dass ihn dieses Thema sehr beunruhigte.

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  • Auf die Anmerkung des Kaisers zum unüblichen Karriereverlauf nickte Menecrates - nicht übermäßig deutlich, dafür öfter. Er hieß einige Entscheidungen von Tiberiern nicht gut, aber letzten Endes ging ihn das nichts an. Damit schloss er das Thema Verus und konzentrierte sich auf die Absprachen zu seiner Einheit. Als der Kaiser auf den ausgebreiteten Plan deutete, der Roms Stadtviertel zeigte, reckte er zur besseren Sicht den Hals.

    "Ich präferiere keinen der beiden vorgeschlagenen Standorte, daher können wir gern mit der Castra im Norden anfangen. Wobei, wenn ich es genau bedenke, liefert dieser Standort wegen den dort häufig abgehaltenen Veranstaltungen, sogar einen zusätzlichen Vorteil für unsere Einsätze." Eine gute Entscheidung des Kaisers.

    Das folgende Thema würde weniger leicht abzuwickeln sein, denn eine Patentlösung gab es nicht. Wegen der komplizierten Problematik verdüsterte sich auch Menecrates' Gesicht. Er wandte sich an den Optio. "Von Octavius' Stapel die Notizen zum Fall mit der Kennzeichnung 'vertraulich'." Er hielt die Hand aufnahmebereit ausgestreckt, denn für die Namen benötigte er die Aufzeichnungen.

    "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, mir liegen aber erste Ergebnisse vor", begann er mit Blick zum Kaiser, dann suchte er im Protokoll nach Täterin und Zeugen. "Die Tat wurde von einer Frau verübt, deren Identität noch unbekannt ist. Zeugen der Tat sind die Vestalin Valeria Maximilla und der Liktor Caius Lucceius Aterianus. Als Tatwaffe diente ein Messer." Er überflog die Notizen, fand nur noch einen weiteren Namen und gab die Unterlage Lurco zurück.

    "Der ersten Tat folgte eine weitere." Er bemühte sich um eine knappe Schilderung und vermied es, sich darüber Gedanken zu machen, wie der Bericht auf den Kaiser wirken musste. "Opfer der zweiten Tat ist die Angreiferin auf die Virgo Vestalis Maxima. Die Tatzuweisung ist noch strittig." Das bedeutete, der Täter war noch nicht zweifelsfrei festgestellt, die Befragungen dazu währten an.

    "Angesichts der Tatsache, dass die Morde am Tag stattfanden, die eine Leiche in einer Sänfte zur Casa Mammilla gebracht und die andere in einen Sack verfrachtet wurde, grenzt es an ein Wunder, dass die Kunde nicht wie ein Lauffeuer durch Rom zog."

    Er legte eine Pause ein, in der er den Kaiser betrachtete und gleichzeitig nachdachte, dann rückte er mit dem finalen Detail heraus.

    "Bei der mutmaßlichen Mörderin der Maxima wurde ein Amulett in der Form eines Fisches gefunden. Sie steht damit im Verdacht, christlichen Kreisen anzugehören. Auch hier sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen."

  • Lurco reichte die passenden Berichte oder nahm sie geschwind wieder entgegen, ganz so wie es sein Praefectus benötigte. Als das Gespräch zu den Christen wechselte, fragte sich Lurco, wen sie alles im Namen ihrer scheinbar ach so friedlichen Religion noch umbringen wollten. Für Lurco war Mars maßgeblich und so handelte er auch. Scato wusste dies und sogar sein Praefectus wusste das. Aber all dies spielte momentan keine Rolle. Der Kaiser würde entscheiden, wie sie mit den Christen umzugehen hatten. Er selbst dachte schlagartig an Löwen.

  • Valeria Maximilla hatte dem Kaiser die Nachricht vom Tod der Vestalis Maxima überbracht, insofern erzählte der Praefectus Urbi wenig Neues. Einzig die Sache mit dem Fisch-Anhänger. "Ist das ein Symbol der Christen?" brummte er. Er hatte als Statthalter gelegentlich von ihnen gehört, sie aber als friedliche Spinner abgetan. Seit einiger Zeit schienen sie aber gefährlich zu werden...


    "Wir müssen etwas gegen diese Christen unternehmen." stellte er daher fest und legte die Stirn in Runzeln. "Das neue Decretum Christianorum scheint sie provoziert zu haben." Das bedeutete natürlich nicht, dass es ein Fehler war. Eher, dass man die Kontrolle der Staatsmacht hier durchsetzen musste!

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  • Seine Handbewegung hätte man übersetzen können mit: 'Ich selbst weiß es nicht, aber offensichtlich...'

    "Ich muss mich auf meine Berater verlassen, weil ich mit dem christlichen Kult nicht vertraut bin. Es ist wohl so, dass sich Christen mittels Fischen untereinander erkennen. Sie müssen eine Art Geheimcode sein." Er verstand den Zusammenhang zwischen Fischen und Christen nicht. Im Grunde verstand er aber die gesamte Religion der Christen nicht. "Leider sieht es so aus, als bin ich gezwungen, mich zukünftig mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Ihre Präsenz wird größer und zunehmend problematischer." Dass sie etwas unternehmen mussten, fand Menecrates auch. Allerdings bewertete er das Decretum Christianorum gänzlich anders.

    "Provoziert?", fragte er sicherheitshalber nach. "Um ehrlich zu sein, habe ich es mir einmal durchgelesen und anschließend nie wieder angeschaut, weil ich es", er breitete entschuldigend die Hände aus, "weitgehend nutzlos finde. Es ist viel zu lasch." Gedacht hatte er das schon lange, wollte nur niemand auf die Füße treten, solange die Christen keinen größeren Unfug anstellten. Diese Grenze hatten sie aber überschritten. Leider gab es mehrere Fronten, an denen Menecrates kämpfen müsste, aber nicht gleichzeitig konnte. Er hoffte, die Präsenz von Soldaten in Rom würde für mehr Sicherheit auch in dieser Hinsicht sorgen.

  • "Nun, das ist vielleicht wirklich eine Sache für die Prätorianer..." erwiderte der Kaiser weiter nachdenklich. Als Geheimpolizei hatten die schwarzen Kohorten hier vielleicht bessere Handhabe. Falls Seius nicht auch eine Schwäche in diese Richtung hatte... "Du müsstest dich aber wohl auch mit dieser Sekte vertraut machen, wenn derartig gefährlich geworden ist."


    Er zuckte mit den Schultern. "Deine Männer sollten aber mit Hochdruck wegen dieses Falls ermitteln. Noch halten wir den Mord unter der Decke, aber ich will direkt einen Schuldigen präsentieren können, wenn wir die Sache offiziell bekannt geben." fügte er ernst an. Ob er damit andeutete, dass es ihm weniger darum ging, den wahren Schuldigen zu finden als einen Sündenbock vorzeigen zu können, ließ er offen.


    Damit war dieser Fall offensichtlich vorerst erledigt. "Gibt es bis dahin noch einen Punkt, den wir besprechen müssten?" fragte er daher und blickte fragend vom Präfekten zu seinem Sekretär und zurück.

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  • Der Kaiser bestätigte Menecrates' Erwartung, dass er sich zukünftig mehr mit den Gepflogenheiten der Christianer auseinandersetzen musste. Gleichzeitig entlastete er ihn, indem er die Nachforschungen zu den Codesymbolen der Sekte in die Hände der Prätorianer legte. Wieder einmal vermisste Menecrates Verus. Eine Zusammenarbeit mit ihm garantierte beste Ergebnisse, zumal sie in vielfältiger Hinsicht übereinstimmende Ansichten vertraten. Es war, wie es war und musste auch ohne Verus weitergehen.

    Er nickte, als der Kaiser vom Hochdruck sprach. Die Möglichkeit, irgendeine Schuldzuweisung zu präsentieren, zog er nicht in Erwägung. Ergebnisse waren für ihn entweder richtig oder falsch. Es gab kein Dazwischen und die Wertigkeit 'falsch' fand der Claudier uneingeschränkt inakzeptabel. Es hieß also, säuberlich und zügig zu ermitteln, was die zweifelsfreie Zuordnung zu - welcher Gruppierung auch immer - betraf. Er würde dies parallel zur Garde anstreben, da die Zusammenarbeit mitunter hakte.


    "Der Täter ist bereits durch die Aussage zweier Zeugen ermittelt und kann präsentiert werden, wenn auch nicht leibhaftig. Für die zweifelsfreie Zuordnung zu den Christen wären die Erkenntnisse der Prätorianer hilfreich, sofern sie zu welchen gelangen." Sein Vertrauen in die Garde hielt sich in Grenzen. Das mochte auch daran liegen, weil die Wenigsten Menecrates' Anspruch auf Gründlichkeit erfüllten. "Ich setze natürlich vor allem auf unsere Ermittlungen."

    Der Bemerkung des Kaisers hatte er darüber hinaus entnommen, dass eine offizielle Verkündung der Mordsache im Bereich des Möglichen, sogar des Wahrscheinlichen lag. Diesen Umstand speicherte er ab.


    Auf die letzte Frage hin durchforstete Menecrates im Schnelldurchlauf die anliegenden Projekte, fand aber keine Gesprächsnotwendigkeit. Er blickte zu Purgitius. "Fällt dir noch etwas ein, Optio?"

    Einzig die weitere Vorgehensweise in Bezug auf die Stationes hatten sie noch nicht eindeutig geklärt.


    "Die kommenden Abläufe, was die Stationierung von Urbanern samt weiterer Feuerwache betrifft, möchte ich gern noch besprechen. Ist es so, dass der Senat über den Umfang der Aushebung neuer Einheiten UND die Kombistation befindet? Oder anders gefragt: Sollte ich mit der Einleitung von Weihe- und Baumaßnahmen warten, bis es einen Senatsbeschluss gibt? Um ehrlich zu sein, bin ich davon ausgegangen, dass nach Feststellung der zur Verfügung stehenden Mittel allein deine Entscheidung für mich maßgeblich ist."

    In Erinnerung an die Antragstellung der ersten Station befürchtete Menecrates, dass es wieder so kam, dass der Kaiser auf den Senat verwies und der Senat auf den Kaiser, sodass nichts Handfestes zustande kam. Damals hatte Menecrates die ausbleibende Entschlussfreudigkeit ignoriert und Nägel mit Köpfen gemacht. Dieses Mal ging es jedoch um ein weit größeres Vorhaben, bei dem er unmöglich eigenständig agieren konnte. Zum Anschieben sah er sich aber allemal in der Lage.

  • "Der Fisch ist ein Rätsel, ein Wortspiel. Fisch vom griechischen Ichtys. I - Jesous, CH - Christos, TH - Theou, Y - Hyos, S - Soter, Zusammen Ichthys, übersetzt Fisch. Jesous Christos Theou Hyos Soter heißt als Satz übersetzt Jesus Christus, Gottes Sohn, unser Heiland oder unser Retter, dass sagt der Fisch der Christen. Jeder einzelne Buchstabe steht für das griechische Wort. Nach der Audienz hätte ich Dich gerne einmal persönlich gesprochen Praefectus", antwortete Lurco seinem obersten Vorgesetzten leise flüsternd.


    Bezüglich seiner Vermutung, dass es vielleicht nicht um die Cohortes Urbanae, sondern um den Praefectus selbst ging, musste dieser gewarnt werden. Es war durchaus möglich, das jemand Herius Claudius Menecrates in Miskredit bringen wollte.

  • Je länger der Optio sprach, umso erstaunter sah Menecrates ihn an. Als dieser endete, fürchtete der Präfekt, dass der Purgitier zur Szene gehörte, weil er detailliert über Insiderwissen verfügte.

    "Ja, ich denke auch, dass wir nach der Audienz miteinander sprechen müssen", erwiderte Menecrates, schob die Sorgen so gut es ging beiseite und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kaiser. In seinem Kopf stürzten dennoch die Gedanken durcheinander.

  • Als ausgerechnet der Optio das Rätsel löste, staunte auch der Kaiser nicht schlecht. Ein Wortspiel mit diesem ominösen Halbgott Jesus, der scheinbar irgendwie gesalbt worden war. Zu was, entzog sich seiner Kenntnis. Aber das war im Grunde auch egal, denn es war ein deutlicher Hinweis, dass die Christen hinter dem Mord steckten! Die Bemerkung mit dem Vier-Augen-Gespräch irritierte ihn dagegen ein wenig, immerhin stand er vor dem mächtigsten Mann Roms, da ließ man so etwas normalerweise warten.

    "Das ist ein Indiz, aber vielleicht ist die Mörderin auch einfach die Frau eines Fischers." stellte der Kaiser nüchtern fest. "Ich weiß nicht, ob ein noch schärferes Vorgehen gegen die Christen eher zu mehr Unruhe führt oder zu mehr Friede. Ihr solltet aber unbedingt mit Hochdruck in diese Richtung ermitteln: Wenn die Christen unsere höchste Priesterin getötet haben, müssen sie dafür bezahlen. Das gebietet die Pax Deorum und die Ehre Roms!" In diesem Fall würde sich der Aquilier auch kaum gegen eine öffentliche Verfolgung wehren, die Tiberius Verus immer angemahnt hatte.


    Blieb noch das Vorgehen mit der Statio. "Du kannst mit den Bauarbeiten und so weiter beginnen. Die Aufstockung und den Bezug können wir erst nach der Senatsdebatte machen. Aber ich werde mich zeitnah darum kümmern!" Bis so eine Aufstockung erfolgt war, würde es ja auch eine Weile dauern. "Du kannst bereits alles in die Wege leiten, dass wir entsprechend Offiziere und einen Grundstock an Mannschaften für die neue Kohorte bekommen. Der Praefectus Vigilum soll sich um seine kümmern." So etwas ließ sich ja nicht allein mit neuen Rekruten bewerkstelligen. Deren Ausbildung würde sowieso wieder eine Weile dauern.


    "Dann habe ich noch eine Frage: Wie ist sonst die allgemeine Lage in der Urbs? Ich möchte in Kürze meine lange angekündigte Rede zur Lage des Imperium im Senat halten, da brauche ich auch aktuelle Informationen, wie es in der Stadtverwaltung und so weiter läuft." Der Praefectus Urbi war ja nicht nur der militärische Kommandant von Rom!

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  • Das Durcheinander in Menecrates' Kopf erhielt Zuwachs durch die Anmerkung des Kaisers, der Anhänger könnte auf eine Fischerfamilie hindeuten. Der Claudier musste sich schnellstens mit dem Milieu der Christen auseinandersetzen, obwohl er es verabscheute. Er begann, analytisch zu denken und entwickelte in Kürze einen Plan.

    "Es lässt sich leicht herausfinden, welche Bedeutung der aufgefundene Anhänger hat. Ich benötige dafür ein paar Prätorianer. Ich dirigiere sie nur von A nach B., auf etwas anderes müssten sie sich nicht einlassen." Er sah es als Gefälligkeit und würde dem Prätorianerpräfekt gewiss nicht die Autorität stehlen. Er brauchte die Uniformen, notfalls lieh er sich welche aus der Rüstkammer.

    'Zum Hades!', schimpfte er innerlich. 'Jetzt wäre Verus der Mann der Stunde!'

    Menecrates nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte und dass er sich die Aussage des Kaisers merkte, nach der die Christen bezahlen müssten, würde ihnen der Mord nachgewiesen werden.


    Zufrieden nickte er nochmals, als er bereits jetzt die Freigabe für den Baubeginn bekam. Die verstärkte Rekrutenwerbung müsste parallel mit dem Heranziehen oder Abwerben neuer Offiziere einhergehen. Den Vigiles würde er seine Hilfe anbieten, denn eine Aufstockung dieser Einheit lag in seinem Interesse. Die Prätorianer interessierten ihn nicht und sie würden aus seiner Einheit auch keinen Mann bekommen. Die sollten sich bei den Legionen umsehen.


    Die Frage nach der Stadtverwaltung würde kommen, aber Menecrates musste sich eingestehen, diesen Bereich seines Amtes gegenüber dem militärischen Bereich etwas zurückgestellt zu haben. Bei seinem zweiten Amtsantritt hatte er sowohl innerhalb der Einheit als auch in Bezug auf den Auftrag der Cohortes Urbanae mehr als genug zu tun bekommen.

    "Um ehrlich zu sein, lautete mein Plan, mich nach meiner Einsetzung in erster Linie um die Stadtverwaltung zu kümmern. Die Truppenführung wollte ich vornehmlich den hervorragenden Tribunen überlassen, aber es kam alles ganz anders. Das liegt nicht daran, dass die Stabsoffiziere weniger gut wären als ich dachte! Es liegt an der problembelasteten Situation, in der ich mein Amt angetreten habe, und die leider in immer neuen Facetten neue Herausforderungen für mich bereithält. Ich fürchte, ich werde mich erst in ausreichendem Maße der Verwaltung der Stadt widmen können, wenn wir Roms Viertel samt seiner Kriminellen besser unter Kontrolle haben. Ich hege die Hoffnung, diese Situation mit den neuen Stationes und den Aufstockungen erreichen zu können. Bis dahin fährt die Verwaltung mit geringsmöglicher Kraft." Er hob bedauernd die Hände, denn er konnte sich nicht zerreißen. Er musste sich weitgehend auf die Kompetenz der leitenden Beamten verlassen.

    "Die letzte von mir einberufene Besprechung liegt für jeden Bereich etwa einen Monat zurück. Da ich mich aber täglich in der Praefectura Urbis zur Nachmittagszeit aufhalte, gäbe es genügend Möglichkeiten, mich auf gravierende Engpässe bei der Nahrungsversorgung, größere Schäden an Bauwerken oder Straßen aufmerksam zu machen. Per heutigem Stand sehe ich keine Handlungsnotwendigkeit.

    Einzig beim Curator Aquarum ist aktuell ein Problem bekannt. Der Mann schwächelt aus gesundheitlichen Gründen. Ich hege Zweifel, ob der geplante Bau eines neuen Aquaedukt unter seiner Leitung bewerkstelligt werden kann. Ich sehe noch keinen sofortigen Handlungsbedarf, behalte die Situation aber im Auge."

  • "Wofür brauchst du denn Prätorianer?" fragte der Kaiser verwirrt. Nicht dass es unmöglich war, aber er musste schon verstehen, wozu!


    Was der Praefectus Urbi zur Stadtverwaltung berichtete, klang zunächst wenig besorgniserregend. Der Kaiser nickte hier und da, natürlich hatte er auch gelegentlich direkten Kontakt mit den Curatoren. "Oft kommt es anders als man denkt." bemerkte er hinsichtlich der veränderten Fokussierung. "Wenn alles reibungslos funktioniert, ist es umso besser. Mir wäre nur wichtig, dass du weiter ein Auge auf alle meine städtischen Curatoren hast, falls es irgendwo zu Schwierigkeiten kommt. Auf der Cura Aquarum liegt natürlich ein besonderes Augenmerk: Wir planen ja den Bau eines neuen Aquaedukt..." Die Details interessierten ihn weniger.

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  • Wieder wartete eine für Menecrates knifflige Frage auf eine bestmögliche Antwort. Dabei hatte er sich dieses Ei selbst gelegt, denn ohne lautes Nachdenken gäbe es die Nachfrage nicht. Er blickte zu Optio Purgitius, bevor er - an den Kaiser gewandt - zur Erklärung ansetzte.

    "Ich hatte vorhin die problembelastete Situation erwähnt, in der ich mein Amt angetreten habe. Natürlich ging es da in erster Linie um unzählige Verbrechen, aber Teil dieser Situation ist auch das Empfinden vieler Soldaten der Cohortes Urbanae, von der Bevölkerung geringschätzig behandelt zu werden. Da ist die Rede von purem Hohn gewesen, von pöbelnden Sklaven und der gefühlten Adresse für jedermanns Unmut. Anfangs konnte ich dieses Empfinden meiner Soldaten kaum glauben, später auch teilweise nicht mehr hören." Er blickte einen Lidschlag lang erneut zu Purgitius. Sicherlich klang es nicht gut in dessen Ohren, wenn Menecrates der Klagen Leid war. Immerhin hatte er versprochen, der Einheit wieder zu Glanz und Respekt zu verhelfen. Der Blick nach vorn musste ihnen reichen, der zurück bremste aus.

    "Du selbst hast vorhin die Christenangelegenheit als Sache der Prätorianer bezeichnet. Gleichzeitig ermitteln wir auch in diese Richtung, dazu zwingen uns die Vorfälle. Ich strebe an dieser Stelle eine Kooperation zwischen den beiden Einheiten an, weil mir das als die effektivste Methode erscheint. Wenn jede Einheit ihr Wissen für sich behält, kann nur Murks rauskommen. Wir brauchen Ergebnisse und das möglichst schnell."

    Es gab einen weiteren Grund, aber den auszuformulieren, sparte er sich. Er kannte die Arbeitsweise der Prätorianer, denn während seines Consulats hatte er ständig mit ihnen zu tun. Mochten seine Männer von der Garde einiges übernehmen, Hauptsache nicht deren Arroganz.


    Menecrates nickte, denn es stand außer Frage, die Stadtverwaltung nicht gänzlich zu vernachlässigen. Gleichzeitig saßen dort fähige Männer, die verantwortungsbewusst und selbstständig handeln konnten.

  • Der Kaiser nickte wissend. Er wusste, dass die Gefühle der Plebs gegenüber den Ordnungskräften zwischen Angst und Verachtung schwankten. Das war wohl das Schicksal jedes Erfüllungsgehilfen der Staatsmacht. "Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Prätorianer und Cohortes Urbanae enger zusammenarbeiten. So ist es ja gedacht. Deshalb seid ihr ja auch gemeinsam in der Castra Praetoria untergebracht." erwiderte er schließlich. Dass das gemeinsame Standlager auch praktische Gründe hatte, unterschlug er hier.


    "Wichtig ist aber vor allem, dass wir am Ende Ergebnisse haben. Dafür kann das Spitzel-Netz der Prätorianer ebenso gut beitragen wie eure Erfahrung mit Straftaten."

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  • Die Vorstellungen des Kaisers deckte sich mit seinen, daher nickte Menecrates. "Ich werde gleich nach der Audienz einen Termin mit Praefectus Heius vereinbaren. Dort, wo es sinnvoll ist, werden wir die Kräfte bündeln, während die jeweiligen Spezialstrecken in die abschließende Begutachtung ergänzend einfließen. Das sollte der kürzeste Weg zu einem Ergebnis sein. Sobald wir stichhaltige Beweise haben, wirst du sie erfahren."

    Sofern der Kaiser kein weiteres Thema erörtern wollte, rechnete Menecrates mit dem Ende der Audienz, denn seinerseits bestand kein weiterer Redebedarf im Gegensatz zum Handlungsbedarf. Der vor Augenblicken gefasste Plan reifte bereits. Mit dem Ziel vor Augen bekam die Ohnmacht gegenüber den fatalen Ereignissen keinerlei Chance, sich zu entfalten.

  • "Ausgezeichnet." stellte der Kaiser fest. Damit waren vorerst alle Punkte abgehandelt. "Ich erwarte deinen Bericht, vor allem in Sachen Vestalis Maxima!" Bei diesen Worten streifte sein Blick den Optio, der sich in Sachen Christen als sehr kenntnisreich erwiesen hatte.


    Er erhob sich mit einem leichten Ächzen und stand auf. Mit einem "Vale, Claudius!" und einem Nicken in Richtung Lurco verabschiedete er sich. Dann ging es schon zum nächsten Termin.

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