Dagny lächelte, als die anderen miteinstimmten, hob ebenfalls ihren Becher und tat es Iring nach, indem sie etwas Met gen Boden tropfen lies. Sie beschloss, in den nächsten Tagen vermehrt den Göttern zu opfern. Das war zwar noch kein Garant für ein wohlwollendes Schicksal, aber es nicht zu tun, war ein Garant dafür, ihren Unmut auf sich zu ziehen. Und das wollte niemand – und schon gar nicht die Duccier nach so einer Zeit. Auf Octavenas Worte ihre Frisur betreffend lächelte Dagny ehrlich erfreut. So oft trug sie solche Frisuren nicht – es sei denn, der Anlass forderte es ein, was in einer römisch geprägten Stadt wie Mogontiacum vorkommen konnte. Aber gerade auf den Festen ihrer Familie wählte sie germanische Tracht. Einfach, weil sie sich, genauso wie der Großteil ihrer Verwandten, den germanischen Wurzeln sehr verbunden fühlte.
Iring nahm Octavenas Kommentar zum Anlass, um sich zu verdrücken. Dagny grinste, weil sie sich denken konnte, wieso. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass er nun hineingezogen wurde in eine ausschweifende Diskussion über Mode. Noch immer mit einem leichten Grinsen zwinkerte sie Octavena zu. „So schnell kann man einen Mann verschrecken. Aber danke, es freut mich, dass dir die Frisur gefällt. Von dir ist so ein Kompliment nochmal mehr wert, weil du am meisten darüber weißt.“ Gut, Dagmar wusste auch einiges, weil sie lange in Rom gelebt hatte, aber Octavena hatte sich trotz der vielen Jahre, die sie hier verbracht hatte, nie wirklich dem hiesigen Kleidungsstil angepasst. Sie kleidete sich immer durch und durch römisch. „Da wir mit dem Fest hier beide Kulturen miteinander verbinden, dachte ich mir, ich trage so meinen Teil dazu bei. Ich hoffe, ich habe euer Gespräch eben nicht unterbrochen?“
Gerade wollte sie Octavena vorschlagen, ein wenig durch die Menge zu flanieren und zu schauen, wer so alles da war, als sie einen Neuankömmling bemerkte, der aussah, als habe ihn jemand dorthin zitiert und dann vergessen, ihn abzuholen. Dagny kannte den Mann – oder vielleicht doch eher Junge, er wirkte nicht viel größer als sie, und sie war selbst von kleiner Statur – nicht. Was aber nicht unbedingt etwas zu bedeuten hatte, zwar hatte sie einen groben Überblick, wer alles eingeladen worden war, aber es brachte immer jemand jemanden mit. Und manchmal nutzten Leute die Tatsache, dass gefeiert wurde, um einfach so vorbeizuschauen – auch ohne explizite Einladung. Dagny störte das nicht, solange die Gäste keinen Ärger machten. „Wer ist das denn?“ fragte sie Octavena und nickte in Richtung Eingang. „Ich gehe ihn mal eben begrüßen, er sieht recht verloren aus.“ Mit den Worten begab Dagny sich zu dem Neuankömmling und lächelte. „Herzlich Willkommen und bona Saturnalia. Ich bin Duccia Valentina. Wenn du möchtest, begleite ich dich zu den anderen Gästen.“