Grundausbildung Quintus Germanicus Pilius

  • Es begann leicht zu Dämmern als Pilius sich auf dem Platz einfand. Es war ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit. Er hatte trotz der Aufregung recht gut geschlafen, warf sich beim Frühstück noch ein Stück Brot zwischen die Backen richtete sich anschließend im Zimmer und kam anschließend zu der kleinen Gruppe auf den Platz, wo er jetzt stand. Schon beim heranlaufen störte in die Ordnung der Gruppe. Es glich mehr einer Ansammlung zufälliger Menschen als einer disziplinierten Ausbildungsgruppe, die in Reihe stand. Wie wenn sie vor einer Taverne in Rom stehen würden als in einem Militärlager. Das würde Publius Matinius Sabaco auf keinen Fall gefallen. Pilius wollte schon etwas sagen, überlegte es sich dann aber doch anderst. Er kannte die anderen noch nicht und wollte nicht von Anfang an sich selbst ausgrenzen und als vermeintlicher „Streber“ dastehen. So machte er sich eher auf einen wütenden Decurio und einen ordentlichen Anschiss gefasst.

  • Die Tirones waren pünktlich. Dass sie anfangs unordentlich herumstanden und plauderten, war für Sabaco in Ordnung - noch. Langsam wie ein aufziehendes Gewitter bewegte sich Sabaco über den Campus, bis er vor den Tirones stand. Er ließ seinen kalten Blick über sie schweifen und schaute, was nun in Gegenwart eines Offiziers geschehen würde. Nebenbei kontrollierte er auch, in welcher Ausrüstung sie aufgekreuzt waren. Er hoffte für sie, dass es bei allen die Rüstung war und keiner bloß in kuscheliger Wintertunika und Kapuzenmantel vor ihm stand.

  • Pilius sah Sabaco auf sie zukommen. Das Geplauder verstummte. Zu seiner Verwunderung fing der Decurio nicht an zu brüllen sondern sagte erstmal gar nichts. Die Aura von Sabaco schien zu wirken, ohne ein Wort nahm das Grüppchen Haltung an und formatierte sich der Reihe auf vor Sabaco. Es war mucksmäuschenstill, nur in der Ferne vernahmen Sie das krächzen einer Krähe.

  • Sabaco war mit der Reaktion seiner neuen Rekruten zufrieden, was sich daran zeigte, dass er nichts dazu sagte.


    "Movemini.* Ich bin Decurio Publius Matinius Sabaco und ich habe das Kommando über die Turma II. Außerdem übernehme ich eure praktische Ausbildung." Er sah mal dem einen, mal dem anderen in die Augen, während er sprach.


    "Ab sofort wird euer Tagesablauf wie folgt aussehen:


    Aufstehen mit dem Weckruf. Euch bleibt eine halbe Stunde, dann ist Dienstantritt hier auf dem Campus. Hier findet die Tagesbefehlsbesprechung statt, danach folgt der Frühsport. Gelegentlich kann eine spontane Stubenkontrolle stattfinden, ihr solltet also stets auf Ordnung achten, um euch unangenehme Überraschungen zu ersparen. Nach dem Frühsport beginnt die eigentliche Ausbildung. Was genau an welchem Tag stattfindet, obliegt euren Ausbildern.


    Es gibt eine kurze Pause am Vormittag und Mittags eine lange, in der ihr etwas essen könnt. Am frühen Abend ist euer Dienstschluss. Es kommt nur selten vor, dass ihr mal früher Schluss habt, diese Hoffnung muss ich euch nehmen. Wahrscheinlicher ist, dass überzogen werden muss.


    Danach müsst ihr noch eure Ausrüstung nachbereiten und die Einsatzbereitschaft vollständig wieder herstellen. In der Regel habt ihr eine Stunde Freizeit, welche ihr für eure Körperpflege in den Thermen und das Zubereiten der Abendmahlzeit nutzen solltet, dann ertönt meist schon das Signal, das den Beginn der Nachtruhe ankündigt. Ab dato ist vollständige Ruhe und keiner verlässt mehr das Quartier. Dieser strengen Regelung unterliegt ihr während der gesamten Grundausbildung. Ausgang, Nachtausgang oder gar Urlaub gibt es für keinen Tiro.


    Am Ende eurer Grundausbildung werdet ihr Equites sein, Reiter Roms. Es wird hart werden, aber es lohnt sich. Danach werdet ihr euren Einheiten zugewiesen und wer weiß, vielleicht sehen wir uns dann wieder. Ich wünsche euch allen viel Erfolg." Er ließ eine kurze Pause, um diesem Wunsch Gewicht zu verleihen.


    "Habt ihr bis hierhin Fragen? Ansonsten beginnen wir mit der Praxis."



    Sim-Off:

    *Rührt euch.

    Sim-Off:

    Bei den Signaturen ist was durcheinander gekommen ... Ticket liegt vor, das wird bald korrigiert.

  • Die Rekruten antworteten in einem Laut: „Nein Decurio Matinius Sabaco!“ Pilius vernahm aus dem Augenwinkel, dass der ein oder andere sich bei diesen Einschränkungen und der bevorstehenden Härte nicht ganz sicher war ob er die Leiden auf sich nehmen wolle, manche schluckten sogar schwer. Egal was kommen mag, und sei es noch so hart, er würde nicht aufgeben. Er hatte sich ein Ziel gesetzt und da würde er mit allen Mitteln drauf hinarbeiten. Er kniff die Augen enger zusammen und schaute entschlossen nach vorne. Gleichzeitig überkam ihn ein komisches Gefühl, dass in weiter Ferne irgendwas im Gange war. Verrückt, was dies wohl war und in welcher Form es sich ihm zeigen würde!? Egal er wollte in seiner Ausbildung erstmal jeden Tag sein bestes geben und versuchen sein körperliches Limit etwas höher zu setzen, zur Not auch mit selbstständigem Zusatztraining.

  • "Gut", stellte Sabaco fest, als es keine Fragen gab. "Dann beginnen wir heute mit den Grundlagen des Kampftrainings." Er wies auf den Bereich des Campus', der dafür vorbereitet war. "Was ihr da seht, sind Baumstämme, die zur Hälfte vertikal im Boden vergraben sind. An diesen Pfählen erlernt ihr die Technik mit Holzschwertern, die einen Eisenkern besitzen. Dazu tragt ihr einen Schild aus Weidengeflecht. Beides wiegt das Doppelte dessen, was ihr im Kampf tragen müsst. Ihr werdet also gut vorbereitet sein. Wir gehen jetzt gemeinsam da rüber. Schweigend und ordentlich."


    Als sie die Pfähle erreicht hatten, ließ Sabaco die hölzernen Übungswaffen und die Weidenschilde ausgeben. Das war ein ordentliches Gewicht und mit einem gewissen Sadismus beobachtete er ihre Gesichter. Das Gewicht zu heben fiel den meisten nicht schwer, doch es die ganze Zeit in Position zu halten und effektiv damit zu arbeiten brachte die meisten früh an ihre Schmerzgrenzen.


    "Wie ihr seht, sind diese Waffen Replikate von Gladii* und den Scuti** der Legio. Während der Grundausbildung lernt ihr den Umgang mit allen Waffengattungen. Tiro Germanicus Pilus. Tritt vor und demonstriere deinen Kameraden, wie du angreifen würdest." Der Blick von Sabaco war lauernd.


    Sim-Off:

    *Gladius: Römisches Kurzschwert

    Sim-Off:

    **Scutum: Rechteckiger Schild

  • Pilius trat hervor und nahm sich ein Holzschwert. Er spürte deutlich das Gewicht. Dies war nun etwas, dass er aus seiner Vergangenheit nicht kannte, kämpfen. Er mochte zwar Ausdauernd und kräftig sein, beim Reiten würde er sich bereits auch nicht so schwer tun, gekämpft hatte er aber bisher noch nie. Dementsprechend nahm er etwas zögerlich das Schwert hoch. Er packte es fest an Griff, machte einen Ausfallschritt nach vorne und stach mit der Spitze und ausgestreckter Hand etwa Brust hoch in die Luft. „So?“ , fragte er wieder etwas zögernd in Richtung Sabaco.

  • "Das ist gut." Sabaco fand tatsächlich ein Lob. "Die meisten fuchteln mit dem Gladius erstmal rum. Aber ein Gladius ist keine Fechtwaffe, sondern dient ausschließlich zum Stechen. Das ist schließlich kein germanischer Sax. Zur Abwehr nutzt ihr nicht die Klinge, sondern den Schild. Das Wechselspiel muss euch in Fleisch und Blut übergehen. Aber alles nacheinander."


    Sabaco nahm Pilius Schwert und Schild ab und demonstrierte noch einmal den korrekten Einsatz von beidem. Dabei konnten sie nicht nur sehen, dass das die Spitze blitzartig nach vorn gerammt wurde, sondern auch, dass Sabaco beim Herausziehen die Klinge drehte. Wenn man sich vorstellte, dass sie dabei in einem Körper steckte, tat das schon vom Hinsehen weh. Die Bewegung erfolgte unwahrscheinlich schnell. Da Sabaco die längste Zeit seines Soldatenlebens in der Legio gedient hatte, beherrschte er die Bewegung immer noch hervorragend. Die Rekruten mussten die Bewegung nun einige Male gemäß seiner Anleitung durchführen, erst in die Luft und dann gegen einen der Übungspfähle. Sabaco beobachtete sie, korrigierte hier und da und freute sich, wenn sie vor Muskelschmerzen ächzten, doch im Grunde war er zufrieden.


    "Das reicht, kurze Pause! Alle zuhören." Da Pilius das Pech hatte, gerade bei Sabaco zu stehen, wurde er weiterhin malträtiert. "Zwei Fragen an dich, Tiro Germanicus Pilius: Erstens, warum dreht man das Gladius beim Herausziehen? Zweitens, was ist der Unterschied zwischen einem Gladius und einer Spatha?"

  • Pilius grinste. Ihm gefiel es mehr gefordert zu sein, auch wenn es zeitweise anstrengend wäre, so lernte er besser, wenn er mehr unter strenger Beobachtung sei. „Man dreht, um die Wunde zu vergrößern und dem Gegner möglichst hohen Schaden zuzufügen. So fliest auch das Blut schneller aus dem Körper.“ er machte eine kurze Pause und sah zu Sabaco „Der Unterschied zwischen Gladius und Spatha ist, dass der Gladius eine kürzere dickere Klinge besitzt und eher was fürs „leichtere“ ist, beim Kampf zu Fuß. Der Spatha ist länger und daher eher für den Kampf auf dem Pferd geeignet.“

  • "Das ist alles richtig. Außerdem hat ein Gladius keine Hohlkehle. Das Herausziehen aus dem Körper des Gegners ist darum schwierig, wenn es im Verlauf des Schnittkanals erfolgen soll. Beim Drehen kommt Luft an die Klinge und es wird leichter. Das Problem habt ihr allerdings mit einer Spatha nicht. Waffen wechseln!"


    Er wartete bis die Tirones die Gladii und Schilde zurück in die Halterungen gelegt hatten und nun ihre hölzerne Übungsspatha und den ovalen Kavallerieschild trugen. Dabei ging er herum, erklärte und korrigierte. "Den Gladius hattet ihr an der rechten Körperseite, damit er nicht mit dem großen Schild der Legio kollidiert. Die Spatha aber tragt ihr an der linken Körperseite."


    Als alle so weit waren, ließ er sie wieder antreten. "Das ist in Zukunft eure Primärwaffe", verkündete er mit dem ihm eigenen Pathos. "Kann einer sagen, warum sie für uns besser geeignet ist als der Gladius - von der Länge abgesehen?" Die Frage war kniffelig. Mal sehen, ob einer seiner neuen Tirones die Antwort zusammenbekam. Den Tirones gaben die kurzen Gespräche zwischendurch die Möglichkeit, zu verschnaufen.

  • Die heutige Übungseinheit mit den Waffen fand Pilius sehr lehrreich und interessant. Ihm gefiel die Art und Weise wie der Decurio ihnen die Waffen und Schilde näher brachte. Als die Frage Sabaco‘s noch in seinen Ohren nachhallte und keiner Anstalten machte diese zu beantworten, versuchte er es. Er war sich zwar nicht sicher aber durch aktive Mitarbeit lernt man eben am besten. Dadurch ist er bisher immer ganz gut gefahren, dachte er. „Ich bin mir nicht ganz sicher, Decurio Puplius Matinius Sabaco, aber ich könnte mir vorstellen, da dies eine Hiebwaffe ist eher für den Kampf auf dem Pferd geeignet. Hier sind wahrscheinlich Stöße gegen den Feind unwahrscheinlich. Außerdem führen wir keinen Kampf in enger Formation wo das kurze Schwert von Vorteil wäre. Mit dem langen, das nebenbei mehr Maße und durch das Reiten mit einer größeren Geschwindigkeit den Gegner trifft, erreichen wir hier damit einen größeren Schaden.“ Pilius blickte den Decurio eher fragend als antwortend an.

  • "Ja." Der Germanicus trug seinen großen Namen nicht zu Unrecht, wie es schien. Sabaco wanderte langsam hin und her, seine Rekruten nicht aus den Augen lassend. Er ergänzte dabei noch ein paar Worte zur Spatha: "Euer Speer - zu Pferd aufgrund seiner Reichweite oft die erste Wahl - kann brechen oder irgendwo stecken bleiben. Die Spatha kann dies nicht. Sie ist immer an eurer Seite. Zu Pferd ist die größere Länge im Vergleich zum Gladius tatsächlich das erste Argument für ihren Einsatz. Doch ihr seid ja nicht immer zu Pferd."


    Er sah die Tirones ernst an. "Die Germanen versuchen oft, anstelle der Reiter erstmal die Pferde zu Fall zu bringen. Dann wärt ihr ohne eure Spatha aufgeschmissen. In vereinzelten Zweikämpfen ist das Gladius eine denkbar schlechte Wahl. Es entfaltet seine Stärke in engen Formationen. Die Spatha aber ist dann effektiv, wenn man Platz hat. Das ist für uns die wahrscheinlichere Variante. Die Spatha hat für unseren Zweck also nur Vorteile."


    Er blieb in der Nähe der Übungspfähle stehen. "Noch eine Runde Kampfübung, diesmal mit dem Ovalschild der Kavallerie und der Spatha! Die Bewegungsabläufe sind zunächst wie beim Gladius, also stechend, aber ohne das Drehen beim Herausziehen. Ausrüsten." Heute Abend würden die Tirones wünschen, dass ihnen die schmerzenden Arme einfach abfielen, doch so war das eben.

  • Pilius nahm sich ein Schild und eine Spatha. Seine Kameraden und er stachen auf die Übungspfähle nur so ein, drückten mit den Schilden gegen den Pfahl um so ein zurückdrängen des Gegners zu simulieren, um dann aus der Deckung des Schildes wieder einen stichartigen Angriff zu starten. Man konnte beobachten, dass gegen fortschreitender Zeit die Präzision immer mehr abnahm und die Handgelenke sowie Muskeln immer mehr zu schmerzen begannen. Auch Pilius musste gegen Ende die Zähne zusammenbeißen und quälte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht durch die Übungseinheit.

  • "Gut, das reicht. Die Schwerter zurück in die Halterungen. Die Ovalschilde behaltet ihr." Sabaco war sehr zufrieden mit diesen Rekruten, was man ihm wohl ansah und in seiner Stimmlage hörte, auch wenn er nicht lächelte. "Weiter geht es mit der Hasta. Aurüsten." Er wartete, bis die Rekruten so weit waren. "Die Hasta ist eine Waffe, die wir im Einsatz noch häufiger verwenden als die Spatha. Das Pilum hingegen, das die Legio verwendet, brauchen wir überhaupt nicht. Warum?"


    Seine Augen ruhten - mal wieder - auf Germanicus Pilius. Die Frage war simpel, doch Sabaco ließ seine Rekruten gern mitarbeiten, das hielt ihren Geist wach. Wenn sie so weitermachten, konnten sie heute die Grundlagen im Umgang mit den gängigsten Waffen schon abschließen. Beim künftigen Drill würden sie die Bewegungsabläufe bis zum Erbrechen üben, doch jetzt ging es erstmal darum, alle Waffen schon einmal in der Hand gehalten und die Grundlagen zu kennen.

  • Endlich erklang von Sabaco der Befehl die Schwerter wieder zurück zu legen. Pilius rieb sich mit der linken Hand das Handgelenk und den Unterarmmuskel des rechten Arms. Er spürte das Training bereits ordentlich.

    Schon kam der nächste Befehl zum ausrüsten mit der Hasta. Pilius nahm sich eine der vielen Speere. Er betrachtete ihn genau, das Holz war zwar schon etwas älter, er war aber sehr gerade. Darauf hatte er geachtet, wobei er, soweit er wusste eher selten bis nie zum Wurf verwendet wurde.

    Als die Frage des Decurio von den Mauern des Kastells widerhallte und sein Blick auf ihm zu stehen schien lächelte er kaum merkbar. Er fand es gut, dass er bei der Ausbildung integriert wurde.

    „Ähnlich den Schwertern ist die Hasta sehr viel länger als das Pilum. Ich denke wir benutzen die Hasta um den Gegner auf die Distanz, also weg von uns und vor allem von unserem Pferd zu halten. Er ist eher eine Stoßwaffe und besitzt eine stabile Spitze. Das Pilum wird eher als Wurfspeer der Bodeneinheiten benutzt und verbiegt sich leicht beim eindringen beispielsweise in ein Schild. Was wiederum den Bodeneinheiten nutzt da der Gegner dadurch gezwungen wird sein Schild aufzugeben, da es unbrauchbar ist, Decurio Matinius Sabaco“

  • "Alles richtig. Ich bin zufrieden, Tiro Germanicus Pilius. Wir sind keine Infanterieeinheit, darum ist das Pilum für uns nutzlos. Ausrüsten mit der Hasta." Er wartete, bis alle so weit waren. "Betrachtet euch mal die Spitze. Die ist größer, als die meisten sie sich vorstellen, lang und dick wie ein Pugio, und noch schwerer, weil der Schaft dranhängt. Man kann damit eine schöne Stoßkraft entwickeln, besonders, wenn der Schwung zu Pferd noch hinzu kommt. Aber bis es so weit ist und wir zu Pferd üben, dauert es noch."


    Er hob die Hasta über den Kopf und demonstrierte einen kräftigen Stoß in Richtung eines Holzfpahls. "Seht ihr? Meist rammt man sie von oben in den Gegner. Das geht gut im lockeren Galopp oder beim stehenden Pferd ... in welchen Situationen sollte euer Pferd im Schlachtgetümmel stehen...? Ich beantworte es euch: Gar nicht! Denn dann verliert ihr alle Vorteile, die wir als Reiter haben und die Gegner haben leichtes Spiel mit euch. Wir bleiben im Einsatz immer in Bewegung. Können wir das nicht mehr gewährleisten, ziehen wir uns zurück. Das ist die Art, wie die Ala im Gefecht eingesetzt wird, als Stoßtrupp ... als Schockeinheit ... das könnt ihr jetzt selbst testen."


    Die Rekruten verteilten sich mit ihrer Hasta an den Pfählen. Sabaco dozierte, während die Rekruten übten: "Taktisch gesehen ist die Ala eine reine Angriffswaffe und, geschickt eingesetzt, in der Lage den Feind dramatisch zu demoralisieren und, unter Umständen, eine rasche Entscheidung herbeizuführen. Das Überraschungsmoment ist hierbei der Ala bester Freund. Die Vorteile der Ala liegen ohne Zweifel in der Schnelligkeit, Beweglichkeit, Standvermögen und im psychischen und physischen Einsatz der Pferde gegen den Feind."


    Sie machten sich ganz gut. Er blieb bei seinem neuen Lieblingsrekruten stehen, während er fortfuhr: "Mit der Lage am Limes hat die Ala die Aufgabe von Patroulliendiensten, polizeiliche Aufgaben und im Kriegsfalle Vorposten- und Kleinkrieg. In Verbindung mit einer, oder mehreren Legionen, steht die Ala den Fußtruppen ergänzend zur Seite. Ihre Aufgaben sind sowohol taktischer, als auch operativer Natur. Das ist für jene interessant, die irgendwann mit einer Karriere als Offizier liebäugeln."


    Schon mal ein paar Zuckerwürfelchen streuen ... den Ehrgeizigen zeigen, dass es durchaus Möglichkeiten zur Karriere gab. Andere waren als Mannschaftssoldat zufrieden und scheuten die Verantwortung. Noch immer mussten die angehenden Soldaten mit der Hasta üben. Wahrscheinlich tat ihnen inzwischen alles weh und bei dem Gedanken unterdrückte Sabaco ein Grinsen, denn das war erst der Anfang. Mit Schmerz umzugehen und mit Befehlen, gegen die der Körper eigentlich streikte und deren Sinn der Geist nicht erfasste, war eine der wichtigsten charakterbildenden Maßnahmen ...

  • Als Sabaco mit der Hasta einen Stoß in den Holzpfahl demonstrierte krachte es ordentlich als die Spitze den Pfahl traf. Holzsplitter flogen durch die Luft und man konnte anhand des Geräuschs durch den Aufprall deutlich heraushören, was für eine immense Wucht vom Stoß des Decurio ausging. Pilius sah den Decurio hochachtungsvoll an. Wie konnte man so eine Kraft aus seinem Stoß bekommen?


    Er nahm wiederum die Hasta in die Hand und widmete sich wieder seinem Pfosten. Sabaco marschierte entlang der Rekruten und sah sich die einzelnen Stöße an. Als er bei Pilius stehen blieb und etwas über die Aufgaben und Taktiken der Ala erzählte spornten die Worte Germanicus förmlich an. Das wäre es, hart arbeiten für eine Offiziersstelle, dies wäre ein sehr interessantes Ziel. Als Sabaco seinen Satz beendete gab er seinen Interesse nach: „Wie bekommen Sie so einen Stoß mit solch einer Wucht allein schon ohne Pferd aus Ihrem Arm Decurio? Ist dies mehr die Technik der Arm und oder Handgelenk Kombination oder mehr die Kraft aus dem Oberarm?“

  • Sabaco nahm wohlwollend zur Kenntnis, wie Germanicus Pilius sich ins Zeug legte. So was fiel ihm als Ausbilder natürlich auf. Nun kam es nur noch darauf an, dass der ehrgeizige Rekrut das auch langfristig durchhielt. "Es ist weder Technik noch Kraft allein: Du brauchst beides. Kraft nützt nichts, wenn du sie wegen schlechter Technik ineffektiv einsetzt - und die beste Technik nützt nichts ohne den nötigen Wumms dahinter. Aber das Wichtigste ist Routine ..."


    Und eine Prise Sadismus, wenn es darum ging, seinen Feind vernichten zu wollen. Kalte Professionalität überließ Sabaco anderen. Seiner Meinung nach durfte der Hass nicht fehlen, sonst wurde es schwer, einem Menschen das Leben zu nehmen ... man musste sich vor Augen halten, was er getan hatte, was er mit den eigenen Leuten anrichtete, wenn man ihn jetzt nicht bis zur letzten Konsequenz aufhielt. Doch diese Dinge würde Pilius später lernen. Noch durfte er die Unbeschwertheit des Campus genießen, wo man Holzpfähle penetrierte und keine Körper.


    Er grinste etwas. "Ja ... Routine. Deine Muskulatur sieht schon ganz gut aus und die Technik wird langsam. Übung brauchst du, das ist alles. Weitermachen, Tiro." Der Rest kam von ganz allein. Zufrieden beobachtete er, wie seine Tirones sich quälten, und er ließ sie leiden bis den ersten die Muskeln versagten.

  • Pilius war zufrieden mit der Antwort, zeigte sie ihm, dass er bisher den richtigen Weg nahm. Aber es war ihm trotzdem noch nicht gut genug, später auf dem Schlachtfeld würde es auch keinen interessieren ob man bei den Übungen gut gewesen war, also musste er besser werden. Vor allem wollte er sich Sabaco und dessen Kampfkunst als Vorbild nehmen. So schwor er sich noch etwas mehr als die anderen zu arbeiten, er wollte sich auf einen kräftigeren Stand bringen. Jeden Morgen, nach dem aufstehen und jeden Abend, vor dem ins Bett gehen 50 Liegestützen, so nahm er sich das Ziel an diesem Tag vor, um seinen Körper noch etwas mehr an Kraft zu bekommen. „Verzeihen Sie, Decurio Matinius Sabaco, ist es möglich nach „Dienstschluss“ mit einer kleinen Pause dazwischen noch ein klein wenig weiter zu üben?“ Er wollte um jeden Preis nicht nur gut sondern besser ausgebildet sein. Ihm schmerzten zwar schon die Arme recht stark, so dachte Pilius sich aber mit einer kleinen Pause noch etwas aus sich „herauskitzeln“ zu können.

  • "Schwierig", antwortete Sabaco. "Deine Freizeit beträgt nur eine Stunde. In der musst du deine Ausrüstung putzen, dich selber waschen und rasieren, danach musst du kochen, essen und die Küche wieder in Ordnung bringen. Wobei ich empfehle, dass ihr euch mit dem Küchendienst absprecht, anstatt dass jeder sein eigenes Korn mahlt und seine eigene Puls kocht, dann spart ihr Zeit."


    Es war allerdings möglich, dass ein Rekrut einen Dienst tauschte, um Dinge zu üben, die er unterirdisch schlecht beherrschte, aber außerhalb des Dienstes fehlte ihm schlichtweg die Zeit. Und, wie er bald merken würde, wahrscheinlich früher oder später auch die Kraft, denn die Grundausbildung war äußerst fordernd.


    "Ich selber schwimme in meiner Freizeit." Das ganze Jahr, Sommer wie Winter. Falls Pilius sich gefragt hatte, warum Sabaco so bullig gebaut war, wusste er es nun. "Manche machen Liegestütze in der Stube oder Rumpfbeugen im Bett und andere Übungen, die schnell und mit wenig Zeitaufwand zu bewerkstelligen sind ... niemand will unter Soldaten ein Lauch oder Pummel bleiben, und das wird auch niemand. Dafür wird schon gesorgt. Aber manche brauchen mehr Forderung. Wo siehst du Nachholbedarf?"

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!