Cursus Iuris

  • Ich werde mich bemühen mich korreter zu artikulieren. Es wutde bereits andersweitig bemängelt, das ich zu koderich bin.

    Asche auf mein Haupt.

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • "Wir sind hier, um zu lernen. Es besteht also kein Grund, sich zu entschuldigen. Am Ende des Kurses sieht das natürlich anders aus. Falls es dich beruhigt, auch ich musste die Begrifflichkeiten erst lernen."


    Ich lächelte Aemilius kurz aufmunternd an. Es wäre ja auch seltsam, wenn man zu Beginn eines Kurses in dem Fach bereits alles wusste.

  • Als Tacitus sich nach Fragen erkundigte, hob Sabaco die Hand. "Erstmal danke für die ausführliche Erklärung. Das ist ja ein umständliches Hickhack mit den Befugnissen, aber vielleicht blicken wir am Ende des Cursus Iuris da durch. Ich bin jedenfalls froh, dass wir jetzt hier sitzen. Sich allein da einzuarbeiten, bricht einem vermutlich das Genick. Eine Frage hätte ich noch dazu: Was ist denn der Unterschied zwischen Gesetz, Edikt und Dekret? Gibt es da überhaupt einen, der für uns von Interesse sein muss?"

  • Vermutlich sollte ich Sabaco jetzt besser nicht sagen, dass ich mich allein in diese Materie eingearbeitet hatte. Vielleicht verriet mich hier auch mein leichtes Schmunzeln bei seinem Satz zum Genickbruch.


    "Gute Frage, Matinius. Ich erläutere das gerne. Ein Gesetz, also eine Lex in diesem Sinne, ist eine durch den Senat beschlossene Regelsetzung, unter Berücksichtigung der kaiserlichen Mitsprache. In früheren Zeiten wurden Gesetze durch die Volksversammlung beschlossen. Wichtig ist in diesem Kontext, dass eine Lex durch eine Gruppe nach gegebenenfalls ausgiebiger Diskussion beschlossen und erlassen wurde und nicht durch einen Magistrat. Ein Edikt unterscheidet sich dadurch, dass es durch allein durch einen Magistrat erlassen wird. Beispiele sind die Edikte der Prätoren und die kaiserlichen Edikte, aber auch die Edikte der Statthalter. Ein Dekret wiederum ist ein Edikt, welches durch den Kaiser erlassen wurde. Allein der Kaiser kann Dekrete erlassen. Jedes Dekret ist also zugleich ein Erlass."


    Ich hoffte, dass ich diese komplexe Materie anschaulich erklärt hatte.


    "Für den weiteren Verlauf dieses Cursus werde ich aber durchgängig den Begriff des Gesetzes verwenden. Edikte und Dekrete finden sich auch im Gesetzesrang und werden in der Jurisprudenz gleich behandelt. Schließlich sind alle drei Festlegungen von Regeln durch eine dafür autorisierte Stelle. Diese Feinheiten der Unterscheidung werden erst bedeutend, wenn man sich über Staatstheorie und Rechtsphilosophie Gedanken machen muss. In der juristischen Praxis wird das nie passieren."


    Kurz grinste ich, dann sprach ich weiter.


    "Doch nun zurück zur Lex Aquilia. Artikel IIII gibt dem Kaiser, wie Matinius treffend festgestellt hat, eine weitere Vollmacht zur Gesetzgebung. Allerdings sprechen wir hier nicht von Gesetzen im engeren Sinne, sondern von Verträgen im Namen des Senats und des Volks von Rom. Mit solchen Verträgen sind aber keine Verträge gemeint, die ins Innere Roms wirken, sondern solche, die Rom mit anderen Staaten schließt. Man spricht auch von Staatsverträgen, weil hier zwei Staaten, ähnlich wie zwei Personen, einen Vertrag schließen. Dabei kann es sich um ein Bündnis oder einen Nichtangriffspakt handeln, aber auch um eine Vertretung des anderen Staats nach außen durch Rom handeln. Handelsabkommen und Freundschaftsverträge kommen auch häufig vor. Man kann eigentlich so ziemlich alles verhandeln, selbst eine vollständige Verwaltung eines anderen Staats durch Rom. Allerdings werden Staatsverträge eben nicht zwischen einzelnen Personen geschlossen, sondern zwischen den nach der Staatsverfassung vorgesehenen autorisierten Gremien. Das ist in Rom traditionell der Senat. Und ein solcher Vertrag unterscheidet sich von privaten Verträgen dadurch, dass er ebenfalls Gesetzesrang hat. Das muss er haben, weil sonst die von mir genannten Beispiele nicht funktionieren würden. Ich erkläre das am Beispiel des Bündnisses. In einem Bündnis verpflichten sich die beteiligten Staaten zum gegenseitigen Beistand, wenn ein Staat angegriffen wird. Die Beistandspflicht entsteht aber automatisch, sobald der Angriff stattfindet. Die Beistandspflicht führt zum Krieg. Damit wird für alle verbündeten Staaten das Kriegsrecht eingeführt. Das Kriegsrecht kann man aber nur durch ein Gesetz einführen. Rechtsdogmatisch kann ein Gesetz aber nur durch ein anderes Gesetz erzwungen werden. Also muss ein Vertrag zwischen Staaten im Gesetzesrang sein. Gibt es Fragen zu Artikel IIII?"


    Mir war klar, dass gerade dieser Artikel der Lex Aquilia sehr stark rechtstheoretisch geprägt war, weshalb ich hier gar nicht allzu sehr in die Tiefe gehen wollte. Das Wissen um die Feinheiten der Staatsverträge brachte nur wenig Nutzen für die juristische Berufspraxis.

  • "Es ist alles verständlich", bestätigte Sabaco, "aber wirr. Das liegt nicht an deiner Erklärung, sondern am Konzept, ein und dieselbe Sache unnötig aufzusplitten. Das ist nicht effizient und Missverständnissen sind Tür und Tor geöffnet. Entweder ist hier unsere Sprache unpräzise oder unser Denken. Sei es drum. Ich bin froh, dass wir das in der Praxis alles nur Gesetz zu nennen brauchen und fertig."


    Er war als Soldat gewohnt, die Dinge zu nehmen, wie sie ihm präsentiert wurden, auch wenn manches ihm unlogisch erschien oder er meinte, das alles hätte besser entscheiden können. Trotzdem bekam er leichte Kopfschmerzen von dem Definitionschaos. Die Erklärung zum Artikel IIII der Lex Aquilia hingegen erschien ihm angehm klar und schlüssig.

  • "Sehr gut. Dann gehen wir weiter die Lex Aquilia durch. Der nächste Artikel, der dem Kaiser gesetzgeberische Vollmachten gewährt, ist Artikel V. Artikel V, Alternative I ist das Recht, Senatssitzungen abzuhalten. Das gewährt tatsächlich keine Gesetzgebungskompetenz, weil der Senat nicht in jeder seiner Sitzung ein Gesetz beschließen muss. Allerdings ist die Einberufung zu Senatssitzungen Voraussetzung für das, was in diesem Artikel folgt. Alternative II gibt dem Kaiser nämlich das Recht, Anträge zu stellen. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Senat dem Antrag auch zustimmen wird, ist aber eine der wichtigsten Vollmachten in der senatorischen Gesetzgebung. Kein Gesetz ohne Antrag. Alternative III ist das Recht, Anträge zurückzuweisen. Diese Alternative ist bereits eine Vollmacht zur Gesetzgebung, genauer gesagt zur negativen Gesetzgebung. Auch, ein Gesetz zu verhindern, ist ein Gesetzgebungsakt. Alternative IV schließlich ist die eigentliche Gesetzgebungsvollmacht. Der Kaiser kann Senatsbeschlüsse durch Antrag und Abstimmung herbeiführen. Außer dem Kaiser besitzen nur noch die Konsuln dieses Recht. Es soll vor allem verhindern, dass unnötig lange debattiert wird. Besteht hierzu noch eine Frage? Ansonsten haben wir die schwierigsten Artikel der Lex Auquilia geschafft."


    Ich lächelte meinen Schülern aufmunternd zu und hoffte, dass sie die Aussicht auf einfachere Teile der Lex Aquilia zu ein wenig Freude führen würde.

  • Da es keine Fragen zu geben schien, beschloss ich, nach einem Schluck Posca aus einer Feldflasche weiter zu dozieren.


    "Artikel VII gibt dem Kaiser ebenfalls eine Gesetzgebungskompetenz. Es erlaubt ihm nämlich, die Grenzen des Pomerium und des Imperium Romanum vorzuschieben, wenn es seiner Meinung nach im Interesse des Staates liegt. Die Verschiebung von Grenzen, seien es nun die sakralen des Pomerium oder die realen des Imperium Romanum, bedarf aber einer Entscheidung im Gesetzesrang. Besonders an dieser Vorschrift ist, dass diese Verschiebungen nicht willkürlich erfolgen dürfen, sondern im Interesse des Staates sein müssen. Der Kaiser muss also im Zweifel begründen können, worin seiner Ansicht nach der Nutzen für den Staat liegt. Wir werden das in einer späteren Lektion noch einmal näher betrachten."


    Ich machte nur eine kurze rhetorische Pause, um klarzustellen, dass dieser Artikel damit abgeschlossen war.


    "Artikel IX, der im Gesetz altertümlich VIIII geschrieben wird, ist ein sogenannter Auffangtatbestand. Sehen wir uns den Wortlaut an: 'Er erhält das Recht, alle Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen, die nach seiner Ansicht im Interesse des Staates liegen und angemessen sind, so wie es Divus Augustus und seine Nachfolger hatten.' Dieser Wortlaut gibt dem Kaiser das Recht, alles zu tun, was im Interesse des Staates liegt und angemessen ist. 'Alles' bedeutet auch, Gesetze zu erlassen. Da keine genaue Bestimmung getroffen wird, wird hiermit alles ermöglicht, so lange es den beiden Einschränkungen genügt. Damit werden alle Tatbestände aufgefangen, die zuvor nicht genannt wurden. Daher der Begriff des Auffangtatbestands. Wir Juristen sprechen stets von Tatbeständen, die in Gesetzen geregelt werden. Unter diese Tatbestände werden Lebenssachverhalte subsumiert. Das bedeutet, dass wir bei jedem Sachverhalt prüfen, ob es hierfür einen Tatbestand im Gesetz gibt. Der Begriff des Tatbestands ist dabei nicht wertend zu sehen. Schließlich gibt es gute und schlechte Taten. Die Lex Aquilia listet im Wesentlichen gute Taten auf. Doch nun wollen wir noch einmal die beiden Einschränkungen des Artikel VIIII betrachten. Welche sind das und wie sind sie zu deuten?"


    Gespannt wartete ich, wer sich zuerst zu Wort melden würde.

  • Wenn ich es recht verstanden habe ,dürfen die erhabene Majestät alles tun und erlassen , was dem Staate frommt. Was jenem aber frommt, legte dereinst der erhabe Augustus fest. Jener, Gaius Octavius Thurinus Kaipias , war der Großneffe und Haupterbe des erhabenen Caesar, des allbekannten Gaius Iulius Caesar. Daran haben alle Nachfolger bis heuer zu halten!

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  • Ich nickte.


    "Exakt erkannt. Allerdings habe ich einen Tipp für dich: Wenngleich wir Juristen uns aus den gebildeten Personen rekrutieren, gilt das längst nicht zwingend für die Öffentlichkeit, die sich Gerichtssitzungen ansieht. Dieses Publikum ist aber wichtig. Wenn der Praetor oder Iudex unentschlossen ist, weil der Fall kompliziert ist, sollte man das Publikum auf seine Seite ziehen. Die Stimmung des Publikums wird vom Gericht durchaus wahrgenommen. Das führt dazu, dass bei unklarer Sachlage die Stimmung des Publikums entscheidend sein kann. Sozusagen eine Art inoffizielles Meinungsbild. Damit die weniger Gebildeten im Publikum nicht verliert, sollte man sich einfacherer Sprache bedienen. Auf keinen Fall soll man die Sprache der Gosse verwenden, doch soll man auch nicht so sprechen, als würde man einen Vortrag an der Akademie in Athen halten. Gebildet ja, aber für das einfache Volk noch verständlich."

  • Secundus blickte zu Boden, war er wieder in einen Fettnapf getrampelt.

    "Werde mich bemühen Tacticus. Für mich war das bis der normale Umgangston. Aber man ist ja lernfähig."

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