Cursus Iuris

  • "Falls du den Prozess meinst, den du gegen den mutmaßlichen Geldfälscher angestrengt hattest, muss ich dir leider sagen, dass es nicht unbedingt eine Gesetzeslücke war, sondern vor allem juristische Fehler, die du gemacht hattest. Du erinnerst dich vielleicht, dass ich den Angeklagten verteidigte."


    An den Namen meines Mandanten erinnerte ich mich allerdings nicht mehr.


    "Wenngleich ich deine Verurteilung auch nicht wirklich nachvollziehen konnte und auch immer noch nicht kann. Was auch immer den Praetor Peregrinus da geritten hat. Wie dem auch sei, in diesem Kurs wirst du auf jeden Fall alle Kenntnisse erwerben, damit dir so etwas nicht noch einmal passiert. Vielleicht ein wichtiger Tipp an dieser Stelle: Advokaten sollten niemals persönlich involviert sein. Deshalb rate ich ganz dringend dazu, niemals sich selbst zu vertreten. Das Geld für einen Advokaten, der einen vertritt, zahlt sich fast immer aus. Man kann ja im Vorfeld mit dem Advokaten die Strategie ausarbeiten. Aber vor Gericht sollte man den Advokaten reden lassen, außer bei der eigenen Aussage, wenn man als Zeuge gerufen wird."

  • "Ja , ich hätte mich nicht selbst verteidigen sollen, Hochmut,Selbstüberschätzung, also oure aroganz kamen zum tragen.

    allerdings bin ich personlich der Meinung das jener Praetor Peregrinus etwas mit dem Übeltäter und /oder seinem Umfeld zu tun gehabt haben muss, persönlich und / oder geschäftlich. Allerdings habe ich mir den Mann vorgemerkt, er wird es eines Tages bitter bereuen.

    Allerdings erst wenn ich das nötige juristische Rüstzeug und vor allem, die Macht dazu habe."

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • So ganz schien Aemilius noch nicht über die Niederlage vor Gericht hinweggekommen zu sein. Doch schien er sich hier in etwas zu verrennen.


    "Ich gebe dir noch einen zweiten Tipp. Und der ist sogar noch wichtiger als der erste. Man kann glauben, was man mag, aber vor Gericht zählen nur Beweise. Deshalb rate ich dir, niemals jemanden anzuklagen, wenn du keine Beweise hast. Und je mächtiger die Person ist, die du anklagen willst, umso besser müssen deine Beweise sein."


    Der Tipp war freundlich gemeint und auch genauso ausgesprochen.


    "Nun gut, wollen wir uns nach diesen Praxistipps wieder der Auslegungslehre widmen? Oder hast du noch Fragen zu den Praxistipps?"


    Natürlich würde ich auch gerne weitere Praxistipps geben, auch wenn es den Cursus etwas aufhalten würde.

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    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

    Einmal editiert, zuletzt von Aulus Iunius Tacitus () aus folgendem Grund: Hälfte vergessen...

  • Offenbar hatte Secundus keine Fragen zu den Praxistipps. Daher beschloss ich, mit der heutigen Lektion fortzufahren.


    "Nachdem wir nun die Auslegung nach dem Wortlaut erörtert haben, wollen wir als Nächstes die Auslegung im Rahmen der Gesamtheit aller Gesetze betrachten. Denn Gesetze sollten sich nicht widersprechen. Wobei hier noch ein paar kleinere Regeln zu beachten sind. Zunächst einmal geht ein neueres Gesetz einem älteren Gesetz vor. Das ist wichtig, falls es widersprechende Regelungen gibt. Für deine spätere Arbeit als Senator bedeutet diese Tatsache, dass man kein bestehendes Gesetz explizit aufheben muss, wenn man ein neues Gesetz beschließt, mit dem das alte Gesetz ersetzt werden soll. Allerdings sind wir Juristen immer dankbar dafür, wenn man das trotzdem macht. Das vereinfacht die juristische Arbeit, weil dann sichergestellt ist, dass alle Regeln aus dem alten Gesetz außer Kraft gesetzt sind."


    Es konnte ja nicht schaden, wenn man darauf schon einmal hinwies. Da ich fest davon ausging, mit einem zukünftigen Senator zu sprechen, konnte ich ja diese Bitte indirekt äußern, bei neuen Gesetzen klar zu formulieren, ob ältere Gesetze ganz oder nur teilweise ersetzt werden sollten.


    "Eine andere wichtige Regel solltest du dir auch merken: Spezialgesetze gehen allgemeinen Gesetzen vor. Ein Beispiel: Die Lex Octavia et Aelia de Administratione Regionum Italicarum regelt die Verwaltung in Italia. Die Lex Coloniae der Civitas Ostia hingegen gilt nur für Ostia. Sie ist Spezialgesetz für Ostia. Damit haben alle Regeln der Lex Coloniae der Civitas Ostia im Bereich von Ostia den Regelungen der Lex Octavia et Aelia de Administratione Regionum Italicarum vor. Wenn in der Lex Coloniae der Civitas Ostia Regeln fehlen, die in der Lex Octavia et Aelia de Administratione Regionum Italicarum stehen, haben diese allgemeineren Regeln weiterhin Geltung. Gibt es Fragen?"

  • Secundus hörte aufmerksam zu , nicht nur das, er machte sich fleissig Notizen.

    "Ähm ja, ich verstehe das es besser ist das alte Gesetz aufzuheben, anstatt etwas Neues drüber zu stülpen.

    Gilt dies auch für besagte Spezialgesetze?"

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • "Das kommt darauf an. Wenn man mit einem Spezialgesetz ein anderes Spezialgesetz erneuern möchte, sollte man das alte Spezialgesetz aufheben. Wenn man mit einem neuen allgemeinen Gesetz ein Spezialgesetz aufheben möchte, muss man sogar das Spezialgesetz aufheben. Anders ist die Sache, wenn man mit einem spezielleren Gesetz nur für den Spezialfall ein allgemeineres Gesetz ändern möchte, für andere Fälle aber nicht. Dann muss das allgemeinere Gesetz bestehen bleiben, weil das Spezialgesetz ja nur einen Teil regelt."


    Das hatte ich jetzt immer noch ziemlich allgemein gehalten.


    "Ich hoffe, dass ich mich gerade verständlich ausgedrückt habe. Ansonsten einfach fragen."


    Dabei lächelte ich freundlich.

  • "Gut, dann schauen wir uns ein paar einfachere Sachverhalte an. Der Sklave Servius des Aulus Agerius wurde durch Numerius Negidius vorsätzlich geschlagen und hat deshalb eine Platzwunde. Aulus Agerius erhebt vor dem Praetor Urbanus Klage auf Grund von Körperverletzung gemäß § 76 Codex Iuridicialis. Der Praetor weist die Frage ab. Zu Recht?"


    Ich wartete keine Antwort ab, weil ich die Systematik erläutern wollte.


    "Die Antwort ist, dass der Praetor Urbanus Recht hatte. § 76 Codex Iuridicialis regelt zwar die Körperverletzung. Allerdings muss man bedenken, dass der Verletzte der Sklave Servius war. Nach § 1 Lex Mercatus ist ein Sklave eine Sache, weil er kein freier Mensch ist. Für Schäden an Sachen ist aber § 85 Codex Iuridicialis einschlägig. Aulus Agerius hat also nach der falschen Rechtsnorm Klage eingereicht. Hätte er Numerius Negidius auf Grund einer Sachbeschädigung im Sinne des § 85 Codex Iuridicialis in Verbindung mit § 1 Lex Mercatus verklagt, dann hätte der Praetor Urbanus den Fall verhandeln müssen. Merken: Bei der Klageerhebung ist die richtige Rechtsgrundlage zu nennen. Gibt es Fragen zu dem Beispiel?"

  • Nickt wieder.

    "Besonderst klug schein dieser besagte Aulus Agerius nicht zu sein, sonst hätter er sofort Sachbescädigung geltend gemacht! Allerdings bin auch mit der Entscheidung des Praetor Urbanus nicht einverstanden, er hätte von sich Klage gegen den besagten Numerius Negidius erheben können, ja erheben müssen. Dieser kerl hat eine vorsätzliche sachbeschädigung begangen, der besagte Sklave fällt länger aus und besager Aulus muss nun gutes Geld ausgeben und einen neuen Sklaven erstehen, dieses hätte der Numerus ersetzen müssen, jedenfalls nach meiner Meinung."

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • "Nun, Aulus Agerius hätte sich wohl besser juristischen Beistand geholt. Allerdings muss ich dich bezüglich der Rolle des Praetor Urbanus korrigieren. Der Praetor Urbanus muss, ebenso wie der Praetor Peregrinus, neutral sein. Das heißt, dass er nur das verhandeln darf, was ihm als Klage eingereicht wird. Wer die falsche Klage einreicht, muss mit Abweisung rechnen. Das Gleiche gilt übrigens auch für jeden Iudex. Diese Regel hat mehrere Hintergründe. Zum einen geht es darum, dass ein Richter unbefangen sein muss und nicht einmal den Anschein der Befangenheit erwecken darf. Richter sprechen als neutrale Vertreter des Imperium Romanum Recht, nicht als Bürger. Würde ein Richter, egal ob Praetor oder Iudex, eine falsch eingereichte Klage korrigieren, dann könnte man das als Befangenheit zu Gunsten einer Partei werten. Das könnte aber die Bürger dazu veranlassen, an der Neutralität der Gerichte zu zweifeln. Dann würde man Streitigkeiten nicht mehr vor Gericht austragen, sondern sich direkt, notfalls mit Gewalt, Recht verschaffen. Und das wiederum würde die Sicherheitskräfte des Imperium Romanum unnötig binden, um wieder für Ordnung zu sorgen. Heißt, ein Richter darf eine falsch eingereichte Klage nicht korrigieren. Ein weiterer Hintergrund der Neutralitätsregel ist, dass die Gerichte nicht unnötig belastet werden sollen. Wenn ein Richter im Zweifelsfall meine Klage korrigiert, warum sollte ich mir dann die Mühe machen, mich juristisch kundig zu machen? Ich könnte ja einfach eine unpassende Klage einreichen und dann würde sich der Richter um alles Weitere kümmern. Das kann aber teilweise erheblichen Rechercheaufwand des Richters bedeuten, kostet also Zeit. Diese Zeit soll aber nicht die des Richters sein, sondern die des Klägers oder seines Advocatus. Die Zeit des Richters ist dafür zu wertvoll. Zu guter Letzt kommt auch der außergerichtlichen Beratung durch Juristen ein wichtiger Sinn zu. Denn vielleicht kommt es ja gar nicht zum Prozess, wenn sich Juristen bereits außerhalb des Gerichts einigen. Wie du siehst, ist die exakte Klageerhebung sehr wichtig, um die Stabilität unseres Gerichtswesens und damit auch des Imperium Romanum zu garantieren."


    Außerdem gab es da noch die Geschichte unseres Gerichtswesens...


    "Du solltest auch bedenken, dass ursprünglich mit dem sogenannten Legisaktionsverfahren noch viel strengere Ansprüche an die Klageerhebung gestellt wurden. Damals musste die Klage in einem ganz exakten Wortlaut einer bestimmten Klageformel vorgetragen werden, ebenso wie die Erwiderung. Fehler in der Zitierung der Formel führten zur sofortigen Niederlage. Prinzipiell ist diese Verfahrensform noch immer zulässig, allerdings nutzt sie kaum noch jemand. Am ehesten wird sie noch zur Mancipatio verwendet. Und selbst die ist selten. Ich denke, dass es nach den Ursprüngen mit einem exakten Wortlaut jetzt deutlich einfacher und durchaus zumutbar ist, wenigstens die exakten Rechtsnormen zu zitieren."


    Nun musste ich aber noch etwas zu meinem Beispiel erläutern.


    "Kehren wir noch einmal zum verletzten Servius zurück. Aulus Agerius könnte seinen Fehler korrigieren, indem er einfach erneut Klage einreicht, diesmal aber wegen Sachbeschädigung. Abgewiesen wurde ja nur die Klage wegen Körperverletzung. Ansonsten kann man aber auch einen Trick verwenden, wenn man sich nicht sicher ist. In dem Fall hätte Aulus Agerius Klage gegen Numerius Negidius auf Grund von § 85 Codex Iuridicialis in Verbindung mit § 1 Lex Mercatus, hilfsweise auf Grund von § 76 Codex Iuridicialis, einreichen können. Durch die Konstruktion des hilfsweisen alternativen Klagegrunds hätte der Praetor Urbanus nun zunächst die Sachbeschädigung nach § 85 Codex Iuridicialis in Verbindung mit § 1 Lex Mercatus prüfen müssen. Wäre diese nicht einschlägig gewesen, hätte er als nächstes die Körperverletzung nach § 76 Codex Iuridicialis prüfen müssen. Nur, wenn beides zu verneinen wäre, müsste der Praetor Urbanus die Klage abweisen. Ansonsten müsste er sie verhandeln. Fragen?"

  • Ich nickte.


    "Gut, dabei hilft dir vielleicht das nächste Beispiel. Nach Jahren des treuen Dienens entscheidet sich Aulus Agerius, seinen Sklaven Servius freizulassen. Unter Berufung auf § 2 Absatz 3 Satz 1 Lex Germanica Servitium verpflichtet er Servius aber, 50 Tage im Jahr für ihn kostenlos zu arbeiten. Die Tätigkeit bleibt die gleiche, wie die Tätigkeit als Sklave. Servitius findet das ungerecht und reicht Klage auf Grund von § 2 Absatz 3 Satz 2 Lex Germanica Servitium ein, um die Verpflichtung auf 10 Tage zu reduzieren. Wir nehmen an, dass du Praetor Urbanus bist und den Fall verhandeln musst. Deine Zuständigkeit ist unbestritten. Die Rechtsnormen sind korrekt zitiert. Wie urteilst du und warum?"

  • "Undank ist der Welten Lohn! Leider kann den undankbaren Kerl nicht wieder zum Sklaven zu machen, aber ich würde ihn verurteilen 100 Tage im Jahr kostenlos für seinen ehemaligen Herrn zu arbeiten. Weshalb , er, ein Freigelassener, wagte es das hochherzige Angebot auszuschlagen und frech gegen seinem ehemaligen Herrn zu klagen! Gut letztres ist kein jurischer Grund. Es muss aber ein Exzempel statuiert werden, der Unterschied zwischjen Iben und Unten muss gewahrt werden.

    Natürlich kann auch ein Unterer, als Freier gegen einen Oberern klagen, bei gravirenenden Ungebill, jedoch nicht wegen solch Unsinn!"

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    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • "Nun, das Urteil ist etwas hart, scheint mir aber durchaus gerecht zu sein. Denn, wie du richtig erkannt hast, waren die 50 Tage ganz sicher keine unangemessene Härte im Sinne des § 2 Absatz 3 Lex Germanica Servitium."


    Ich hätte zwar die Arbeitsverpflichtung nicht erhöht, wohl aber die 50 Tage bestätigt und den Sklaven ermahnt, etwas dankbarer für seine Freilassung zu sein.


    "Wandeln wir den Fall ein wenig ab. Angenommen Aulus Agerius hätte von Servius verlangt, ihm für 250 Tage seine Arbeitskraft zu Verfügung zu stellen. Wie wäre dann dein Urteil?"

  • "Hier wäre ich auf Seiten des Freigelassenen und würde 75 Tage als angemessen anordnend.

    Denn so wie der Freigelassene sich nicht in Undank ergehen sollte, so hat der Freilasser jenen nicht wieder durch die Hintertüre zu versklaven."

  • Ich lächelte zufrieden. Kernpunkt war die Frage der Angemessenheit der Arbeitsleistung und hier hatte Secundus alles richtig gemacht. Als nächstes Beispiel wollte ich einen 'Klassiker' nehmen, der die Grenzen der Auslegung nach dem Wortlaut aufzeigen sollte.


    "Sehr gut, Aemilius. Hart, aber gerecht. Das gefällt mir. Schauen wir uns nun ein Fallbeispiel an, das hoffentlich weder wir noch sonst ein Römer jemals in der Realität erleben wird. Nehmen wir an, es würde Barbaren gelingen, Rom einzunehmen. Das war vor einigen Jahrhunderten schon einmal der Fall, ist jetzt aber wirklich rein hypothetisch und faktisch unmöglich. Es ist aber ein interessantes Fallbeispiel. Die stadtrömischen Einheiten sollen in diesem Beispiel nicht mehr existieren. Nehmen wir weiterhin an, dass zivile Römer sich bewaffnen würden und es ihnen gelingen würde, die Barbaren zu vertreiben. Nach § 103.1 Codex Iuridicialis ist das Waffentragen innerhalb des Pomeriums nur den statdtrömischen Einheiten erlaubt. Die Barbaren ließen sich nur vertreiben, indem man sie innerhalb des Pomeriums bekämpfte. Folglich wären bewaffnete römische Zivilisten innerhalb des Pomeriums. Nach § 103.1 Codex Iuridicialis müssten diese nun bestraft werden. Oder?"


    Es gab mehrere Lösungsansätze hierfür, so dass ich gespannt war, wie Secundus argumentieren würde.

  • "Nein, das Recht zur Verteidigung, geht vor, hier bricht das Allgemeinwohl das Gesetz, zum Nutze des Allgemeinwohles.

    Anders kann ich es nicht formulieren.

    Anders aber ist die Situation nach dem Sieg, wer , sagen wir 72 Stunden danach noch unter Waffen angetroffen wird, soll sehr wohl nach § 103.1 Codex Iuridicialis bestraft, werden denn er vetritt nicht mehr das Gemeinwohl."

    Zwar hatte Secundus seine Worte wohl gewählt, ob sie allerdings jurisch so durchgingen wusste er nicht.

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    SODALIS - AUGUSTALES

    Klient - Lucius Annaeus Florus Minor

  • Ich nickte zustimmend.


    "Sehr gut. Du hast den Zweck der Regelung richtig erkannt. Und du hast erkannt, dass hier eine Auslegung nach dem Zweck notwendig ist.


    Ein anderer Lösungsweg hätte über einen Analogieschluss aus dem Codex Militaris geführt. Unter Kriegsrecht ist es erlaubt, bewaffnete Gegner des Imperiums zu bekämpfen. Das trifft zwar streng genommen nur für Angehörige des Exercitus Romanus zu, aber mangels entsprechender Einheiten in diesem Beispiel wird es die Pflicht aller Römer, zu kämpfen. Das geht nur mit Waffen und entsprechend wäre es dann nach Kriegsrecht gedeckt. Weil Kriegsrecht ein Spezialrecht ist, geht es dem Codex Iuridicialis vor.


    Nach herrschender Meinung unter Juristen ist aber der Lösungsansatz der Auslegung nach dem Zweck gegenüber dem Analogieschluss aus dem Kriegsrecht zu bevorzugen. Du hast also die Lösung angewendet, die auch von der Mehrheit der Juristen bevorzugt wird. Gute Arbeit, das Gelernte hast Du verstanden."


    Nun gab es noch eine Kleinigkeit, um die heutige Lektion abzuschließen.


    "Kommen wir noch zu einem letzten Punkt, der uns in Zukunft immer wieder begegnen wird. Das passende Zitieren von Gesetzestexten. Wie du an meinen Beispielen gesehen hast, habe ich immer zuerst die Nummer des Paragrafen genannt und dann das Gesetz, aus dem er stammt. Das ist auch die gängige Zitierweise. Man kann also Üblicherweise genügt es, Paragraf und Gesetz zu zitieren. Beispielsweise kann man die Definition des Eigentums zitieren, indem man sagt 'Eigentum nach § 2 Lex Mercatus' oder 'Eigentum im Sinne des § 2 Lex Mercatus'. Man kann das auch etwas schöner formulieren, wie zum Beispiel 'Eigentum im Sinne des zweiten Paragrafen der Lex Mercatus'. Wichtig ist, dass Paragraf und Gesetz genannt werden.


    Man kann aber auch einzelne Aspekte der Regel gesondert hervorheben. Ein Beispiel: Ein Vertrag bedarf nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Lex Mercatus der ausdrücklichen Zustimmung beider Vertragspartner. Das wendet man vor allem dann an, wenn man den Aspekt besonders betonen will. Damit kann man seine Zuhörer, und das kann auch ein Praetor sein, gezielt auf einen Aspekt aufmerksam machen, der besonders wichtig ist. Grundsätzlich geht man hierarchisch vor. Erst der Paragraf, dann der Absatz, dann weitere Unterprunkte, wie beispielsweise ein Satz des Paragrafen.


    Ein Sonderfall sind spezielle Gesetze, die nicht in Paragrafen geordnet sind. Das Zwölftafelgesetz ist so ein Fall. Dort zitiert man nur die jeweilige Tafel oder die Überschrift des Abschnitts. Wenn beides nicht geht, zitiert man nur das Gesetz und das relevante Stichwort. Ein Beispiel wäre meine Berufung der Analogie auf das Kriegsrecht aus dem Codex Militaris, die ich bei dem Fall des Waffentragens im Pomerium bemüht habe.


    Final bleiben noch Verknüpfungen von Paragrafen. Das nutzt man, wenn ein Paragraf Voraussetzung für einen anderen ist. Und sei es nur, um eine Definition zu haben. Ein mündlich geschlossener Kaufvertrag ist beispielsweise ein gültiger Vertrag nach § 5 in Verbindung mit § 4 Absatz 1 Lex Mercatus. In diesem Beispiel sind beide Rechtsnormen im gleichen Gesetz, so dass man den Wortlaut 'in Verbindung mit' zwischen beide Paragrafen setzt. Bei Rechtsnormen aus zwei unterschiedlichen Gesetzen wird bei jedem Paragrafen das Gesetz genannt. So wäre ein Besitzer eines Sklaven, der nicht Eigentümer des Sklaven nach § 2 Lex Mercatus ist, aus § 1 Absatz 2 Lex Germanica Servitium in Verbindung mit § 3 Absatz 2 Lex Maercatus dazu verpflichtet, dauerhaften Schaden vom Sklaven abzuhalten.


    Die Zitierweise ist soweit klar, hoffe ich?"

  • "Gut, dann hätten wir die Inhalte der heutigen Lektion durchgearbeitet. Damit sind die theoretischen Grundlagen gelegt, um uns in der nächsten Woche mit der Praxis auseinanderzusetzen. Das Thema der nächsten Woche ist das juristische Argumentieren. Dann geht es vor allem darum, Klagen und Verteidigungen richtig vorzutragen. Wir sehen uns dann nächste Woche wieder, gleiche Zeit, gleicher Ort."


    Ich lächelte und fing an, meine Unterlagen zusammenzupacken.

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