[Exedra] Scato & Sporus

  • Exedra


    Die Domus Iunia war ein wunderschönes Gebäude in rustikaler Bauweise. Die Mauern waren solide, die Einrichtung dem Wohlstand der Gens angemessen. Jedoch war nicht zu übersehen, dass das Anwesen jahrelang leer gestanden hatte, auch wenn inzwischen wieder einige junge Iunier eingezogen waren und für Ordnung sorgten. Die Domus Iunia erwachte zu neuem Leben, etwas Schöneres konnte sich Scato als Familienmensch kaum vorstellen. Ein Pfau und ein Trupp Purpurhühner schritten durch den Garten. In einem Taubenschlag gurrte und flatterte es. Futterstellen und Tränken für diese Tiere und für die Wildvögel gab es gleich mehrfach.


    Noch war der Herbst mild, mit goldenem Abendlicht und warmen Mittagsstunden. So wartete Scato in der luftigen Exedra auf Sporus, während er ein paar private Briefe las.

  • Sporus fand Scato in der Exedra. Etwas nervös und mit zerzausten Haaren, hervorgerufen von dem Liebesspiel mit Terpander, ging er zu Scato und sagte,"Herr, ihr wolltet mich sprechen? Ich hoffe, ich habe nichts falsch gemacht. Habe ich etwas gemacht, was euch missfällt, Herr?" Er war besorgt, dass er das Aufsehen von Scato erlangt hatte, und nun für irgendwas bestraft werden sollte.

  • Scato legte das Schreiben, das er gerade gelesen hatte, auf dem Tisch ab und widmete seine Aufmerksamkeit ganz Sporus. "Würde es etwas geben, das mir missfällt, würdest du dich jetzt nicht mir gegenüber sehen, sondern Terpander." Scato war vollkommen unfähig, mit den Sklaven seines Haushalts zu schimpfen, geschweige denn, sie zu züchtigen. Man könnte es aber auch vornehm "deligieren" nennen. "Du bist nun schon einige Zeit hier in der Domus Iunia. Ich habe nach dir schicken lassen, weil ich fragen möchte, wie es dir gesundheitlich geht? Darf ich deiner verschwitzten Frisur und deinen gesund gefärbten Wangen entnehmen, dass du wieder körperlich belastbar bist? Oder hast du wieder Fieber?"

  • Verschwitzte Frisur?, dachte sich Sporus. Er ging mit den Händen durch seine Haare, um diese glatt anzulegen, was ihn eher weniger gelang. Aber er sah ja nicht, was er da machte.

    "Nein Herr", sagte er zu Scato. "Ich habe kein Fieber und körperlich belastbar bin ich auch wieder..Ich hatte gerade ein....Terpander..." stottere er herum. Er unterbrach seine Aussage, wollte er doch nicht von den Geschehnissen berichten. Nicht, dass er noch Ärger mit Terpander bekommen würde. "Ich fühle mich gut, Danke Herr. Kann ich was für euch tun, Herr?" Fragte er noch.

  • "Ah, so", sagte Scato. Die Situation war nicht eben unvorhersehbar gewesen. Terpander durfte tun und lassen, was ihm beliebte, auch wenn Scato das Gefühl hatte, es würde jedes Mal damit enden, dass er am Ende unglücklicher war als vorher. Auch diese Liebschaft würde nun ihr Ende finden. "Die Behandlung mit der Wundsalbe hat bei dir also gut angeschlagen. Hast du noch Beschwerden? Ansonsten würde ich dich gern zu deinem Herrn nach Rom zurückschicken."


    Scato beobachtete voll Interesse, wie das schüchterne Bürschlein wohl auf diese Ankündigung reagieren mochte. Ihm tat leid, dass Sporus' wohl noch viele Jahre, vielleicht für den Rest seines Lebens, unter panischer Angst vor Bestrafung leiden würde. Wie Stilo damit umgehen würde, war schwer einschätzbar, aber mit Sicherheit hatte er einen teuren Sklaven wie Sporus nicht ausschließlich wegen seiner körperlichen Besonderheit, sondern auch - vielleicht sogar vorwiegend - wegen seines Charakters ausgewählt.

  • "Nach Rom?", fragte Sporus, sichtlich traurig und etwas verstört. Er wusste natürlich, dass dieser Tag kommen würde, und er freute sich auch mehr oder weniger auf seinen eigentlichen Herrn. Aber er kannte Stilo halt noch nicht so gut. Nicht so gut, wie Terpander und Scato. Er hatte sich hier sehr wohlgefühlt, nicht zuletzt, weil er auch Anerkennung erfahren hatte. Eine Tatsache, die ihm, zumindest vorübergehend, die Ängste nahm. "Ich habe keine Beschwerden mehr,"sagte er zu Scato. Er hatte kurz überlegt, Beschwerden vorzuspielen, um noch länger bleiben zu können. Aber Scato und Terpander hätten das sicherlich sofort erkannt. "Danke für alles, Herr" sagte Sporus mit einer Träne im Auge. Er verbeugte sich tief vor Scato, nicht wirklich aus Höflichkeit, sondern eher um seine Tränen zu verstecken.

  • Scatos Prätorianerohren entging nicht die Veränderung in Sporus' Stimme auf diese Nachricht hin. Ach, wie drollig. Der Kleine war ja nah am Wasser gebaut. Ob er Angst vor der Reise hatte? "Keine Ursache, Helfen ist mein Beruf." Das war sehr verharmlosend und beschönigend, denn natürlich konnte er noch einiges mehr, doch das spielte in dem Zusammenhang keine Rolle.


    "Ich habe Kontakt zu einem Händler aufgenommen, der in Mogontiacum einige Waren eingekauft hat und sich in zwei Tagen wieder auf den Weg nach Rom machen wird, bevor der Winter hereinbricht. Die Reisegruppe ist gut bewacht, das war mir wichtig. In der dunklen Jahreszeit ist viel Gesindel unterwegs. Außerdem hast du einen der begehrten Sitzplätze hinten auf dem Karren abbekommen, so dass du die Strecke nicht nebenher laufen musst."


    Dass das nicht billig gewesen war, bedurfte keiner Erwähnung, aber Scato war nicht arm und gab kaum etwas von seinem beträchtlichen Sold aus, so dass er am Wohl des Sklaven seines Onkels nicht sparen musste.


    "Bedien dich im Lager bei den Decken und Kissen, wir haben sowieso viel zu viel davon, das braucht kein Mensch. Und lass dir von Terpander warme Kleidung für die Reise geben." Scato konnte sich nicht daran erinnern, dass Stilo das arme Kerlchen mit sonderlich viel Kleidung nach Norden geschickt hatte, oder überhaupt mit irgendwelchem Besitz. Sein Blick fiel auf Sporus' Füße.*


    Sim-Off:

    Trägst du Schuhe? Wenn ja, welche?

  • Sim-Off:

    Ich trage Sandalen


    In 2 Tagen schon, dachte er sich. Und natürlich hatte er Angst vor der Reise. Vor allem hatte er Angst, dass man ihm was Böses will, konnte er sich doch in keiner Weise wehren. Wie auch. Er hatte keinerlei Erfahrungen mit irgendwelchen Waffen. Nicht einmal ein Messer hatte er jemals in seiner Hand gehabt. Man wollte verhindern, dass er eines Tages aufmüpfig werden würde. Aber er hatte auch etwas Angst vor Stilo. Zu lange hatte er ihn nicht mehr gesehen. Sporus wischte sich seine Tränen aus dem Gesicht und sagte mit einer vorgespielten Entschlossenheit: "Ja Herr, ich gehe sofort zu Terpander, danke für deine Fürsorge, Herr."

  • "Du sollst schließlich gesund bleiben und nicht wieder krank in Rom ankommen. Terpander soll dir auch was Warmes für die Füße geben. Erinnere ihn daran! Er geht selber meist barfuß und hat keinen Blick dafür." Scato betrachtete den Sklaven mitfühlend. Es gab Eunuchen, die besaßen als Freigelassene große Macht und Einfluss, einige saßen bei den staatlichen Finanzen und sollten üble Biester sein, doch der arme Sporus war ganz anders. Er würde wahrscheinlich auch ohne die Entmannung ein Sensibelchen geworden sein. "Bis später, Sporus." Scato lächelte. Es gab keinen Grund, warum er es gegenüber einem Sklaven nicht tun sollte.

  • Sporus wurde angelächelt. Er war überrascht und sehr erfreut über diese Geste der Menschlichkeit. Umso mehr fiel es ihm schwer, gehen zu müssen. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, verbeugte sich noch einmal und suchte Terpander auf. Sporus dachte darüber nach, wie er Terpander die Neuerungen sagen sollte. Schließlich hatte Sporus eine gewisse Zuneigung zu ihm entwickelt. Aber er wird mit Sicherheit schon informiert sein, dachte sich Sporus.

  • Scato ließ Terpander nicht lange zappeln. Er hielt nichts von kleinlichen Schikanen gegenüber den Sklaven. "Was ist denn los?", fragte er. Es war klar, dass Terpander nicht zum Plaudern kam, sondern irgendein Anliegen hatte. Scato gefiel sein Blick nicht, der heute noch ernster wirkte als sonst. Wann hatte er Terpander das letzte Mal lächeln gesehen? Er konnte sich nicht daran erinnern.

  • "Du schickst Sporus nach Rom. Allein." Terpander ließ den Vorwurf wirken. "Auf den Straßen ist Gesindel unterwegs. Ein Eunuch ist teuer und Sporus ein Waschlappen. Der kommt doch niemals in Rom an! Irgendein Halunke wird ihn sich unter den Nagel reißen. Das ist nicht gut für Sporus, nicht gut für Seius Stilo und erst recht nicht gut für dich. Sporus braucht einen Beschützer."

  • Sporus kam und sah Terpander und Scato. Er hatte nichts mitbekommen, von den Dingen, die da besprochen wurden. Er verbeugte sich tief vor den Beiden. "Verzeiht mir die Störung. Ich habe jetzt meine Sachen für die Reise vorbeireitet," sagte er traurig, immer noch in der vergeblichen Hoffnung, dass er nicht zurück nach Rom musste.

  • "Sehr schön, Sporus!" Scatos aufgesetzte Unbeschwertheit wirkte wohl etwas deplaziert. Die Hoffnung, dass die zur Schau getragene Stimmung sich irgendwie übertragen mochte, war wohl doch etwas weit hergeholt. Er blickte von einem Sklaven zum anderen und musste feststellen, dass die Stimmungsübertragung an dieser Stelle leider anders herum funktionierte und er sich von dem Trübsal anstecken ließ.


    "Ich werde dir ausreichend Taschengeld mitgeben, so dass du unterwegs sicheren Ortes übernachten kannst und beim Essen nicht geizen musst. Zudem kannst du mit rollender Münze die meisten Unholde ruhig stellen, die dir unterwegs sicher begegnen mögen. Die Zeiten sind nicht gut." Er musterte Sporus nachdenklich. "Du solltest dir von deinem Herrn eine Markierung geben lassen, eine Halsmarke oder dergleichen. Das ist zwar kein schöner Anblick, aber ein Unhold wird sich gut überlegen, den Sklaven einer ehrbaren römischen Gens zu kränken. Fürs Erste muss es ein Schreiben tun."


    Er hatte etwas vorbereitet, dass er Sporus überreichte. "Nicht jeder kann lesen, doch jeder wird das Siegel der Gens Iunia und das der Cohortes Praetoriae erkennen. Gute Reise, Sporus. Mögen die Götter ihre schützende Hand über dich halten und über deine Schritte wachen." Scato lächelte. Doch, er würde Sporus vermissen, an dessen zartes Gemüt er sich gewöhnt hatte. Kalt und rau würde das Leben in Germania bleiben, sobald er fort wäre.


    An den Unhold, der diesem Sklaven Übles will:


    Es handelt sich bei Sporus um das geschätzte Eigentum einer ehrbaren römischen Gens. Wer ihm Übles tut, soll den Arm des Gesetzes in aller Härte zu spüren bekommen. Lass diesen Sklaven seines Wegs ziehn, ziehe auch du deines Weges, und erfreue dich deines schändlichen Lebens noch etwas länger.


    Weder Diebstahl noch Erpressung werden sich für dich auszahlen.


    Gezeichnet


    Sisenna Iunius Scato

    cp-optio.png


    Siegel Gens Iunia




  • "Ich möchte etwas sagen." Terpander sah Scato ins Gesicht. Das tat er immer. Das Haupt würde er an dem Tag senken, an dem der Tod nach ihm griff. Seine folgenden Worte waren wohl überlegt und er wartete nicht, bis er die Erlaubnis zum Sprechen erhielt. Er hatte lange genug gewartet.* "Es handelt sich bei Sporus um einen besonders wertvollen Sklaven und ich glaube nicht, dass der Brief genügen wird, um ihn zu beschützen. Ich möchte anbieten, seine Reise abzusichern, um sicherzustellen, dass der geschätzte Sklave deines Onkels wohlbehalten nachhause zurückkehrt."


    Nachhause zurückkehrt ... etwas, das Terpander nicht vergönnt war. Aber war die Casa Leonis denn Sporus' Heim? Sie hatten nie darüber gesprochen, was für Sporus Heimat war. Doch Terpander meinte, dass der Eunuch seine Heimat in bestimmten Menschen fand, in dem Herrn, dem er sein Herz zu Füßen gelegt hatte, und nicht in Erde. Vielleicht hätten sie bald Zeit, darüber zu reden. Die Reise nach Rom war lang.


    Sim-Off:

    * ;)

  • Sporus verbeugte sich tief vor Scato und Terpander. Er bedankte sich bei Scato für das Taschengeld und den Brief. Eine Träne lief über sein Gesicht, war er doch nicht gewöhnt soviel Aufmerksamkeit zu bekommen. Auch schaute er zu Terpander und hoffte, dass Scato, Terpander`s Bitte Folge leisten würde.

  • Na wunderbar. Ausgerechnet der Leibsklave wollte sich aus dem Staub machen. Scato hätte Terpander das bequem verbieten können, doch er würde sich damit keinen Gefallen erweisen. Terpander würde ihn seine miese Laune jeden einzelnen Augenblick spüren lassen. Scatos Mund wurde ein Strich.


    "Ich hoffe, dir ist bewusst, dass dein Vorschlag für einen Maiordomus fahrlässig ist, Terpander! Deine größte Sorge sollte das Heim sein, das Wohl deines Herrn und die Organisation deiner Aufgaben. Dass ich deinem Vorschlag zustimme, liegt nur daran, dass dieser junge Sklave meinen geschätzten Onkel Stilo viel Geld gekostet hat und dass ich ausschließlich dich mit der Aufgabe betrauen möchte, ihn wohlbehalten bis nach Rom zu eskortieren. Wenn du deinen Vorschlag nicht unterbreitet hättest, wäre ich selbst mit einem entsprechenden Auftrag an dich herangetreten."


    Nun war sein Gesicht gewahrt. Aber innerlich regte ihn die Situation auf. Er hätte sich des notorisch renitenten Sklaven auch einfach entledigen können. Er besaß genügend Geld, um sich Ersatz zu beschaffen. So musste Scato einsehen, an der Misere selbst Schuld zu sein. Er hatte die Mittel, aber nicht die Hartherzigkeit gegenüber seinem alten Lehrer, der ihm früher selbst Autorität gewesen war. Zu sagen, dass ihm Terpander auf der Nase herumtanzte, wäre eine schamlose Untertreibung.


    "Geh mir aus den Augen", fauchte er und fuchtelte in Richtung Garten.

  • Terpander hob eine Braue, kaum merklich. Scato würde es trotzdem sehen. Er war Prätorianer und er war Heiler. Er war dafür ausgezeichnet worden. Sich selbst konnte er nicht heilen. Terpander wüsste, was helfen würde. Er wünschte, er könnte noch an Götter glauben, dann würde er sich Göttlichkeit einbilden können, doch so blieb es dabei, dass er ein Mensch war, der zu viel deuten konnte, während ihn das alltägliche Schauspiel der Menschen anwiderte und zerfraß. In einer Welt der Lügen, in der er selbst der größte Lügner war, sehnte Terpander sich nach etwas anderem. Zumindest für den heutigen Tag.


    "Du hättest einfach sagen können, dass du mich brauchst. Herr. Aber ich werde deinen Auftrag zu deiner Zufriedenheit erfüllen."


    Und nun war es besser, dass er ging, denn er wusste auch, wann er den Bogen überspannt hatte. Terpander wandte sich ab, um seine wenigen Habseligkeiten zu packen. Dabei sah er die Träne in Sporus' Auge.

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