Lando, der sich seit seiner Verlobung und der Diskussion in der Küche einige Selbstzweifel geleistet hatte, fand diese nurnoch verstärkt, als er einen Brief aus Rom auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer vorfand.
Das was er las, war alles andere als gut, und wiederrum doch. Manchmal fragte er sich schon, wieso der Prudentius das alles für seine Familie tat. Er würde sich beizeiten für dieses Engagement in Rom erkenntlich zeigen, das war klar. Der Sache mit der verschwundenen Aquillia, auch wenn Lando nicht wirklich verstand, wie Römer sich noch in diesen Tagen rechts des Rhenus niederlassen konnten, würden sie nachgehen, sobald sie nach Magna aufbrachen. Ein kleiner Zwischenstopp in einer Sklavenhändlersiedlung, drei Tagesritte von Mogontiacum entfernt, und fast auf der Route in das Niemandsland zwischen Fosen, Cheruskern, Hermunduren und Mattiakern, würde vielleicht die nötige Aufklärung bringen.
Blieb da noch die Sache mit der Heirat. Sollte er wieder Verus dafür einbringen? Warum eigentlich? Seine Schwester hatte sich bei ihm klar dafür eingesetzt, dass ihr Bruder ihr noch eine Zeit lang erhalten bliebe, das konnte er verstehen... außerdem war der Mann noch nicht so fest in der mogontinischen Politik zementiert, als dass es eine politische Verbindung symbolisieren würde. Und sowieso: sollte er seine eigene Schülerin heiraten? Nein, sollte er wohl nicht... er würde sich noch einmal intensiver mit dem Sohn Gunnars unterhalten müssen, um festzustellen was bei ihm überhaupt Sinn machte. Genauso wie bei ihm... Lando kam mit der germanischen Welt immernoch besser klar, als mit der römischen, was darin gipfelte, dass er eine germanische Edelfrau heiratete, und keine Römerin von Stand.
Auch wenn die Familie in sich einig war, unterschied sie sich doch von Person zu Person gravierend, was die Bindung zum römischen Reich anging. Lando war zwar nicht erzkonservativ wie Albin, aber es ging in die gleiche Richtung, während seine eigene Schwester Eila sich unter den Römern bewegte wie ein Fisch im Wasser, auch wenn es in ihrem Fall wohl ein Raubfisch war.
Phelan selbst, auch wenn er eine Ausbildung in Rom absolviert hatte, und somit an die Gewohnheiten der Römer gewöhnt war, war in sich noch Naturbursche, und daher wohl auch eher ein Kandidat für eine germanische Hochzeit... der zweite Mann in der Rangliste weilte in Rom, und würde als Soldat nicht so schnell die Gelegenheit bekommen, heiraten zu dürfen. Der dritte Mann war Witjon, und da ging Lando ein Licht auf. Die Ubier waren, ihrer Geschichte wegen, schon viel länger an die Römer und ihre Eigenarten gewöhnt.
"WITJOOOOOOOOON!!!!!", erklang es dann auch, als Lando zur Tür schritt, diese öffnete und den Namen des jungen Ubiers in die Flure der Casa hinausbrüllte...