Der Verhörraum der Castra

  • Die Schöpfkelle wurde von dem Gefangenen in einem Zug geleert.


    Ich steckte sie wieder in den Wassereimer und sagte: "Wenn du weiter schön gesprächig bleibst gibt es nachher mehr Wasser. Aber vorher beantwortest du mir ein paar Fragen."


    Ich trat näher zu ihm hin und sah in sein schmutziges Gesicht. Täglich Waschen schien nicht zu den Pflichtübungen im Carcer zu zählen, dachte ich.


    "Also nochmal. Lucius Hestius Narrator. Das du ihn kennst, das hast du breits zugegeben. Wer war er? Was verband dich mit ihm? Warum wolltest DU ihn umbringen?"

  • Narrator... Er war ein... "Geschäftspartner"... du weißt schon, eine Hand wäscht die andere...


    Seine Miene wurde steinhart.


    Ich habe ihn nicht umgebracht. Das wart ihr.


    Wann war endlich dieses Verhör vorbei? Mirors Herz schlug schnell. Er brauchte Wasser... und Ruhe...

  • "Wie kommst Du darauf, so etwas zu behaupten?" fragte ich rasch weiter und dachte mir, das es nach seiner Antwort wohl wieder Zeit für eine weitere Schöpfkelle Wasser sei, so wie sich sein Gesicht bereits wieder rot verfärbte.

  • Na wer sollte es denn sonst gewesen sein! schrie Miror.


    Der Durst nahm wieder überhand. Sein Herz schlug immer schneller. Mittlerweile schwitzte er nicht mehr, er badete in seinem eigenen Schweiß.


    Ich dachte, er wär schon weg. Und ihr... ihr wart zu langsam.


    Seine Stimme wurde leiser, sein Kopf wurde schwer...

  • Ob der Impertinenz des Schurken vor mir mußte ich mich zwar sehr zusammenreißen, aber es war definitiv Zeit für die nächste Schöpfkelle Wasser, sah ich. Auch diese schlürfte Miror in einem Zug aus. Ich gab ihm noch eine weitere zum Trinken. Diesmal setzte er einmal zwischendurch ab, was ich für ein gutes Zeichen hielt. Auch seine Gesichtsfarbe normalisierte sich wieder, gleichwohl er immer noch sehr erschöpft aussah.


    "Keine Ausflüchte mehr, Miror." sagte ich scharf zu ihm. "Meine Geduld ist am Ende." Ich blickte dabei bedeutungsvoll zu dem Praetorianer mit der inzwischen im Bereich des Zangenkopfes glühenden Zange auf. Miror folgte meinem Blick ängstlich.


    "Hestius Narrator. Er war also dein Geschäftspartner. Was für Geschäfte? Mit wem? Wir haben inzwischen herausbekommen, das Narrator oft nach Hispania gereist ist. Was wollte er dort? Wen hat er dort besucht? Ich will Namen hören, Miror. Namen." sagte ich eindringlich zu ihm.

  • Endlich... mehr Wasser...


    Die Flüssigkeit rann lauwarm seinen Hals hinunter, endlich konnte er seinen Durst stillen.


    Doch erschöpft war er noch immer. Sein Herz schlug noch immer rasend schnell. Er atmete tief durch.


    Ich weiß nicht, was er alles dort getan hat. Er schmuggelte Waren, schuf Beutestücke hin und her, alles was so anfiel. Hin und wieder traf er einige Leute, Verus, Falsus, Niger, Rufus, ab und an auch den Alten.


    Warum hörte sein Herz nicht auf, so schnell zu schlagen? Miror fühlte sich müde...

  • Mirors zunehmende Erschöpfung war spürbar. Darauf konnten wir jedoch keine Rücksicht nehmen.


    Also fragte ich weiter. "Die Ehefrau von Narratius - sie hat deinen feigen Mordanschlag zum Glück überlebt. Sie sprach in ihrer Zeugenaussage, von einem Geschäftspartner ihres Mannes. Sie nannte ihn den alten Esel. Es ist sicher der Alte, der Senator mit dem Decknamen Asinus."


    In denn Verhörprotokollen des Miror, in welche mir Hungaricus Einsicht gewährt hatte, war zu lesen gewesen, das Miror auf die Frage nach der Identität des Alten bisher beharrlich geschwiegen hatte. Daher nahm ich, um die Bedeutung meiner nächsten Frage zu unterstreichen, dem Praetorianer die Zange, welche im Griffbereich lederumwickelt war, aus der Hand und hielt den glühenden Zangenkpf vor Mirors Gesicht.


    "So, und jetzt will ich von dir den Namen des Alten wissen, du Dreckstück, wenn dir dein Leben lieb ist. Wer verbirgt sich hinter dem Senator Asinus?" fragte ich drohend. Der glühende Zangenkopf befand sich jetzt nur noch wenige digiti vor Mirors Gesicht. Dieser mußte die Hitze bereits empfindlich spüren.

  • Der Zangenkopf... direkt vor sich... so heiß...


    Ihr wollt den Namen vom Alten?


    Sein Herz raste. immer schneller, immer schneller. Er schwitzte nicht mehr, sein Körper war ausgetrocknet. Seine Augen bewegten sich immer schneller, von Falco zu Hungaricus, von Hungaricus zu dem Soldaten und immer wieder zurück. Sein Kopf schmerzte, er bekam kaum noch Luft.


    Der Alte... der Alte...


    Der Zangenkopf noch immer vor ihm... so heiß...


    Miror röchelte.


    Der Alte heißt...


    Miror bäumte sich auf ... und fiel um.

  • Rasch sprang ich hinzu und konnte gerade noch den Kopf Mirors auffangen, bevor er auf den Steinbolden aufschlug. Ich riß die schmutzige Tunika, welche er trug, mit einem Ruck auf und lauschte an seiner Brust, ob ich einen Herzschlag hörte.


    NICHTS war zu vernehmen. Ein Blick auf seine glasigen Augen überzeugte mich endgültig.

  • "Wem sagst du das, Hungaricus..." antwortete ich.


    Wir waren so nahe dran gewesen und nun das.


    "Miror hat sein Wissen mit ins Grab genommen. Um ihn ist es nicht schade, aber er hätte gern noch ein paar Augenblicke leben können. Das hätte gereicht."


    Verdrießlich fügte ich hinzu: "Das die größten Halunken aber auch ein schwaches Herz haben müssen..."

  • Willst du ihn in seiner Zelle verrotten lassen?" fragte ich Hungaricus etwas erstaunt und fügte hinzu mit einem Grinsen hinzu. "Damit der nächste Zelleninsasse etwas Gesellschaft hat?"

  • "Schade, der nächste Zelleninsasse hätte sich sicher gefreut. Der hätte es dann nicht so einsam gehabt." gab ich grinsend zurück.


    Dann antwortete ich, inzwischen wieder ernst, auf die Frage von Hungaricus.


    "Ja, die Informationen helfen mir auf jeden Fall. Die Brandstiftung in der Suburba mit den vielen Toten können wir somit als geklärten Fall zu den Akten legen. Die von Miror genannten Namen, werden wir zunächst hier in Rom überprüfen. Falls das nichts bringt, werden wir sie den zuständigen Behörden in Hispania zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung stellen. Ich glaube aber weniger, das diese Burschen um die Identität des Alten wissen. Ja, und dann kennen wir jetzt noch die Lage des Hauses im Bezirk Trans Tiberim, wo Miror seine Beute zuletzt versteckt hat. Dieses Schlupfloch werden wir ausräumen. Mal sehen, vielleicht finden wir dort noch etwas Interessantes." sagte ich zu Hungaricus, während wir uns auf dem Weg zurück in sein Officium befanden. Das vom Scriba angefertigte Verhörprotokoll hatte ich an mich genommen.


    "Ich danke dir für die Unterstützung und gute Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit, Hungaricus."

  • Corvus öffnete die schwere Tür zum Verhörraum. Es war eine karge, unfreundliche Kammer.
    “Präfekt, wen willst du zuerst verhören? Einen der einfachen Soldaten, oder sollen wir gleich mit dem Anführer beginnen?“

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