[Forum Romanum] Templum Vestae

  • Ich musste lachen. Da war mir doch geradewegs eine Patrizierin in die Arme gelaufen. Ich verbeugte mich leicht.


    "Decimus Pompeius Strabo, gestatten. Ich hoffe, nicht zu stören...sicherlich habt Ihr Wichtigeres zu tun..."

  • Ich betrat ehrfürchtig den Vestatempel.
    Es war gerade noch Zeit für ein kurzes Gebet vor dem Nachtessen.


    Ich stand vor den Altar, legte etwas Brot als Gabe darauf, goss etwas Wein ins Feuer und murmelte leise ein Gebet.


    Als ich den Tempel verliess, sah ich auf der Treppe einige Ähren liegen. Etwas von der letzen Ernte, oder doch ein Zeichen Vestas?

  • Als Virgo Vestalis Maxima stand ich vor dem Tempel und gab den Passanten Räuchermittel für die Lustratio an den Parilia aus. Einige wehrten dankend ab, andere liefen vorüber, ohne mich zu beachten. Etwas traurig dachte ich, dass die Religion im Volke an Interesse verloren hatte.

  • Werden die Römer des Feierns denn gar nicht müde?, dachte Plotina belustigt, als sie die vielen, vor allem jungen Menschen sah, die teils als Hirten verkleidet durch die Straßen der Stadt zogen, um die Parilia feierlich-fröhlich zu begehen.


    Auch Plotinas eigene Stimmung wurde durch die vielen ausgelassenen Jubel-Rufe merklich gehoben. Sie lächelte und hatte auch gar nichts dagegen, ab und zu Stöße zu bekommen - und überhaupt von der Menge in Richtung des Forums gedrängt zu werden. Sie ließ sich einfach treiben und genoss die allgemeine Heiterkeit.


    Auf dem Forum selbst war das Treiben noch bunter und lauter, weil doch die Menschen hier noch enger zusammengedrängt waren als zuvor auf den verschiedenen Zugangsstraßen. Deshalb hätte Plotina auch fast die junge Frau vor dem Tempel der Vesta übersehen. Als Plotina aber erst einmal auf sie aufmerksam geworden war, wusste sie gleich: Dies war eine hohe Virgo der Vesta.


    Plotina hatte schon einmal gehört, dass sie Vestalinnen an den Parilia Räuchermittel ausgaben. Und tatsächlich trug auch diese Vestalin Räuchermittel bei sich. Allerdings stand sie gerade etwas verloren herum, hatte sie ihre Hände sinken lassen und blickte ein wenig traurig um sich.


    Wieder erhielt Plotina einen Stoß, aber wie es Fortuna gefiel, drängte dieser sie geradewegs auf die Vestalin zu.


    "Hohe Frau, ich bin fremd hier in Rom, und du musst verzeihen, ich weiß nicht einmal, wie man dich richtig anspricht. Aber könntest du mir auch Räuchermittel geben, damit ich sie zu Ehren der Götter verbrennen kann?"


    Die Vestalin reichte ihr etwas, blickte aber kaum auf. Plotina wollte ihr gerne noch irgendetwas Aufmunterndes sagen.


    "Es muss dich mit tiefer Freude erfüllen, heute so direkt mit den Bürgern Roms in Kontakt treten zu können, um den Göttern zu dienen?! Ich jedenfalls bin für euren Dienst sehr dankbar!"

  • Ich schaute auf und lächelte die junge Frau an, sie schien nicht der Religion abgeneigt zu sein, da sie innbrünstig nach den Räuchermitteln fragte.


    Nun ja, ich mag diese Momente, in denen ich den Bürgern persönlich begegne, nur sind diese leider nicht mehr so offen gegenüber den Kulten. Viele verlieren das Interesse am Geistlichen und Mystischen.


    Du hast mich gefragt, wie man mich anspricht: Offiziell bin ich die Virgo Vestalis Maxima Aquilia Flavia Agrippina, aber meine Freunde und Bekannten nennen mich schlicht und einfach Agrippina.

  • Also die Oberpriesterin der Vesta persönlich! Plotina war überrascht, dass diese Frau überhaupt ein Wort an sie richtete, und noch dazu in so freundlicher und schlichter Rede. Nun wollte auch sie die Vestalin nicht einfach stehen lassen, und sagte daher zu ihr:


    "Mein Name ist Plotina, Sergia Plotina. Nun, vielleicht hast du Recht, und die Menschen verlieren wirklich das Interesse an der Religion; manchmal denke ich das auch. Ich finde aber, dass euer Dienst gerade dann um so wichtiger ist, damit das Gedenken an die Götter nicht ganz aus dem Blickfeld der Menschen verschwindet."


    Plotina wollte noch etwas anfügen, aber die Menschenmenge schwoll immer mehr an, und sie hatte Mühe, nicht einfach mitgerissen zu werden. Deshalb sagte sie nur noch:


    "Ich danke dir nochmals für das Räucherwerk, Agrippina. Gerne werde ich an einem anderen Tag in den Tempel der Vesta gehen und zu ihr beten, an einem Tag an dem es ein bisschen ruhiger ist als heute."


    Sie deutete lächelnd auf die feiernden Menschen und verdrehte im Spaß die Augen.


    "Ich würde mich freuen, dich dann wiederzusehen. Bis dahin möge dich Vesta behüten!"


    Dies sagte sie noch und winkte Agrippina zu, dann wurde sie von der Menge mit fortgezogen.

  • Ich stieg bedacht langsam die Stufen bis zum Tempel hinauf. Auf keinen Fall wollte ich das Risiko eingehen, durch einen Schwächeanfall zusammen zu brechen.


    Auf der Höhe des Eingangs angekommen wollte ich den schattigen, von Säulen verdeckten Innenraum des Templum Vestale betreten. Doch der Schritt über die Schwelle in Vestas Reich sollte mir nicht mehr vergönnt sein. Keinen letzen Blick würde ich auf das lodernde Feuer erhaschen können, wie es doch immer mein Wunsch war, es zu tun, bevor ich Rom für immer verlassen müsste.


    In meinem Rücken hörte ich leise Schritte, ich wollte mich umdrehen.....
    Das einzige, was ich noch spürte, war eine Hand an meinem Hals, ein Schmerz in meinem Rücken und schliesslich sah ich eine dunkle Gestalt wegrennen und in Richtung Palatin verschwinden. Ich schrie laut, wollte mich an einer Säule festhalten, mich hochziehen, doch alle Kraft verliess mich. Ich sackte neben der Treppe des Tempels zusammen und blieb regungslos liegen.


    Alles, was jetzt kommen würde, hätte seinen Platz nicht mehr in dieser Welt, nicht mehr im Diesseits, sondern im Reich der Götter.

  • Ich hatte heute Morgen überall meine Herrin gesucht, doch Agrippina war nirgends mehr aufzufinden gewesen.
    Also machte ich mich auf den Weg zum Vestatempel. Er war schliesslich nicht weit vom Atrium entfernt und es schien mir wert, nach der Vestalin zu sehen. Sie war doch noch sehr schwächlich und vielleicht doch wieder irgendwo zusammen gebrochen.


    Ich erklomm die Treppe, die zum Eingang des Tempels führte. Doch dann blieb ich schockiert stehen. Vor mir lag eine Gestalt in weissem Gewand, dass am Rücken von roten Blut durchsickert war. Ich hielt die Hand vor den Mund, mir wurde schlecht.


    Dann rannte ich die Stufen hinunter, und schrie laut umher. Hoffentlich würde mich jemand hören und mir helfen. Ich war sicher, Agrippina lebte noch. Sie konnte nicht gestorben sein, sie musste leben.

  • Auf einem erneuten Gang, der mich aufgrund der Testamente zu den Vestalinnen führte, rannte mich eine Frau um. Eben noch hatte ich mich mit Livius Pyrrus über die weitere Vorgehensweise im Fall Hirrius Crassipes unterhalten, dann kurz den Kopf gewandt, weil jemand aufgelöst etwas rief, das ich nicht verstand. Und nur Sekunden später lief die junge Frau in mich hinein. Überrascht schob ich sie von mir und versuchte sie zu beruhigen. Es war eine Sklavin. "He hee, was ist denn los? Geht es dir nicht gut?" frragte ich sie, als ich sie auf Armeslänge von mir geschoben hatte. Kritisch beäugte ich sie. Ganz blass schien sie. Ich warf Pyrrus einen Blick zu, doch er zuckte nur die Schultern und wechselte seine Tafel von der Rechten in die Linke.

  • Ich rang nach Atem, konnte vor Aufregung kaum sprechen.


    "Agrippina.... Virgo Vestalis Maxima... blutet .... auf Treppe... Vesta Tempel."


    Zu mehr reichte es nicht. Ich stand unter Schock. Den Mann der mich aufgefangen hatte, nahm ich wie in Trance wahr.

  • Meine Brauen wanderten nach oben, zuerst die eine, dann die andere. Entgeistert starrte ich das Mädchen an. Ich ließ ihre Schultern los und legte ihr stattdessen eine Hand an die Wange, um sie eindringend anzusehen. "Was sagst du?" Pyrrus holte Luft und setzte zu einer Antwort an: "Sie hat ges..." Einen flammenden Blick später verstummte er. "Die virgo vestalis Flavia? Beim Iuppiter!" fluchte ich. "Pyrrus, kümmer dich um sie und dann organisierst du jemanden, der zum Tempel der Vesta kommt!" wies ich ihn an und eilte davon. Selten hatte man vermutlich einen Magistraten Roms in toga und Amtswürden so dringlich zum Tempel des Heiligen Herdfeuers laufen sehen. Verwundert blickte mir eine Frau nach, die ein Kind an der Hand führte.


    Ich eilte gerade die Treppen hinauf, als ein spitzer Schrei erklang. Eine junge Vestalinm die ebenso bleich war wie die Sklavin eben, hatte einen Korb mit Früchten fallen gelassen und sich neben ihre Herrin gekniet. "Was ist passiert?" fragte ich dringlich und legte meine Hände auf die blutdurchtränkte Kleidung. Bereits jetzt hatte sich eine Lache gebildet, ich fand die Wunde in diesem ganzen Stoff einfach nicht, und die Vestalin kauerte nur neben mir, starrte und weinte geräuschvoll vor sich hin. In solchen Situationen brauchte man jemanden, der sagte, was zu erledigen war. Ich riss der am Boden liegenden Vestalin die Kleidung am Rücken entzwei und presste die Hände auf die stark Blutende Wunde. Ein Messerstich, ganz sicher. "Du musst Hilfe holen!" wies ich die junge Frau an. "Geh und hole eine Patroullie! Habt ihr hier einen Arzt? Wenn ja, holst du den zuerst!" Das Mädchen sah mich entgeistert an und verschwand endlich.


    Kurz darauf kam Pyrrus mit der Sklavin. "Ist sie tot?" fragte er mit Ekel in der Stimme. Ich antwortete nicht gleich darauf. Meine Hände und die reinweiße toga waren blutbeschmiert, als ich die Vestalin losließ und mich an Ort und Stelle hinsetzte. Ein tiefes Seufzen kam über meine Lippen. "Ja." "Oh Shit." "Du sagst es. Verdammt. Ich möchte schwören, dass das hier mit dem Attentat auf den Octavier und den Prudentier zu tun hat."


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  • Ich stand bleich neben dem Mann, den ich wohl in meinem unbeherrschten Zustand angerempelt hatte. Langsam kam ich wieder zu mir, begann alles zu realisieren. Auf dem Boden lag Agrippina, meine Herrin. Blutverschmiert. Neben ihr kniete eine junge Vestalin, vor Schreck weinend.


    Mir wurde bewusst, was geschehen war, obwohl ich es noch nicht wirklich begriff. Doch langsam holte mich die Wirklichkeit zurück.


    Mit zitternder Stimme fragte ich den Mann:
    "Ist sie wirklich tot?"

  • Nicht lange dauerte es, bis sich die tragödiale Nachricht langsam über das Forum verbreitete, aus einer niedergestochenen virgo vestalis maxima auf den Treppen zum Tempel wurde bald eine im Tempel selbst ermordete Vestalin und von Glück konnte man sagen, dass nicht eben auch noch ein erloschenes Feuer im Tempel der Vesta Teil der Gerüchte wurde, welche längst keine Gerüchte mehr waren, da die niedergestochene Person ihren Verletzungen erlegen und daher tatsächlich ermordet worden war. Da die Regia des Cultus Deorum unweit des Tempels sich befand, genauer gesagt keine Einhundert passus ihm Gegenüber, gelangte auch dorthin die Nachricht alsbald und scheuchte nicht nur Verwaltungsbeamte des Cultus Deorum auf, sondern gleichsam auch einen Pontifex, welcher dort in den Aufzeichnungen der Protokolle schmökerte. Unfassbar war die Meldung der Tat, waren doch die vestalischen Jungfrauen sakrosankt und galten als unantastbar. In Begleitung zweier calatores machte sich Gracchus daher umgehend auf, den Ort des Frevels aufzusuchen, denn neben der Wahrung religiöser Ordnung gehörte auch die Beaufsichtigung der Leichenversorgung zu den Aufgaben des Collegium Pontificium, zudem mochte es notwendig sein, den Tempel vorübergehend zu schließen, falls jener durch einen Mord in seinem Inneren war entweiht worden. Mit - soweit dies seine Toga zuließ - ausladenden Schritten strebte Gracchus über das kurze Stück des Forum Romanum hinweg, einer seiner Begleiter teilte mit beinah befehlsgewohnter Stimme die Menge der Gaffer, so dass dem Pontifex ein Durchkommen möglich war. Längst hatte sich eine kleine, doch massive Schar sensationshungriger Schaulustiger hinter dem Magistraten Aurelius geformt, welche doch gleichsam wie durch einen unsichtbaren Bann gehalten in einem Bogen Abstand zu der Toten hielten - wenig würde Menschen dieser Tage mehr abergläubische Furcht in die Leiber treiben denn die blutumströmte Leiche der Virgo Vestalis Maxima.
    "Was ist hier geschehen?"
    Entrüstet über den Frevel trat Gracchus neben den Aurelier, welcher ihm mittlerweile durch diverse Festivitäten war bekannt, doch augenblicklich stockte er in seiner Bewegung. Sein Magen verkrampfte sich, die möglicherweise noch nicht ganz verdaute Nahrung darin begann zu revoltieren, wollte sein Innerstes nach Außen kehren, jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht, hinterließ eine bleiche, fahle Maske, in welcher einzig die schreckgeweiteten dunklen Augen einen Kontrast setzten. Auf den Stufen der Treppen verteilt war Blut, rotfarbenes, dickflüssiges, menschliches Blut, welches über den Stein leckte als wolle es ihn verzehren. Doch was üblicherweise dazu würde gereichen, Gracchus' Geist aus der hiesigen Realität zu katapultieren, dies war in diesem Augenblick unbedeutend, marginal, gereichte der ungustiöse Anblick nicht einmal dazu, bis in seine Sinne überhaupt vor zu dringen. Auch ohne dass er das Antlitz der noch immer auf der Seite Liegenden in seiner Gänze konnte erfassen, erkannte Gracchus die ihm so vertrauten Gesichtszüge - jene, welche seiner Mutter so ähnlich waren, jene, welche seiner Schwester Minervina zu eigen waren, jene, welche sich auch in seines Bruders Lucullus Miene fanden und nicht zuletzt jene, welche in Teilen auch in seinem eigenen Antlitz manches mal sich wiederspiegelten. Es waren die Gesichtszüge seiner Familie, welche dort noch im Tode im Gesicht seiner Schwester sich zeigten. Mit keiner Faser seines selbst hatte Gracchus erwartet, Agrippina tot auf den Stufen des Tempels der Vesta vorzufinden, war doch nur der Tod einer Vestalin bis in die Regia hin vor gedrungen, und war ein Angriff auf die virgo vestalis maxima in Gracchus' Welt völlig undenkbar, unmöglich, unvorstellbar. Womöglich spürte er, dass seine Beine im Begriff waren, unter ihm nachzugeben, womöglich gaben sie bereits nach und ließen ihn darum hernieder sinken, doch im Ergebnis setzte er sich auf die Stufen der Treppe nieder, neben den Magistraten, dessen Hände getränkt waren im Blut seiner Schwester.
    "Rom ist dem Untergang geweiht ..."
    , murmelte er leise, während er gegen die Reflexe seines Körpers ankämpfte, den Inhalt seines Mages zu entleeren oder seine Wahrnehmung mit einem dumpfen, dunklen Schleier zu überdecken, denn beides war in diesem Augenblick indisputabel indiskutabel, indes Contenance indispensabel.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

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