Die römische Reiterei: Kriegsentscheidend!?

  • Ich denke, die Wichtigkeit der Reiterei in der römischen Kriegsführung wird oft unterschätzt.


    Meistens ist nur von den großen Legionen die Rede. Dabei wirkte sich die Reiterei meist kriegsentscheidend aus.


    Zu Beginn der Pferdenutzung stand der Streitwagen. Ab 900 v.Chr. tauchten dann die ersten berittenen Einheiten bei den Assyrern auf. Es folgten Skythen udn Kimmerer. Der Streitwagen wurde zunehmenst durch berittene Einheiten ersetzt.
    Es kam zur Bildung eines Reiteradels (hallstattzeitlicher Reiteradel), welcher sich in Griechenland verfestigte und bis nach Oberitalien ausstrahlte.


    In Griechenland wurde die Hoplitenphalanx aus dem Volke gebildet. Die Reiterei wurde vom Adel gestellt. Anfangs geht man davon aus, dass es sich jediglich um berittene Hopliten handelt, die kurz vor Feindkontakt vom Pferd stiegen und das Pferd dann einem Knecht überlassen. (Analogie zum Wagenkämpfer und Wagenlenker).


    In Italien verfestigte sich auch der Reiteradel. Schon zu Roms Gründung (753. v.Chr.) gab es Pferde als Wagenpferd. Auch hier wurde der Wagen mehr und mehr verdrängt und war letztendlich nicht mehr als ein Statussymbol (Quadriga --> Triumphzug)


    Der Ritteradel setzte sich aus 1800 Rittern, Equites, zusammen. Diese bekamen ein Pferd vom Staat (equito publico), was als Privileg galt. Der Adel wehrte sich energisch dagegen, dass diese Zahl erhöht wurde. Deshalb wurden aus den Bundesgenossen weitere Einheiten rekrutiert.
    Es zeigte sich, dass die Reiterei nicht effektiv genug war, als sie der Reiterei Hannibals gegenüber stand (Schlacht bei Cannae).


    Ab Augustus wurde die Reiterei dann fester Bestandteil des stehenden Heeres. Der Einsatz des Ritteradels verschob sich auf Ämter.
    Es bildeten sich Hilfstruppen (Auxilia) heraus.


    Alae quingenariae - 500 Mann stark
    Alae miliariae - 1000 Mann stark
    Cohortes equitatae - 600 Mann stark, davon ca. 1/4 beritten


    Wie der Name Ala schon sagt, war der Standort der Reiterei an den Flügeln der Gefechtsformation, bzw. deutet auf die Eigenschaft der Reiterei als fliegende Truppe. Die Vorteile der reiterei waren deutlich erkennbar. Sie waren schnell zur Stelle, wirkten demoralisierend auf die gegnerische Truppe und konnten sich schnell aus dem Kampfgeschehen wieder zurück ziehen.


    Auch in den Legionen fanden sich Reiter, die sog. equites legiones.
    Diese beschränkten sich aber weniger auf Kampfeinsatz, sondern waren für Botengänge, Erkundungen und Vorpostendienste zuständig. Ein Teil wurde als Gardereiter des Legionskommandeurs eingesetzt (equites singulares legati legionis).


    Die Aussage, dass die Reiterei nicht so bedeutend war und nicht schlagkräftig, weil sie keine Steigbügel besas, ist nicht richtig. Ich finde die Steigbügel waren nicht ausschlaggebend für die Reiterei, sorgten sie doch nicht für einen festeren Halt. Den Halt holte sich ein Equites aus dem Sattel und seinen Schenkeldruck, wenn er auf die feindliche Formation stieß!
    Wenn mehr interesse besteht, kann ich noch mehr erzählen. Die Infrasktruktur und Logistik einer Einheit ist auch sehr interessant!

  • Wobei seit Alexander und seiner Gefährtenkavallerie die Reiterei immer wichtiger wurde.


    Die Römer machten nie einen Hehl draus, dass sie nicht die besten Reiter waren, deshalb rekrutierten sie die besten Reiter ihrer Zeit: Spanier, Gallier, Numider und Germanen.


    Zum Ende des Reiches wurde die Kavallerie sogar sehr wichtig und wurde zur bevorzugten Waffengattung, da die Römer vorallem gegen berittene Feinde kämpften und große Grenzgebiete abdecken mussten und flexibel einsetzbar sein.


    Neben leichten numidisichen Reitern, die ohne Zaumzeug ritten, gab es auch schwer gepanzerte Kataphrakte, die fast völlig von Rüstung umschlossen waren. An ihre Stelle traten seit Diokletian die Clibinarii, die genauso schwer gepanzert waren und den späteren normanischen Rittern Wilhelm des Eroberers nicht unähnlich waren.

  • Es stimmt! Schon Caesar war von den gallischen Reitern beeinruckt und beschrieb sie eindrucksvoll! In der Tat ist vieles der Reitkunst von den Kelten übernommen.


    Es gab auch immer spezielle Einheiten, die immer mit Reitern aus ihrem Heimatort gefüllt wurden und den Namen der Heimat trugen.


    Ebenfalls richtig ist die Äußerung über das Bewegnungsheer in der Spätantike. Einheiten, die weiter im Hinterland standen und leicht beweglich gegen plündernde Feinde eingesetzt wurden.


    Die Spätantike ist sowieso ein Sonderfall. An der germanischen Grenze waren nur noch wenige "Römer" in den Einheiten zu finden, eher germanische Söldner! Ein Beispiel dafür ist Krefeld-Gellep, "Gelduba", hier fand man deutliche Siedlungspuren von Germannen innerhalb der Festung! Auch Grabbeigaben lassen auf Söldner schließen!

  • Kriegs - bzw. Schlachtentscheident war sicher die römische Reiterei bei Cannae.


    Die spanischen und keltischen Reiter besiegten leicht die römisch-italische Reiterei an den Flanken, so dass diese dann die Römer in den Rücken angreifen konnte und den Fluchtweg versperrte.


    Die gleiche Umflügelungstaktik wandte dann Scipio bei Zama gegen Hannibal an, ironischerweise mit den gleichen numidischen Reitern, die zuvor noch auf Seiten der Karthager gekämpft hatten.

  • Die römische Reiterei war bei der Schlacht von Cannae mit leichter Infanterie gemischt! Das war der große Nachteil, denn die Reiterei hinderte die Infanterie daran, tätig zu werden und die Infanterie brachte die Ordnung der Reiterei durcheinander.

  • Das war aber allgemeine Taktik, leichte Infantrie mit Kavallerie zu mischen.


    Die Velites liefen mit den Reitern mit. Das kann man schon bei Alexanders Schlachten sehen. Auch bei den britischen Kelten und einigen Germanen liefen die meist mit Wurfwaffen bewaffneten leichten Fusskämpfer neben den Reitern mit.

  • Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus
    Ein Manko war auch der römische Usus, täglich den Befehl zwischen den Konsuln zu wechseln.


    Nunja, in der Republik. Danach hatten Legaten das Kommando. Da wechselten die Befehle nicht. Hat aber auch nicht immer geholfen. :D

  • Gerade das der Befehl in der Rebublik täglich wechselte führte gerade in der Schlacht bei Cannae zu entscheidenden Fehlern.


    Und stimmt, das später nur einer den Befehl hatte, war auch nicht immer gut. :)

  • Die Römer hatten es ja in der Spätantike viel mit Reiterheeren zutun, deswegen haben sie ja ihre Taktiken geändert. Die Legionen wurden kleiner und damit Mobiler. Die Infanterie wurde mit dem Spatha ausgerüstet und und und. Aber kam nicht mal der Gedanke auf, das man es hätte machen können wie die Griechen? Damit meine ich die Phalanx der Griechischen Hopliten. Ein wesentlicher Grund für die Entstehung der Phalanx war ja der, das die Griechen nicht viel Pferde hatten. Sprich keine große Reiterei im Gegensatz zu den Persern.

  • Man kann die Griechen schlecht mit den Römern vergleichen. "Die" Griechen waren in relativ kleine Stadtstaaten organisiert, die sich untereinander bekämpften, sie lebten auf einem relativ engen Raum, Griechenland ist ein bergiges Land, kurz: Die Ausgangsbedingungen sind zu unterschiedlich.


    Und Alexander? Nun, er war Makedone, also nicht wirklich ein Grieche ;)

  • Eben, und waren für die Griechen halbe Barbaren.


    Anders aber als in Griechenland hat sich in Makedonien eine Adelsgesellschaft halten können, was den erhöhten Einsatz und Vertrautheit mit Pferden erklären könnte.


    zur Phalanx:


    Die Phalanxtaktik war im Grunde völlig veraltet, um gegen die reitenden Gegner in der Spätzeit anzukommen. Die hätten eine Phalanx einfach umgangen.

  • Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius
    Und Alexander? Nun, er war Makedone, also nicht wirklich ein Grieche ;)


    Ich dacht immer die Makedonen waren so was für die Griechen, wie für uns die Bayern. Sprich Deutsche, aber eben halt mit einen Barbarischen Dialekt und einer etwas anderen Kultur :D ;) (jetzt nicht falsch verstehen, ich liebe Bayern ;) )


    Zitat

    Die Phalanxtaktik war im Grunde völlig veraltet, um gegen die reitenden Gegner in der Spätzeit anzukommen. Die hätten eine Phalanx einfach umgangen.


    Aber im Mittelalter konnte man ja keinen Krieg gewinnen ohne Schwere Kavallerie. Bis die Landsknechte kamen mit ihrer "Phalanx". Deswegen versteh ich nicht, warum die Römer sich nicht richtig angepasst haben. Man hätte eine Phalanx bilden müssen in einer Quadratische Formation. Mit großen Schilden dazu noch ausgerüstet, hätte man auch nicht viel mit Bogenschützen ausrichten können. Naja, ich gebe es zu. Ist alles nur Spekulation. :)

  • Wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des Ritters im Mittelalter war zum einen die Entdeckung und Durchsetzung des Steigbügels, zum anderen die Zucht immer schwerere Pferde. Um kein falsches Bild aufkommen zu lassen: Die verhältnismäßig kleinen Pferde der Römer hätten eine spätmittelalterliche Konservendose kaum tragen können.


    Und: Auch vor Aufkommen der Landsknechte wurden Ritterheere immer wieder geschlagen. Die Engländer schossen die französischen Ritter mehrmals in den Boden, und auch andere Gegner konnten gegen Ritterheere bestehen, wenn sie sich taktisch klug verhielten und die Disziplin bewahrten.


    Dass sich die Römer auf die neue Situation nicht einstellen konnten, trifft dann so auch nicht zu, wenn man berücksichtigt, dass Ostrom bis 1453 n. Chr. Bestand hatte. Die Römer wussten also durchaus sich anzupassen, wiewohl das für den westlichen Teil des Reiches wohl zu spät kam.

  • Nun, die Rümer hatten schon einiges, einiges vieles von den Griechen mit übernommen.


    Und es gab eine quadratische Formation bei den Römern. Das Agmen Quadratum. Der Vorteil der zur Front gerichteten Phalanx ist nun mal, dass man seine Hauptkraft nach vorne richtet. Nachteil: Die ungeschützten Flanken und der Rücken.


    Das mit dem Steigbügel ist wirklich so eine Sache... Viel mehr Halt bot er nicht wirklich auf dem Pferde. Machte lediglich das aufsteigen und absteigen bequemer. Und es war bei längerem Ritt einfach angenehmer, die Beine abzustützen, als einfach hängen zu lassen. Doch Halt boten sie nicht wiklich beim Angriff! Dafür war der römische Höckersattel schon ganz gut geeignet!

  • Die Römer klemmten die Lanzen nicht unter den Arm wie mittelalterliche Ritter, sondern hielten sie am ausgestreckten Arm. Steigbügel wären also eigentlich nicht nötig gewesen.


    Ich glaube aber die Sarmaten hätten schon Steigbügel gehabt.

  • Nun, beim Lanzenreiten nützen die Steigbügel auch nur etwas, wenn die Beine nach hinten gebeugt werden... Selbst dann, glaube ich, nützen sie nicht viel. Der Halt kommt wohl vornehmlich aus dem Sattel und dem Schenkeldruck!

  • Beim Aufprall zweier schwerer Lanzenreiter ist der Steigbügel so wichtig, da sich die kinetische Energie des anderen entgegenkommenden Reiters über die Lanze überträgt und sich das Körpergewicht abwärts in die Beine verlagert. Um den Rücken zu stützen, da man die Bewegungsrichtung des entgegenkommenden übernimmt und damit das Pferd unter einem nicht allein weiterläuft, hatten die Rittersättel Rückenlehnen. Die Energie wird also über die Steigbügel abgefangen.



    Die Römer kannten den Steigbügel nicht. Dieser kam erst mit den Skythen und Sarmaten im 1. Jahrhundert.


    Da eben der Steigbügel so wichtig für das Lanzenreiten ist, konnte die römische Kavallerie im Großen und Ganzen nicht mehr sein, als der verlängerte Arm der Infanterie. Die Reiter hätte es schlicht aus dem Sattel gehoben.
    Und auch der Schwertkampf zu Pferd ist eher nicht effektiv. Zu Napoleons Zeiten wurde eine Abhandlung über die Kavallerie von Kürassierleutnant Karl von Mutius geschrieben:
    Trotz dem Gewühl und Gewir eines solchen Kavallerietreffens sind die Gefahren dabei mehr eingebildet als wirklich, der Eindruck mehr auf die Seele als auf den Leib berechnet, denn das Schnauben und Brausen der Pferde, das Geschrei und die wüthenden Geberden der Menschen, das Klirren und Rasseln der Waffen ist zwar ganz geeignet, schwache Gemüther zu entsetzen, aber ganz unfähig, einem Mann auch nur ein Haar zu krümmen. Von 30 Hieben fallen vielleicht 10 flach, 10 andere kommen nicht durch und von den letzten 10 ist wohl kaum einer tödlich. Auch beweist die Erfahrung, daß das Resultat immer mehr Gefangenschaft als Tod ist.


  • Im 1en Jahrhunderd Spield doch diesser Sim??

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