Der neue Lagerchef...

  • Nach seine Abschluß an der Academie bezieht Macer seine neue Wohnung im Lager der LEGIO I und beginnt dann, sich das Büro des Praefectus castrorum einzurichten. Sein Vorgänger hatte ihm eine wohl geordnete Legion und ein gut versorgtes Lager hinterlassen, aber trotzdem viel es ihm nicht leicht, einen Überblick über die vielen Unterlagen zu gewinnen, die die diversen Aktivitäten im Lager dokumentierten.


    "Am besten wird es wohl sein, erstmal einen gründlichen Rundgang durchs Lager zu machen, um alles wichtige direkt an seinem Ort zu sehen..." murmelte er vor sich hin. Direkt morgen wollte er das tun. "Versorgungslisten... hmmm... das sieht ganz gut gefüllt aus... da liegt wohl nichts eiliges an. Also später!"


    Er rief einen der Sekretäre aus dem Vorraum herein, fragte ihn einige Dinge wegen der aktuellen Truppenstärke und lies sich die aktuellen Dienstpläne geben. "Etwas Wein könnte ich noch gebrauchen. Und mach' die Öllampen an; könnte sein, dass ich heute etwas länger hier sitze." befahl er und rollte die erste Schriftrolle auseinander.

  • Am nächsten Morgen beginnt Macer zeitig seinen Rundgang durchs Lager. Er geht die Via Praetoria entlang, vorbei an den Fabricae des Lagers und erreicht das Haupttor. Er überzeugt sich vom einwandfreien Zustand des Torgebäudes und des Grabens und inspiziert die leichten Pfeilgeschütz. Als er alles zu seiner Zufriedenheit vorfindet verlässt er das Torgebäude durch einen Seitenausgang und setzt seine Runde auf der Wehrmauer fort.
    An der Lagerecke angekommen steigt er auf den Wachturm, überzeugt sich auch hier von der Einsatzbereitschaft der Wachen und verschafft sich von diesem erhöhten Standpunkte gleich mal einen Überblick über das Lager (insbesondere den Zustand der Dächer) und das umliegende Gelände. Bei den Wachsoldaten erkundigt er sich interessehalber nach den Namen der Hügel, die am Horizont zu erkennen sind und fragt nach der üblichen Windrichtung für diese Jahrezeit.
    Er verlässt den Turm, und steigt auch über eine Treppe von der Mauer und dem Wall ab und setzt seinen Weg auf dem breiten Intervallum fort.

  • Er passierte eine der vielen Latrinen, die von innen an den Wall angesetzt waren und stellte zufrieden fest, dass der Geruch ertraeglich war und die Latrinen daher offensichtlich gut gereinigt wurden.


    Wenig spaeter kam er an eine Stelle, an der einige Legionaere begonnen hatten, eine Grube fuer einen Backofen in den Wall zu graben. Auch dies war nichts ungewoehnliches, erweckte aber dennoch seinen Unmut. "Was wird denn das?! Das sieht ja auch, als haette hier eine Herde Kanninchen Saturnalien gefeiert! Wenn ihr sowas im Feldlager macht soll mir das egal sein, aber hier im Standlager der ersten Legion erwarte ich etwas sorgfaeltigere Arbeit! Dieses Lager hat von aussen keinen Schaden erlitten - und ihr demoliert es leichtfertig von innen!" Die Legionaere schwiegen betroffen.
    "Ihr seid von der sechsten Kohorte, oder?" Die Soldaten nickten. "Von der dritten Centurie." sage einer. "Und wir sind von der vierten." meldeten zwei andere.
    Macer nahm eine glatte Tonscherbe vom Boden auf, ritzte ein paar Worte hinein und reichte sie einem der Soldaten der vierten Centurie. "Geht damit zum Materiallager und lasst euch Lehm, Ziegel und vier angespitzte lange Holzpfaehle geben - fuer den neuen Backofen der sechsten Kohorte. Wegtreten!"
    "Und ihr macht dieses Loch hier mal schoen rund, setzt dann hinten die Pfaehle herein, um den Wall abzustuetzen und vermauert die Zwischenraeume. Den Rest solltet ihr wohl selber hinbekommen. Und beeilt euch - die Turmwache sagte, so wie der Wind heute steht koennte es bald Regen geben. Ich will nicht, dass uns hier der ganze Wall wegfliesst! An die Arbeit!"


    Macer beobachtete kurz, wie die Soldaten seine Anordnungen in die Tat umsetzten und setzte dann seine Runde fort. An den anderen Tuermen und Toren fand er alles zu seiner Zufriedenheit vor; er wechslete hier und dort ein paasr Worte mit den Soldaten oder Offizieren, erkundigte sich nach Details der Organisation oder den Gepflogenheiten seines Vorgaengers und erreichte so gegen Mittag wieder die Porta Praetoria, wo er seine Runde begonnen hatte.

  • Nachdem Macer am Morgen den Primus Pilus bei der Ausgabe des Tagesbefehls an seine Kohorte begleitete hatte und an der kurzen routinemäßigen Stabsbesprechung teilgenommen hatte ging er zurück in sein Büro, um die regelmäßige Stärkemeldung entgegenzunehmen und abzuzeichen.


    Dann machte er sich auf den Weg, die verschiedenen wichtigen Gebäude des Lagers zu besuchen.


    Sein Weg führte ihn als erstes ins Fahnenheiligtum des Praetoriums, wo er in einer kurze Opferzeremonie für seinen neuen Posten dankte und seinen Eid auf die Feldzeichen und das Kaiserbildnis bekräftigte.
    Anschließend warf er einen Blick auf die Kassenbücher der Truppenkasse, die gleich nebenan im Officium aufbewahrt wurden.


    Sodann machte er sich auf den Weg zu einem der Horrea, in denen die Verpflegung der Legion gelagert wurde und lies sich Bericht erstatten. "Die Getreidevorräte wurden im letzten Herbst mit der neuen Ernste aufgefüllt und reichen noch mehrere Monate. Eingelegtes Fleisch ist für eineinhalb Monate vorhanden. Das lagerfähige Obst wird in drei Monaten aufgebraucht sein. Es sind nur noch wenige Amphoren Öl vorhanden; wir erwarten eine Lieferung aus Ostia innerhalb der nächsten Tage. Posca wird von den umliegenden Betrieben nahezu täglich geliefert." meldete der leitende Optio. Macer bat, ihn zu informieren, sobald der Öl-Nachschub eingetroffen wäre.


    In der Nähe befanden sich auch die Ställe der Legionsreiterei, an denen gerade fünf neue Pferde eingetroffen waren. Der Decurio hatte eben einen Boten losschicken wollen, um Macer zu holen, da die Pferde vor der Vergabe an die Reiter von einem Offizier gemustert werden mussten.
    Macer lies jedes der Tiere einmal von einem erfahrenen Reiter probereiten und warf einen Blick auf das Gebiss und die Hufe der Tiere. In den Akten wurden dann jeweils das Alter der Tiere, ihre Farbe, das Ergebnis der Musterung und der Preis vermerkt und eingetragen, welchem Soldaten das Tier zugeteilt wurde. Die Pferde waren damit Besitz der Legion und bekamen ein Brandzeichen.

  • Unterdessen besuchte Meridius an einem freien Tag seinen alten Kameraden Macer. Er trat durch das frisch erneuerte nördliche Lagertor, vorbei an den Wachen, welche vorschriftsmäßig kontrollierten und salutierten, hinab in Richtung Prätorium. Auf halbem Wege liefen sich die beiden beinahe wie von selbst in die Arme.


    "Praefectus!"


    sprach Meridius und strahlte mit seinem Kameraden um die Wette.


    "Gut, dass die Legion nun einen so fähigen Mann hat. Und schade auch, dass Deine weitere Karriere diesen Posten bald wieder verwaist sehen wird. Denn bei Deinem Erfolg und Deiner Akribie, wird es nicht lange dauern, bis Rom aufmerksam wird, und die Legion den wohl besten Präfekten seit langem verliert."


    Meridius lachte.


    "Wie heißt es so schön: Zu gut um nicht befördert zu werden und zu gut um ersetzt werden zu können..."

  • Auch Macer freute sich, seinen alten Kameraden wieder zu sehen und schloss sich seinem Rundgang an. "Wie geht es Dir auf der Acadmie? Seit meinem Abschluß habe ich von dort nicht mehr viel gehört.", fragt er.
    Und fügt gleich hinzu: "Hier im Lager wird noch oft von Dir gesprochen! Du hast deine Leute zwar hart rangenommen, aber davon haben sie auch viel gelernt. Viele der jetzigen Offiziere sind ganz unscheinbare Gestalten. Überhaupt ist es im Moment recht ruhig im Lager."

  • Meridius blickte kurz nachdenklich drein.


    "Das stimmt wohl, guter Freund. Es scheint nicht viel los zu sein, zur Zeit. Nutzen wir also die Zeit und drillen die Jungs so gut es geht. Wenn dann wieder stürmischere Zeiten kommen, und bei den Göttern, sie werden kommen, dann wird die Legio I bereit stehen."

  • "Das ist der typische Eifer, wie ihn nur Meridius haben kann!" schmunzelte Macer. "Aber Du hast Recht - man muss die Zeit nutzen, solange man sie hat."


    Die beiden blieben an einer Kreuzung stehen und liessen eine Centurie auf dem Weg zum Exerzierplatz passieren. Auf dem vom Regen etwas aufgeweichten Boden klangen ihre Schritte nicht ganz so rhytmisch, aber doch merkte man, dass dies erfahrene Soldaten waren.
    An der Ecke der Barracke reparierten ein paar Soldaten das Dach und Macer konnte es nicht lassen, sich kurz von der Sorgfalt der Ausführung zu überzeugen.


    "Jaja, das ist das einzige was hier verdammt häufig gemacht wird - repariert und gebaut. Wenn man erstmal ein schönes, festes, ruhiges Lager hat, dann fängt man an, dran herumzuwerkeln, will alles perfekt haben und kümmert sich um jedes Detail. Die Kammeraden in Germanien oder Syrien würden wahrscheinlich Kopfschmerzen kriegen, wenn die wüssten, für was wir hier Zeit haben."

  • Meridius lachte kurz in sich hinein.


    "Und wenn dann das Lager fix und fertig ist, alle Dächer gedeckt, alle Gräben und Kanäle gereinigt, alle Pflastersteine verlegt sind, DANN verlegt man die Legion ins Einsatzgebiet. Monate vergehen und wenn sie wiederkehrt, sind alle Dächer vom Wetter zerstört, alle Gräben überwuchert und alle Kanäle verstopft. Und alles beginnt von vorne... Es ist ein altes Spiel Macer, man braucht sich keinen Illusionen hinzugeben. Das einzige, das dabei zählt ist, alle zeit das Beste zu geben, so dass man von sich selbst sagen kann, man habe seine Zeit gut ausgekauft, niemals geschlampt, niemals vergeudet."

  • "Ja, da hast Du Recht. Nutzlos verbrachte Zeit ist das größte Übel" stimmte Macer zu. Und er fügte scherzend hinzu: "Wenn die Jungs hier schon keine Kriegshelden werden, dann werden sie wenigstens die besten Handwerker der Armee."


    Auf ihrem Weg durch das Lager konnte man spüren, was für eine gute Stimmung herrschte. Keine Hektik, keine Angst, aber trotzdem Betriebsamkeit und Eifer.


    Ein flacher Lastkarren rumplete vorbei, beladen mit runden Steinkugeln, etwa einen halben Fuß im Durchmesser.


    "Ah, die Übungsmunition ist da", freute ich der Lagerpraefekt. "Dann können in den nächsten Tagen ja wieder ein paar Legionäre an den schweren Geschützen ausgebildet werden."

  • Meridius starrte wie entgeistert... Dann fasste er sich ein Herz und sprach seinen Freund direkt an...


    "Übunsgmunition? Seit wann brauchen wir bei der I. so was? Ich dachte die Elite schießt in der Ausbildung immer scharf. Zumindest war das zu meiner Zeit noch so, und die Bräuche der Legionen anderswo im Reich müssen wir doch nicht immer eins zu eins übernehmen..."

  • "Mein Freund, das Leben in der Academie muss euch ein wenig von der Praxis entfernt haben!" schmunzelte Macer. "Der Unterschied zwischen Übungsmunition und normaler Munition besteht darin, dass man Übungsmunition hier ins Lager geliefert bekommt und die Munition bei Belagerungen vor Ort aus dem Stein geklopft wird. :D
    Und in den meisten Fällen ist Übungsmunition von schlechterer Qualität, um den Soldaten das Zielen zu erschweren. So, wie unsere Übungsschilde und Übungsschwerter auch immer schwerer sind als die echten ;) "

  • "Ach ja, die Academie!"


    Meridius lachte auf. Dann blickte er seinen Freund an und setzte hinzu...


    "Ich vermisse die Legion. Hier gehöre ich hin. Das Phrasendreschen, Einschleimen und Bänkedrücken in der Academie sind mir zuwieder. Überall gepuderte und getünchte Lakaffen und Lustknaben hoher Herren, die sich nach oben befördern lassen, nur weil sie einen Fragebogen ausfüllen können und einflussreiche Freunde haben... In der Legion haben sie nie recht gedient, zu bewähren brauchten sie sich nicht, echte Soldaten waren sie nie. Nun, es gibt Ausnahmen, Macer, aber die Academie in der jetzigen Form, nein, sie dient nicht unbedingt der Qualität..."


    Dabei hielt er kurz inne, wirkte leicht melancholisch.


    "Jedoch Macer, vergib mir meinen Ausbruch, und vergiss was ich gesagt habe. Ich freue mich hier sein zu können, und wo immer mich Rom hinstellt, ich werde den Platz gewissenhaft ausfüllen, so wie es Soldaten der I. zu tun gewohnt sind!"

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