[Mons Aventinus] Templum Dianae

  • Eine kleine Gruppierung aus Priestern und Gehilfen versammelte sich um die Statue der Göttin Diana herum, einer der ältesten italischen Göttinnen, welche als Schutzherrin der Frauen für deren Fruchtbarkeit und Hilfe bei Geburten Sorge trug, wie auch Jäger aller Arten um Ihre Gunst und Wohlwollen baten. Es war dies der ihr geweihte Tag, so dass wie dies ihr zustand ein Opfer zu ihren Ehren allein zelebriert wurde. Wohlduftende Kräuter wurden zu Füßen der Göttin den Kohlen übereignet, so dass der wohlige Odeur im gesamten Tempel sich auszubreiten begann, bis weit unter das Dach sich hin zog, um noch immer die Priester zu umfangen, während diese um Dianens Aufmerksamkeit baten und die Gaben des Voropfers - Blumen, Nüsse und Wein - ihr darboten.


    Vor dem Tempel, geschmückt und vorbereitet, wartete bereits eine prächtige weißfarbene Kuh und harrte ihres Schicksales. Unter Gesängen prozessierten die Sacerdotes aus dem Tempel hinaus, um das Opfer und den Altar herum, wo einer aus ihren Reihen die Weihe mit mola salsa, wie auch die rituelle Entkleidung des Tiers übernahm, um schlussendlich im wieder eingekehrten Schweigen der Göttin zu überantworten, was ihr gebührte.


    "Die wir unter Dianas Obhut stehen
    Keusche Mädchen und gepflegte Knaben,
    Lasst uns, Mädchen und gepflegte Knaben,
    Diana Lobgesänge darbringen.

    O Latonia des Zeus
    Große Tochter, des höchsten der Götter,
    Die die Mutter auf Delos einst
    Unterm Ölbaum geboren,

    Dass Du würdest Gebieterin
    Grüner Wälder und Bergeshöhen,
    Ferner, einsamer Täler Schluchten
    Und der Rauschenden Ströme.

    Dich als Juno Lucina flehn
    Die Gebärenden vom Schmerze erfüllt an,
    Hehre Trivia, Luna auch
    Mit geliehenem Lichte,


    Die im Laufe der Monde Du
    Gibst das Maß für des Jahres Bahn
    Und dem Bauern bis unters Dach
    Füllst Du mit Früchten die Scheune.

    Welchen Namen Du hören willst,
    Unter jedem gepriesen sei,
    Spende, wie Du es immer tatst,
    Segen dem Volke des Romulus!"*


    Mit kräftigem Schlage fuhr der malleus hinab auf das Haupte der Kuh, zwischen die Hörner platziert, so dass diese dem Boden entgegen fiel, um dort ihr Leben zu lassen - durch den scharfen Schnitt einer Axt durch die Kehle dessen beraubt. Rotfarben tränkte das Blut ihres Körpers den steinernen Boden und versickerte in den Fugen dazwischen, noch während ein cultrarius den Leib des Tieres öffnete, um die Eingeweide daraus zu entnehmen. Obgleich viele Augenpaare die vitalia studierten, so fand kein Makel sich daran, so dass jene Stücke dem Feuer der Diana konnten übergeben werden, wie dies ihr zustand, wie dies ihr zu Ehren gereichte.



    Sim-Off:

    *Angelehnt an Catullus

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Schon lange vor der fünften Stunde hatte sich Serrana auf dem Aventin beim Tempel der Diana eingefunden und stand eine Weile in ehrfürchtigem Staunen vor dem so imposanten Heiligtum mit den riesigen Portiken auf beiden Seiten. Endlich war der für sie so wichtige Tag in ihrem Leben gekommen, denn heute würde sie, die kleine und unwichtige Iunia Serrana aus Nola, der großen Göttin ein Opfer darbringen und damit beweisen können, dass sie für den Dienst als Priesterin geeignet war. Da sie ohnehin nicht hatte schlafen können, hatte die Iunia den Großteil der letzten Nacht betend verbracht und jetzt kribbelte ihr ganzer Körper vor Anspannung, in die sich neben einem gehörigen Maß an Nervosität durchaus auch Stolz und Vorfreude mischten.


    Zum wohl hundertsten Mal in den letzten Stunden und Tagen ging Serrana in Gedanken den geplanten Ablauf des Opfers, die Reihenfolge der Opfergaben und den Wortlaut des Gebetes durch, das sie im Tempel an Diana richten wollte. Die Opfergaben für das Voropfer, bestehend aus Weihrauch, Wein und Feldfrüchten hatte sie bereits an die ministri übergeben, die ihr während des Rituals zur Seite stehen und ihr die einzelnen Schalen und Paterae anreichen würden. Und auch das von ihr eigens ausgewählte Opfertier befand sich bereits auf dem Tempelgelände und wartete auf sein Schicksal.
    Vor der Auswahl dieses Tiers hatte Serrana lange Zeit die meiste Angst gehabt, aber dann war es doch leichter gewesen, als sie befürchtet hatte. Die Entscheidung für ein Lamm war relativ schnell gefallen und so hatte sie sich ein wenig zögerlich dem Gehege eines auf den Handel mit Opfertieren spezialisierten Schafzüchters genähert, um aus der Menge der Jungtiere ein möglichst helles und selbstverständlich weibliches Tier herauszusuchen. Und dann war alles komischerweise ganz schnell gegangen. Wie auf Kommando waren die kleinen Schafe mit lautem Blöken auseinander gelaufen, und nur in der Mitte des Geheges war ein einzelnes Lamm ruhig stehen geblieben und hatte in ihre Richtung geschaut. Das Fell dieses Jungtiers war so hell, dass man es tatsächlich als weiß bezeichnen konnte, und aus irgendeinem Grund hatte Serrana nicht den geringsten Zweifel daran gehabt, dass es sich um ein weibliches Lamm handelte, was ihr der Händler dann auch bestätigt hatte. Ob dies nun ein Zeichen gewesen war, oder auch nicht, sie hatte dieses Tier kurz entschlossen und mit einem guten Gefühl gekauft und zum Tempel der Diana geschickt, damit es für die Opferung vorbereitet werden konnte.


    Bevor Serrana den Tempel der Diana betrat, überprüfte sie noch ein letztes Mal ihr Priesterinnengewand aus weißem Leinen und fuhr sich mit den Fingern durch ihr Haar, dass ihr lang und offen den Rücken herunterfiel. Dann schlüpfte sie aus ihren Sandalen und betrat das Heiligtum mit nackten Füßen. Der Steinboden fühlte sich auf ihrer Haut wie immer kühl an, aber im Gegensatz zum Heiligtum des DisPater fiel ihr die Kälte hier nicht unangenehm auf, sondern gehörte ganz einfach dazu. Nach dem Eintreten begab sie sich direkt zu den Wasserbecken im Eingangsbereich und wusch sich gründlich Arme und Hände und flüsterte dabei: "Möge dieses Wasser meinen Leib und meinen Geist reinigen", dann wandte sie sich in Richtung Foculus, um nach ihrem Lehrer und dem Pontifex Aurelius Corvinus Ausschau zu halten, die diese Prüfung begleiten würden.

  • Es dauerte eine geraume Weile, bis der Termin näher rückte. Gemeinsam mit Durmius Verus gelangte ich pünktlich zur vereinbarten Zeit am Tempel der Diana an. Die junge Iunierin war nicht die einzige, die am Vormittag hier opfern wollte, und demensprechend belebt war das Gebäude. Beim Eintritt in den Tempel reinigten wir uns symbolisch mit einigen Tropfen aus einem der bereit stehenden Becken, Hände und Kopf bekam ein paar Spritzer ab. Dann trat Durmius Verus auf seine Schülerin zu und begrüßte sie leise. Er wünschte ihr viel Glück und stellte mich vor, da er annahm, dass wir einander noch nicht kannten. "Wir kennen uns bereits. Salve, Iunia", grüßte auch ich das Mädchen, das ich auf einem Fest bereits flüchtig kennen gelernt hatte. "Wenn deine Opfergaben vorbereitet sind, kannst du beginnen. Wir werden nicht eingreifen, sondern dir lediglich zusehen. Beim anschließenden Opfer des Tieres wirst du als Opferherrin fungieren", sagte ich zu ihr.

  • Glücklicherweise musste Serrana nicht allzu lang warten, denn nur wenige Augenblicke nach ihrer Ankunft im Tempel trafen auch Durmius Verus und der Pontifex Aurelius Corvinus ein. Als ihr alter Lehrer ihr nach der Begrüßung viel Glück wünschte, musste sie leicht schlucken, denn dies zeigte ihr mehr als alles andere, dass es nun wirklich ernst wurde mit dem Ende ihrer Ausbildung. Auf der anderen Seite strahlte er eine derartige Ruhe aus, dass sich ein wenig davon auch auf sie übertrug und ihr aufgeregter Herzschlag allmählich etwas ruhiger wurde. Den Pontifex hatte die Iunia seinerzeit zwar nur sehr kurz kennen gelernt und bei dieser Gelegenheit kaum ein Wort mit ihm gewechselt, dennoch war sie mehr als dankbar dafür, dass ihr sein Gesicht und seine Stimme dadurch schon ein wenig vertraut waren, und sie deshalb nicht, wie bei einem hohen Würdenträger sonst üblich, völlig eingeschüchtert war.


    „Salve, Aurelius Corvinus.“ grüßte sie auch ihn mit der gebotenen Ehrfurcht und warf dann einen prüfenden Blick auf die in der Nähe wartenden ministri und Musikanten. Nachdem sie sich überzeugt hatte, dass alles an Ort und Stelle und bereit war, nickte sie dem Pontifex und Durmius Verus noch einmal zu, atmete einmal tief ein und aus und legte dann mit festen Schritten die letzten Meter bis zu dem vor dem Kultbild der Göttin errichteten Foculus zurück. Auf einen Blick von ihr setzten die tibicines ihre Flöten und die fidicines ihre Lauten an, ihre Musik würde Serrana durch den nun folgenden Opfervorgang begleiten.
    Nachdem sie kurz das ein wenig strenge aber dennoch schöne Antlitz der Göttin betrachtet hatte, erhob sie die Arme mit zum Himmel gewandten Handflächen, legte den Kopf ein wenig in den Nacken und begann mit der Anrufung.


    „O große und göttliche Diana, sei mir, deiner Dienerin, gnädig, wenn ihr dir heute ein Opfer darbringe.“


    Ein ganz klein wenig zittrig klang ihre Stimme noch, aber jetzt, wo sie einmal begonnen hatte, spürte Serrana, wie ihre Nervosität allmählich nachließ. Sie machte einem der wartenden ministri ein Zeichen, und dieser trat sofort nach vorn, um ihr den Beutel mit dem Weihrauch zu reichen, in den die Iunia unter anderem auch Pinienharz und feine Zypressenspäne hatte mischen lassen. Nachdem sie einige Körner auf die glühenden Kohlen in den Stelen gestreut hatte, stieg sofort dichter Rauch auf, und durch den sich schnell verbreitenden frischen und holzigen Duft konnte sich Serrana fast vorstellen, sich nicht in einem Tempel sondern direkt in Dianas heiligem Hain zu befinden.


    „O Diana, Göttin des Mondes, dessen Lauf Maß ist für unsere gesamte Lebenszeit, nimm diesen duftenden Weihrauch an und wache über die Tage und die Nächte dieser Stadt und seiner Bewohner".


    Serrana trat wieder einen Schritt zurück, ließ sich von dem nächsten Jungen die Schale mit den Früchten reichen und hielt diese in die Höhe.


    „O Diana, du Ernährerin und Beschützerin von Menschen und Tieren, nimm auch diese Früchte an, die ich dir bringe, und segne unsere Felder und unser Vieh, sowie das Wild in den Wäldern, auf dass sie allzeit fruchtbar sein mögen


    Sie stellte die Schale auf dem Foculus ab, und nahm dann die Patera mit dem Wein entgegen und hielt sie in die Höhe.


    O Diana, du Lebensspenderin und Göttin der Fruchtbarkeit, nimm diesen Wein entgegen und beschütze die Mädchen und Frauen dieser Stadt und dieses Reiches und steh ihnen besonders in der Stunde ihrer Niederkunft hilfreich zur Seite.“


    Nachdem sie den ersten Tropfen auf den Boden geschüttet hatte, goss sie den Rest des Weins vorsichtig in die auf dem Foculus bereitstehende Schale und gab die Patera dann an den Jungen zurück, bevor sie das Voropfer mit einer Drehung nach rechts beendete.


    Den ersten Teil der Prüfung hatte sie nun hinter sich gebracht, aber noch wartete das überaus wichtige blutige Opfer auf sie. Serrana warf einen kurzen Blick auf die übrigen Anwesenden und trat in Begleitung der ministri, Musikanten und sonstigen Helfer auf den Tempel-Vorplatz hinaus, wo bereits das von ihr ausgesuchte, weibliche Lamm am Altar auf sie wartete. Es war mit roten Bändern feierlich geschmückt worden und seine kleinen Hufe glänzten goldfarben in der Wintersonne. Wenn man genauer hinsah, konnte man erkennen, dass das Tier angebunden war, aber es wirkte ohnehin sehr ruhig, was Serrana erleichtert aufatmen ließ.
    Nachdem alle Beteiligten noch einmal mit Wasser besprengt und dadurch symbolisch gereinigt worden waren, erklang das „favete linguis“ des Herolds und auf dem Platz verstummte auch das letzte leise Gemurmel. Serrana berührte leicht den Altar, deutete auf das Lamm und erhob dann wieder die Arme mit gen Himmel gewandten Handflächen.


    „O Diana, große Göttin und Tochter des allmächtigen Iupiter! Sieh gnädig auf uns herab, denn dieses Lamm, das ich dir bringe, ist dir geweiht, auf dass du uns, deine Diener und diese Stadt, segnen mögest.“
    Wie klar und deutlich ihre Stimme mittlerweile klang! Der Rest ihrer Nervosität hatte sich scheinbar mit dem Weihrauch in Luft aufgelöst, und Serrana fühlte nur noch unbändige Freude und Stolz darüber, dieses spezielle Opfer durchführen zu dürfen.


    Sie wusch sich mit dem Wasser in einer ihr gereichten Schale die Hände und trocknete diese dann mit dem mallium latum sorgfältig ab. Dann brachte ihr einer der Opferdiener die mola salsa, mit der Serrana das kleine Lamm ganz sanft und vorsichtig einrieb. Als nächstes nahm sie das Opfermesser in die Hand und fuhr langsam vom flaumigen Kopf bis zur Spitze des kleinen Stummelschwanzes über das Fell des Tieres, das nach wie vor keine Anzeichen von Panik erkennen ließ und ganz ruhig und friedlich stehen blieb.


    Serrana warf einen letzten Blick auf das Tier, atmete noch einmal ein und aus und gab das Messer dann an den popa zurück. Als dieser „Agone?“ fragte, antwortete sie mit einem lauten und klaren „Age“, woraufhin der cultrarius dem Lamm mit einem schnellen Schnitt die Kehle durchtrennte. Als das kleine Tier fast unmittelbar darauf zusammenbrach und hellrotes Blut aus der Wunde hervorsprudelte, biss sich die Iunia kurz auf die Unterlippe, aber dann war der Teil des Opfers, vor dem sie die meiste Angst gehabt hatte, auch schon wieder vorbei. Serrana wartete geduldig, bis das Opfertier ausgeblutet war und kein weiteres Blut mehr in der Öffnung am Boden versickerte. Nun war es Zeit für die Eingeweidenschau, und die Iunia wartete mit neu aufkommender Nervosität auf den Priester, der die Organe des toten Lamms entnehmen und prüfen würde. Hoffentlich war alles gut gegangen, und die Göttin nahm ihr Opfer an…

  • Die Nervosität war der jungen Iunia anzusehen. Durmius lächelte ihr zuversichtlich zu. Wir traten hinter ihr auf den Altar zu, wo, als Serrana sich platziert hatte, die Musik einsetzte. Die Räuchermischung roch harzig und herb, das war mal etwas anderes. Tief sog ich die Luft ein - war da ein Hauch von Pinien? Serrana opferte Früchte und Wein. Ein Schluck tropfte auf den Boden, den Rest goss sie....in den foculus, die Opferpfanne? Meine Brauen rutschten hinauf. Der Wein vermischte sich zischend mit den Kohlen. Irgendwie schaffte es Serrana, dass die Kohlen nicht augenblicklich aus gingen. Eine gewaltige, nach Ruß und Harz und verdunstetem Wein riechende Rauchwolke erhob sich vor dem Kultbild der Diana. Irgendwo hustete verhalten ein minister. Durmius hatte große Augen bekommen. Ich selbst schmunzelte.


    Serrana ließ sich nichts anmerken. Sie wandte sich nach rechts und machte sich dann bereit, das Hauptopfer durchzuführen. Hier zeigte sich, dass sie an alles gedacht hatte. Die Wahl das Tieres war eine rechte, das Bestreichen mit mola salza wurde nicht vergessen, und auch die Weihung des Tieres erfolgte beanstandungslos. Allerdings stellte ich mir hier dieselbe Frage, die ich bei der daran anschließenden Opferprüfung ebenso stellen würde: Warum untersuchte sie die Eingeweide nicht selbst? Doch auch hier würde die Göttin das Opfer sicherlich annehmen und der Priester keinen Makel finden.

  • Nachdem der letzte Tropfen Blut versickert war, wurde der kleine schlaffe Körper des Lamms umgedreht und aufgeschnitten, damit die Vitalia entnommen und untersucht werden konnten. Während dieser Überprüfung spürte Serrana, wie die ursprüngliche Nervosität wieder ein wenig zurück kam. Perfekt war ihr Opfer schließlich nicht gewesen, ob die Göttin ihr wohl gnädig sein und es annehmen würde?


    "Bitte, große Göttin, nimm dieses Opfer an, bitte, bitte..., ich möchte so gern Priesterin sein..." flehte Serrana innerlich und hielt den Blick unverwandt auf die Patera mit den Vitalia gerichtet. Als dann das Wort "Litatio" ertönte, ließ die Spannung in ihrem Körper mit einem Mal nach und die Iunia spürte, wie ihr vor Erleichterung die Knie weich wurden. Hatte sie es wirklich wirklich geschafft? Nachdem die Vitalia für die Göttin erst gekocht und dann, mit mola salsa bestrichen, von ihr verbrannt wurden um sie in die Welt der Götter zu überführen, wartete sie ein wenig ungeduldig, bis auch das in einem separaten Kessel gekochte Opferfleisch für die übrigen Teilnehmer fertig war und ging dann mit den in zwei Körbchen abgefüllten Anteilen für den Pontifex und ihren alten Lehrer zu den beiden hinüber. Fast hätte sie ihren eigenen Anteil vor Aufregung zurückgelassen, erinnerte sich jedoch auf halbem Weg daran und ließ sich auch noch ein drittes Körbchen überreichen.

  • Nach der erfolgreichen Annahme des Opfers folgte eine ganze Weile, in der Durmius und ich warten mussten. Hier und dort wuselten Opferhelfer herum, bauten ab oder stellten auf, säuberten hier und schnitten dort. Der ehemalige Lehrer der Iunierin und ich unterhielten uns über größtenteils belanglose Dinge, und doch war ich letztenendes überrascht, dass Serrana so schnell wieder vor uns stand, um uns den Anteil des Fleisches zu bringen. Viel war es nicht, war es doch ein kleines Lämmchen gewesen, das heute sein Leben gegeben hatte, um der Göttin zu gefallen. Dennoch dankte Durmius artig. "Vielen Dank", schloss ich mich an. "Lasst uns ein paar Schritte gehen." Wir setzten uns in Bewegung, mein Körbchen hatte ich einem der Sklaven gegeben, die mich begleiteten. "Nun, Iunia, das war im Großen und Ganzen eine gelungene Vorstellung. Deiner Ernennung zur aeditua steht damit nichts mehr im Wege. Allerdings möchte ich dir noch auf den Weg geben, dass du auch ruhig selbst eine Eingeweidelesung vornehmen kannst. Das hat mir etwas gefehlt, muss ich gesetehen. Allerdings hat Durmius mit versichert, dass ihr die Lehren der Eingeweideschau verinnerlicht habt, du und deine Mitschülerin." Ich warf ihr einen Seitenblick zu. "Dein Wein beim Voropfer solltest du demnächst vielleicht nicht direkt auf die Kohlen gießen", fügte ich hinzu und schmunzelte.


    Beim Tempelvorplatz angekommen, blieb ich stehen und wandte mich ihr zu. "Ich werde deine Ernennung in die Wege leiten und wünsche dir für die Zukunft alles Gute. Gibt es einen Tempel, den du für deinen Dienst bevorzugen würdest? Ich kann dir nicht versprechen, dass du auch wirklich einen Platz dort erhalten wirst, doch ich kann es versuchen."

  • Serrana atmete erleichtert auf, als der Pontifex und ihr Lehrer die Körbchen mit dem Opferfleisch aus ihren Händen entgegen nahmen. Aus irgendeinem Grund schien ihr diese Geste fast genauso wichtig zu sein, wie Worte, die Corvinus im Anschluss daran an sie richtete. Während er einige Anmerkungen zu der vergangenen Opferung machte, hatten sich die drei in langsam in Richtung Tempelvorplatz in Bewegung gesetzt, und Serrana verlangsamte kurz ihren Schritt, als sie die so lang ersehnte Bestätigung bekam, dass sie bald eine Aeditua sein würde. Ein Strahlen ging über ihr Gesicht, dann lief sie ein wenig schneller, um wieder zu den beiden Männern aufzuschließen.


    "Vielen Dank, du glaubst gar nicht, wie sehr mich das freut." antwortete sie glücklich und beeilte sich dann zu erklären, warum sie die Eingeweidenschau nicht selbst durchgeführt hatte.


    "Oja, unser Lehrer hat uns das alles beigebracht, aber Calvena und ich haben uns vor unserer Prüfung lange darüber unterhalten und dann entschieden, dass wir einen anderen Priester die Eingeweidelesung überlassen, damit das Urteil auch wirklich objektiv und über alle Zweifel erhaben ist." Sie senkte ein wenig betreten den Kopf und spürte, wie ihre Wangen sich rot verfärbten. "Tut mir Leid, dass ich das falsch gemacht habe und auch die Sache mit dem Wein, aber ich verspreche, dass ich von jetzt an alles tun werde, damit solche Fehler in Zukunft nicht mehr vorkommen."


    Jetzt blieb der Pontifex selbst stehen, und Serrana widerstand mit einiger Mühe dem Impuls, auf den Zehenspitzen auf und ab zu wippen, wie sie es seit ihrer Kindheit immer tat, wenn sie besonders aufgeregt war.


    "Vielen Dank, das ist sehr nett." bedankte sie sich für seine Zukunftswünsche und runzelte bei seiner nächsten Frage nachdenklich die Stirn. "Welcher Tempel es nun genau wird, ist mir eigentlich nicht so wichtig." sagte sie dann etwas zögerlich. "Aber ich wäre wirklich überglücklich, wenn ich in Zukunft vor allem Minerva dienen dürfte. Natürlich hege ich größte Ehrfurcht vor allen Göttern, aber Minerva hat mir immer schon ganz besonders viel bedeutet." Serrana sah den Pontifex hoffnungsvoll an. Ob ihr Wunsch wohl in Erfüllung gehen würde?

  • Ich lächelte nachsichtig ob ihrer Freude, dachte mir jedoch gleichsam, dass Ro gute Priester, die angemessen leiten und lehren konnte, immer gebrauchen konnte. Bei ihrer Erklärung nickte ich - da würde ich also auch bei der folgenden Opferung keiner Eingeweideschau durch den Prüfling beiwohnen. Nun, so wusste ich immerhin, was mir bevorstand. Anschließend musste ich schmunzeln. Zu dem Wein sagte ich nichts sons, denn ihre rötlich verfärbten Wangen waren schon genug. Ich war mir sicher, dass sie beim nächsten Mal anders handeln würde, das würde sie die Scham, die sie jetzt empfand, dann gelehrt haben.


    "Das höre ich gern", bemerkte ich auf ihre Äußerung hin, dass ihr im Grunde die Wahl des Tempels weniger wichtig war. Immerhin mussten die aeditui flexibel und überall einsetzbar sein. "Minerva also. Gut, dann werde ich versuchen, das zu berücksichtigen. Du bist dann hiermit offiziell entlassen, aeditua Iunia. Sobald deine Ernennung offiziell ist, bekommst du ein Schreiben und kannst deine Arbeit in dem Tempel aufnehmen, der dir zugewiesen werden wir." Hiermit war nun auch der offizielle Teil erledigt, und ich lächelte die Iunia offen an. "Gut gemacht. Ich hoffe, wir sehen uns einmal wieder."

  • Aeditua Iunia? Hatte er sie gerade wirklich Aeditua genannt? Noch nie zuvor in ihrem Leben war die schüchterne Iunia so kurz dafür gewesen, vor Freude einem im Grunde wildfremden Mann um den Hals zu fallen, und nur der Umstand, dass es sich dabei um einen Senator und Pontifex handelte, hielt sie letzten Endes davon ab.


    "Vielen vielen Dank. Das hoffe ich auch." antwortete sie und strahlte ihn stattdessen einfach nur überglücklich an, bevor sie sich an Durmius Verus wandte und sich plötzlich ein kleines bisschen Wehmut in ihre Freude mischte.
    "Bei dir möchte ich mich auch von ganzem Herzen bedanken für deine Geduld und all das, was du Calvena und mir beigebracht hast. Ich glaube nicht, dass wir bei einem anderen Lehrer soviel gelernt hätten."

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