Ein Ausritt zu zweit

  • Sie waren endlich angekommen! Maximians Kopf hing mehr als dass er noch auf dem Hals stand, als der Hof, den sie gegen Nachmittag noch in bester Laune verlassen hatte, immer näher kam.


    Und dann war auch schon Mummia da. Sie half Valeria, indem sie Maximian ihrerseits so gut es ging unterstützte. Sie hatte schnell begriffen, worum es ging und hatte nicht lange herumgezuckelt.


    Maximian nahm nur noch schemenhaft wahr, dass sie ihn ins Haus führten, wo Mummia der Sklavin Befehle zurief.


    "Sieh zu, dass du das Gästebett herrichtest. Und bring warmes Wasser, Öl und Tücher ins Gästezimmer. Ach, eine von Aurelius' Nachttuniken. Schnell, schnell!"


    Hinter der Sklavin her schleppten sie ihn ins Gästezimmer. Es war ein relativ kleiner Raum, in dem nur ein Doppelbett stand, zwei Korbsessel und ein Schemel neben einer kleinen, hölzernen Truhe. Notdürftig wurde eine kleine Fackel in eine Amphore als Halterung gesteckt, wodurch der Raum in schummrigen Licht zu glühen schien.
    Während sie Max zum Bett schleiften, hörte man immerzu Mummias Stimme.


    "Es musste ja etwas passieren... Er ist immer so ungestüm. Ach Kindchen, wenn er dich nicht gehabt hätte."


    Zweifelsohne galten diese Worte Valeria. Doch Max konnte schon nicht mehr sagen, unter welchem Arm ihn Valeria stützte. Sie brachten ihn zum Bett und ließen ihn darauf sinken. Kraftlos blieb er nahezu unbeweglich liegen, also legten sie seine Beine zurecht und sorgten dafür, dass der ledierte Arm gut gebettet war.
    Maximians Augen hatten wieder angefangen zu flattern. Er wollte sie offen halten, doch war die Müdigkeit so groß, dass er sich wehrlos ihr gegenüber widerfand.


    Wo war Valeria? Alles drehte sich. Seitdem er gestürzt war, hatte sie ihn nicht mehr losgelassen. Er wollte ihre Hand halten, damit er sich gewiss sein konnte, dass er wieder aufwachen würde.

  • Valeria ließ Mummias Redeschwall über sich ergehen und begann einfach, ihn langsam zu entkleiden. Schließlich hatte er noch seine verdreckte, zerissene Tunika an und die Sklavin hatte eine frische ans Fußende des Bettes gelegt. Mummia redete noch eine Weile weiter. Valeria filterte die wichtigsten Dinge heraus wie: '...bis morgen bleiben und dann weitersehen..' oder '...gut um ihn gekümmert...'
    Das wichtigste jedoch war der folgende Satz, von dem Valeria nur den letzten Teil bewusst wahrnahm: '....ich dich mit deinem Gemahl mal allein, damit du dich um ihn kümmern kannst. Wenn du noch etwas brauchst, sag einfach Bescheid.'
    Und dann verschwand Mummia auch schon und ließ Valeria allein mit dem halb-bewusstlosen, beinahe nackten Maximian. Sie sah ihr noch entgeistert hinterher, wie sie die Tür schloss. Gemahl? Valeria lächelte verwundert vor sich hin, bis ein leises Stöhnen sie aus diesem wunderbaren Traum riss.


    Sie sah zu Maximian, dessen Hand Halt suchend über das Laken tastete, Valeria lächelte und setzte sich zu ihm auf das Bett.


    "Ich bin da, keine Angst. Ich lasse dich nicht allein", sagte Valeria sanft und reichte ihm die Hand, die sie sofort zu streicheln begann. Mit der anderen Hand nahm sie ein Tuch von dem kleinen Schrank neben dem Bett und tauchte es in das angenehm warme Wasser. Sie wrang es aus und tupfte Maximian über Gesicht und Brust. Er war muskulös, das sah sie nun noch deutlicher als mit der Tunika. Valeria sah ihn an und seufzte leise.
    Sie hatte sich doch in der Tat verliebt in diesen Mann. Die junge Decima beugte sich hinunter zu ihm und war seinem Gesicht nun ganz nahe, jedoch nicht zu nahe.


    "Du hast mich gerettet und das ist der Dank dafür. Wenn ich nur etwas tun könnte, damit es dir besser geht..." murmelte sie mehr zu sich als zu ihm. Er konnte es dennoch hören.

  • Als er eine Hand in seiner spürte und das feuchte Tuch, das ihm den Schmutz und das Blut von der Haut tupfte, wurde Maximian ein Stückchen weit in sein Wachsein zurückgeholt. Valeria war immer noch bei ihm, er war nicht allein unter "Fremden", im Raum war es leise und er entspannte sich allmählich wieder, denn all das vermittelte ihm das guttuende Gefühl von Wärme und Sicherheit.


    So wie er nicht mitbekommen hatte, dass ihm die verschmutzte Tunika geöffnet worden war, hatte er von Mummias Irrtum nichts bemerkt und auch nicht, dass Valeria sich über ihn beugte. Er hatte die Augen eine Weile lang zugehalten. Sie waren schwer wie Blei und alles ihn ihm sehnte sich danach, endlich einschlafen zu können.


    Und dann, als er noch einmal genug Kraft mobilisieren konnte, schwebte Valerias Gesicht über seinem. Und sie redete mit ihm. Die ersten Worte waren so weit entfernt, dass er sie nicht verstehen konnte und bei den restlichen Worten war er nicht sicher, ob Valeria sie tatsächlich gesagt hatte. Um ihre Gesichtsränder tanzten seltsamte Linien und er fürchtete, dass er gleich wieder dreifach sehen würde. Aber diese Täuschung blieb den Göttern sei Dank aus und träge blinzelte er Valeria an.


    Wieder war sein Hals trocken. Er wollte etwas sagen, ihr sein Bedauern kundtun, dass er den schönen Tag ruiniert hatte, öffnete auch den Mund ein wenig, aber es kam kein Ton über seine Lippen.

  • Valeria runzelte die Stirn, als Maximian scheinbar etwas sagen wollte, doch es nicht tat. Einhändig nahm sie den Krug vom Schränkchen neben dem Bett und füllte einen kleineren Krug damit. Nun brauchte sie doch noch die zweite Hand, nämlich um Maximians Kopf zu stützen, während er trank. Sie lächelte ihm zu und stellte den Becher weg, als er genug hatte und sich zurücklehnte.
    Sanft strich sie über seine Wange, sein Kinn, seine Brust. Er musste es mitbekommen, denn er war ja nun wach. Valeria seufzte sehr leise. Auch, wenn es eine unschöne Situation in Hisicht auf Maximians Verletzung war, so war es doch eine wundervolle Situation in diesem Moment. Am liebsten hätte Valeria sich an Maximian herangekuschelt und wäre bei ihm eingeschlafen. Sie fühlte sich selbst ausgelaugt und müde, war nach außen hin jedoch stark.
    Ob er verstanden hatte, was sie gesagt hatte? Sie hätte ihm noch so vieles sagen können, nun, im Moment des schummrigen Kerzenlichtes und der Behaglichkeit. Es war still in dem kleinen Raum; und es war auch still zwischen Valeria und Maximian.
    Solange, bis sie die Stille brach.


    "Maximian....ich..." begann sie und ihre Augen schienen wie Diamanten zu funkeln. Doch sie verstummte; und erneut breitete sich Stille zwischen ihnen aus, obwohl Valeria nicht sehr fern von Maximians Gesicht war.

  • Oh ja, dass Wasser tat dem Hals gut. Bei dem, was er ausgeschwitzt hatte und immer noch tat - hatte er Fieber? -, war es auch dringend nötig geworden. Er nahm ein paar kleine Schlücke, schluckte die mühevoll runter und stöhnte danach leise, als hätte er gerade in seinem Zustand einen Handstand absolviert.


    Dann strich sie ihm das Gesicht entlang, das Kinn hinab und auf die Brust hinunter. Er war sich nicht sicher, ob sie noch das Tuch in der Hand hielt und Dreck wegwischte, oder ob sie ihn tatsächlich streichelte. Und wenn sie es doch tat, dann fühlte er sich gegenwärtig nicht in der Lage, sich dagegen zu wehren. Nein, er wollte es jetzt auch gar nicht, denn es beruhigte ihn. Und er fühlte, dass es wichtig war, dass er nun zur Ruhe kam. Er brauchte seinen Schlaf, wollte nicht wieder so viel wirres Zeug träumen, wie vorhin auf dem Waldweg, auf den er gestürzt war. Valerias Berührungen halfen ihm spürbar dabei.
    Einzelheiten an die Zeit danach kamen ihm wieder in den Sinn. Er war eingeschlafen, nachdem Valeria bei ihm angekommen war. Sie hatte geweint und sie hatte sich zu ihm gebeugt, damit sie ihn besser sehen konnte. Dann hatte er die Augen geschlossen, war beinahe gänzlich abgetaucht, doch da war etwas... Er hatte etwas gespürt, konnte nur nicht genau sagen, was es gewesen war. Nur, dass es von Valeria gekommen sein musste, war ihm mehr als gut in Erinnerung geblieben.


    Wieder versuchte sie etwas zu sagen. Erst einmal antworte er nicht. Stattdessen befreite er nur seine Hand und hob die an, bis er Valeria an der Schulter berühren konnte. Er legte seine Hand dort ab, war er doch nicht imstande, sie allein zu halten.
    Seine dunklen Augen waren klein und er blinzelte langsam. Er sah das Funkeln in Valerias Augen und musste deshalb schlucken. Wieder blinzelte, diesmal noch langsamer und legte dann den Kopf nur ein kleines bisschen schräg, wonach er mit leiser Stimme und fragendem Blick sprach:


    "Was?"


    Dass er gesprochen hatte, hatte er kaum mehr mitbekommen. Seine Augen schlossen und öffneten sich immer schwerer, während er den Schlaf förmlich sehen konnte, wie er ihm mit offenen Armen entgegen kam.

  • Valeria war ihm ganz nahe, ihr Gesicht berührte fast das seine, als sie sprach. Ihre Stimme war leise, ein Flüstern, das eher einem Windhauch glich als gesprochenen Worten. Und doch waren sie eindeutig zu vernehmen, als Valeria mit ihnen die Stimmung zerstörte.


    "...ich..........danke.." murmelte sie und sah seitlich auf die Laken hinab. Sie war töricht gewesen. Wie konnte sie erwarten, dass er sie so plötzlich liebte? Sie kannten sich nich einmal zwei Tage. Auf ihrem Gesicht lag ein bedrückter Ausdruck. Vielleicht würde sie noch die Kraft aufbringen, es ihm zu sagen. Irgendwann. Und vielleicht würde er diese Gefühle erwidern.


    Sie seufzte leise, strich ihm noch einmal über die Wange und hielt seine Hand in der ihren, um ihn wissen zu lassen, dass sie für ihn da war und ihn nicht allein lassen würde. Ein trauriges Lächeln umspielte ihre Züge, als sie auf ihn sah, sah, wie ermattet er dalag.


    "Schlaf jetzt", sagte sie leise und drückte seine Hand. Sie würde sich neben ihn legen, so wie sie war. Sie wollte nicht, dass es zu verfängliche Situationen kam. Valeria würde noch warten, bis er eingeschlafen war.

  • Sie dankte ihm. Maximian schmunzelte leicht, während ihr Gesicht noch einen Moment lang seinem ganz nahe war, sich dann aber veränderte und sich entfernte. Er wandte den Kopf nach ihr. Sie sah auf das Laken, wenn er es richtig deutete, und ergriff wieder seine Hand.


    Schlafen war ein Zauberwort. Wie gern er es wollte. Doch etwas hielt ihn noch auf. Er nickte matt, erwiderte aber vorerst nicht. Seine Augen konnte er noch mühsäkig offenhalten, während er noch einmal schluckte und nicht an Valeria vorbeisehen wollte.
    Was war mit ihr? Er spürte irgendetwas, das sie beschäftigte. Oder war er es letzendlich, der sich gar ein wenig fürchtete und es auf sie übertrug. Er legte den Kopf noch ein wenig seitlicher auf das Kissen.


    "Valeria?"


    Sie legte den Kopf leicht schräg und betrachtete ihn. Plötzlich war ihm ihre Hand nicht mehr genug und ehe seine Augen sich das letzte mal öffneten und wieder schließen, meinte er schon längst im Halbschlaf seine Stimme zu hören, die im Flüsterton noch einmal zu Valeria sprach.


    "Mir ist so kalt... Eine Decke... Leg' dich zu mir."

  • Valeria sah ihn überrascht an. Das hatte sie nun nicht erwartet. Eher, dass er langsam wegdämmern würde, aber das.... Valerias Herz setzte schlagartig wieder ein, hatte es doch eben mit ihr zusammen den Atem angehalten bei Maximians Worten. Nun pochte es schnell und überglücklich. Sanft drückte sie seine Hand noch einmal, ehe sie diese losließ und seitlich vom Bett rutschte. Am Fußende des Bettes lag eine Wolldecke parat, die Valeria an sich nahm und vorsichtig über Maximian ausbreitete. Sie stand noch wenige Herzschläge lang vor dem Bett und sah verliebt auf Maximian herunter, dessen Augen geschlossen waren. Dann zog sie die Sandalen aus, löschte die Kerze und rutschte neben ihn unter die Decke. Einige Zeit lag sie noch wach und eine Handbreit neben ihm, dann seufzte sie und legte ihren Kopf neben den seinen. Ihre Hand fand den Weg zu seiner und umschloss sie zärtlich.
    Valeria war glücklich.
    Und ebenso glücklich schlief sie neben Maximian auf der Seite liegend ein.

  • Es war mitten in der Nacht, als Maximian schweißgebadet und stöhnend erwachte. Als er Herr über seine Sinne wurde, war es, als würde er komplett aus Schmerzen bestehen. Von seinem Arm aus ging ein unerträgliches Ziehen und sein Rücken fühlte sich an, als habe man ihm mehrmals ein Nagelbrett daran hoch und runtergeschoben.
    Er wollte seinen gesunden Arm nehmen und damit den ledierten in eine menschlichere, vor allem aber schmerzlosere Lage bringen, als er merkte, dass der sich kein Stückchen weit bewegen ließ. Perplex wandte Max den Kopf dorthin und sah einen haarigen Hinterkopf an seiner Schulter liegen.
    Erstmal wurde seine Verwirrung nicht aufgehoben, denn das Zimmer, dass er spärlich erkennen konnte, erkannte er nicht wieder. Überhaupt konnte er nicht sagen, weshalb alles wie verrückt schmerzte.


    Er seufzte leise und kehrte wieder mit den Blicken zu der Frau neben ihm zurück. Dass er neben einer eingeschlafen war, musste ihm entfallen sein. Aber eigentlich konnte es nur Julia sein. Er schmunzelte, ja, es war Julia. Sie war eben noch in seinen Träumen gewesen, nun war sie hier.


    "Julia, Liebste.", flüsterte er.


    Aber wie konnte er jetzt die Schmerzen loswerden? Es gab nur einen Weg... Er kniff die Augen zusammen, zählte innerlich bis drei und drehte sich dann einfach auf die Seite. Sein Arm, der in der Schlinge lag, rutschte und die Hand traf auf das Laken. Ein dumpfer Schmerz, der bis ins Mark reichte. Verkrampft verweilte er einen Moment, bis er sich schließlich an den Schmerz gewöhnt hatte und öffnete die Augen dann wieder. Der Kopf der vor ihm liegenden Frau war nun so nahe, dass er seine Nase in ihr weiches Haar stecken konnte. Hm, es roch wunderbar.
    Wie gern er doch den ledierten Arm um sie gelegt hätte... Doch ihr Geruch reichte schon aus, um den Schmerz zu vertreiben. Es tat gut, dass sie bei ihm war. Auch wenn sie nicht wach war, so fühlte er sich doch sehr wohl. Immer noch schmunzelnd hob er seinen Kopf, sah ihren Hals herab über die Schulter und den Arm, den sie angewinkelt hielt. Ihr Gewand ließ an einer Stelle der Schulter eine Lücke. Maximian beugte sich vor, strich zätlich mit der Nasenspitze darüber und bettete schließlich kurzzeitig seine Lippen auf die warme, weiche Haut.
    Dann allmählich, er hatte nach wie vor Schweißperlen auf der Stirn, schlief er wieder ein.

  • Valeria, die eh schon einen leichten Schlaf hatte, war, obwohl sie so müde war, in dieser Nacht noch unruhiger als sonst auch. Vielleicht lag es an ihrem Unterbewusstsein - und daran, dass Maximian neben ihr lag.
    Jedenfalls öffnete sie schlagartig die Augen, als sie etwas vernahm. Was, konnte sie nicht sagen, aber hatte Maximian nicht eben etwas gesagt? Sie schloss die Augen wieder, wollte wieder einschlafen. Maximian schlief sicher. Sie hatte geträumt.


    Doch da regte der, mit dem sie das Bett teilte, sich im Schlaf. er drehte sich auf die Seite, kam ihr näher. Valerias Augen wurden groß und sofort begann ihr Herz wie wild zu pochen. Und dann spürte sie, wie etwas sie berührte. Ihre Haare. War er wach? Valeria atmete ruhig weiter, obwohl sie aufgeregt war. Es raschelte hinter ihr. Maximian beugte sich vor, doch das konnte sie nicht sehen.


    Ein vorsichtiges Streicheln und ein winziger Kuss ließen eine Gänsehaut über Valerias Körper huschen. Sie schloss die Augen. Ihr Herzschlag beruhigte sich wieder. Es musste ein Traum sein. Ein Traum, ja.....


    Mit einem glücklichen Lächeln auf den Zügen schlief auch Valeria bald wieder ein.

  • Den Rest der Nacht konnte er durchschlafen. Sein Rücken fühlte sich wesentlich besser an, als wenn er immerzu auf ihm lag, und die Schmerzen im Arm hatte er isoliert.
    Als er erwachte, schob die Sonne ihre Fühler gerade über den Horizont und meldete somit einen weiteren schönen Sommertag an. Max schlug die Augen auf und sah einen Kopf vor sich. Einen Kopf mit blonden Haaren.


    Wieder musste er sich einige Fragen stellen. Wo war er? Wer war die Frau? Was war geschehen?


    Die, die er nicht gleich erkannte, lag immer noch auf seinem Arm. Anscheinend schlief sie auch noch recht tief, denn ihre Schultern hoben und senkten sich gleichmäßig. Sie trug ihr Gewand und als er an sich herunter sah, erkannte er, dass er wesentlich weniger trug als sie. Genau genommen fehlte seine Tunika.


    Er wurde noch ein bisschen verwirrter und ließ den Kopf dann zurück auf ein Kissen sinken. Langsam, denn er wusste, dass er auf der Seite des Kopfes eine Schramme hatte, die auch noch ordentlich brannte.
    Was war gewesen? Und wo befand er sich? Er strenkte seinen Kopf an, so gut es konnte, doch er kam einfach auf keinen grünen Zweig. Und so lag er noch eine Weile grübelnd und schloss auch hin und wieder mal die Augen.

  • Die Decke war heruntergerutscht, als Maximian sich bewegt hatte. Valeria jedoch bemerkte weder dies, noch die frühe Sonne, die ihre Strahlen durch das Fenster warf, und schlief weiter - zumindest bis zu dem Punkt, wo Maximian den Kopf hob, sich umsah und ihn dann wieder sinken ließ. Die Kissen raschelten und er lag nun auf wenigen Strähnen des goldenen Haares, das Valeria besaß. Es ziepte leicht. Sie öffnete die Augen und sah Maximians Hand vor sich. Sie lag noch immer in seinem Arm. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Züge. Sie lauschte seinem gleichmäßigen Atem noch eine Weile, ehe sie sich herumdrehte, ohne jedoch die Stelle zu wechseln.


    In Maximians gesundem Arm liegend, doch nun zu ihm gewandt, sah sie ihn liebevoll an. Ihr Kopf war auf ihren Händen gebettet und ihre Augen strahlten regelrecht.


    "Guten Morgen", sagte sie leise und sanft, als sie ihn ansah.
    "Hast du gut geschlafen?"


    War es wirklich ein Traum gewesen? Oder gar Wirklichkeit? Valeria lächelte leicht in sich hinein.
    Nun, sie würde es vielleicht bald wissen.

  • Maximian hatte sie anscheinend aufgeweckt, denn kaum später drehte sie sich zu ihm herum. Es war... es war Valeria. Er schluckte einmal und sah sie einen Moment lang an. In diesem Moment rasten wieder seine Gedanken. Herrje, was war nur passiert?


    Er kam zu keinem Ergebnis. Sein Kopf war beängstigend leer und noch dazu war er verwirrt. Hatte nicht Julia bei ihm gelegen? Nachts, als er aufgewacht war... Maximian blinzelte einmal und lächelte, weil Valeria ihn so anstrahlte.


    "So weit ich mich erinnern kann..."


    Er nickte und ließ dann wieder den Blick durch das Zimmer wandern. Maximian erkannte es einfach nicht wieder. Dann kehrte er wieder zurück zu der Frau, die in seinem Arm lag. Er musterte sie, fragte sich, was passiert war und seufzte dann in sich hinein, das sich so anhörte, als würde er sich wohlig strecken.


    "Und du? Hast du deine Augen überhaupt zu bekommen?"


    Es ging ihm offensichtlich schon viel besser. Und dass Valeria sich an ihn kuschelte... Nun, er verwirrte ihn sehr, aber für den Moment unterließ er jede Bewegung.

  • Valeria sah, wie er durch das Zimmer blickte und es nicht zu erkennen schien. Sie schmunzelte ungläubig und antwortete ihm dann, noch immer neben ihm liegend. Doch eine Hand hatte sie nun gelöst und wanderte damit wie ein Spaziergänger spielerisch von seiner Hand zu seiner Schulter empor.


    "Ja, habe ich. Und ich habe wunderschön geträumt. Ich glaube fast, so gut habe ich noch nie geschlafen", sagte sie leise. Sie sah ihn eine ganze Weile aufmerksam an. Er sah nicht so aus, als wisse er, wovon sie sprach, geschweige denn, wo er war oder warum er hier wr. Dazu wirkte er zu verwirrt.


    "Schmerzt dein Arm sehr? Erinnerst du dich? An gestern und....und an das alles?" fragte sie ihn leicht lächelnd. In Gedanken fügte sie 'und besonders an das, was zwischen uns war' hinzu. Beinahe konnte man es in ihren Augen erkennen, weswegen sie sich rasch für wenige Augenblicke schloss.
    Ihre Hand war derweil an ihrem Ziel, seiner Schulter, angekommen, und strich leicht wieder zu seiner Hand zurück, wo sie liegen blieb. Valeria konnte kaum atmen, so sehr schnürten ihr ihre Gefühle die Kehle zu.
    Doch sie hielt sich wacker, öffnete sogar wieder die Augen und sah ihm in die seinen, die wunderschön waren, wie sie fand.

  • Beinahe sah er der Hand dabei zu, wie sie auf ihm spazieren lief. Es kitzelte ihn, doch er widerstand auch nur im geringsten eine Miene zu verziehen. Und die Frage, was gewesen war, wuchs dabei stetig an. Er fühlte sich mit Valeria verbunden, nicht einmal unwohl, so wie sie jetzt bei ihm lag und ansah. Doch irgendwie... war er auch irritiert. Ganz tief hinten in seinem Kopf saß der Ursprung für dieses Gefühl, doch es war noch nicht stark genug.


    Und weil er wirklich nicht wusste, was Valeria ihm da weiß zu machen versuchte, erwiderte er erst etwas, als sie ihn auf den Arm ansprach. Sein Blick wanderte zu der Schlaufe, wobei ihm abermals auffiel, dass er recht wenig Stoff am Leibe trug. Er hatte das Gefühl, er sollte sich erinnern. Aber er tat es nicht. Leicht verärgert zog er die Brauen tief in die Augen, brummte leise und meinte dann:


    "Nein, der Arm fühlt sich momentan recht gut an. Und der Rest..."


    Er stockte kurz und sah noch einmal durch das Zimmer. Er wusste wo er war, das spürte er. Aber er kam trotzdem nicht drauf. Seufzend wandte er den Kopf wieder Valeria zu.


    "Ich weiß nicht wo wir sind oer wie wir hierher gekommen sind, genauso wenig kenne ich den Grund für meine Schmerzen und noch weniger, warum ich mich an so wenig erinnern kann."


    Letzteres hatte er mit einem waschechten Dackelblick rausgepresst. Es beunruhigte ihn nun, was er da gerade gesagt hatte. Was war nur los?
    Weiter nachdenken konnte er dann auch erstmal nicht - obwohl er so tat-, weil Valerias Hand seinen Arm hinab strich. Er blinzelte angestrengt und sah an die Zimmerdecke.


    Was war nur mit ihm los?

  • Valeria nahm bei seinen Worten die Hand von seiner Haut. Er sah irgendwie...verägert aus und sie wusste nicht, wem oder was diese Verärgerung galt. Sie legte die Hand vor ihr Gesicht und stützte sich in der gleichen Bewegung den Kopf mit einem Arm. Leicht verwirrt sah sie ihn an, wie er nach einem Hinweis auf das Vergangene durchs Zimmer sah. Dann erklärte er ihr in äußerst sachlichen Worten, dass er keine Ahnung mehr hatte von allem, was geschehen war.


    Valeria sah ihn sicherlich drei Herzschläge lang einfach nur ungläubig an. Den Ausritt hatte er vergessen? Wie er sie gerettet hatte? Den flüchtigen Kuss? Wie sie sich hierher geschleppt hatten? Und...und das in der Nacht? Ihre Mundwinkel zogen leicht nach unten, sie sah rasch weg und presste die Lippen aufeinander. Doch einen Moment später hatte sie sich wieder unter Kontrolle, zumindest nach außen hin, denn das hatte sie gelernt.


    Sie lächelte matt und öffnete die Hand, die den Kopf nicht stützte. Wenn er wollte, würde sie ihn festhalten und beruhigen. Tonlos sagte sie dann:
    "Wir sind ausgeritten. Du wolltest mir die Umgebung zeigen. Irgendwann waren wir bei Aurelius und Mummia. Und dann wollten wir zurück...aber Alfidia hat vor einer Schlange gescheut und ist durchgegangen. Ich...konnte sie nicht halten. Du hast versucht, mir zu helfen und bist dabei selbst gestürzt. Ich glaube, du hast dir den Arm gebrochen. Naja...du konntest nicht mehr reiten und bis zurück nach Tarraco war es zu weit. Ich habe dich zu Mummia gebracht...und da sind wir auch jetzt noch..."


    "Und....du erinnerst dich an gar nichts mehr?" hakte sie einen Moment später enttäuscht nach.

  • Maximian sah ihre Hand eine Weile lang an, dann nahm er sie. Er wusste ja schließlich nicht, was ihn erwarten würde. Und dann hörte er sich ihre Geschichte an. Seine Geschichte. Das, was ihm den Arm gebrochen hatte und... Das Gedächtnis raubte.


    Zuerst nahm er gar nicht den Ton wahr, mit dem Valeria erzählte, doch als sie schließlich noch einmal nachhakte, ob er sich tatsächlich an nichts erinnerte, und so dermaßen enttäuscht dreinblickte, schwante es Maximian, dass Valeria nicht alles erzählt hatte. Etwas, das sie betraf... und ihn?


    Er fasste wieder die Decke in den Blick und blinzelte angestrengt. Was war gewesen? Er zermaterte sich den Kopf, stellte sich immer wieder dieselbe Frage, bis er sich schließlich in Gedanken selber anschrie: 'Was war nur gewesen?!'
    Ein komisches Gefühl breitete sich aus. Es war jenes Gefühl, das ein Punkt in seinem Kopf ihm vorher schon einmal vermittelt hatte. Und diesmal war es größer, deutlicher...
    Julia. Er sah ihr Gesicht vor sich, wie sie weinte. Dann stand er auf dem Schiff und fuhr, während sie am Hafen stand und das noch, als sie nur noch ein Punkt war. War das der Punkt in seinem Kopf, der ihn warnte? Nein, es konnte nicht sein. Er hatte Julia sein Herz gegeben, wusste es immer noch nur in ihren Händen.


    Sein Kopf kippte wieder, womit er ihre Hände sehen könnte. Seine, die sich um Valerias schloss. Es tat gut so gehalten zu werden. Es hieß, dass er nicht allein war, obwohl er sich so verloren fühlte, weil sein Kopf ihm seinen Dienst versagte.
    Aber fühlte er dabei das, was er bei Julia gefühlt hatte? Sollte er es fühlen? Hatte er es in der Nacht gefühlt?
    Fragen, hunderte von Fragen. Sie machten seinen Geist mürbe, ließen seine Muskeln verkrampfen. Er war wütend... Wütend auf sich und darauf, dass er nicht Herr über sich selbst sein konnte.


    Hatte er Julia unrecht getan? War Valeria in seinen Armen aufgewacht, weil sie in der Nacht... Nun gut, allein diese Umarmung im Schlaf, Valerias Hand, die ihm den Arm hinaufgestrichen war, ihre strahlenden Augen.
    Maximian richtete den Blick auf Valerias Gesicht und schüttelte so gut es ging, wenn man auf einem Kissen lag, und unsicher den Kopf.


    "Meine Erinnerungen hören da auf, wo ich gestern aufgewacht bin und setzen genau hier wieder ein."

  • Valeria sah ihn noch einen Moment lang traurig an. Was sollte sie nun tun? Was, wenn alle die Gefühle nichts als...als ein Irrtum gewesen waren? Sie schluckte, um den dicken Kloß in ihrem Hals irgendwie herunter zu bekommen. Gleichzeitig kämpfte sie tapfer die Tränen nieder, die ihr in die Augen schießen wollten. Der Kuss...seine Berührung in der Nacht...wie er sie angesehen hatte...dass er nach ihrer Hand griff....alles nicht wahr?


    Valeria drückte seine Hand kurz und sachte, ehe sie sich wieder in seinen Arm legte, leicht seufzend. Den Kopf bettete sie auf seine Brust. Sie tat es einfach so, ohne groß nachzundenken. Und ebenso wenig dachte sie über die Worte nach, die nun kamen.


    "Dass du dich nicht erinnern kannst, wird aber nichts an meinen Erinnerungen ändern. Ich werde sie immer bei mir tragen", murmelte sie mehr zu sich selbst als zu Maximian. Sie seufzte abermals. In Gedanken war sie im Wald, als sie ihn geküsst hatte. In der Nacht, als er sie sanft berührt hatte. Keine Zeit war für Gedanken an die jetzige Situation - oder an die Auswirkungen, die sie mit ihren Berührungen und ihrem Verhalten erwirken mochte.

  • Max beobachtete, wie Valeria ihren Kopf auf seiner Brust ablegte, ihre Hand daneben. Er musste schlucken, denn wie sie es tat, sah so selbstverständlich aus. So, als wären sie Liebende, die einen gemeinsamen Morgen nach einer glückseligen Nacht damit verbrachten, sich vor dem Aufstehen zu weigern. Doch sein Herz war dabei fast in den Leibschurz hinabgerutscht und sein Aten war flach. Dann auch noch ihre Worte, die das Fass beinahe zum Überlaufen brachte.


    Es konnte nicht wahr sein, schrie Maximians innere Stimme. Und dann wiederum musste er sich eingestehen, dass er sich mit Valeria in den Armen gut gefühlt hatte. Jetzt war es anders. Es war, als würde er drohen zu ersticken. Weiterhin blinzelte er angestrengt zur Decke hinauf, die ihn wie eine stumme Zeugin hämisch anzugrinsen schien.


    Mit einem Mal war ihm alles zu viel. Er hob seinen Oberkörper an, half Valeria mit seinem gesunden Arm von seiner Brust herunter und setzte sich, den Rücken zu ihr, stöhnend auf. Stöhnend, weil er sich dabei zu viel bewegte und der Rücken, der an einigen Stellen tief blau war, unheimlich schmerzte.
    Doch auch das ging vorbei und er wartete es eisern ab. Dann stützte er den Kopf in seine gesunde Hand, rieb sich über die Augen, als würde so irgendeine Erinnerung eher zurückkommen können. Aber es geschah nichts. Dann murmelte auch er.


    "Ich weiß nicht, von was du da sprichst, Valeria, aber ich muss dir etwas sagen."


    Er verharrte noch einen Moment, dann wandte er sich umständlich leicht zu ihr. Dann schluckte er und sah ihr in die Augen.


    "Aber davor... davor... Nun, was... ich meine..."


    Er brach ab und zuckte hilflos mit den Schultern. In seinen Augen musste die Frage stehen, die er nicht in Worte fassen konnte, weil... weil er ihren Gesichtsausdruck sah, weil er Julia sah und weil er ein furchtbar beklemmendes Gefühl hatte.

  • Valeria zuckte erschrocken zurück, als Maximian sich so plötzlich aufrichtete, die beine aus dem Bett schwang und ihr den Rücken kehrte. Hilflos und trautig sah sie seinen Rücken an, als sei dieser Schuld dafür, dass er ihre Gefühle nicht zu erwidern schien. Warum? Warum hatte er dann ihre Hand gehalten, warum sie in der Nacht geküsst? Nur nebenbei sah wie, dass sein Rücken fast zur Gänze violett und blau angelaufen war. Valerias Atem ging flach, sie er wartete, dass er sie fragte, was das sollte. Doch er drehte sich nur herum, meinte, dass er ihr etwas sagen müsse. Eine einzelne Träne trat ihr ins Auge, verharrte dort. Sie fühlte sich so elend.


    Maximian stammelte etwas von 'davor', Valeria verstand nicht, was er meinte. Doch die Art wie er es tat, schien ihr Herz zerreißen zu lassen. Nun konnte sich die Träne nicht mehr halten und lief ihr an der Wange herab. Weitere folgten dieser Vorhut. Valeria wischte sie beschämt weg und sah überall hin, nur nicht zu Maximian. Ihr Herz klopfte, als wolle es jeden Augenblick zerspringen. Ihre Stimme zitterte genauso leicht wie ihr ganzer Körper, als sie kaum vernehmbar sagte:


    "Es...tut mir...leid."


    Sie sah auf das Laken und hätte sich am liebsten eines der Kissen gegriffen, um still in es hinein zu weinen. Was hatte sie sich auch dabei gedacht, ihn wie ihren Liebsten zu behandeln? Sie hatte alles falsch gemacht, von Anfang an. Wäre sie doch in Rom geblieben! Wäre sie doch niemals nach Tarraco gekommen und hätte sie bloß nicht dem Ausritt eingewilligt! Sie hatte das Gefühl, dass sie alles, was jemals zwischen Maximian und ihr gewesen war - und sei es nur das lockere Band der Freundschaft - unwiderrufbar zerstört hatte.


    So hockte sie einfach da, in sich gekehrt, un sah auf das Laken herab. Lange hielt sie es so nicht mehr in diesem Zimmer aus, das sie nun auf einmal zu ersticken drohte.

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