Ein Ausritt zu zweit

  • Er hatte sie beobachtet, wie sie reagierte. Wie sie ihren Blick senkte, ihr das Wasser in die Augen trat und schließlich einen Tränenstrom aus ihr herausbrach. Dann entschuldigte sie sich und alles, was Maximian in diesem Moment noch fühlte, war das Hundeelend. Er seufzte schwer, nahm seinen gesunden Arm hoch und legte seine auf Valerias Hand.


    Er suchte ihren Blick. Er musste einfach wissen, was geschehen war, damit... damit er sich entschuldigen konnte. Damit er vor sie hintreten konnte und sagen, dass... Dass er Julia liebte.
    Sein Herz schmerzte. Er konnte nicht ganz genau sagen, weshalb. Es tat ihm weh, sie so zu sehen.


    "Nein, mir tut es leid."


    Er sah auf seine Hand, gab sich einen Ruck und fing an mit dem Daumen über ihren Handrücken zu streichen. Dann atmete er tief ein, wieder aus und sah an Valeria vorbei.
    Was war das, was er für sie fühlte? Sie waren so... so verbunden, auf eine gewisse Art und Weise. Er fühlte sich bei ihr geborgen und war ihr dankbar. Aber war das schon Liebe? War er nicht einfach noch verwirrt...? Konnte man zwei Menschen auf einmal lieben? Liebte er sie überhaupt?
    Und da musste er leise und über sich selbst auflachen.


    "Weißt du, als ich vorhin aufwachte und dich in meinen Armen spürte, war es, als würde ich daran gewöhnt sein, so aufzuwachen. Aber ich weiß, dass ich es nicht bin. Und ich frage mich, was mir dieses Gefühl trotzdem vermittelt... die Antwort darauf scheint nicht zu existieren. Aber das schlimmste ist, dass ich keine Erinnerung an gar nichts mehr habe. Ich bin gestern aufgewacht, habe mich angekleidet und bei den Stallungen auf dich gewartet, aber von da an schwinden die Erinnerungen."


    Er seufzte, hatte die Stirn in tiefe Runzeln gelegt und senkte den Kopf, während er seine Hand auf ihrer ansah. In diesem Moment passte sie nicht dorthin, weshalb er sie langsam zu sich nahm.
    Dann sakten seine Schultern ein Stückchen runter und weiterhin wagte er es nicht, den Kopf anzuheben. Für den Fall, dass da etwas gewesen war, heute Nacht. Falls Valeria sich Hoffnungen gemacht hatte... Falls er ihr den Grund gegeben hatte zu hoffen.


    "Ich.... nehme an, dass ich... Nun, dass ich dir nicht von Julia erzählt habe?"


    Er machte eine Pause. Da aber nichts aus Valerias Richtung kam, fuhr er schließlich fort.


    "Sie... sie ist in Germania, aber ich lernte sie in Rom kennen. Ich..."


    Er stockte und hob den Kopf. Ihm war bewusst, dass er Valeria gleich fürchterlich wehtun würde. Warum nur wusste er es? Warum machte es ihm etwas aus?
    Aber es nützte nichts. Valeria musste die Wahrheit hören. Ja, sie hatte ein Anrecht darauf, weil ihr Tränen in den Augen standen, weil sie sich für etwas entschuldigt hatte, das geschehen war und von dem er keine Ahnung hatte. Es war nur gerecht, wenn... Aber es würde schmerzen.
    Leise sprach er, während sein Blick seltsam weich war.


    "Ich liebe sie. Und... und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich... dass ich ihr Unrecht getan habe. Dass ich... dir Unrecht getan habe. Was ist heute Nacht nur geschehen?"


    Er schüttelte leicht den Kopf, als er die letzten Worte sagte. All seine körperlichen Schmerzen, die vom Sturu herrührten, waren wie verschwunden. Er fühlte nichts in diesem Moment, als würde er aus Luft bestehen.

  • Sie wollte die Hand wegziehen, sie an ihrem Körper vor ihm verbergen, doch sie konnte es nicht. Alles, was sie in diesem Moment konnte, war auf sie hinabzustarren. Zu sehen, wie sie klein und schmal in der seinen lag. Doch sie fühlte sich alles andere als geborgen.


    Und dann redete er wieder davon, dass er sich nicht erinnerte, an gar nichts. Valerias Magen zog sich zu einem kleinen, harten Klumpen zusammen. Wieso? Sie fragte immer wieder. Stumm. Erfolglos. Als hätte er ihre Gedanken erraten, löste er nun die Hand von ihrer. Rasch und rucktartig zog Valeria nun ihrerseits die Hand an ihren Körper, streckte sie dann aber noch einmal aus und zog die dünne Decke gänzlich an sich heran, um sie um sich zu schlingen und sich in ihr zu verbergen. Sie wickelte sich ein und zog sich ganz in die hinterste Ecke des Bettes zurück. Doch das Gefühl der Geborgenheit blieb noch immer aus. Was sie spürte, waren Kälte und Verzweiflung. Und Angst.
    Angst vor den Worten, die nun folgen mochten.
    Was sie auch taten.


    Er erzählte von einer Julia. Den Namen hatte Valeria schon oft gehört, doch nie in Verbindung mit Maximian und auch noch nie aus seinem Mund. Es tat so weh, so unendlich weh, das zu erfahren. Ein Schüttelfrost aus Trauer und Selbstvorwürfen schüttelte sie. Wie hatte sie nur so vermessen sein und glauben können, sein Herz wäre noch frei? Sein Herz war vergeben, und sie war es nicht, die es in Händen hielt. Valeria barg das Gesicht in der Decke, mochte Maximian nicht ansehen. Sie weinte, doch er sollte die Tränen nicht sehen.


    "Heute Nacht..." schluchzte sie, kam jedoch nicht weiter.


    Sie verweilte noch eine Weile hier, in ihrer Ecke der Bettes, in sich gekehrt, zusammengekauert. Dann hielt sie es nicht mehr aus. Sie sprang auf, lief barfuß und schnell aus dem Zimmer. Die Tür ließ sie offenstehen. Im Aufenthaltsraum rannte sie beinahe in Mummia hinein, doch sie beachtete die Hausherrin nicht und stürmte weiter nach draußen.


    'Aber Kind, was ist denn los?!' rief Mummia ihr verblüfft hinterher. Valeria achtete nicht auf sie. Fast von allein trugen ihre Füße sie in den Stall, zu Alfidia. Valeria barg ihr Gesicht in der Mähe des Pferdes und weinte hemmungslos. Sie hatte das Gefühl, die Stute würde ihr zuhören und sie trösten.


    Dass Mummia mit in die Hüfte gestemmten Händen in das Gästezimmer schritt, bekam sie natürlich nicht mit. Mummia, der Erzengel in Person, schien sich vorgenommen haben, das Unheil aufzuklären. Tadelnd sah sie Maximian an und schüttelte missbilligend den Kopf.


    'Was hast du nun wieder angestellt? Reicht es nicht, dass das arme Ding dich gestern ganz allein hierher gebracht hat? Sie hat sich solche Sorgen um dich gemacht - und nun läuft sie weinend aus dem Haus!' erklärte sie aufgebracht.
    Sie schien Valeria wirklich ins Herz geschlossen zu haben.

  • Sie zog sich von ihm zurück, rückte dorthin, wo sie am weitesten von ihm entfernt war, hüllte sich in eine Decke, verschloss sich vor ihm und dem Zimmer, das mit einem sehr viel größer und kühler auf ihn wirkte. Dann schlang sie noch die Decke um sich, vergrub ihren Kopf darin. Ihr Rücken schüttelte sich, das konnte er genau sehen. Sie weinte.
    Er schluckte und sah nun seinerseits auf das Bettlaken. Verständnislos waren seine Augen aufgerissen, weil er nicht mit solch einer Reaktion gerechnet hatte. Denn so... so, wie sie sich versteckte und weinte, konnte er wussten die Götter was getan haben, während er nicht mal mehr wusste, wer er war. In der Nacht.


    'Heute Nacht...', wollte sie anfangen zu erzählen, brach aber auch schon wieder ab. Sie starrte an einen undefinierbaren Punkt irgendwo zwischen ihm und ihr und doch wieder nicht festlegbar und er wollte gerade noch einmal nachfragen, was heute Nacht war, da stand sie auf und flüchtete. Er konnte kaum verstehen, was vor sich ging, als er auch schon Mummius überraschten Aufschrei hörte.


    Und als sie dann zu ihm reinkam, er mit freiem Oberkörper auf dem Bett saß und immer noch das Laken anstarrte, bekam er kaum mit, wie Mummia ihn anfuhr. Er war irgendwo anders, aber nicht hier. Nicht in diesem Raum, nicht auf diesem Bett. Dennoch aber gelanten die Worte der dicken Frau in seine Ohren und ließen den Kopf allmählich wieder anspringen.


    Valeria. Er musste zu ihr. Wie in Trance erhob Max sich und schenkte Mummia keinen Blick. Alles schmerzte, als er sich suchend nach einer Tunika umsah, die er sich überziehen konnte. Mummia sah ihm dabei verdutzt zu und schüttelte immer noch den Kopf.
    Der Schmerz machte Maximian wütend. Wieso lief mit einem Mal alles schief? Warum hatte er keine Erinnerungen mehr, weshalb war er gestürzt, weshalb hatte Valeria sich in ihn verliebt, warum war er darauf eingeangen und vor allem warum war Mummia so furchtbar laut, wo er mit mehr nichts als einem Leibschurz vor ihr stand?!
    Da sah er zu ihr, streifte sie mit einem ziemlich missgelauntem Blick und erkannte in ihren Händen ein Stück Stoff, das sie ihm hinhielt.


    'Suchst du die hier?'


    Maximian nickte, nahm ihr die Tunika ab und machte sich daran, sie sich über zu ziehen. Es war die reinste Tortur. Er musste die Arme dafür über den Kopf heben, was die Haut am Rücken dehnte und wie tausend Nadelstiche wirkte, dann fühlte er den Stoff seinen Rücken hinunterrutschen. Er verzog schmerzhaft das Gesicht, ächzte verhalten und zog die Tunika dann langsam zurecht, während Mummia meckerte...


    'Schämen solltest du dich! So geht man doch nicht mit seiner Frau um! Und nun mach, dass du zu ihr gehst... Armes Kind hatte ganz rotgeweinte Augen. Und denk ja nicht, dass du mir so davon kommst! Erzogen solltest du werden, dass du dieses Kind, das dich offensichtlich sehr liebt, verjagst... Manieren sind das!'


    Er hatte sich gerade aufs Bett niedergelassen, um seine Sandalen zu schnüren. Mummias Redeschwall war mehr oder weniger an ihm vorbeigezogen, bis auf eines: Sie nannte Valeria seine Frau. Überraschen tat es ihn fast nicht...
    Die Sandalen waren geschnürt und umständlich erhob der junge Decimus sich. Kaum später war er auf Mummias Höhe, die immer noch mit in die Seiten gestützten Armen in der Tür stand und den jungen Mann argwöhnische Blicke zuwarf. Er seufzte bei ihr angekommen, sah sie nicht direkt an.


    "Sie ist nicht meine Frau."


    Damit schob er Mummia, die offensichtlich vedutzt war und sich die Hand vor den Mund schlug, zur Seite und durchquerte das Haus, bis er nach draußen trat. Da stand Aurelius, warf Maximian einen sorgenvollen Blick zu.


    'Die Frauen, Junge. Geht es dir denn so weit gut, dass du hier rumspazieren kannst? Ach, falls du deine Frau suchst, sie ist eben in den Stall gelaufen. Ich glaube... Kann es sein, dass sie weinte?'
    Maximian nickte, während er Aurelius passierte. Wie ein alter Mann ging er langsam und ein wenig geduckt, während er mürrisch dreinblickte.


    Bei der Stalltür angekommen atmete Max durch und wandte sich noch einmal zu Aurelius um, der ihm hinterhergesehen hatte und nun die Schultern hob, als wolle er fragen: Was ist? Geh rein.
    Max nickte kaum merklich, wollte sich gerade zur Stalltür umwenden, als er nochmal innehielt und leise hervorstieß, sodass Aurelius ihn schwerlich gehört haben dürfte:


    "Sie ist nicht meine Frau. Sie ist..."


    Die Stimme versagte ihm und er öffnete endlich die Tür. Der Stall war dunkel, denn Holzdiele lag eng an Holzdiele, sodass es kaum Ritzen und Spalten gab, durch die die Sonne ihre Strahlen schicken konnte.
    Er brauchte einen Moment, bis seine Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten, dann machte er ein paar Schritte. Er hörte sie nicht, aber sie musste ja hier sein.
    Er seufzte und blieb stehen. Die Wut war gewichen, aber sein Rücken schmerzte unangenehm. Seine Augen suchten und fanden ein Fass, zu dem er hinüberging und sich anlehnte. Es tat gut, nicht allein stehen zu müssen. Und wenn er die Schultern hängen ließ, war es gleich noch besser.
    Dann sammelte er all seinen Mut zusammen und hob den Kopf, um den Stall zu durchsuchen, in dem es vereinzelt wieherte oder scharrte.


    "Valeria, ich... Lass uns darüber reden, ich bitte dich."

  • Sie weinte lautlos in Alfidias Mähne hinein, Miaximian vor ihrem Inneren Auge, wie er ihr erklärte, dass er eine andere liebte. Dann war es ihr, als fühlte sie den sanften Kuss seiner Lippen noch einmal auf der Schulter. Sie wollte die Gedanken wegwischen, doch es gelang ihr nicht. Alfidia wandte den Kopf und sah Valeria träge mit ihren ruhigen, schwarzen Augen an. Die junge Decima zwang sich zu einem bittren Lächeln und streichelte der Stute über die Blesse.


    Und dann ging die Stalltür auf. Valeria fuhr erschrocken herum und blickte durch einen Tränenschleier hindurch zur Tür, durch die nun helles Sonnenlicht fiel und versuchte, das Dunkel im Stall zu durchdringen. Eine Gestalt stand in der Tür. Maximian? Valeria war sich nicht sicher, andererseits...wer sollte es sonst sein? Aber warum kam er, wenn sie ihm doch nichts bedeutete? Sie wandte den Kopf wieder dem Pferd zu, unterdrückte ein Schluchzen und barg den Kopf in Alfidias dichter Mähne.


    Ein Schlurfen war zu vernehmen, dann ein leises seufzen und schließlich Maximians Stimme, die sie darum bat, darüber zu reden. Valeria wollte aber nicht reden. Sie hatte schließlich schon zu viel gesagt, zu viel Dummes getan bisher. Sie würde alles nur noch schlimmer machen, das wusste sie einfach. Aber...dann war da auch die leise Stimme in ihr, die sie fragte, wieso er wohl verletzt in den Stall kommen würde, wenn sie ihm nichts bedeutete. Die fragte, wieso er sie in der Nacht geküsst hatte, wieso er ihre Hand gehalten hatte, immer wieder.
    Sie trocknete die Tränen, sah in der Schwärze des Stalls zu dem Punkt hinüber, von dem die Stimme ausgegangen war. Alfidie gab ihr Kraft. Ihre Stimme zitterte, als sie leise antwortete.


    "Wozu? Ich würde alles nur noch schlimmer machen."

  • Nachdem er in den Stall hineingefragt hatte, war es eine ganze Weile noch still gewesen. Gerade hatte er noch einmal ansetzen wollen, Valeria erneut bitten, mit ihm zu reden. Doch da schniefte es aus einer Ecke des Stalles, dann hörte er ihre zitternde Stimme aus derselben Richtung. Er wandte den Kopf dorthin, sah aber niemanden. Dennoch senkte er nicht gleich wieder den Blick.


    Und als er den Boden ansah, der unter seinen Füßen sandig und staubtrocken war, sprach er mit einem bittren Lächeln auf dem Gesicht und zweifelbehafteter Stimme:


    "Ich bin mir nicht sicher, ob es noch schlimmer werden kann."


    Nun schüttelte er leicht den Kopf und schnaubte leise. Er lachte nicht, nein. Er fand die Situation auch alles andere als komisch. Vielmehr war sie ziemlich ernst. Das hatte er in Valerias Augen lesen können und konnte auch nicht umhin, es eben jetzt zu spüren.


    "Du musst mir glauben, dass ich... Wenn ich gewusst hätte, dass du..."


    Er zögerte, konnte nicht das sagen, was er sagen wollte. Kurz legte er den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und atmete tief ein.
    Das Bild Julias erschien ihm währenddessen vor Augen. Die Liebe, die er ztu ihr empfand, war etwas besonderes. Etwas, das eine Verbindung schaffte und aufrecht erhielt, egal wo sie war und wo er.
    Doch wenn er ganz ehrlich zu sich war, und das war notwendig, um dem Geschehen auf die Fährten zu kommen, dann... dann hegte er auch Gefühle für Valeria. Sie waren zwar in keinster Weise so wie die, die ihn mit Julia verbanden, doch auch sie waren auf ihre eigene gewisse Weise stark. Und jetzt waren sie vor allem von dem Wunsch getragen, sie in die Arme zu schließen, so wie er es beim Aufwachen getan hatte. Er wollte sie nicht weinen sehen und fühlte sich hundsmieserabel zu wissen, dass er daran Schuld war. An den Tränen, die sie gegenwärtig vergoss.
    War er nun "unfreiwillig" Schuld daran? Liebte sie ihn und musste verstehen lernen, dass sein Herz schon einer anderen gehörte? Oder hatte er ihr in den Stunden zwischen Sonnenuntergang und -aufgang etwa einen Teil seines Herzens zugesprochen? Dann nämlich waren seine Gefühle wohl mit Liebe gleichzusetzen und er jetzt nur verwirrt, weil die Erinnerungen fehlten. Und wenn nicht, wenn er sich einfach nur an ihr festgehalten hatte, um schlicht jemanden bei sich zu spüren, dann... Nun, dann wollte er ebenfalls für Valeria da sein, sie in den Arm nehmen und ihr Trost spenden, wie ein guter Freund es tat.


    Er versuchte sich vorzustellen, wo Valeria sich gerage aufhielt. Vor seinem inneren Auge saß sie im Stroh neben Alfidia, die ihre weichen Nüstern an ihren Kopf hielt und Valeria ihren warmen Atem ins Haar blies. Sie hatte ihre Beine angewinkelt, die Decke um sich gelegt und so versucht, sich vor der Enttäuschung zu schützen. Sie weinte. Was ihr wohl gerade durch den Kopf ging?


    Sein Kopf kippte wieder nach vorn, was eine Welle des Schmerzes gegen die Innenseite seiner Stirn branden ließ. So verharrte er noch einen weiteren Augenblick in seiner ruhenden Haltung, ehe er die Augen wieder öffnete und mit ihnen auch den Mund.


    "Ich muss wissen, was gewesen ist, Valeria. Ich bin verwirrt und weiß nicht, was ich denken oder fühlen soll. Dabei wünschte ich, dass ich dir damit nicht wehtun müsste... Ich..."


    Angestrengt blinzelte er, während sein Blick die gegenüberliegende Wand fixierte und sein Brustkorb sich recht schnell hob und senkte. Seine blauen Augen suchten, fanden jedoch nichts. Seine Finger tasteten, konnten aber nichts ergreifen. Seine Füße gründelten, fassten aber keinen festen Stand. Und seine Sinne gruben sich tief in sein Herz, fanden abermals nichts als Widersprüche.


    "Erzähl mir bitte, wie unsere Nacht verlaufen ist. Wenn wir darüber schweigen, egal was gewesen ist, wird es unseren Köpfen keine Ruhe mehr lassen. Stellst du dir nicht auch immer dieselbe Frage? Vielleicht... vielleicht finden wir gemeinsam die Antworten auf unsere Fragen. Vielleicht... Vielleicht wird dann einiges klarer."


    Der Blick war gesunken und Maximian ließ seine Worte noch einige Augenblicke verklingen, dann wandte er den Kopf in die Richtung, in der er Valeria vermutete. Wenn sie ihn sehen konnte, würde sie erkennen, dass ihm viel daran gelegen war und auch er litt.

  • Valeria hörte ihm aufmerksam zu, die Nase in Alfidias Mähne versteckt. Sie hörte, wie er sich bewegte, hörte leises Rascheln. Er schien seine Tunika wieder angezogen zu haben. Sie wischte sich übers Gesicht, trat leise etwas näher heran, blieb aber in den Schatten verborgen.


    Wenn er gewusst hätte dass sie....was? Dass sie so dumm war und ihn unbedingt küssen musste? Dass er sie in der Nacht für seine Liebste gehalten hatte? Dass sie ihr Herz an ihn verloren hatte? Sie lächelte bitter. Nein, schlimmer konnte es wirklich nicht werden, es sei denn, er offenbarte ihr, dass er schon mit dieser Julia verheiratet wäre und sie zwei reizende Kinder hatten, dachte sie beinahe zu sarkastisch für diese Situation.


    Als er die Stimme zum zweiten Mal hob, konnte sie ihn schon deutlicher hören und nun sah sie auch seine Konturen. Er schien auf einer Art Klotz zu sitzen. So genau konnte sie das nicht erkennen. Maximian wollte sie nicht verletzen? Nun ja, das hatte er bereits unfreiwillig getan. Sie seufzte leise, sodass Maximian es nicht vernehmen konnte. Er bat, dass sie ihm erzählte, was in der Nacht geschehen war. Sie schauderte. Eigentlich konnte sie ihm alles erzählen, wahr oder unwahr. Doch was brachte es ihr, wenn sie sich selbst belog?


    Sie trat noch näher von hinten an ihn heran. Ihre blanken Füße verursachten dabei so gut wie kein Geräusch auf dem Boden. Valeria legte ihm sachte die Hand auf die Schulter und nickte zu sich selbst. Er konnte es ja nicht sehen, denn er sah nach vorn, schien sie wo anders zu vermuten.


    "Du bist gestürzt. Ich habe Angst gehabt...so sehr... Ich bin zu dir gelaufen und versucht, mit dir zu reden. Du warst bewusstlos...ich...ich habe geweint und bin bei dir gesessen, bis du wieder aufgewacht bist... Ich...naja, ich...............ich habe dich...geküsst....ganz sacht..." Valeria senkte beschämt den Kopf. Es kostete sie große Überwindung, davon zu erzählen. Trotzdem fuhr sie fort.
    "Irgendwie hab ich dich zu Aurelius und Mummia gebracht. Es hat lange gedauert, aber wir haben es kurz nach Einbruch der Dunkelheit geschafft. Mummia war sehr besorgt...wie ich. Wir haben dich ins Bett geschafft. Du....du hast immer wieder nach meiner Hand gegriffen.... Du wolltest, dass ich mich neben dich lege...Und dann bist du eingeschlafen. In der Nacht bin ich aufgewacht, weil du...du.........du hast meine Schulter geküsst, mich umarmt...ich war so...glücklich.....und....."
    Ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Sie weinte nun wieder lautlos einige wenige Tränen. Die Hand lag noch immer matt auf seiner Schulter, drohte aber, kraftlos herunter zu rutschen. Sie fühlte sich so elend.

  • War es nur ein Lufthauch, der ihn da an der Schulter streifte? Nein, es konnte keiner sein, denn seine Tunika wurde an der Stelle warm und blieb es auch. Es war Valerias Hand, die er spürte.
    Er bewegte sich kein bisschen, ehe Valeria ihm anfing zu erzählen, was gewesen war, und ehe sie geendet hatte. Dann ließ er langsam den Kopf fallen.


    Ihre Worte wiederholten sich in seinem Kopf. Sie hatte Angst um ihn gehabt, ihn geküsst. Er hatte ihre Hand gesucht, sie geküsst, sie umarmt.
    Bestätigte sich damit eine tief sitzende Angst oder ein Gefühl, das von seinem Herzen ausging? Maximian konnte es sich in diesen Augenblicken nicht beantworten.
    Julia. Viola. Valeria. Wieder Julia. Er sah ihre Gesichter, fühlte Liebe und fühlte Schmerz, Ungewissheit und Schuld, Zuneigung und ewige Trennung.


    Dann, nachdem er den Kopf gesenkt und einen Kloß hinuntergeschluckt hatte, stieß er sich von dem Fass, gegen das er gelehnt war, ab, blieb aber noch einige Wimpernschläge mit dem Rücken zu Valeria stehen. Dann, ganz langsam, drehte er sich zu ihr herum. Zuerst mit noch gesenktem Kopf, den er dann jedoch langsam hob.


    Seine blauen Augen sahen zwischen den ihren hin und her. Er vertraute ihr, hätte niemals den Gedanken aufkommen lassen, dass sie ihm einen Teil verschwieg oder gar die Unwahrheit erzählte, um einen Vorteil rauszuschlagen. Sein Blick sprach Bände.
    In diesem Moment liebte er sie und doch wieder nicht. Er fühlte, dass er Julia betrogen hatte und doch wieder treu gewesen war. Und er strafte sich und doch zugleich unschudlig vor sich selbst.


    Ihr rannen Tränen die Wangen hinab. Er sah ihnen nach und seufzte innerlich schwer. Es tat ihm so sehr in der Seele weh, wie sie ihn ansah und zerbrechlicher wirkte, als er jemanden zuvor gesehen hatte.
    Unbemerkt seiner selbst hatten seine Füße sich selbstständig gemacht und den Raum zwischen Valeria und sich verringert. Sein Gesicht hatte sich ihrem genähert, sah sie immer noch an. Er schluckte, beugte sich noch ein Stückchen vor und ließ seine Lippen ihre linke Wange berühren, wo gerade noch eine Träne herabgerollt war. Langsam zog er seinen Kopf dann zurück und schmeckte dabei das Salz auf seinen Lippen. Er wiederholte seinen zärtlichen Kuss auf ihrer rechten Wange, entfernte sich dann von ihr und schloss kurz die Augen.


    "Ich... danke dir für deine Ehrlichkeit, Valeria. Dafür, dass du bei mir warst... bei mir bist. Ich... Ich..."


    Er kam nicht weiter. Weder in seinen Gedanken, noch mit seinen Worten. Er wusste einfach nicht, was er noch sagen sollte. Er war verwirrt und von den unterschiedlichsten Gefühlen erfüllt. Zeit... er sehnte sich nach Ruhe und Zeit. Ruhe, allein sein. Zeit, nachdenken.

  • Valerias Herz schlug bis zum hals hinauf, als er sich ihr näherte, immer weiter und weiter....ehe er sie schließlich sanft auf die Wange küsste. Sie zitterte, unter seiner Berührung noch mehr als zuvor. Wie er sie so ansah, berührte..... Sie schloss die Augen und würde auf der Stelle vergehen. Doch auch als er ihre andere Wange küsste, war sie noch an Ort und Stelle, wenn sie auch zitterte wie Espenlaub und sich hundeelend fühlte. Denn sie wusste schließlich, dass er es nur freundschaftlich meinen konnte. Schließlich liebte er eine andere.


    Und obwohl sie wusste, dass es sinnlos wäre und dass sie sich damit nur selbst Schmerzen zufügen würde, trat sie zu ihm, als er seine wenigen Worte gesprochen hatte. Wie in Trance stand sie nur wenige Zentimeter entfernt vor ihm, atmete seinen Duft ein, sah auf seine Brust. In seine Augen wagte sie nicht zu sehen. Wie von selbst hoben sich ihre Hände und legten sich auf seine muskulöse Brust. Sie seufzte leise auf und trat nun vollends an ihn heran und legte ihren Kopf an den seinen. Ihre Händen ruhten noch einen Moment dort, wo sie waren, ehe sie langsam rechts und links seines Kopfes herauf fuhren, bis sie ihn schließlich umarmte. Sie sog seinen Duft ein, spürte seine Wärme, seine Muskeln. Er versteifte sich etwas, was Valerias Herz mit einem kleinen Stich quittierte. Doch sie umarmte ihn weiterhin. Ihre Wange lang nun an der seinen. Sie spürte das leichte Kratzen, das seine Stoppeln verursachten, doch es machte ihr nichts aus. Valeria schloss die Augen, genoss den Moment der Nähe, den nur sie empfinden konnte, nicht jemand anderes.


    Nach einer Ewigkeit, wie es ihr vorkam, spielte ihre Nase leicht an seinem Ohr, ehe sie den Mund öffnete und leise, sehr leise flüsterte:


    "Ich.....ich ertrage das nicht......"

  • Maximian blinzelte, sah in ihr Gesicht, das sie vor ihm halb verbarg, indem sie nicht zu ihm aufsah und fühlte ihre warmen Hände auf seiner Brust, in der es heftig trommelte. Dann fuhren Valerias Hände hinauf, bis sie sie in seinem Nacken verschränkte und sich näher an ihn heran zog. Seine Atmung setzte aus, während sie ihren Kopf an seinen legte, ihre Wange an seine. Ihr warmer Atem streifte seinen Hals, während ihre Nasenspitze an seinem Ohr herumspielte. Er ließ die angehaltene Luft entweichen und schloss die Augen, die bislang die gegenüberliegende Wand angestarrt hatte.


    Es tat so gut, sie zu spüren. Sie schmiegte sich an ihn, schien ihm endlos zu vertrauen. Und dann flüsterte sie, dass sie es nicht ertragen würde. Nein, auch er wollte nichts mehr sehnlicher, als Valeria in den Arm zu nehmen, sie zu streicheln und zu küssen. So viel gab sie ihm und so wenig gab er ihr.
    Sein gesunder Arm, der bislang unschlüssig an seiner Seite gehangen hatte, legte sich an ihre Taille und sein Kopf neigte sich ihrer Schulter entgegen. Das Gesicht vergrub er in ihren Haaren. Es war nur noch wichtig und richtig, ihr nahe zu sein.


    Dann löste er sich aus ihren Haaren, ließ sein Gesicht wandern, bis ihre Nasenspitzen direkt voreinander standen und sich beinahe berührten. Ihre Augen waren so tief, ihre Wangen so weich und ihre Lippen... Max legte den Kopf leicht schräg, während er Valeria weiterhin ansah, als würde er bis auf den Grund ihrer Seele tauchen wollen. Wenige Millimeter kam er ihr entgegen, hielt dann nochmal inne.
    Er liebte sie. Nichts war klarer als das in jenem Moment, denn wenn er sie so ansah, waren seine Schmerzen und alle anderen Gedanken wie verpufft. Alles, was noch existierte, war sie.


    Er würde sie jetzt küssen und es würde der erste Kuss sein, an den er sich erinnern würde. An den sie sich erinnern könnten. Er schloss die Augen, wollte gerade die letzte winzig dünne Schicht Luft zwischen ihnen verdrängen, als Julias Bild vor seinem inneren Auge auftauchte und sein Herz plötzlich aussetzte. Die Augen öffneten sich wieder, aber er sah Valeria. Nicht Julia.


    Verwirrt blinzelte er sie an. Sie, die er eben noch hatte küssen wollen. Die Frau, die sein Herz beschleunigt hatte. Seine Großcousine, in die er sich... verliebt hatte? Sein Kopf zog sich wieder zurück, seine Hand fiel von ihrer Taille ab. Die Gedanken rasten, während der Kopf mit der Verarbeitung der Eindrücke gar nicht mehr hinterher kam und ihm ein Stechen zur Warnung sandte. Die Augenbrauen verrutschten, sodass er Valeria furchtbar zerknautscht und ungläubig zugleich ansah und stammelte:


    "Es... es tut mir leid."


    Im gleichen Augenblick noch wandte er sich von ihr ab. Die Hand ans Kinn gelegt und die Augen mit Tränen gefüllt, "humpelte" er zur Stalltür zurück, drückte seine gesunde Hand dagegen und schob sie so auf.
    Doch ehe er durchging, verweilte er nochmal einen Moment mit hängendem Kopf. Sein Hals schmerzte, weil sich ein so großer Kloß darin festgesetzt hatte. Der Schimmer in seinen Augen blieb hartnäckig und verwischte ihm die Sicht.
    Er wusste noch nicht, ob er es überleben würde, aber er wollte so schnell es ging weg von hier. Weg von Mummias Vorwürfen, weg von dem Ort, an den er sich nicht richtig erinnern konnte und der doch so vieles verändert hatte. Weg von der aufkeimenden Liebe.
    Ohne sich in der Haltung zu ändern oder sich zu ihr zu drehen, sagte er mit leicht ertsickter Stimme:


    "Wir... sollten bald... Wir sollten bald losreiten."


    Er schluckte und trat aus der Stalltür raus. Er kämpfte gegen seine Gefühle, gegen das Verlangen umzudrehen, Valeria wieder in den Arm zu nehmen und sie doch zu küssen. Und es gelang ihm. Doch als die Tür hinter ihm zufiel und er die ersten Schritte vom Stall wegmachte, rann ihm eine Träne über die Wange. Mit dem Ärmel seiner Tunika wischte er sie weg und blieb stehen.


    Warum nur?


    Wieder wandte er sich zum Stall herum, in dem Valeria nun ohne ihn stand. Sein Arm sank und ehe sich noch eine Träne freikämpfen konnte, lief Max wieder los. Zu aufs Haus, weg von Valeria, die er noch vor sich sah.


    Im Haus angekommen ging Max stumm an Mummia und Aureliius, die ihn völlig perplex ansahen, vorbei und direkt in das kleine Gästezimmer, in dem er mit Valeria geschlafen hatte.

  • Es tat so gut, ihn zu spüren, seine warme Haut zu berühren, seinen Duft zu atmen.... Valeria seufzte leise auf.
    Und dann, dann fühlte sie sich, als wohnten alle Ameisen dieser Welt in ihrem Körper, so sehr kribbelte es in ihren Händen, ihrer Brust, ihren Beinen, ihrem ganzen Körper, als Maximian sich entspannte und sein Gesicht in ihren Haaren verbarg. Sie fühlte sich unbeschreiblich. Und er schien sich in diesem Moment zum ersten Mal seit dem Unfall richtig zu entspannen. Leicht zuckte sie zusammen, als er sie nun ebenfalls umarmte und ihr langsam näher kam. Seine Nase berührte die ihre. Valeria war wie elektrisiert. Hatte sie ihn eben noch verträumt angesehen, schloss sie nun die Augen. Eine jähe Erwartung keimte in ihr auf. Ein Kuss...nichts wünschte sie sich in diesem Moment sehnlicher. Ihr Herz pochte so laut und kräftig, dass sie glaubte, man könnte es noch draußen vor dem Stall hören.


    Und dann, in dem Augenblick, in dem ihr Herz schier zu zerreißen schien, spürte sie seinen warmen Atem nicht mehr im Gesicht und er ließ sie los. Valeria öffnete sie Augen, sah ihn stumm an. Der Zauber des Augenblicks verflog schlagartig. Er sah sie an, verwirrt, ungläubig - verzweifelt? In Valerias Augen hingegen war eine stumme Resignation zu erkennen, Sie ließ die Arme sinken, die Schultern hängen und lauschte einfach nur stumm seiner Entschuldigung. Sie bekam es nicht einmal mehr hin, zu nicken, sondern sah ihn nur unendlich traurig an.


    Maxmian wandte sich um, taumelte zur Tür. Er zog sie auf, blieb noch einen Moment in ihr stehen, als müsste er Kraft schöpfen für seine nächsten Worten. Die junge Decima blieb wo sie war. Sie wollte ihn zurückhalten, wollte ihm sagen, dass er in seinem Zustand gar nicht reiten konnte. Doch sie war wie gelähmt. Sie konnte nur seinen Rücken anstarren. In diesem Moment fühlte sie....nichts...
    Nur abgrundtiefe Trauer...und diese schreckliche Resignation.


    Er ging. Sie blieb allein, ballte kraftlos die Hände zu Fäusten und hielt den Kopf gesenkt. Tränen schüttelten ihren zierlichen Körper. Sie konnte nicht verstehen, wieso sie das alles getan hatte, wieso sie sich in ihn - ausgerechnet in ihn! - verliebt hatte. Valeria zitterte und sackte in sich zusammen. Sie griff hilflos nach dem Fass, auf dem Maximian vorhin gesessen hatte, und glitt langsam und laut ausschluchzend daran hinab. Das Gesicht an das dunkle, morsche Holz gepresst, weinte sie all ihren Schmerz und ihren Kummer hinaus.



    Nach einer Ewigkeit, wie es ihr schien, trocknete sie ihre Tränen und zog sich am Fass empor. Sie zitterte wie Espenlaub und ihr war elend zumute. An der Wand entlang taumelte sie nach draußen. Wenigstens passte ihre Stimmung nun zum Wetter: es hatte sich zugezogen und in der Ferne rollte ein Gewitter heran. Langsam machte sich Valeria auf den Weg zum Haus. Auf halbem Wege begann es dann auch zu regnen, doch Valeria beschleunigte ihren Schritt nicht, sondern verlangsamte ihn sogar noch, bis sie schließlich stehen blieb. Ein Blitz zuckte in der Ferne vom Himmel, gefolgt von mächtigem Donnergrollen. Es goss aus Kübeln. Und Valeria mitten drin.


    Sie war schon ganz durchnässt, als die Tür des Hauses aufging und Mummia heraus trat.
    'Kind, was tust du da? Komm herein, du holst dir noch den Tod da draußen!' rief sie und bugsierte Valeria kurzerhand ins Haus. Sie schob sie sanft in das Zimmer, in dem Maximian sich nun auch wieder aufhielt, legte ihr eine Decke um die Schultern und drückte sie mütterlich in einen Korbsessel nahe des Fensters. Valeria ließ alles willenlos mit sich geschehen. Sie sagte nichts, sondern starrte nur beinahe apathisch vor sich hin und vermied es, Maximian anzusehen.


    'Du bleibst erst einmal hier und wärmst dich ein bisschen auf. Ich mache dir etwas Wein heiß und bin dann gleich zurück!' befahl Mummia und rauschte aus dem Zimmer, nicht ohne Maximian noch einen 'siehst du, was du angerichtet hast'-Blick zuzuwerfen.


    Da saß sie nun. Das Haar klebte nass an ihrem Gesicht. Die Decke hatte sie um die Schultern geschlungen. Ihr Blick war weit entfernt und scheinbar war sie gar nicht anwesend, sondern ganz wo anders.

  • Maximian hatte neben dem Bett gestanden und mit dem Rücken zur Tür, als Valeria gefolgt von Mummia hineingeführt wurde. Es mochte gut eine halbe Stunde vergangen sein, jedenfalls hatte es einen Wetterumschwung gegeben. Zuerst hatte Maximian geglaubt, es wäre eine Einbildung gewesen, dass dunkle Wolken aufzogen. Doch dann hörte er es grummeln, dann den niederprasselnden Regen und schließlich konnte er an Valeria sehen, dass er sich das Unwetter nicht nur einbildete.


    Er hatte sie nur kurz angesehen, nachdem Mummia sie in den Korbstuhl gesetzt hatte. Sie sah furchtbar aus... Nass bis auf die Haut, vermutete Maximian, und sie wirkte völlig abwesend. Deshalb hatte er sich bald weggedreht, den Blick auf das Bett gerichtet.


    Sie würden hier jetzt nicht wegkommen. Max schluckte und ließ den Kopf fallen, bis das Kinn ihm beinahe auf der Brust lag. Sie sah seinetwegen so aus. Es ging ihr nur wegen ihm schlecht. Er wusste, wie er ihr würde helfen können. So einfach wäre es.


    Verzweifelt ließ Maximian sich auf das Bett sinken. Die Stille im Raum war die reinste Tortur für die Nerven, die Gefühle, das Herz. Und je länger sie anhielt, desto schmerzhafter wurde sie und auch lauter. Eine durchdringende, brüllende, aggressive Stille. Sowas hatte Maximian noch neimals zuvor erlebt. Leise schniefte er, wischte sich mit einer fahrigen Bewegung über das Gesicht und hob den Blick wieder, suchte Valeria. Sie saß unverändert in ihrem Sessel, starrte ins Leere.


    Die Tür öffnete sich und Mummia kam wieder herein. Sie trug ein kleines, rundes Tablett, auf dem ein Becher und ein Krug standen, aus denen es dampfte. Sie stellte alles auf einen kleinen Schemel, goss den Becher voller Wein und drückte ihn anschließend Valeria in die Hand, die unverändert tot dreinblickte.
    Mummia berührte Valerias Wangen, wonach sie entsetzt mit der Zunge schnaltze und schnappte sich sogleich die um Valerias Schultern gelegte Decke, um sie an den Schultern der jungen Frau hin und her zu reiben.


    'Ach, Kind. Ganz kalt bist du... Trink, damit du nicht krank wirst. Je heißer der Wein ist, desto besser. Ich werde Aurelius sagen, er solle Wasser erhitzen. Ein schönes, heißes Bad, Kind, was hälst du davon?'


    Sie war noch eine ganze Weile mit Rubbeln und Bemuttern beschäftigt, doch Valeria regte sich kaum. Irgendwann ließ Mummia dann doch noch mit sorgenvollem Blick von ihr ab und wandte sich an Maximian, der da den Kopf senkte. Dann seufzte sie hörbar auf und trat an Max heran. Unsanft hob sie sein Kinn an, musterte ihn strafend und hielt ihm dann die flache Hand an die Stirn.


    'Du solltest dich lieber schonen, als junge Frauen zu verletzen. Siehst auch nicht gerade umwerfend aus...'


    Warum war Mummias Stimme so kühl, wenn sie zu ihm redete? Wusste sie, was vorgefallen war? Warum zeigte sie sich nicht neutral und ließ Maximian wenisgtens Raum für Erklärungen?
    Er schob ihre Hand von sich und wandte den Kopf zur Seite. Er trug eine Maske mit ausdruckslosem Blick. Darunter aber war er wütend und wünschte sich, dass Mummia verschwand, dass es aufhörte zu gewittern, dass.... dass er sich vor Valeria verstecken konnte.

  • Valeria ließ alles stumm mit sich geschen und kam langsam wieder aus der Versenkung hervor.
    Als Mummia ihr den Becher mit der heißen Flüssigkeit reichte, nahm sie ihn ihr ab und lächelte ganz leicht, als Zeichen der Dankbarkeit. Sie hatte aus den Augenwinkeln gesehen, wie Maximian sich aufs Bett gesetzt hatte. Es schien ihm auch nicht sonderlich gut zu gehen. Lag das an ihrem Gespräch? An ihr? Oder dachte er nur wieder an..an..an sie?


    Valeria seufzte leise, ließ sich warmrubbeln, antwortete aber nicht auf Mummias Frage nach einem Bad. Doch als diese nun zu Maximian schritt und so unfreundlich mit ihm redete, blinzelte Valeria mehrmals und wandte den Kopf. Sie hob die Hand, obwohl sie die Bäuerin nicht erreichen konnte, und sagte leise und unendlich müde:


    "Lass gut sein, Mummia."


    Dann blickte sie die alte Frau nur traurig an. Mummia wandte sich um, sah Valeria verblüfft an und zuckte schließlich die Schultern, Sie murmelte etwas von 'jungen Leuten, die sie einfach nicht verstand' und verließ dann recht schnell das Zimmer. Hinter sich schloss sie die Tür und Maximian und Valeria waren wieder allein.


    Valeria schluckte, doch diesmal verschwand der Kloß aus ihrem Hals nicht. Um Zeit zu schinden, nahm sie immer wieder kleine Schlucke des Tees in ihrem Becher. Schließlich sah sie doch zu Maximian hinüber, eine ganze Weile später erst, nachdem Mummia gegangen war. Traurig versuchte sie ein Lächeln. Wie sollten sie denn das Verhältnis zueinander jemals wieder aufbauen?
    Dann kam ihr eine Idee. Sie streckte die Hand mit dem Becher aus und legte den Kopf schief.


    "Wenn du möchtest..." murmelte sie.

  • Mummia ging. Zumindest einer seiner momentan lebenswichtigen Wünsche hatte sich erfüllt. Die anderen, die anderen beiden, dass das Gewitter aufhört und dass er sich vor Valeria verkriechen konnte, würden sich wohl am ehesten nicht erfüllen.


    Doch warum wollte er weg von Valeria? Die Antwort ist ganz einfach. Zumindest ein Teil von ihr, denn: In ihrer Anwesenheit konnte er nicht nachdenken. Wenn sie bei ihm war, was sein Kopf vollkommen ausgelastet. So wie jetzt.
    Und der andere Teil der Antwort, den der junge Decimus schwer auf seinem Herzen und seinem Gewissen lasten spürte, wenn sie bei ihm war, war, dass Valeria ihm viel bedeutete; dass er sie hatte küssen wollen, sich danach sehnte, sie in den Arm zu nehmen, an sich zu drücken, in ihre weichen, gut duftenden Haare abzutauchen.


    Es hätte alles so leicht sein können. Jetzt hingegen war alles furchtbar schwer.


    Draußen ging es vor, wie in Maximians Kopf. Es regnete, als gäbe es kein Morgen mehr, es blitzte, dass der Tageshimmel, der von dunklen Wolken nahezu schwarz bemalt war, gefährlich zuckte, wie ein Tier, das in der letzten Phase seines Lebens steckte und den Tod nahen sah und es donnerte, als habe der Himmel das unsagbare Bedürfnis, all das Böse und Ungerechte, was er unter sich passieren sah, hinauszubrüllen in seiner fremden und unentschlüsselbaren Sprache. Zudem war nun auch noch Wind aufgekommen, der um die Ecken des kleinen Farmhauses pfiff und selbt innerhalb des Hauses die Flammen der Fackeln niederdrückte.


    Vor der Tür hörte er Mummias aufgeregte Stimme, die wohl zu Aurelius sprach:


    'Oh, hoffentlich ist Laren in dieser Stunde bei uns... Ein solch schlimmes Unwetter hatten wir schon eine ganze Weile nicht mehr. Ich werde beten gehen.'


    Er hatte Valeria wohl schon eine ganze Weile lang angesehen, denn sonst hätte er nicht ihren kläglichen Versuch zu lächeln wahrgenommen. Und auch nicht, wie sie ihm anschließend ihren dampfenden Becher hinhielt, dessen Inhalts wohltuende Dämpfe sich schon im Raum verbreitet hatten.
    Eigentlich hatte er keinen Durst. Er verspürte auch keinen Hunger oder überhaupt ein Bedürfnis. Aber ehe er wirklich nachdenken konnte, stand er ächzend auf und ging zu Valeria hinüber, die ihm immer noch den Becher hinhielt.


    Bei ihr angekommen, nahm er ihn nicht gleich. Er stand noch eine Weile vor ihr, sah auf sie hinunter. Wie gern hätte er den Becher genommen, ihn beseite gestellt und sie zu sich hinaufgezogen, an sie gedrückt, ihr seine Wärme gegeben?
    Sein Herz schmerzte, weil er es sich selbst nicht erlauben konnte, auch wenn er es wollte und wusste, dass sie sich ebenfalls nichts anderes wünschte. Stattdessen ging seine gesunde Hand zum Becher, legte sich auf ihn und dabei berührten sich ihre Hände. Ganz sanft nur, als wären sie bereits zerbrochen und würden gänzlich vergehen, wenn sie nicht vorsichtig waren. Aber Maximians Brust hob und senkte sich gleich ein wenig schneller.


    Er hatte den Blick gesenkt auf den warmen Becher gehalten und nahm ihn ihr nun schwer aber kaum hörbar seufzend ab. Auch er sah ziemlich traurig drein, versuchte nochmal ein wenig überzeugtes Lächeln mit einem ebenfalls mehr gehauchte "Danke." und wandte sich dann ab, den Becher Valerias in seiner Hand. Wieder sah er auf ihn hinunter, während die Hand des gebrochenen Armes ihre Finger an den Becherrand legte.
    Dann berührten seine Lippen den Becher und es musste aussehen, als würde er ein paar Schlücke vom erhitzten Wein trinken. Tatsächlich aber rann kaum ein Tropfen des heißen Gebräus seine Kehle hinunter. Nur kurz bevor er den Becher wieder von den Lippen entfernte, nahm er einen kleinen Schluck.


    Dann wandte er sich wieder Valeria zu. Das Schweigen machte ihn nahezu verrückt, weshalb er jetzt ein bisschen lautstärker zu ihr zurück ging und den Becher reichte.


    "Der... ist gut."


    Sim-Off:

    Tee kommt aus China und Indien! Meinst Du, dass die Römer ihn schon kannten? Ansonstens eine gewaltige Storry. Komm Du mir ja mal nach Hause, Sohn! :D MDM


    Sim-Off:

    Wie ich schon sagte: Eigentlich wurde Tee ja ursprünglich bei einem Vieh-Bauern in Hispania entdeckt. ;)

  • Es brauchte eine Weile, ehe Maximian sich von Bett erhob und scheinbar schweren Herzens zu ihr kam. Sie hielt ihm den Becher noch immer entgegen, auch, als er noch einmal einen Moment verstreichen ließ, ehe er schließlich die Hand hob und nach dem Becher griff. Es war, als bekäme sie einen elekrischen Schlag, als seine Finger die ihren berührten und diese Berührung länger als nötig aushielten. Valeria sah zu ihm auf, leicht verblüfft und doch wieder etwas hoffnungsvoller als kurz zuvor. Dennoch verstand sie es nicht. Oder doch.....er musste diese Julia wirklich sehr lieben. Doch sie selbst schien ihm auch etwas zu bedeuten, und wenn es nicht viel war.


    Er wandte sich ab, trank in langsamen Schlucken und reichte ihr dann den Becher zurück. Valeria spürte bereits die Wirkung des heißen Alkohols. Sie musste aufpassen. Nun, da Maximian ihr den Becher zurück gab, hob auch sie die Hand und nahm ihm den Becher ab. Dabei wiederholte sie das gleiche Spiel, das er zuvor mit ihr gespielt hatte. Ihre Finger schlossen sich um den Becher, berührten dabei seine Finger sachte und zärtlich, aber auch ziemlich schüchtern. Sie wollte es nicht, sie wollte sich selbst nicht diesen Schmerz zufügen und sie wollte ihn auch nicht verletzen. Sie beabsichtigte nicht, sich zwischen ihn und eine andere zu drängen. Doch....so sehr sie es auch versuchte, sie sehnte sich immer mehr nach seiner Nähe.


    Zaghaft sah sie zu ihm auf. Auch sie machte diese Stille schier verrückt. Sie musste etwas dagegen tun. Neben ihr stand noch ein freier Korbsessel. Würde er sich setzen? Oder würde er sich wieder in sicherer Entfernung auf dem Bett niederlassen? Sie sah kurz zu dem freien Sessel hinüber, senkte dann den Blick und murmelte:


    "Ja...gut...."


    Dann seufzte sie, ließ die Schultern hängen und blickte weiterhin zu Boden.


    "Verzeih mir. Ich war töricht."

  • Maximian stand weiterhin vor ihr und beobachtete sie. Bis sie die Schultern sinken ließ und anstatt ihn den Boden ansah. Er schloss die Augen, während sie ihn leise um Verzeihun bat und hielt sie auch noch einen Moment lang geschlossen. Dann ließ er sich seufzend auf den Korbsessel neben ihr fallen... Er musste jetzt sitzen.


    "Du warst nicht töricht..."


    Er hing auf seinem Sessel, sah nicht zu ihr, sondern an die gegenüberliegende Wand. Er sollte ihr verzeihen. Er senkte den Kopf. Was sollte er verzeihen? Gab es da überhaupt etwas zu verzeihen? Hatte er sie nicht zuletzt gefragt, sich zu ihm zu legen? Hatte er nicht den Arm um sie gelegt und sie nachts geküsst, woraufin sie sich unfreiwllig Hoffnungen gemacht haben musste, nachdem sie sich vorher schon in ihn verliebt hatte.
    Wenn dann war es von ihm aus töricht gewesen, denn er hatte doch gewusst, dass er Julia liebte. Die ganze Zeit über hatte er es gewusst und doch hatte er Valeria wie seine Frau neben sich gewünscht, seine Haut an ihre gedrückt, weil er es gewollt hatte. Weil sie hübsch war, liebevoll, zärtlich, lustig... Weil er ihre Nähe brauchte. Weil er... sie... auch liebte.


    Gedankenverloren sah er vot sich hin und mahnte sich nun stark zu bleiben, während das Grollen über ihnen das Haus niederzudrücken schien.

  • Valeria sah, wie er sich neben sie setzte und grübelte. Sie blickte an ihm vorbei aus dem Fenster. Draußen regnete es junge Hunde. Valeria seufzte leise, stellte den Becher weg und zog die Beine an den Körper. Sie schlang die Arme um sie herum und kuschelte sich in die Decke ein. Ihr ging es langsam wieder besser. Den Kopf bettete sie seitlich und zu Maximian gedreht auf die Knie. Aufmerksam beobachtete sie ihn.


    "Doch, ich war es. Ich hätte wissen müssen, dass du...." Sie schluckte, wartete noch einen Moment, ehe sie neu ansetzte.
    "Bei diesem Wetter kommen wir nicht nach Hause."


    Sie verfiel in etwas Unverfängliches; und als ob das Wetter ihre Worte unterstreichen wollte, zuckte nun ein Blitz vom Himmel, der die künstliche Nacht dort draußen zum Tage machte. Erschrocken sah sie nach draußen.
    Valeria hasste Gewitter. Sie machten ihr Angst.

  • Maximian schüttelte den Kopf und lachte leise. Seltsam, dass solch eine Regung immer in solchen Situationen stattfand. Dass man lachte, wenn die Situation doch alles andere als lustig war. Machte man das Lachen so nicht kaputt? Immerhin entwendete man es seines Zweckes und benutzte es einfach für etwas anderes... keine gute Form des Lachens.


    Ihren Satz mit dem Wetter hatte er zwar gehört und innerlich auch mit einem Kopfnicken bestätigt, doch antwortete er nicht darauf. Er hob den Kopf, begegnete ihrem Blick. Er konnte es nicht verhindern, dass in ihm auch ein wenig Zärtlichkeit stand. Vor allem aber lächelte er bitter.


    "Jetzt bist du töricht. Woher solltest du das wissen? Nicht mal ich habe mich da... zeitweise noch dran erinnern können. Ich meine, in der Nacht... war ich ja anscheinend mit Kopf und Körper nur bei dir."


    'So wie vorhin im Stall und auch jetzt', fügte er in Gedanken noch hinzu und wandte den Kopf wieder ab, sodass er nicht erkennen konnte, wie Valeria sich beim nächsten Blitz erschrak.
    Aber er sah aus dem Fenster und konnte den Blitz sehen. Wie schön dieses Schauspiel des Natur doch war... und es passte so zu dieser Situation. Innerlich musste Maximian über diesen Scherz der Götter lachen. Ein wahrlich schlechter Scherz.

  • Lachte er über sie? Lachte er sie aus? Valerias Augenbrauen zogen sich fragend zusammen, doch da lächelte er sie auch schon an. Undglücklich. Aber warum? Sie lauschte mit schräg gehaltenem Kopf seinen Worten und stimmte innerlich zu. Ja, sie hatte es nicht wissen können. Sie hatte es nur erahnen können. Welcher gut aussehende Mann hatte keine Frau, die ihn begehrte? Und Maximian sah gut aus. Noch obendrein hatte er Humor. Er war kurzum ganz das, was sie sich wünschte.


    Doch sie würde ihn nicht bekommen, das wusste sie mit beinahe unerschütterlicher Klarheit. Sie blickte zum Bett und seufzte tief. Ihre Augen fanden einen Punkt, der irgendwo zwischen dem Hier und Jetzt und der Dämmerung lag. Sie hatte es ihm nicht direkt gesagt. Hatte ihm nicht gesagt, dass sie ihn liebte. Nun, es musste auch so nur allzu offensichtlich sein. Sie seufzte abermals und straffte sich etwas. Dann sah sie ihn wieder an.


    Sie wollte es eigentlich gar nicht wissen. Valeria wusste, dass sie sich damit nur selbst Schmerzen zufügen würde, doch...wer war diese Julia? Eine Germanin, hatte er gesagt. Und dass sie sich in Rom kennengelernt hatten. Aber was für ein Mensch war sie? Sie suchte in seinen Augen nach einer Antwort auf diese Frage, fand aber keine. Und laut fragen wollte sie nicht.


    So bettete sie ihren kopf wieder auf die Knie und schloss die Augen. Ihr Haar begann nun langsam, wieder zu trocknen. Sie bildeten leichte, goldblonde Locken, die sanft ihr Gesicht umspielten.


    Valeria wollte gerade etwas sagen, als es draußen einen Schlag tat, als hätte Zeus selbst seine Peitsche knallen lassen. Die junge Decima riss erschrocken die Augen auf und griff blitzschnell nach einer Hand Maximians. Ihr Herz pochte wild und sie sah panisch aus dem Fenster. Ein greller Blitz zuckte über den Himmel. Dann erst sah sie zu Maximian herüber und sah ihre Hand in der seinen.


    "Ich...hab Angst.." flüsterte sie entschuldigend, wollte aber dennoch die Hand wegziehen.

  • Er hatte seinen Gedanken nachgehangen, sich irgendwann aber wieder vom Anblick des untergehenden Tages gelöst und war mit seinem Blick ins Zimmer zurück ins Zimmer gekommen, in dem er nun schon mehrere Stunden mit Valeria verbracht hatte. So wie er saß, tat es seinem geschundenen Rücken gar nicht gut, doch was war schon körperlicher gegen wahren seelischen Schmerz? Während ersterer nur oberflächlich war, ging zweiterer tiefer als alles andere...


    Dann brach ein lauter Donner über das kleine Fleckchen spanischen Landes herein. Es war, als würde glatt das ganze Haus erzittern und vor der Tür konnte er Mummia aufschrecken hören. Ihm machte es nichts aus, ganz im Gegenteil.


    Neben sich hatte er es allerdings auch gehörig zucken sehen. Und dann spürte er, dass etwas auf seiner Hand lag. Er sah dorthin und... erkannte Valerias Hand. Ihre zuerliche, leicht kalte Hand. Eine, die er die Nacht über gehalten hatte. Eine, die auf seiner Brust geruht hatte. Unwillkürlich schlug sein Herz einmal kräftiger gegen Ddn Brustkorb.
    Aber... Wieso? Was sollte das nun schon wieder? Er hob prüfend den Kopf und sah in ihr ägnstliches Augenpaar. Sie hatte Angst, was sie ihm im Flüsterton noch bestätigte.


    Er schnaufte gequält und als sie gerade ihre Hand wegziehen wollte, legte er die Hand des kranken Armes noch auf ihre. Auch das geschah, ohne dass er groß darüber nachdachte. Er tat es einfach - aus Reflex.
    Dann schmunzelte er leise und sah geknickt zu Valeria auf, dann wieder nach draußen.


    "Der Donner hat noch wenige das Leben gekostet..."


    Er senkte den Kopf. Es war nicht einfach, irgendetwas zu sagen, das nicht mit all dem, was sich ereignet hatte, zu tun hatte. Und fiel einem etwas ein, dann war es so unpassend, so unecht, so wenig er selbst.
    Seine Hand lag weiterhin auf ihrer. Er untersagte es sich, einen Finger zu rühren und sie zu streicheln, auch wenn seine Hand nun zuckte. Er wollte sie streicheln, sie beruhigen und ihr die Angst nehmen, die sie verspürte... das war ja das Maleur, das ihn in heftige Diskussionen mit sich selbst stürzte.

  • Er sah sie an. Valeria schien in seinen blauen Augen zu versinken, wo wie er sie ansah. Ihr Blick huschte zwischen seinen Augen hin und her, versuchte, eine Gefühlsregung zu erkennen. Und Valeria erkannte sie. Zärtlichkeit. Nicht so viel, dass sie gleich aufgeatmet hätte, doch auch nicht so wenig, dass sie sich vollends in die dukelste Ecke ihres Bewusstseins zurückziehen musste. Sie lächelte leicht gequält und wollte die Hand von seiner nehmen, als er sie festhielt und ihr sogar noch die Hand des gebrochenen Arms auflegte. Valeria sog leicht du Luft ein und sah ihn mit gemischten Gefühlen an. Was war nun? Warum tat er das? Sie versuchte, in seinem Gesicht die Antwort zu finden, doch sie fand sie nicht. Er sah zu Boden, schien nachdenklich. Aber worüber dachte er nach? Dachte er wieder an seine Liebste? Nun senkte auch Valeria den Blick und unterdrückte die Tränen, die wieder aufsteigen wollten.


    "Maximian......." murmelte sie.
    "Ich.....ich...wir sollten nicht....ich will nicht...mich aufdrängen...und...."

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