Beiträge von Lucius Flavius Furianus

    Nach dem immer währenden Türritual wurde der Liktor skeptisch beäugt, der Sklave entschuldigte sich für einige Minuten und kam dann später mit der Nachricht zurück, dass der Senator als Iudex durchaus zur Verfügung stünde.

    Flavius Furianus verließ auch nach dieser Debatte die ehrwürdigen Hallen des Senates, da ihn die Inkompetenz besonders eines Mannes in dieser Kommission durchaus echauffierte. Was hatte ein Germanicus Avarus hinlänglich einer Provinzführung denn schon für Erfahrungen gesammelt? Dieser Abschaum, so titulierte der Flavier ihn insgeheim, war doch nichts weiter als schon immer der oberste Postherold gewesen und nichts weiter.
    Ein wenig brodelde das flavische Gemüt, als er hinaus schritt, um sich in das Heer seiner Klientel zu flüchten, welches auf ihn vor dem Ausgang würde warten.


    Sicherlich waren einige hübsche Frauen auch am Eingange zugegen, aber diese hielt man als Senator sich ohnehin lieber fern. Es waren Frauen mit gewissen Reizen, aber auch konkreten Absichten. Wer wusste schon, welchem Täubchen er da in die Fänge würde gleiten, wenn er für einen unvorteilhaften Moment stehen blieb? Doch zwischen all den ordinären Frauen erblickte der Senator eine Grazie sondergleichen - er kannte sie.
    Es war keine andere als die junge und bildhübsche Tiberia Septima, welche just vor seine Augen trat.
    Sofort war der Gram über die leidige Debatte verflogen und ein Lächeln ward aufgesetzt.


    "Salve, junge Tiberia. Ich hoffe die Debatte hat dich nicht allzu sehr ennuyiert.", wandte er sich offen heraus an die junge Frau. Und auch heute wusste sie wohl ihre Reize in einem hübschen Kleid zur Schau zu tragen.

    Langsam war er es leid, nachdem nun auch der jüngste Flavier, nach Gracchus, dem jüngsten Aelier in diesem Raum noch einmal die Bedeutung der Nachfolge nahe legte, und der älteste Aelier es noch einmal erwähnte, mit politischer Nachsicht vorzugehen. Seiner Meinung nach war Aelius Archias hier fehl am Platze und trug unweigerlich zu einer sich stetig nähernden Animosität bei. Solche Gespräche waren recht zäher Natur und eine fordernde Rhetorik, welche der Jüngling forcierte, trug unweigerlich dazu bei diese in eine reizvolle Umgebung zu verlagern. Und dies war schon für viele Momente in der römischen und durchaus griechischen Geschichte ein Todesstoß. Nur die Verpflichtung Quarto mit einem Schlussstrich nicht zu verstören hielt ihn an seinem Platze und er suchte nach einer gewissen Ablenkung, die er im Essen zu finden hoffte.


    Der Wortwechsel zog sich dahin und Flavius Furianus beteiligte sich offensichtlich keineswegs mehr damit, tat so, als wäre die Brisanz und der Wille gänzlich erloschen oder vielmehr ersetzt durch das Essen. Es war sehr nahrhaft, konnte er sich denken, die Speise delikat, ein wenig pikant, aber doch recht schmackhaft auch für einem lukullisch verwöhnten Magen wie dem eines Flavius.
    Als nun wieder Quarto das Wort ergriff, wurde der Flavier wieder hellhöriger. Durchaus hatte der Jungspund nun auch die Rhetorik des älteren Aelius nicht zu den Gunsten eines glücklichen Abschlusses beeinflusst, wie der Flavier nach den ersten Sätzen herauszuhören vermochte. Nun war auch Quarto forscher und fordernder, die rhetorischen Fragen flogen nur so umher und Flavius Furianus sah sich gezwungen eine andere Liegeposition zu wählen, sich jedoch zuvor von dem Essen zu verabschieden.
    So schluckte er ein letztes Mal und richtete sich ein wenig auf, um größer zu wirken, denn er würde dem die Stirn bieten müssen - solch eine Offerte zum Gegenschlag wurde einem selten geliefert. Und das in solch herausfordernder Polemik.


    "Zuerst einmal möchte ich ganz offen sagen, dass für unsere Familie die Staatsräson unweigerlich den höchsten Vorrang hat. Damals, heute und auch in der Zukunft.", leitete er mit fester Stimme ein und fixierte Quarto. "Die Geschichte unserer Familie ist schon seit Generationen mit der des Reiches verflochten, ob dies nun zu unserem Vorteil oder Nachteil gereichen mag steht auch nicht zur Debatte."
    Die offene Anfeindung, welche sich nicht nur durch die geschickte Erwähnung einer Legio "Flavia" nieder schlug, sondern auch in der Geschichte um den Mordversuch mündete, konnte man nicht unbeantwortet lassen und so war es sicherlich auch dem Flavius Furianus nicht zu verübeln die Conenance für einige Augenblicke außer Acht zu lassen.
    "Die Vergangeheit sollte uns vieles lehren, da stimme ich mit dir überein, falls du, Senator Aelius, dies mit dem Knaben unseres Blutes andeuten wolltest - und gewiss wolltest du. Eigentlich gehört dieses Kapitel nicht zu denen, welche hier erzählt werden, sicherlich auch nicht zu den rühmlichsten Kapiteln, doch ich sehe es als meine Pflicht hier einige Anmerkungen beizufügen."
    Kurz entglitt der Blick zu seinem Vetter und dem jungen Piso, doch dies war keiner der Blicke, welche man seinen engsten Vertrauten zuwarf, um die nächste Aktion zu legitimieren, gar um Erlaubnis oder einer Einmischung zu bitten, es war vielmehr ein Blick, welcher bedeutete, dass man Worte sagen musste, die gegen gesellschaftliche Regeln würden verstoßen oder gar Gäste kompromittieren konnten. Eine Unmöglichkeit, die eine flavische Erziehung nicht vorsah. Und doch war es unumgänglich.
    "Dieser Knabe unseres Blutes war - nach meinem Informationsstand - quasi ein Ziehsohn des alten Iulianus.", und sein Blick fixierte wieder den älteren Aelier.
    "Dieser Knabe wurde unterrichtet, umsorgt und war wohnhaft im kaiserlichen Palast. Neben seiner Mutter hatte kein flavisches Mitglied Umgang mit dem Knaben. Diese, seine Mutter, war auch lange Zeit nicht in unserem Hause geduldet. Also ist folgerichtig, Senator Aelius, diese Tat einer Besessenheit entsprungen, die keineswegs ihren Ursprung in diesem Hause hätte finden können, sondern entweder bei der verstoßenen Mutter, welche damit ihren perfiden Wunsch nach einer Aussöhnung hätte befriedigen wollen, oder in dem Palast selbst zu suchen ist."
    Und mehr wollte er dazu auch nicht sagen. Es rankten sich ohnehin schon zu viele Geschichten um die von Gier Besessene oder ihrem Sohn, der vielleicht einmal hätte wahrliche Chancen sich erhoffen können Caesar zu werden. Und Flavius Furianus, das würde er niemals zugeben, hätte sicherlich Gefallen an einem auf dem Thron sitzenden Flavius gefunden.


    Die Richtung, die dieses Gespräch nun ging, war doch zu sehr geprägt vom Pathos der alten Feindschaft und, zu der größten Missbiligung des Flaviers, voller Mutmaßungen und Emotionen. Eine Art Gesprächsverlauf musste erstellt werden und dieser sollte schnell folgen, noch bevor Aelius Quarto würde genügend Zeit zur Antwort haben.
    "Ich finde den jetzigen Verlauf des Gespräches nicht gerade zielführend und, wenn ich ehrlich bin, ein wenig unglücklich. So würde ich gerne vorschlagen die politische Situation, insbesondere die Personalie des Praefectus Urbi, näher zu ergründen, bevor wir zu unseren Träumen und Wünschen kommen. Schließlich bin ich, und auch das muss gesagt werden, wohl nicht über alles informiert und auch du, Senator Aelius, könntest noch manch interessante Information dir anhören können."
    Es ging eindeutig zu schnell für den Flavier. Man wusste nicht einmal, ob man auf dem gleichen Informationsstand war und bevor man sich hier zu Gesprächen in die eine oder andere Richtung verleiten ließ, so sollte man doch größtmöglich alles in Erwägung ziehen.
    "Deine Ergründung der politischen Situation, Senator Aelius, ist durchaus interessant. Bislang wusste ich noch nichts über das Gerücht um einen Brief an Publius Veturius.", womöglich spielte der Aelier auch mit falschen Karten - es galt dies später zu prüfen.
    "Die Legionen im Osten genügten sicherlich, um die Macht von Vescularius zu festigen, aber alleine sie reichen meiner Meinung nach noch lange nicht aus. Was gerade in der heutigen Zeit noch als ebenso wichtig erscheint, wie wohl auch in der Vergangenheit," er lächelte ein wenig, "dies sind der Beamtenapparat und die Prätorianer. Gerade letztere sind für manche gescheiterten Träume einiger unserer Kaiser verantwortlich. Und der Beamtenapparat hat in letzter Zeit eine immense Stellung in der Politik erlangt. Man stelle sich nur einmal vor, dass ein Mann die Kontrolle über den ganzen Informationsweg an sich reisst. Dies würde die Arbeit der gegnerischen Partei um ein Vielfaches verlangsamen, wenn sichere Wege erst gefunden werden müssten, um zu kommunizieren. Die ganze offizielle Korrespondenz allgemein. Wie leicht ist es heutzutage schon einen Brief, ein Siegel zu fälschen? Man beachte auch, dass unsere höchsten Beamten mittlerweile nur auf Geld schielende Freigelassene sind - ein unmöglicher Zustand.", und dies sollte sogleich als Einleitung dienen.
    "Ob der Praefectus Urbi Freunde hat? Ich glaube man muss da nicht lange eruieren, um zu erfahren, welche Sympathisanten es in seiner Nähe durchaus gibt, wenn man nur seine Auftritte beobachtet. Er stellt seine Aversion unserem Stand gegenüber öffentlich zur Schau, er ist ein Mann ohne Namen, jemand aus dem einfachen Volk, er ist rabiat, süffisant und wohl auch skrupellos. Bei welcher Art von Senatoren könnte das Wohlwollen hervorrufen?
    Doch nur von solchen, welche sich auf die gleiche Polemik stützen. Und dabei spreche ich es deutlich aus - die Sippschaft der Germanici.
    Wie wir alle wissen, so führt Germanicus Avarus diese Politik schon seit Jahren und hätte nun einen Mitstreiter mehr, zudem verfügt er über Geld und die Aufsicht über unser Korrespondenznetz. Er ist also ein Mann, der seiner Natur nach dem Praefectus Urbi gleicht und zudem zwei eigenschaften besitzt, die ihn als Freund für Vescularius ganz nützlich machen - Geld und sein Amt.
    Der zweite Germanicus ist Curator operum publicorum und damit dem Praefectus Urbi direkt unterstellt. Er sorgt, soweit es derzeit durch die zahllosen neuen Bauten im Namen des Vescularius ersichtlich ist, für die Reputation des Praefectus Urbi beim Volk. Und von einigen meiner Klienten, welche dort tätig sind, habe ich auch erfahren, dass ein gar freundschaftliches Verhältnis zwischen den Germanici, insbesondere dem Curator, und dem Praefectus Urbi vorherrscht. Sie sollen ihn sogar zu einer privaten cena eingeladen haben.
    Ich finde das höchst interessant für dich, Aelius."
    , und der größte Teil war nicht einmal erlogen, eigentlich gar nichts, bis auf die guten Klienten, welche vom kollegialen Arbeitsklima erzählten. Die cena war jedoch eine Tatsache.
    "Die militärische Grundproblematik sehe ich jedoch nicht so stark. Soweit ich weiß, kann sich der Kaiser durchaus auf die Vinicier stützen - vor allem führt Vinicius Hungaricus, mein Nachfolger in Hispania, nun die Legionen im Norden quasi alle an. Und an seiner Loyalität kann man wohl nicht zweifeln.
    Und der neu ernannte Terentier wird in Aegyptus für die sichere Belieferung mit Getreide sorgen können.
    Oder irre ich in meinen Annahmen?"
    , was eine durchaus begründete Frage war. Wer wusste schon um die Intentionen des Hungaricus - und den Terentius kannte Furianus ohnehin nicht persönlich.

    Es war wohl für beide müßig dem langwierigen Prozedere der Freundlichkeiten zu folgen, so dass der Flavier gleich zum Punkt kam.


    "Ich bin hier, weil mein Interesse, nein, vielmehr meine Begeisterung und mein Interesse, für die Wagenrennen schon seit längerem gänzlich erloschen ist. Wie du weißt, so bin ich der Princeps der Purpurea, der du ebenfalls angehörst.
    Darum bin ich hier, denn ich möchte mein Amt so bald wie nur möglich nieder legen - außerdem aus dem Factiobetrieb gänzlich aussteigen. Ich bin hier in der Hoffnung, dass du mein Nachfolger werden wirst. Du bist ein honorabler Mann und schon länger Mitglied der Purpurea als ich es jemals war und sein werde.
    Würdest du dies Amt annehmen wollen?"
    , sagte er frei heraus und hoffte inständig, dass der alte Senator ihm diese Bürde würde abnehmen können. Er war es schon leid.

    ANTE DIEM III NON IAN DCCCLX A.U.C. (3.1.2010/107 n.Chr.) am Forum Romanum


    Das geschäftige Treiben nahm die altehrwürdige Stadt wie seit vielen Genearationen schon völlig für sich ein. Tage der Besinnlichkeit, Tage der Dankbarkeit hatten in dieser Zeit schon lange ihre raren Momente.
    Dieser Tag war jedoch einer von solchen. An diesem Tage sollten die Traditionen gewahrt und den Göttern gehuldigt werden.


    So bemerkten nicht unzählige Augen die in Anmut hinter drei Sänften schreitenden Männer. Männer, die gewöhnlich nicht schritten, sondern in derlei Sänften ihren Status zelebrierten. Doch dieser war ein Tag der Besonderheiten, ein Tag der Götter, welche diese Männer des gesellschaftlichen Gipfels daran erinnerten, dass es noch jemand gab, neben jenem sie ein Staubkorn hätten darstellen können.
    Diese drei Sänften waren neben ihresgleichen jedoch von besonderer Bauart, sie waren größer, verstärkt, zwar minder elegant und luxuriös, aber diesem Umstand gebührte ihr Zweck. Dieser war es nämlich, welcher sie nur selten zum Vorschein kommen ließ, denn in eben solchen wurden keine Menschen, sondern Opfergaben tranportiert. Opfergaben wie edle, weiße Stiere und Kühe.
    Und solche Sänften bahnten sich an diesem Tag ihren Weg durch die Menschenmengen, welche für gewöhnlich vor den Tempeln ihre Ware feil boten oder einfach nur flanierten - nur selten sah man sie mit Opfergaben selbst in dem Inneren der kolossalen Gebäude verschwinden.
    Die Männer, welche allesamt hinter den drei ungewöhnlichen Sänften einher gingen waren, wie man unschwer erkennen konnte, Männer von Rang und Namen - allesamt Patrizier, doch dies erkannte nur ein geschultes Auge.
    Es waren die Fratres Arvales, welche an jenem Tage ihrem altehrwürdigen Ritus abhielten um das Wohl des Kaisers zu opfern. Ein alter Brauch, dessen Kontinuität schon beinahe zur Staatsräson avanciert war.


    Einer dieser Männer war der vor kurzer Zeit erwählte Magister dieses Collegiums. Und so war es an ihm als erstem hinter den Sänften zu schreiten und mit Demut den Blick geradeaus zu richten, die Menschenmassen nicht wahrnehmend. Der Zug hielt direkt auf den Tempel der Concordia zu, denn dort sollte zelebriert werden, was zelebriert werden musste. Besonders in diesen höchst brisanten Zeiten, in denen die Gesundheit des Kaisers angeschlagen war.

    Flavius Furianus hatte, aufgrund des eindeutigen Vorteiles auf keinen Patronus angewiesen zu sein, die Freude seine eigenen Entscheidungen treffen zu können.
    Und danach votierte er und blickte auf das Stimmvieh nur bedauernd herab.


    :dafuer:

    Flavius Furianus lag unterdessen ein wenig ennuyiert auf der Kline und nippte an seinem verdünnten Wein.
    Die einzige Abwechslung, die sich ihm bot, war das Auftragen des ersten Ganges, dem er in freudiger Erwartung entgegen fieberte. Natürlich wahrte er dabei die patrizische Contenance und ließ sich nichts anmerken, als er recht ruhig zu dem ersten Ei griff, es in die Soße tunkte und dann recht schnell im Gaumen verschwinden ließ.
    Seine Gesprächspartner waren auch nicht von besonders guter Qualität. Schließlich lag links von ihm die eigene Gattin, der er schnell überdrüssig wurde, da man sich ohnehin mindestens einmal pro Tag sah und auf der anderen Seite der ehemalige Consul Amborsianus von den Corneliern, welcher mit seinen Erzählungen über die Zeit als Legatus Legionis schon Sklaven zum Einschlafen bringen konnte. Und der Mann wog so viel wie wohl zwei Kühe in dessen Alter. Angewidert von dem leicht von Schweiß erfüllten Geruch von Ambrosianus zu seiner Rechten, wand sich der Senator seiner Gattin zu, lächelte kurz und ungebunden - und driftete mit dem Blick sofort ab.


    Da entdeckte er die schöne Tiberia Septima, welche just in diesem Augenblicke ihm ein hübsches Lächeln zuwarf. Dieses rettete den Senator für den Augenblick aus den Fängen der Tristesse seiner beiden Liegenachbarn und er erhob leicht seinen Becher und prostete ihr mit einem freundlichen Lächeln zu. Allzu schade fand er den Umstand, dass er sie nicht eher hatte erblicken können.
    Nun konnte man sich unmöglich erheben, nun saß er fest. Und Korrespondenzen per Sklaven oder Brieftauben waren nun eindeutig übertrieben. ;)


    Sim-Off:

    Ah ja, Durus und Laevina, ihr dürft gerne Eure Geschenke annehmen! ;)

    Starr lauschte der Senator den Ausführungen des jungen Aurelius ob dessen zukünftigen Absichten im Cursus Honorum. Fürwahr implizierte die Aussage, sich an der Schola juristisch zu bilden, weder juristische Erfahrung noch das Elementarste - eine bestandene Prüfung. Gerne hätte der Senator dem jungen Mann nahe gelegt ein wenig zu warten und sich erst an der nächsten Wahl, mit einem deutlich größeren juristischen Erfahrungsschatz, zu versuchen, aber dies war eine Intimität, die der Senator nicht hier aufzubauen gedachte. Anderweitige Meriten schien der junge Aurelius zudem auch nicht aufzuweisen, so dass der Senator durchaus begründete Zweifel an der Kandidatur dieses Mannes hegte.
    Just in diesem Moment kam sein Vetter, welcher eigentlich sein Onkel war, und wurde seinerseits mit einem freundlichen Lächeln und einer leichten Kopfbewegung begrüßt.
    Kurz blickte der Flavier in die Richtung des Aureliers und wieder zu seinem Vetter, als wäre ihm in diesem Augenblick klar geworden nicht der alleinige Besuchsgrund gewesen zu sein. Nun, dies schmälerte ein wenig die Bereitschaft, wurde der Flavier doch recht selten von ambitionierten patrizischen jungen Männern begrüßt, durchaus.
    Die weiteren Worte des Aureliers riefen eine gewisse Verwunderung hervor. Nicht der Umstand ein Abkömmling des Crassus zu sein, welchen Furianus durchaus aus Erzählungen kannte und um dessen Meriten wusste, sondern vielmehr der Patron, weckte ein gewisses Interesse.
    "Aelius Quarto ist dein Patron, sagst du?", wollte er sich noch einmal vergewissern, um nicht dem Fehler anheim zu fallen ein Missverständnis zu verfolgen.
    Schließlich hatte dies doch eine durchaus schmeichelnde Seite, wenn Aelius Quarto seinen patrizischen Klienten zu den Flaviern schickte. Ein gesellschaftlicher Umbruch war dies vielleicht, denn früher nahm man als Patrizier durchaus an, dass die eigenen Standesbrüder eine Unterstützung nicht versagten. Und dass gerade ein Aelius Quarto den jungen Mann zum Hause der Flavier schickte, maß ihnen, und damit Furianus selbst, einen gewissen politischen Gewinn zu.
    Natürlich wusste der Flavier nicht, dass der junge Mann wohl an fast jede Tür würde klopfen, hinter der sich ein Senator verbarg.


    Aber darüber weiterhin sinnierend, war doch der nächste herbe Schlag der, dass wieder einmal ein ambitionierter Patrizier sich einen Patron auserkor, welcher seinem Stand nicht entsprach. Vermutlich relativierte dies die vorher noch verheißungsvolle Möglichkeit des Buhlens um die eigenen Standesgenossen. Wenn der Aurelier nicht hätte angenommen, es wäre leichter einen Patrizier von ihm zu überzeitigen statt einen Plebejer, hätte er sich vermutlich auch an einen anderen Patron gewandt. Aber das waren nur Theorien und Flavius Furianus war heute ohnehin nicht in der Stimmung große politische Debatten anzustoßen.
    Vielleicht in einem anschließenden Gespräch unter Vettern, so denn sein Vetter, der eigentlich sein Onkel war, keinen Dringlichkeiten nachzugehen gedachte.

    Dass sein Vetter, der eigentlich sein Onkel war, kaum sich negativ über diese Wahl äußern konnte, entlockte Flavius Furianus ein marginales Lächeln. Sein eigenes Eheweib konnte Gracchus wohl kaum mit einer negativen Aussage kompromittieren.
    So nickte Flavius Furianus auf das Kompliment hin und musste kurz inne halten, um eine Linie zu Claudia Antonia von seiner Gemahlin hin geistig zu zeichnen. Nach einigen Herzschlägen gelang es ihm, obgleich der claudische Stammbaum in seinem Kopfe noch nicht so gefestigt war wie einst der tiberische - oder der eigene.
    "Wenn ich nicht irre, so war der Vater meiner Gemahlin, ein Claudius Constantius, der Vetter deiner Gemahlin. Catilina ist demzufolge eine Nichte des Menecrates.", mehr erwähnenswerte Mitglieder hatten die Claudier heutzutage auch kaum.
    Dieser Claudius Constantius schien schon damals ein Bonvivant gewesen zu sein - schließlich kannte ihn Furianus persönlich, als jener Claudier sich in dem eigenen flavischen Anwesen an eine flavische Sklavin hatte zu schaffen machen wollen. Ein unsympathischer Mann, dessen Eigenschaften, so nahm es der Flavier hoffend an, durch die flavischen Charakterzüge würden bei den Nachkommen spürbar positiv ersetzt. Oder ihr Geist würde durch gehörige Zucht und Ordnung des Vaters, und diese Rolle nahm der Flavier gerne ein, schon früh gebrochen.


    Seinem Vetter, der eigentlich sein Onkel war, pflegte Furianus nunmehr bei den folgenden Ausführungen nickend beizufplichten. Um ein triumphales Lächeln kam er nicht herum, als Gracchus wiederum Piso latent nötigte die Heiratspolitik auch persönlich zu verfolgen. So war er wenigstens nicht alleine der böse Patriarch.
    "Ich muss zugeben, dass ich um die tiberische Genealogie und deren neue Mitglieder nicht ausführlich informiert bin. Diesem Umstand könnte man jedoch ein Essen mit dem derzeitigen Consul entgegen setzen.
    Kürzlich hatte ich jedoch das Vergnügen bei einem Mahl eine reizende, junge Tiberia kennen zu lernen. Tiberia Septima, wenn ich nicht irre. Unverheiratet, geistreich und ästhetisch überaus gesegnet."
    , erläuterte er mit einem kleinen Lächeln zum Schluss, welches eindeutig dem jungen Piso galt. Dass diese Tiberia Septima einen überaus großen Reiz auch auf ihn selbst hatte, dies verschweig er geflissentlich.
    Nun war zu hoffen, dass der junge Piso solcherlei Eigenschaften schätze und nicht gar den Jünglingen zugewandt war. ;)
    "Wenn Flavia Vera nicht abgeneigt zu sein scheint, so könnte man entsprechendes Arrangement mit einem vielversprechenden Mann aus dem Hause der Tiberia durchaus erwägen.", merkte er nunmehr an.
    Über die eindeutige Andeutung seines Vetters bezüglich des ungebührlichen ledigen Senatorendaseins vieler Mitglieder der heutigen Gesellschaft - ihn bis vor kurzer Zeit eingeschlossen - sah er hinweg.

    Völlig unwissend ob der aurelischen Bequemlichkeit sich nicht ein weiteres Mal vorstellen zu müssen und darob nicht darüber informiert, dass auch sein Vetter zu diesem Gespräch hinzu treten würde, ging der Senator auf den jungen Mann zu.
    "Und mir ist es wiederum eine Freude einen jungen Vertreter der Aurelia hier zu sehen.", kokketierte er weiter und fragte sich, ob der junge Mann den Grund seines Besuches gleich dem Senator würde andingen wollen.
    Zweifelsohne ging es hier um politische Unterstützung, so dass der Senator sich den Spaß durchaus erlauben wollte.
    "Vigintivir, nicht wahr? Und welcher genau?", kam er ihm zuvor und lächelte anschließend, wies auf die Klinengruppe hin und befahl mit einem kurzen Wink den Sklaven die üblichen Gastfreundschaften zu holen - verdünnter Wein und Trauben.

    Flavius Furianus schweig zum Casus Vescularius. Dass der Kaiser jeglicher Hilfe bedarf, das sagte der junge Aelier just selbst, was wiederum einer Wiederholung des Flaviers entbehrte.


    Die letzte Aussage, vielmehr der Fauxpass sie an Flavius Gracchus zu richten, entfesselte in dem Flavier einen schier unendlichen Groll. Deutlich missgelaunt antwortete er statt des Vetters, der eigentlich sein Onkel war.
    "Darum sind wir hier, Aelius.", entglitt es dem Flavier in recht rabiatem Ton.


    Er echauffierte sich über den Verlauf der Unterhaltung, seitdem der Jungspund das Ruder zu sich hatte gerissen. Im Gegensatz zum wohl erzogenen Flavius Piso, miemte dieser Aelius Archias, gänzlich ohne politische Meriten - wie man auch deutlich sah und hörte - nun den Wortführer seiner Gens. Schon alleine dieser Umstand zwang den Senator zu einer gewissen Antipathie.
    Zudem hatte dieser Aelius, wohl mit geistigem Paupersimus gesegnet, den Stand des Flavius Furianus innerhalb der eigenen Familie angezweifelt, indem er eine so bedeutende Frage zwar durchaus stellte, aber nach Ermessen des Flavius Furianus, gänzlich an die falsche Person. Er, just noch das Gespräch führte, wurde nun degradiert zu einem Mann, der für den jungen Aelius keine politische Bedeutung zu haben schien.
    Obgleich Flavius Furianus die Contenance zu wahren versuchte, fiel es ihm in seiner endlosen Steigerung bezüglich des gerade vollzogenen Ehrverlustes durch den jungen Aelius, immer schwerer nicht einfach zu gehen.

    "Es steht meines Wissens nirgendwo geschrieben, dass ein Sohn eines Kaisers das Recht von Geburt an besitzt seinem Vater zu folgen.", entgegnete er trocken, bevor er die Ausführungen Quartos weiterhin lauschte.
    Es war durchaus eine gefährliche Lage, wenn das Caesarenamt vakant blieb und auch Quarto schien sich dessen bewusst. Natürlich war es keineswegs die Absicht des Flaviers den Aelier nun darin zu bedrängen endlich einen entscheidenden Schritt zu tun, doch es war einfach für einen Flavius Furianus nervenzermürbend, wenn die Aelier sich so schleppend um die Belange ihrer Machterhaltung kümmerten. Er wäre da sicherlich forscher gewesen.
    "Außerdem kann das Caesarenamt auch von zwei Kandidaten ausgefüllten werden. Oder auch nur auf Zeit.", warf er wieder ein, bis der junge Aelius anfing.


    Eine recht unkonventionelle, gar aduleszente, Art der Rhetorik. Er kam auf den Punkt, durchaus, doch recht rabiat, gar zu schnell und ohne jegliches Geschick in Diplomatie und den latenten Sitten solcher Gespräche. Da war wohl einer der neueren Rhetorikgelehrten verwickelt gewesen - von einem alten Sophisten hätte dieser Aelius jene Art von Rhetorik sicherlich nicht lernen können.
    So lächelte der Flavier milde.
    "Meinst du nicht auch, Aelius Archias, dass sich der Kaiser ruhiger zu Bette legen könnte, wenn er eine gesicherte Nachfolge hätte? Ich denke dies wäre sicherlich eine überaus große Erleichterung für ihn - und es würde diejenigen abschrecken, welche in der jetzigen Situation glauben gewisse Vorteile diesbezüglich sich sichern zu können."
    Die weiteren Ausführungen musste Flavius Furianus heftig dementieren. Er war sich sicher mit keinem Wort erwähnt zu haben einen gewissen Vescularius Salinator observieren zu müssen. Geschweige denn, dass man einer Meinung war - und über eine Versöhnung hatte man sich vorab, aber das konnte der Aelius natürlich nicht wissen, schon konträr geäußert.
    So schwieg er, denn nun aktiv zu widersprechen, dies würde jede weitere Gesprächsbasis zunichte machen. Statt dessen blickte er Aelius Archias einen kurzen Moment in die Augen und wandte sich an einen der Sklaven, welcher dem Senator neues Wasser zum Händewaschen bringen sollte.

    Dankend nahm der Senator diese Überleitung entgegen und erhob sich.


    "Liebe Mitbrüder, fratres,


    ich danke Euch für das in meine Person gesetzte Vertrauen. Das diesjährige kultische Jahr wird sicherlich ein verheißungsvolles, ein Jahr, für dessen Balance, für dessen Ausgang wir Brüder mitunter eine erhebliche Verantwortung tragen.
    Dieser Verantwortung sind wir uns alle zur Gänze bewusst und ich nehme mit Freude die mir übertragene Aufgabe mit der Hoffnung entgegen, dass wir dieses Jahr noch ein sicheres, ein bedeutendes, Mitglied hinzu gewinnen werden.
    Meine erste Handlung als gewählter Magister wird es sein den Kaiser wieder in unseren Reihen zu begrüßen.
    Schon seit vielen Generationen, genauer gesagt seit dem göttlichen Augustus, war es nicht nur die Pflicht, sondern eine überaus große Ehre, den jeweiligen Kaiser in den eigenen Reihen begrüßen zu dürfen. Wir alle wissen, welch´glanzvolles Erbe diese Gemeinschaft pflegt und in Besinnung auf unsere Traditionen und sehr alten Verpflichtungen, wird der Kaiser unsere Einladung mit Freude anzunehmen wissen."

    Er musste es, wenn er nicht die bedeutendsten Patrizier gegen sich aufbringen wollte.
    "Zudem rufe ich hiermit zu einem stärkeren Engagement der uns zur erlaubten Helfer innerhalb der Bruderschaft auf. Schon immer halfen die Söhne der Arvales uns bei den epulae wie auch bei Versammlungen wie dieser hier oder bei der immer steten Pflicht den Hain zu pflegen. Dieses Engagement ist zu unser aller Bedeuern recht stark zurück gegangen, so dass ich an das Verantwortungsbewusstsein der römischen Jugend appelliere die Sitten und Bräuche hiermit zu pflegen.
    Ich selbst kann zu diesem Umstand nichts Fruchtbares beitragen, doch ich verspreche meinen Sohn, so denn mir die Götter irgendwann diese Gunst erweisen, auch in vollem Umfange einzuspannen."

    Ein leichtes Lächeln konnte er sich bei diesem Satz nicht verkneiffen. Es war ein ernstes Thema, denn Gehilfen wurden überall gebraucht, doch der Umstand, dass er einen Appell hielt, ohne ihn selbst zu befolgen, war ein recht delikater Umstand.

    Flavius Furianus vollzog noch einen kleinen Umweg zur Bibliotheca des Hauses, da er schließlich unbedingt noch einen Passus nachschauen musste, um dann schlussendlich nach einiger Wartezeit im Atrium zu erscheinen.
    Bekleidet war der Senator heute mt einer purpurfarbenen Tunika, hatte nur zwei Goldringe, wobei einer sein stets bei sich getragener Siegelring war, an den Händen und war somit recht bescheiden in seiner Erscheinung. Normalerweise kannte man ihn wohl anders.
    Ein Sklave eilte ihm entgegen und übergab dem durstigen Senator einen Becher verdünnten Falerners. Dieses Prozedere kannte man schon in diesem Hause, schließlich begrüßte Flavius Furianus keine Gäste, ohne einen Becher in der Hand zu halten. Eine alte Gewohnheit.

    Sim-Off:

    Das ist auch der Sinn der Sache. Ich schreibe hier ja daher kaum etwas. ;)


    Flavius Furianus saß gerade an einigen Kopien an Acta, die aus den fernen Provinzen geschickt wurden. Wer sich einbildete, ein Senator in der heutigen Zeit beschränke sich auf die wirre Politik um Rom, der hatte hierbei weit gefehlt. Wenn man Consul werden wollte, musste man sich zeitig und vor allem bestmöglich über alles informiert halten. Diese Aufgabe galt es emsis zu erfüllen - zudem hatte der Senator kein anderes einnehmendes Amt inne.
    So horchte er auf, als ein Sklave aurelischen Besuch meldete.


    "Und wer bei Pluto ist das?", entfuhr es ihm leicht genervt und er erhob sich. Ein kleiner Spaziergang, ein kleiner Plausch danach, das konnte ihm auch nicht schaden, zudem er sowieso eine Pause just einlegen wollte.
    So erhob er sich schwerfällig und schritt gemächlichen Ganges in das Atrium.

    Es kam dem Flavier doch recht theatralisch rüber, in welchem Ausmaße der Aelier auf eine so nahe liegende Frage antwortete. Natürlich hatte er diese Möglichkeit schon unzählige Male im Kopf und ist sicherlich alle Optionen durchgegangen. So überrascht, wie er schien, wäre er niemals gewesen.
    Die Bescheidenheit des Bruders eines Kaisers nahm der Flavier als ebenso übertrieben hin, wie die vorherige Reaktion. Kein Mann hatte bisher den Verlockungen der Macht widerstehen können und außerdem war es geradezu seine Pflicht viel Macht in sich zu vereinen. Er musste die Familie stärken, zumal sein Bruder angeschlagen war, er musste ein Bestehen des Herrscherhauses garantieren - und dies ging mit einer guten Portion an Kompetenzen, Imperien und daher einer gewissen Grundbasis an politischer und militärischer Macht.


    "Ist dieser Junge, der Sohn des Kaisers, meines Wissens nach nicht noch ein Kind?", fragte er spontan.


    Fürwahr wäre in der jetzigen Situation und unter jetzigen politischen Gegebenheiten ein Interims-Caesar namens Lucius Aelius Quarto die augenscheinlich beste Lösung für die Aelier. Aber, das bemerkte er hier schnell, hatte man wohl weitaus gewichtigere Probleme.
    Außerdem müsste der Kaisers, falls er bis dahin überlebte - das bezweifelte der Flavier wahrlich - irgendwann dem eigenen Bruder den Caesarentitel entziehen, um seinen Sohn dahingehend einzusetzen. Ein Verlust der Ehre für Quarto würde damit automatisch einhergehen, auch wenn jeder, der auch nur einen Hauch von politischem Verständnis aufweisen kann, darauf vorbereitet sein würde. Oder man entschied sich für zwei Caesaren, wie einst sein Ahn Vespasianus es tat.

    Den Kommentar über die valerianisch-claudische Heiratspolitik übersah der Senator geflissentlich. Vermutlich war dies sowieso eine Phrase, denn fundierte Kenntnisse darüber traute er dem jungen Piso noch nicht zu.
    Statt dessen hob er verwundert die Augenbraue.
    "Warum sollte ich ein Heiratsfest veranstalten?", fragte er daher salopp.
    "Einer Einführung in die Gesellschaft bedarf es nicht. Catilina ist nicht das erste Mal mit einem Senator in unserem Stande verheiratet und hat hinreichende Erfahrungen dahingehend schon in Tarraco und Baiae machen können.", darauf wollte Piso sicherlich nicht hinaus, so dass der Flavier gleich fortfuhr: "Und ihr werdet noch in naher Zukunft das Vergnügen haben dürfen sie kennen zu lernen. Sie wird im Kreise der Familie häufiger dinieren, darauf werde ich achten. Außerdem hält sie sich in Gärten sehr oft auf und pflegt ihre Affinität zu den zarten Blumen hin."
    Hoffentlich war dies die einzige Spinnerei seiner neuen Gattin. Für noch mehr war bei Flavius Furianus einfach kein Platz. Er hatte weitaus wichtigere Sorgen als die Zerstreuung und die Vergnügungen seiner Gattin. Eigentlich sollte ihre primäre Energie der Aufzucht und dem Gebären eines Stammhalters dienen - darüber musste er noch mit ihr reden.