Die Frage seines Vetters sah Flavius Furianus, gestellt mit einem eindeutigen Grinsen, mit einer gewissen Ironie behaftet. Auf so etwas würde er nicht antworten. Er lächelte freundlich, wobei ihm in diesem Moment nicht gerade danach war. Eigentlich hätte er den Vetter am liebsten angefahren, denn in diese Frage sah er wieder den Spott alter Tage, als der junge Flavius Furianus von einem unwürdigen Amt zum Nächsten sprang. Unterstellte ihm Gracchus nun gar Bedeutungslosigkeit gerade auf dem Feld, in welchem sich Senator Furianus so wohl fühlte und sich darauf auch, seiner Meinung nach, sehr gut verstand? Er würde es später anschneiden müssen.
"Quarto steht mit dem Rücken zur Wand. Der labile Gesundheitszustand seines Bruders zwingt ihn zu handeln. Seine derzeitige Position ist jedoch mit keinerlei Raum zur Handlung ausgestattet - er ist nur Senator, hat kein wichtiges Amt inne. Das verwundert mich, wenn ich ehrlich bin, schließlich ist sein Bruder der designierte Kaiser und einen gewissen Vorteil oder einen gewissen Machtstrang hat der Kaiser seinem Bruder zu überlassen. Sehr verdächtig, dass seitens des Ulpiers nichts kommt.", fing er an sich wieder dem Wichtigen zu widmen und sprach in die Richtung seines Vetters. Piso übersah er, schließlich hatte der Jüngling seine Pläne, alleine mit Quarto solcherlei Verhandlungen zu führen, durchkreuzt.
"Statt dessen kleidet der Kaiser einen Unbekannten, einen der frivolsten Homini Novi mit Macht ein. Und dieser Mann wird es auch sein, der versuchen wird den Kaiser selbst zu stürzen oder, nach dessen Ableben, nach seinem Amt zu greifen. Das sieht nun auch Quarto und ist gezwungen mit uns zu paktieren."
Dann blickte er scharf zu Piso, der vor ihm mit seiner Zusammenfassung, welche wirklich kürzer war als die des Senators, geendet hatte.
"Von was für einem Geheimbündnis sprichst du da?", fuhr ihn der Flavier etwas lauter an.
Flavius Furianus würde dieses Gespräch dominieren, das wusste er, denn er war der wohl seiner Meinung nach einzige in diesem Raum, der sich über diese Materie die letzten Wochen den Kopf zerbrochen hatte.
"Es kann überhaupt kein Geheimbündnis geben!, antwortete er selbst und lehnte sich zurück, um einen Schluck aus dem so eben gereichten Becher verdünnten Weines zu nehmen: "Wenn Quarto die Aufhebung der damnatio memoriae gegen Domitian in Aussicht stellt, dann weiß spätestens danach ganz Rom durch diesen symbolischen Akt um die Aussöhnung unserer Familien. Und jeder Senator wird um ein Bündniss wissen, wenn wir hingegen erklären uns öffentlich zu entschuldigen. Als erster der Praefectus Urbi selbst.
Also wenn du schon von einem Geheimbündniss redest, dann rede nicht davon unter solch öffentlich wirksamen Bedingungen! Und wenn du von diesen Bedingungen reden willst, dann ist es nur töricht von einem Geheimbündnis zu sprechen!"
Die letzten Sätze galten dem Jüngling und waren nicht nur gedacht dem jungen Flavier Grenzen aufzuzeigen, ihn zurecht zu weisen, sondern vielmehr dafür, damit dieser seinen Platz in diesem Raum und innerhalb der politisch agierenden Familienmitglieder, gut kannte.
Flavius Furianus würde das Wort haben und daran würde dieser auch niemanden in diesem Raum zweifeln lassen. Die alte Energie schien wieder zurück zu kehren und falls, die Götter mochten ihn davor bewahren, die Krankheit wieder die Oberhand gewinnen würde, so wäre dies sein politisches Ende.
Er blickte zu seinem Vetter.
"Mir liegt nichts ferner als unsere Familienehre wieder vollends herzustellen, aber eine Aufhebung der damnatio memoriae ist mir politisch zu gewagt. Wir würden uns in ein fallendes Schwert stürzen, verbünden wir uns öffentlich mit den Aeliern. Nicht, dass ich den Zenit ihrer Machtentfaltung für erreicht erachte, keineswegs, doch dies würde uns Möglichkeiten und Chancen verwehren, wenn der Praefectus Urbi so bald nicht ersetzt wird. Der Jüngling hat es gerade erwähnt, Potitus würde seine latenten Hasstiraden gegen unseren Stand nicht nur erhöhen, er würde sie vor allem auf unsere Familie bündeln. Dies gilt es zu verhindern.", anschließend blickte der Flavier kurz gen Boden, um danach mit festem Blick die Augen seines Vetters zu fixieren.
"Und eine öffentliche Entschuldigung kann ich nicht mit meinem Stolz vereinbaren. Dies würde bedeuten öffentlich von einem Fehler unserer Ahnen zu sprechen, einem Fehler unseres letzten Kaisers und damit über die Ahnen zu urteilen. Ich maße mir dies nicht an, ich wurde so nicht erzogen."