Zitat
Original von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS
Der Kaiser erhob sich und ging einige Schritte nach vorn, sodass das Volk und der Pontifex pro Magistro ihn besser sehen konnten. Die Consecratio konnte beginnen.
Nach dem Augustus trat Avienus Acratus aus dem Ordo Haruspicum nach vorn und komplettierte die kultische Triade, sodann zog der Pontifex pro magistro bedächtig einen Zipfel seiner Toga über das Haupt und dirigierte mit einem unscheinbaren Nicken den Beginn der Zeremonie.
"Favete Linguis!" forderten sogleich mehrere Herolde lauthin, so dass diese Worte bis in die letzten Reihen des gefüllten Platzes wurden getragen und erst zwischen den Mauern der prächtigen Gebäude der Stadt verhallten, während Gracchus die rituelle Reinigung des Augustus Aquilius und des Haruspex vollzog. Ein minister - es war ein Urenkel des Rex Sacrorum Menenius Lanatus - trat unter großer Ehrfurcht heran und reichte zuerst dem Pontifex maximus, sodann dem dem Pontifex pro magistro und zuletzt dem Haruspex eine Schale mit Weihrauch dar. Ein jeder entnahm aus dieser eine Hand voll der harzigen Körner, um diese über die Kohlebecken zu Seiten des Altares zu streuen, in welchen die Glut seit dem Morgen bereits war geschürt worden. Augenblicklich erhoben sich Wolken graufarbenen Nebels, waberten ein wenig über den Becken, ehedem sie sich in alle Richtungen zerstreuten und einen süßlichen Duft über den Platz verteilten. Dem fachkundigen Augen mochte nicht entgehen, dass der Rauch nur mäßig sich empor erhob, doch das Volk Roms hatte sich noch nie an solcherlei marginalen Details gestört - ebenso wenig wie die Kultherren, deren Fazit bereits zu Beginn ihres Wirkens definitiv war.
"Dei Romae",
erhob der Flavier seine Stimme, souverän und sonor, die Flächen seiner Hände zum Himmel gewandt, den Blick in unbestimmte Ferne am trüben Horizont.
"Herrscher des Himmels, Gebieter der Unterwelt! Wächter des Lebens, Sterbens und Todes! Bewahrer der Ordnung und der res publica! Ge..stalter und Wandler der Natur und des Raumes! Dei Romae, Euch in Eurer Allmacht, Eurem Allwissen und Allschaffen rufen an diesem Tage der Imperator Caesar Augustus Tiberius Aquilius Severus Augustus und das Volk Roms Eure Befürwortung zu erbitten den unsterblichen Genius des Gaius Ulpius Aelianus Valerianus, Sohn des Divus Iulianus, in Eure heiligen Reihen auf..zunehmen, des Gaius Ulpius Aelianus Valerianus, Sohn des Divus Iulianus, welcher durch Eure Gewalt und ... Euer Wohlwollen Rom und seinem Volke über viele Jahre hinweg als unver..gesslicher und vortreffli'her Imperator Caesar Augustus ge..dient hat."
Gracchus bemerkte durchaus, dass er die Leichtgängigkeit seines Wortflusses im Zuge seiner Lüge einzubüßen drohte, ob dessen er seine präparierte Formel schlichtweg abbrevierte und seine Hände sinken ließ. Dies war einem Popa Signal, mit der weißfarbenen Taube heranzutreten und sie dem Augustus zur Begutachtung zu offerieren, dass dieser mit einer knappen Bestätigung sie zur Opferschau konnte freigeben. Sorgsam griff Gracchus das Tier mit der Linken, in der Gewissheit zugleich, dass wenig Anlass zur Sorge bestand, da dem Vogel nicht nur die Flügel waren gestutzt worden, sondern er gleichsam mit präpariertem Korn und Weihrauch derart narkotisiert worden war, dass er jede Handlung - bis hin zum Opferschnitt - beinahe besinnungslos über sich würde ergehen lassen. Mit der rechten Hand zog der Pontifex sodann die secespita zwischen den Falten seiner Toga hervor, ehedem er die Taube über den foculus hielt.
"Dei Romae, Eure Ma'ht in Euren Gefilden wie in den unseren, Euer Wille im Großen wie im Kleinen!"
Unwillkürlich - und ungesehen - biss Gracchus auf seine Zungenspitze und kniff seine Augen leicht zusammen während er gänzlich auf sein Tun fokussiert zu seinem Schnitt ansetzte. Mit einer sorgsam geschärften Klinge die Kehle eines Schafes oder Schweines zu durchstechen oder gar aufzuschlitzen war ein Akt, welcher wenig Präzision, sondern vorwiegend Kraft erforderte, doch den Korpus eines Vogels der Länge nach vom Hals bis zum Schwanzansatz durch die Federn hindurch zügig, um allzu heftige Bewegungen des Tieres zu unterbinden, sowie akkurat, so dass die Innereien dabei nicht zu Schaden kamen, aufzuschneiden - dies war durchaus eine diffizile Angelegenheit, welche höchste Konzentration erforderte. Da diese Art der Opferung keine allzu häufige Aufgabe im Cultus darstellte hatte der Pontifex dies an den Tagen zuvor wiederholt geprobt, um exakt die rechte Intensität an Kraft zu ermittel, welche hierfür vonnöten war - insbesondere da die Sensitivität seiner Rechten nie wieder gänzlich zurückgekehrt war. Obgleich er auch die vorsichtige Entnahme der vitalia im Zuge dessen hatte eingeübt gestattet der Flavier sich dennoch einen Augenblick erleichterten Aufatmens als letztendlich die winzigen Organe unbeschadet auf einer güldenen Platte auf dem Altar lagen. Den kultischen Formalien folgend forderte er sodann den Haruspex mit den Worten:
"Der Wille der Götter im Großen wie im Kleinen"
, auf, seines Amtes zu walten und das Votum der Götter zu bestimmen. Die genauen Worte des Avienus Acratus schlussendlich konnte niemand außer den anwesenden Haruspices noch verstehen, doch Gracchus hatte in seinem Leben genügend extispicia beigewohnt, um aus dem altetruskischen Dialekt die Namen der Götter daraus zu entnehmen, deren Wille der Aviener nun auf der kleinen Vogelleber prüfte. Es dauerte eine geraume Weile, in welcher der Haruspex die vierundzwanzig Sektoren, welche die etruskischen Himmelsrichtungen und die in diesen Gefilden beheimateten Götter repräsentierten, einzeln begutachtete und kommentierte -, was in der Langatmigkeit der Zeremonie dazu beitrug, die Bedeutsamkeit eben dieser zu betonen. Gracchus spürte in dieser Zeit wie das Blut an seinen Händen zu gerinnen begann, das Blut der Taube, welches Valerianus zum Gott würde ergeben, das Blut welches nun jenes überdeckte, welches an seinen Händen klebte seit der Ermordung des Valerianus im Ansinnen, diesen als Kaiser auszulöschen. Angespannt starrte er zum Horizont, suchte das Brennen an seinen Händen zu ignorieren und mühte sich in niemandes Augen zu blicken, da er doch sicher war, dass ein jeder die Wahrheit in den seinen würde erkennen müssen.
"Litatio"
, wandte schlussendlich der Haruspex einsilbig sich wieder an ihn und riss damit den Flavier aus seinen Gedanken. Auch heute würde niemand die Wahrheit erkennen, wollte niemand die Wahrheit erkennen - nicht über Gracchus und nicht über Valerianus.
'Do ut des'
, schoss es Gracchus durch den Sinn - und allfällig waren sie nun quitt. Einst hatte er Valerianus' Leben genommen - und heute erhob er ihn zum Gott. All seine Gravitas und Pietas aus den letzten Fasern seines Selbst zusammen sammelnd wandte der Pontifex pro magistro sich dem Augustus zu und transkribierte dem Kultherren mit der gebotenen Ehrfurcht:
"Die Götter Roms haben ihren Willen verkündet, Imperator Ceasar Augustus, die Tore ihrer Gefilde sind dem Genius des Gaius Ulpius Aelianus Valerianus geöffnet."
Sim-Off:Da ich deplorablerweise keinerlei Information über die korrekte Form einer römischen Divinisierung finden konnte entbehrt diese Zeremonie jeder historischen Grundlage und ist schlichtweg frei nach meinem beschränkten Kultwissen gestaltet.