Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Ich fürchte, bei mir kommt es nicht ganz rüber. Ich möchte als Spielleiter niemandem, also keiner Gens vorschreiben, ob und wieviele Leute sie aufnehmen, weil ich im Gegenzug bei "meinen" Viniciern das auch nicht vorgeschrieben haben möchte.


    Vielen Dank.
    Eben aus genau diesem Grunde verstehe ich diesen gesamten Thread nicht. Keiner der ablehnenden SimOff-Verwalter hat sich auf die 12er Grenze berufen (meines Wissens nach hat dies schon lange niemand mehr), ebensowenig wie darauf, dass man den patrizischen Stand in irgendeiner Art und Weise exklusiv halten wolle.


    Jeder SimOff-Verwalter hat nun einmal seine eigenen Kriterien, nach welchen er eine Aufnahme annimmt oder ablehnt - und diese sind bei plebejischen und patrizischen Gentes wohl kaum sonderlich different, seien es Zeit- und Aktivitätsgründe, Konzeptgründe, Nationalität (auch das soll es geben), ausgewogene Verhältnisse, falsche Karrierewünsche, falscher Zeitpunkt, oder oder oder.


    Und ich möchte behaupten, dass die Chance bei so manch einer plebejischen Gens, welche nicht auf der Werbeseite für Neumitglieder wirbt, abgelehnt zu werden, wohl ebenso groß ist wie bei einer patrizischen, welche dort nicht aufgeführt wird.

    Der Geruch nach verbranntem Fleisch wogte aus den züngelnden Flammen heraus und umfasste die Umstehenden obgleich der Libitinarius ab und an ein wenig Parfum in das Feuer gab, seine Gehilfen beständig mit Räucherschwenkern um die Trauerschar herum gingen und suchten, mit Salbeiduft dem Hauch von Tod und Endgültigkeit entgegen zu treten. In Gracchus indes evozierte diese olfaktorische Kompenente allmählich den Anklang an ein großes, blutiges Opfer, denn Fleisch war Fleisch, und zu oft schon hatte er neben dem Opferfeuer verharrt, zu oft eben diesen Geruch geatmet im Ansinnen die Götter zu erfreuen. Allfällig war es eben dies, ein letztes großes Opfer - das größte, welches ein Mensch zu geben befähigt war - der Claudia Antonia an die Götter des Imperium Romanum, um diese gütig zu stimmen in Hinblick auf ihre Nachkommen, und der Anflug eines traurigen Lächelns legte sich um Gracchus' Lippen bei diesem Gedanken, denn nichts hätte seiner Gemahlin mehr entsprochen als die Bereitschaft, dieses Opfer darzubringen. Obgleich die Augenblicke ihm endlos zu währen schienen, so war zu einer Zeit das Feuer schlussendlich hernieder gebrannt, nichts war mehr übrig von der Claudia als rusigschwarzfarben bleiche Knochen, verformte, geschmolzene Überreste der Beigaben, graufarbene Asche und rotglimmende Glut, welche von dem Libitinarius wurden abgelöscht, so dass dies alles konnte beisammen gesammelt werden, um es in die gläserne, grünfarben schimmernde Urne einzufüllen. Ein wenig zitterten Gracchus' Hände als er das Gefäß entgegen nahm, ein wenig wankte sein Schritt als er den Weg antrat hin zum Grabmal der Flavier, dessen Eingang bereits geöffnet war, dem alles verschlingenden Schlund eines Ungeheuers gleich. Obgleich die Temperatur im Außen nicht allzu hoch lag, so war die Kühle im Inneren des kleinen Mausoleums doch deutlich zu spüren, wiewohl Gracchus gleichsam den Atem seiner Vorfahren in seinem Nacken verspürte, ihr Raunen und Wispern vernahm, ihre Schatten schleichen sah. Stockend, reflexartig sprach er die rituellen Worte, deren Bedeutung in diesem Augenblicke ihm gänzlich bedeutungslos schien, als er die Urne absetzte - dort, wo einst auch seine Überreste in einem ähnlichen Gefäß würden aufbewahrt werden -, flüsterte beinah nurmehr die Opferworte als er die Gaben für Antonias Iuno beigab. Sukzessive schienen die graufarbenen Mauern des Grabmales sich auf ihn zuzubewegen, schien die flirrende Luft auszudörren, dass sie die Kehle ihm verbrannte, schienen die rissigen Hände der Toten seinen Brustkorb zu umfassen, ihn mehr und mehr zu beengen, dass ihm beinahe blümerant wurde vor Augen. Ein wenig hastig ob dessen verließ er den Bau, trat hinaus in die frische Luft des ausklingenden Tages, aus welcher allmählich aller Rauch und Brandgeruch verweht war und gab dem Libitinarius das Zeichen, dass jener mit der Reinigung der Trauergäste konnte beginnen. Hinter ihm wurde die Türe des flavischen Mausoleums wieder geschlossen - das Ungeheuer hatte Claudia Antonia verschlungen.

    Dass dem Aurelier nicht daran gelegen war, die Mitgift zu drücken, war Gracchus mehr als nur recht, ließ sein Verhandlungsgeschick im allgemeinen doch recht zu Wünschen übrig, war in Hinblick auf Vermögenswerte und monetäre Angelegenheiten im speziellen geradezu dilettantisch. Sofern diese Dinge notwendig wurden, überließ er sie üblicherweise seiner Gemahlin oder delegierte sie an seinen Vilicus - im Falle einer dos indes wäre dies unbezweifelt nicht angemessen gewesen. Ob dessen war er durchaus gewillt, die Modalitäten für Lupus so einfach wie möglich zu halten.
    "In der Tat weilt Aetius weiterhin in Ravenna, ebenso wie seine Tochter Domitilla in Rom. Ich kann dir darob nur zustimmen, es ist zweifels..ohne opportun die Rückzahlung hier im Haus zu asservieren und zu gegebener Zeit für die Mitgift Nigrinas Schwester aufzuwenden. Sofern mein Oheim anderer Ansi'ht sollte sein, werde ich mich des Weitertransportes befleißigen, dies soll nicht mehr deine Sorge sein."
    Ein Sklave betrat den Raum, um die Reste der Vorspeise abzuräumen, zwei weitere folgten, welche den Patriziern Schalen mit warmem Wasser und Tücher reichten, dass sie sich die Hände konnten säubern. Noch währenddessen wurde die Hauptspeise aufgetragen - Stücke vom Meerneunauge in einer Wein-Honig-Kruste gebacken, Zucchetti-Pfirsich-Salat und Pinienkernbrot, dazu ein Wein aus Epirus, welcher selbstredend nicht mehr verdünnt wurde.
    "Hast du bereits Pläne für eine weitere Ehe ge..fasst?"
    nahm Gracchus das Thema wieder auf, nachdem die Sklaven den Raum verlassen und darob Ruhe eingekehrt war.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    ...
    "Noch eine, Vater."
    Ob des komfortablen Vorsprungs von Proteneas blickte er dann auch hinüber zu seinem Vater, welcher einen in gewissem Maße perturbierten Eindruck erweckte, weswegen Manius Minor sich abrang, dies direkt zu thematisieren:
    "Geht es dir gut, Vater?"


    Eine weitere Runde enervierende Zermürbung der Geschwindigkeit, und doch sehnte Gracchus, dass diese noch ein wenig würde andauern, denn so zuwider das Ausharren der Zeit ihm war, in welchen die Wägen ihre Bahnen zogen, um so grässlicher gestaltete zumeist sich noch der finale Einzug der Gewinner in das Ziel, wenn die Meute ungezügelt ihren Emotionen freien Lauf ließ - bisweilen gar die Gewinner und Verlierer noch in den Rängen aufeinander losgingen. Doch ehe Gracchus sich geistig weiter für diesen Moment konnte rüsten, stellte Minor seine Frage, welche in diesem Augenblicke ihn allzu sehr seiner Mutter lies ähnlich sein - nur dass Antonia diese selbstredend nicht mit einem fragenden 'Vater', sondern 'Manius' hätte abgeschlossen -, welche die Gabe hatte gehabt, zu jeder Zeit in sein Innerstes und seine Gedanken blicken zu können und mit solchen und ähnlichen Nachfragen ihn in Verlegenheit zu bringen.
    "Ja ... ja, selbstredend"
    , antwortete er darob ein wenig zu schnell.
    "Ich war nur etwas in Gedanken und ..."
    , geriet er alsdann ins Stocken, da auf dem Fahrbahnoval zwei Wägen sich ineinander verkeilten, zuckte deutlich zusammen als das Krachen eines der Räder durch den Circus hallte. Indes, außer dass die hernach fahrenden Wägen an jenem des bedauernswerten Tanco vorbeizogen, geschah nichts weiter ehedem der Sieger des Rennens feststand und der Applaus der Menge einsetzte.
    "An wel'her Position ist nun dein Favorit?"
    wandte Gracchus sich schlussendlich ein wenig lauter im Versuch das Jubilieren zu übertönen wieder seinem Sohn zu, hatte er doch keine Acht darauf gehabt, welches der von Minor favorisierte Wagen gewesen war, nicht einmal welcher Factio er war zugetan, hoffte indes, dass sein Sohn sich nicht eben den Letztplatzierten - oder gar den Ausgeschiedenen - hatte erwählt.

    Einen Augenblick breitete ein Anflug von Erstaunen sich über Gracchus' Antlitz, denn tatsächlich war ihm die Position seines Gegenübers in all den verworrenen Erwägungen kurzzeitig verlustig gegangen, doch letztlich war die Erkenntnis nicht allzu schwer nachzuvollziehen, so dass er nickte. Jene Zeit, in welcher sie sich mehr oder minder unbedarft zu einer Cena konnten zusammenfinden, war zweifelsohne vergangen.
    "Fürwahr, so einfa'h wird es nicht werden."
    Was indes die Frage aufwarf, wann der Imperator Caesar Augustus jemals nicht Aufmerksamkeit erregte und es somit unauffällig wäre, dass er - insbesondere mit Decimus Serapio - einige Worte wechselte, welche im besten Falle ungehört würden bleiben von all jenen, die eben nicht die Wahrheit kannten, wozu zweifelsohne auch der Großteil jener Berater, Soldaten und dienstbaren Geister gehörten, welche den Augustus zu allen Gelegenheiten umgaben.
    "Dennoch bin ich der Ansicht, dass es uns gedeihlich wäre, diese Worte erst einmal abseits der Öffentli'hkeit zu wechseln."
    Denn letztlich würde jedes allfällig unbedarft zu laut geäußerte Wort von einer gewissen Brisanz sein - gleichwohl allein der Gedanke an Abseits der Öffentlichkeit und mehr oder minder unbemerkt von dieser in Gracchus eine Reminiszenz ihrer vorangegangenen konspirativen Taten evozierte und darob auch ein gewisses Maß an Widerwillen, welches in einem leisen Seufzer sich Gehör verschaffte - denn letztlich entsprach dies trotz allem nicht seinem Charakter, wiewohl er längst im Netz dieser Machenschaften war gefangen und darob alles Strampeln und Sträuben nichts mehr nützte.
    "Allfällig in der Regia?"
    dachte er laut weiter.
    "Es wäre wohl nicht allzu aberrant, uns nach einer Sitzung in eines der Officien zu..rückziehen, um noch einige Details zu erörtern. Decimus könnte bereits ein wenig früher in der Regia erscheinen, offiziell um eine Na'hfrage an einen der Pontifices zu stellen, und just in jenem Officium warten - dies zu arrangieren wäre zweifelsohne nicht allzu kompliziert."

    Zitat

    Original von Iullus Flavius Fusus
    Vergnügt lacht Fusus auf, als Gracchus Minor sich seiner Euphorie anschließt und in einen kleinen Wettstreit zu ihm tritt. "VENETA! VENETA!" versucht er seinen Gefährten zu übertönen, ohne dessen plötzlichem Verstummen eine besondere Bedeutung beizumessen. Auch stört er sich selbst nicht im Mindesten an jeglicher um ihn herum präsenten Gravitas geschweige denn dass er diese zum Anlass nähme, sein eigenes Verhalten zu überdenken. Allzu sehr geht er in der tobenden Stimmung des Circus Maximus auf und lässt sich von ihrer Brandung tragen. Voller Freude funkeln seine braunen Augen und die Falten seiner Toga sind inzwischen größtenteils außer Form geraten. (Letzteres ist ein Umstand, welcher seine unweit postierte und diesbezüglich zu äußerster Perfektion gedrillte Leibsklavin in eine gewisse innere Unruhe versetzt. Sie besitzt indes die Einsicht, während des noch laufenden Rennens - und des damit verbunden andauernden un-gravitätischem Verhaltens ihres Herrn - keine sofortigen Maßnahmen in Sachen Re-Arrangement zu ergreifen.)


    Als der blaue Wagen ein weiteres Mal an ihren Plätzen vorüberzieht, hält es Fusus nicht mehr auf dem seinen und er springt applaudierend auf. "Hamiris! Fahr schneller!" gibt er 'seinem' Fahrer einen laut gerufenen und doch in seiner Nützlichkeit eher fragwürdigen Rat mit auf den Weg in die sechste Runde. "Seht ihr!? Seht ihr...?!? Er holt auf! Er holt auf!" spricht er in seinem Überschwang auch die anderen, größtenteils gesetzteren Flavier an und klatscht begeistert in die Hände.


    Ein Oval ohne Beginn und ohne Ende, ein Rundherum und Rundherum, ein Pferdegespann, ein Wagen, ein Wagenlenker, das nächste Gespann, der nächste Wagen, der nächste Lenker, ohne Beginn und ohne Ende, ein Kreislauf in andauernder Wiederholung - nichts anderes war dies Wagenrennen für Gracchus Maior, welcher nicht etwa voll Gravitas zwischen den Seinen saß, sondern letztlich in großer Suspense, ob der andauernden, rasanten Bewegungen im Inneren des Arenenrundes keinen Fokus, keinen Fixpunkt fand, sondern rastlos mit seiner Aufmerksamkeit zwischen den verschiedenen Gespannen hin- und herpendelte. Es drängte ihn danach, schlichtweg die Augen zu schließen, die Ohren gar mit dazu, um das fortwährende Geplärr und Gebrüll der verschiedenen Anhängerschaften aus seinen Sinnen auszuschließen, welchem auch Minor und Fusus sich hatten angeschlossen. Russata, Veneta, Aurata, Rot, Blau oder Golden - was machte es für einen Unterschied, welche Farbe ein Gespann trug, wenn doch letztlich dieses Phänomen der Wahrnehmung kaum für Schnelligkeit oder Geschick würde sorgen können? Farben im Allgemeinen sollten dem Schönen gehören - der Natur oder der Kunst, der Emotion allfällig noch -, doch nicht solch trivialem Geschwindigkeitsüberschwall, geschweige denn der zweifelhaften Lyrik der Factio-Sympathisanten.
    "In der Tat"
    , kommentierte Gracchus darob recht nüchtern den Enthusiasmus seines Neffen und wandte sich seinem Sohn zu.
    "Wieviele Runden sind es noch?"

    Nachdenklich sog Gracchus seine Unterlippe zwischen die Zähne und visierte einen Punkt an der Wand hinter Cornelius als könne er dort ablesen, was es zu bedenken galt. Ehe einem gemeinsamen Gespräch, respektive vor einer Einladung in den Palast musste er in jedem Falle noch einmal mit Serapio allein sprechen, diesen überhaupt erst von seinem Ansinnen überzeugen.
    "Nun, ich würde dazu einen mehr oder minder neutralen Anlass vorschlagen"
    , antwortete er darob schlussendlich.
    "Sofern dir dies konveniert, würde ich eine kleine Cena in der Villa Flavia anvi...sieren - nur du, Decimus und ich."
    Dies würde Gracchus auch währenddessen bessere Möglichkeit bieten, die Kontrolle zu behalten, denn was auch geschah oder getan werden musste, es war besser dies hinter den eigenen Mauern zu verbergen - letztlich wandelte er auf einem schmalen Grad zwischen der unangefochtenen und beinahe grenzenlosen Macht des Imperators, an welchen er selbst gebunden war, auf der einen und der unbändigen Zerstörungswut Faustus', an welchem noch immer sein Herz hing, und der nichts mehr hatte zu verlieren, auf der anderen Seite.

    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Hinter den sanft im Winde schwankenden Kronen der immergrünen Baumwipfel am Fuße des Hügels schob sich in gleißendem Feuer die aufgehende Sonne empor, benetzte die schimmernden Tautropfen an den zarten Grashalmen mit ihrem goldfarbenen Licht, legte ihre liebkosende Wärme über seinen nackten Leib und vertrieb die Kälte der Nacht. In den Zweigen über ihm trällerte eine Nachtigall, oder allfällig eine Lärche, ihr Lied und vermengte sich mit dem kalmierend monotonen Summen der Bienen in den Blüten ringsum.
    "Manius?"
    Ein leises Rascheln kündete von ihrer Bewegung, eine flüchtige Berührung seiner Haut von ihrer Nähe.
    "Ja?"
    Seine Lider noch immer geschlossen im traumtrunkenen Taumel der Nacht sog er den Duft des erwachenden Morgens tief in sich hinein, ein Hauch von rotfarbenem Klee, eine Ahnung milchiger Sternmiere und irisierendblauem Wiesensalbei.
    "Wohin gehen wir, Manius?"
    Zögernd öffnete er die Augen, suchte den fernen Himmel zu fokussieren und bis an das Ende der Welt zu blicken. Doch das Ende war fern, die Welt zu unvorhersehbar.
    "Ich weiß es nicht."
    Ein traurigen Lächeln umspielte seine Lippen, denn schlussendlich war das seine das einzige Leben, dessen er habhaft war, und gleich wohin ihre Schritte sie würden führen, er war gebunden an die fragile Flüchtigkeit dieser Welt.
    "Vorwärts. Denn es gibt keinen Weg zurück."
    Ein wenig träge, ein wenig abgenutzt schien ihm sein Leib, passend zu seinem Leben, als er sich erhob und ihr die Hand reichte, um den ersten Schritt dieses anbrechenden Tages zu gehen - gleich jeden anderen Tages.
    "Wie weit gehen wir noch?"
    Am Horizont färbte unter dem Glühen der Sonne das Ende der Welt sich in blassem Nebel, Schemen ferner Tage, welche ebenso unvorhersehbar waren wie die Wirren ihrer Welt.
    "Ich weiß es nicht. Ein Stück noch. Eine Meile, eine Weile."
    Er zuckte mit den Schultern und das verschmitzte Lächeln, welches nun auf sein Antlitz sich stahl, war auch das ihre.
    "Alles, was ich weiß, ist, dass ich noch nicht bereit bin, das Licht zu löschen. Alles ist längst vorbereitet, das letzte Wort längst bestimmt. Doch ich bin noch immer hoffnungsvoll."
    Noch immer lag ihre Hand in der seinen, so zerbrechlich und zart, dass es beinahe schien als würde sein Leben das ihre füllen, als der Weg vor ihnen allmählich zurückfiel und Zukunft zu Gegenwart, Gegenwart zu Vergangenheit wurde und manche Träume nur Schäume blieben.

    ~~~

    Das Strahlen Fusus' evoziert einen Anflug von Vorfreude in dem älteren Gracchus, welcher indes wenig nur mit der Aussicht auf die Munera in Zusammenhang stand, und welchen er sich sogleich wieder verbat.
    "Schlussendlich ist es nicht nur ein Vergnügen, sondern insbesondere ein öffentli'hes Ereignis der Ehrerbietung einem großen Staatsmanne gegenüber, so dass der Bericht dessen kaum wohl jemanden wird langweilen können."
    In Gedanken sann Gracchus darüber nach, ob Valerianus bereits Munera hatte erhalten, wiewohl ob die Munera des Tiberius ein Schachzug Cornelius' waren, den Anschein seiner eigenen Untadeligkeit weiter zu festigen. Laut sprach er dies indes nicht aus, schloss sich der Spitze des familiären Trosses an, dessen Ende selbstredend auch einige seiner eigenen Sklaven beinhaltete.

    "Nun, es ist vermutlich keine einzelne Tatsache, welche zu dieser Ä'htung führte und sie noch immer aufrecht erhält, sondern mehr eine Anhäufung dieser"
    , gab Gracchus zu bedenken, obgleich er nicht gänzlich sicher war, worauf die Frage des Imperators abzielte.
    "Letztlich beruht sie indes wohl darauf, dass die Gesellschaft nun einmal nicht weiß, dass Decimus Serapio bis zuletzt gegen eine Kon..spiration und auf Seiten der Wahrheit stand, und dies letztlich auch nicht wissen, respektive anerkennen darf - unseretwegen."
    Vorwiegend des Kaisers und mit ihm des Imperium Romanum und des Friedens wegen.

    Für Tierhatz, Gladiatorenspiele oder auch Wagenrennen hatten Gracchus sich noch nie begeistern können, doch die Munera des Tiberius Durus zu besuchen erschien ihm weit mehr als eine Widrigkeit des Schicksals. Und doch gab es kein Entkommen, denn als bei einer der vergangenen familiären Cenae dies Thema auf den Tisch war gebracht worden, hatte er schlussendlich kaum verlautbaren können, dass er in seinem einstigen Freund derweil einen Verräter an Freundschaft und Imperium sah. So erschien auch Gracchus Maior zur rechten Zeit im Atrium, gewandet in die toga praetexta, war der Besuch öffentlicher Spiele, insbesondere Munera, für einen Senator und Pontifex letztendlich doch weniger eine private, denn eine öffentliche Angelegenheit.
    "Salvete"
    , grüßte auch er in die Runde seiner Verwandten, beantwortete die Frage seines Neffen mit einem unbestimmten
    "Zweifellos, wunderbar"
    , obgleich das einzig positive an diesem Tage wohl die Gelegenheit würde sein, Zeit mit der Familie zu verbringen - welche er sonstig zwischen den diversen Pflichten seiner Ämter und Position bisweilen ein wenig vernachlässigte.

    Einen Augenblick war Gracchus versucht einzuwenden, dass Vertrauen ohnehin keine Grundlage war, auf welcher ein Imperium konnte errichtet werden, da jenes wenn überhaupt nur innerhalb der Familie, nicht einmal jedoch in Freundschaften, somit auch kaum wohl in Amtsverhältnissen zu finden war, doch wollte er nicht Cornelius Misstrauen erwecken. Denn letztlich traute Gracchus nach allem, was geschehen war, dem Cornelius ebenfalls eben so wenig wie jedem anderen. Stattdessen legte seine Stirne sich in Falten, sein Kopf sich ein wenig schief während er über die Frage des Kaisers nachdachte, nicht zuletzt darüber, wie viel er von Serapios Drohung ihm gegenüber sollte preisgeben.
    "Nun, Decimus Serapio hatte alles erreicht, von dem ein römischer Soldat träumen kann, und durch uns hat er nicht nur dies, sondern auch seinen gesellschaftli'hen Stand verloren, obgleich er nichts anders hatte getan als das, was Rom von ihm erwartete. Es gibt nichts mehr, das er noch könnte ver..lieren, und dies macht zweifelsohne jeden Manne gefährlich, insbesondere aber einen solchen mit seinem Hintergrund."
    Noch während er sprach entschied der Flavier nichts über Serapios Worte zu erwähnen, wollte er doch vermeiden, dass Cornelius ohne sein Wissen seine eigenen Männer entsandte, sich dieser potentiellen Gefahr zu entledigen.
    "Bezüglich anderer Bedrohungen wirst du zweifels..ohne besser informiert sein als ich, doch es ist wohl kein Geheimnis, dass es noch immer Gerü'hte gibt in Rom, bis hin zu offenen Schmähworten an den Häuserwänden."
    Zudem mochte Faustus nicht der einzige sein, der zu viel wusste und den Gedanken hegte, dieses Wissen zu nutzen.
    "Es wäre für Serapio mit seinen Kontakten und mit seinem umfangreichen Wissen um die Strukturen dieser Stadt in den zurück..liegenden Jahren zweifelsohne einfacher, die Urheber dessen zu ermitteln, als für jene Männer, welche du mit nach Rom hast geführt."

    Nicht nur da er Lepidus' Kandidatur aus persönlichen Gründen befürwortete, sondern auch ob der Richtung, welche die Diskussion nahm, sah Gracchus sich bemüßigt einige Worte dieser hinzuzufügen.
    "Was die Eignung Tiberius' betrifft, so kann ich mich nur meinen Vorrednern anschließen - nicht nur aufgrund der her..vorragenden Leistungen während seines Vigintivirates, sondern ebenso ob seines Engagements innerhalb des Cultus Deorum. Meine Stimme ist ihm darob in jedem Falle sicher."
    Seine Bedenken bezogen sich nicht auf den Kandidaten, sondern die in Aussicht gestellte Entscheidung des Senates - sofern eine solche würde notwendig werden.
    "Dahingegen sofern wir bereits über ein geeignetes Amt für Tiberius' Quaestur reflektieren, so muss ich als Pontifex pro magistro gegen den geäußerten Vorschlag, ihn in die Provinz entsenden zu wollen, Einspru'h erheben. Die Aufgaben des Collegium Pontificum betreffen Rom, darob ist von einer langfristigen Absenz der Pontifices aus der urbs aeterna dringend abzusehen, wiewohl es im Falle Tiberius' zweifelsohne eine Ver..geudung von Potential wäre, ihn auf eines der beiden Ämter - die Quaestur oder das Pontificat - zu reduzieren. Da an stadtrömischen Quaesturen letztlich kein Mangel besteht, sollte der Senat im gegebenen Falle Tiberius Lepidus eine solche zuspre'hen, denn dass er brilliert, wo man ihn auch hinschickt, hat er zweifelsohne bereits bei den Quatuorviri viis in urbe purgandis zur Genüge bewiesen."

    Da die vorgeschlagene Streichung der entsprechenden Paragraphen Gracchus nicht nur überaus pragmatisch, sondern darüberhinaus vollkommen adäquat erschien, nickte er zustimmend zu der ein oder anderen Äußerung, sparte sich jedoch eigene Worte, da die Wiederholung einer guten Idee diese auch nicht besser machten, wiewohl er noch nie ein Freund der Diskussion um der Diskussion willen gewesen war.

    Gracchus nickte zustimmend, schlussendlich beinhalteten die Punkte des Tiberius auch jene, welche er selbst im Sinne hatte.
    "Gut, beginnen wir somit mit der Einschätzung der religiösen Stimmung in Rom. Zu Zeiten des Usur..pators schien eben diese insbesondere durch das Desinteresse des Vescularius, dessen personelle Entscheidungen, sowie die aus diesen entstehende Passivität des Cultus Deorum mehr als nur getrübt. Seit Cornelius' Amtsantritt normalisiert sich dies wieder, doch mit Blick auf die letzten Monate müssen wir wohl uns eingestehen, dass der öffentli'he cultus zwar allmählich wieder erstarkt - insbesondere nach der Neubesetzung der vakanten Positionen der städtischen Collegien - indes längst noch nicht alles erreicht ist, was wir tun können. Tiberius, da du diesen Punkt explizit er..wähntest, hast du dem eigene Beobachtungen oder Gedanken hinzuzufügen?"

    Als Titus seinen Blick empor hob, konnte Gracchus den Vorwurf Antonias in seinen Augen erkennen, jenen Blick, welcher alle Bestrebungen seines gesamten Lebens in einem Herzschlag als ungenügend abtat, welcher jede Mühe, jeden Versuch und jede Anstrengung als kläglichen Versuch ließ scheitern, welcher unmissverständlich ihm verdeutlichte, welch Versager er war. Weshalb hatten nicht die Götter ihn vom Angesichte der Welt tilgen und stattdessen Antonia bei ihren Söhnen verweilen lassen können? Ein Schatten, evoziert durch das Flackern einer der Fackeln im Winde, zog über das Haupt des Knaben hinüber und brachte Gracchus in Erinnerung, weshalb all dies so war, wie es war, wiewohl dass sein jüngster Nachkomme eben jenen Fluch fortführte, welcher auch auf seinem Leben lag. In einer unbedachten Handlung wischte er die Larve über Titus' Kopf hinfort, gleichsam im Versuche diesen Gedanken hinfortzuwischen, griff sodann nach der Fackel aus Sciurus' Hand und trat neuerlich an den Scheiterhaufen, diesen mit abgewandtem Blicke in Brand zu setzen. Augenblicklich entzündeten sich die mit Öl getränkten Zweige, ließen mehr und mehr Flammen auferstehen, welche gierig nach dem toten Leib der Claudia lechzten. Gracchus trat nicht zurück, entsann sich an die Nacht der Saturnalien und war einen Augenblick versucht, seiner Gemahlin auf ihrem letzten Wege beizutreten, einzig um nicht eines Tages allein brennen zu müssen. Doch wie stets fehlte es ihm schlussendlich an Mut, trat er die Flucht an zurück als der beißende Geruch brennenden Fleisches in seinen Augen stach, und rechtfertigte sich vor seinem eigenen Gewissen, dass er unmöglich Antonias pyra zu einem Scheiterhaufen des Verrates konnte verkommen lassen. Stumm blickte er auf das lodernde Feuer, welches die Kälte aus seinem Herzen nicht konnte vertreiben, blickte in das goldfarbene Licht der Flammen, welches die Dunkelheit in seiner Seele nicht konnte erleuchten, blickte in die Endlosigkeit des Kreislaufs allen Lebens, welche die Leere aus seinem Geist nicht konnte verbannen, und obgleich seine Familie - welche schlussendlich noch immer zahlreich vertreten war - um ihn her stand, so fühlte Gracchus in diesem Augenblicke sich unendlich allein.

    Da Gracchus keinesfalls geneigt war, den ducci’schen Affront nur mit dem Hinweis auf die Intention einer Exkulpation ad acta zu legen, überging er eben diese Ankündigung Valas und begrüßte den Helvetius, welcher ihm bisherig nicht persönlich bekannt, dessen Großvater indes unbestreitbar ein Mann war, dessen Name in Hinblick auf die Annalen des Imperium Romanum mit einem gewissen Maße an Ehrfurcht wurde ausgesprochen.
    "Salve, Helvetius Commodus, es freut mich, dich kennen zu lernen."
    Einige unverbindliche Worte zu dessen Herkunft oder der Größe der Fußspuren, welcher Commodus augenscheinlich gedachte zu folgen, hätten unbezweifelt zu einer etwas ungezwungeneren Atmosphäre beitragen können, doch Gracchus war kein Anhänger belangloser Konversation - wiewohl in diesem Falle eine ungezwungene Atmosphäre ohnehin wohl utopisch war -, sondern wandte sich - sofern er sich in der entsprechenden Position sah - gern von Beginn an der eigentlichen Essenz eines Gespräches zu, ob dessen seine primäre Aufmerksamkeit weiterhin auf Senator Duccius lag.