Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Zweifelsohne kannte Decimus Livianus seinen Sohn sehr gut, zweifelsohne konnte auch dieser Serapios Verhalten nicht mehr einschätzen und zweifelsohne hatte er gut daran getan, keine Versprechen gegenüber dem Kaiser auszusprechen - doch zweifelsohne hatte der Decimer dabei auch nichts zu verlieren. Dennoch insistierte Gracchus nicht noch einmal, schlussendlich bereitete es ihm bereits mehr als genug der Mühe, diesen Anschein der Überzeugung ein einzelnes Mal vorzutäuschen, sondern beschied sich damit, Cornelius' Frage zu beantworten.
    "Nun, aufgrund seiner Karriere und insbesondere seiner Kenntnisse scheint mir die praetorianische Garde noch immer am ge..eignetsten. Die Abläufe dort sind ihm vertraut sind, er hat während seiner Dienstzeit ein weitreichendes Netz an Kontakten aufgebaut und dass er nicht nur fähig, sondern geradezu prädestiniert für diese Aufgabe ist, hat er zweifelsohne bewiesen als er unser Unterfangen entlarvte. Im ersten Augenblicke mag es bezügli'h dieses letzten Punktes ein wenig delikat erscheinen, Decimus Serapio zurück in die Garde aufzunehmen, doch letztlich kann eben dies uns mehr als nur von Nutzen sein, denn wer könnte besser jedes Aufkommen von Zweifeln oder gar ernsthafter Gefahren, jeden Hauch maliziös intendierter, doch im Kern nun einmal zutreffender Gerüchte unter..binden als ein Mann, welcher über beinahe jedes Detail dieses Unterfangens Kenntnis besitzt und darob bestmöglich entscheiden kann, was zu tolerieren ist und was nicht?"

    Wäre Duccius Vala in dieser Amtszeit nicht Praetor gewesen, Gracchus hätte zweifelsohne ihm kein Gespräch im Hause der Flavier gewährt. Dies nicht etwa aus dem Grunde, da der duccische Senator es hatte gewagt gegen den amtierenden Consul aufzubegehren - sich darüber zu echauffieren während er selbst einen Kaiser auf dem Gewissen hatte, wäre Gracchus doch ein wenig zu hypokritisch erschienen -, sondern schlichtweg da seine Worte zur Kandidatur des Flavius Scato die gesamte Familie hatten diffamiert, wiewohl ihm durch einen Leserbrief der Acta Diurna ANTE DIEM VII ID MAR auch die erste familiäre Kontroverse zwischen Vala und seinem Neffen Flaccus war in Erinnerung gelangt - und die Familie war schlussendlich die einzige Maxime, welche dem Flavier nach allem geblieben war. Letztlich würde dies Gespräch zwar kaum offizieller Natur sein - in diesem Falle hätte Gracchus zweifellos eine Einladung oder gar Vorladung in die Basilica Ulpia erhalten -, doch ein Praetor war noch immer ein Magistrat Roms, welchem es galt mit gebührendem Respekt zu begegnen.
    "Salve, Praetor Duccius"
    , empfing Gracchus den Senator darob mit der Couleur neutraler Farce in seiner Stimme und bot ihm einen Platz auf der anderen Seite des massiven Schreibtisches seines Officiums an.
    "Was führt dich zu mir? Ich hoffe keine An..klage."
    Obgleich eine offizielle Anklage in Hinblick auf die Konspiration kaum wäre möglich ohne auch den Kaiser in diese Angelegenheit hinein zu ziehen, so fürchtete Gracchus doch noch immer, Vala könnte mehr wissen als er bisher hatte offenbart, ob dessen er nun gekommen war, ihn unter Druck zu setzen.

    [Blockierte Grafik: http://s1.directupload.net/images/131011/hrl5vb44.jpg| Acanthus


    Zitat

    Original von Titus Duccius Vala

    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer05.png

    "Ich werde meinem Herrn dies ausrichten. Vale bene..." , sprach Sirius und verschwand, um zum angegebenen Zeitpunkt mit seinem Herrn wieder auf der Matte zu stehen und diesen wie immer anzumelden...


    ... und wie immer ließ der Ianitor Acanthus den angemeldeten Besucher - Praetor und Senator zudem - gehorsam in das Haus hinein und ließ einen jungen Sklaven ihn in Gracchus' Officium geleiten.




    IANITOR - VILLA FLAVIA

    Sprachstilistisch unverändert konvenierte die Fassung Gracchus noch immer nicht - gegenteilig schien jedes neuerliche Vernehmen des Absatzes ihm einem ästhetischen Straucheln gleich -, doch letztlich war der Senat wohl noch nie ein Ort für Schöngeister gewesen, was überaus deplorabel, jedoch kaum zu ändern war - insbesondere nicht in diesem Augenblick. Dennoch wollte Gracchus nicht sich später nachsagen lassen, solcherlei Vorschub zu leisten, ob dessen er letztlich sich bei der Stimmabgabe enthielt, nicht zuletzt da er das Gesetz inhaltlich zwar nicht ablehnte, indes auch keine sonderliche Prädilektion dafür hegte.

    "Das wird er"
    , bekräftigte Gracchus ohne Zögern.
    "Er war dein Gegner zu einer Zeit, in welcher Vescularius re'htmäßig Imperator war und zu einer Zeit des Umbruches als Rom nach Stabilität suchte und durch alle Schichten, alle Versammlungen bis in den Senat hinein Un..einigkeit und Misstrauen herrschte. Du bist seit geraumer Zeit nun der re'htmäßige Kaiser - durch den Senat, das Militär, das Volk und die Götter ratifiziert - daran gibt es keinerlei Zweifel mehr. Als Soldat Roms wird Serapio dir loyal dienen, so wie er Iulianus, Valerianus und Vescularius zuvor diente."
    Gracchus würde diese aus den Fugen geratene Welt zurück in ihre Fundamente rücken - und würde sie dort sich nicht wieder verstreben, so würde er sie eigenhändig devastieren, gemeinsam mit der seinen.

    Zitat

    Original von Flavia Domitilla
    Ich möchte mich da auch gerne Livianus und meinen Vorredner(inne)n anschließen.
    ...

    Da Anschluss eigene Worte spart, möchte ich mich dem schlichtweg anschließen.


    Explizit auch noch einmal diesem Zitat:

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Livianus


    In diesem Fall sollte sich vielleicht diese geistige Grundeinstellung der Spieler/innen an die Moderne anpassen und nicht das einigermaßen historische Konzept eines Forenrollenspiels. ;)


    Leztlich ist dies doch der Reiz des Rollenspiels, sich in eine Rolle hinein zu versetzen und diesen "Perspektivenwechsel" zu vollziehen, sei es nun die Perspektive des gegenteiligen Geschlechtes oder die Perspektive eines antiken Bürgers. Und selbst wem das Hineinversetzen in eine Rolle schwer fällt - es gibt zweifelsohne genügend Klischees, mit welchen man eine ID in ihrem Geschlecht ebenso (wenig) überzeugend spielen kann wie man ausgestattet mit historischen Hintergrundinformationen einen antiken Bürger (nicht) überzeugend spielen kann.



    Zitat

    Original von Flavia Domitilla
    Intrigenspiele und indirekte Einflußnahme der Frauen, über ihre Männer, auf die Politik (wie oben angedeutet) fände ich wiederum sehr reizvoll, nur wird dies wohl an der fehlenden Bereitschaft der Mitspieler scheitern. Wer will schon seine eigene männliche ID (deren Status man sich hart erarbeitet hat) zur Marionette umgestalten (Was ich allerdings nur zu gut verstehen kann, von daher bitte nicht als Kritik auffassen!).


    Indes habe ich es im IR selten erlebt, dass eine Frauen-ID wirklich ambitioniert in diese Richtung gespielt wurde. Was allfällig auch daran liegen mag, dass der Großteil der (Senats-)Politik im IR doch oft recht trist ist, dort kaum für das Leben relevante Entscheidungen getroffen werden und somit für alle, die sich nicht mit der Politik um der Politik Willen befassen müssen, allfällig eher uninteressant ist.

    Gracchus nickte.
    "Ja, dessen bin ich mir si'her."
    Mit einem dumpfen Schlag zerbarst sein Selbst am tiefsten Grunde der tiefsten Schlucht, welche den menschlichen Abgründen je zueigen gewesen war. Bis zu diesem Augenblicke hatte er hoffen können, sein Fall sei nur ein kleiner Teil eines hohen Anspruches gewesen, hatte er daran sich festklammern können, dass letztlich alles nicht gar so gräulich war wie er annahm, da es noch immer weit tiefer hinab ging. Doch in diesem Augenblicke ging es nicht mehr tiefer hinab. Hatte er bisherig all seine Fehler aus einer Überzeugung oder aber einem Irrtum heraus begangen, hatte er trotz allem in der Ferne stets ein hehres Ziel vor Augen gehabt oder zumindest fest daran geglaubt, so trat Manius Flavius Gracchus nun ein in jene Welt, welche er stets so sehr hatte verachtet. Er war keinen Deut besser als Vescularius Salinator, welcher durch Lug und Trug seine Günstlinge hatte positioniert, er war keinen Deut besser als all jene Männer, welche stets nur ihrem eigenen Vorteile folgten, gleich zu welchem Preis.
    "Unsere Unternehmung gehört der Ver..gangenheit an, die Welt hat sich gewandelt, die Götter haben ihre Entscheidung gefällt und es geht nicht mehr um diese oder jene Seite wie noch zu jener Zeit als du mit Decimus gespro'hen hast. Es gibt nur noch Rom, es gibt nur noch Römer und Decimus Serapio ist ein Römer."
    Es war ein gefährliches Spiel, dessen war Gracchus sich bewusst, doch er hatte seinen Entschluss gefasst. Seine eigene Seele konnte er ohnehin nicht mehr retten.

    Selbst so der Consul nach einer Zustimmung verlangte, hatte doch kaum wohl einer der genannten Kandidaten eine Wahl diese Nominierung abzulehnen - es sei denn er wusste bereits, dass er in wenigen Wochen in eine andere Provinz würde aufbrechen oder das Gladius sich ans Herzen setzen. Da Gracchus noch immer hoffte, ersteres Zeit seines Lebens vermeiden zu können, für letzteres hingegen Zeit seines Lebens niemals würde genügend Mut aufbringen können, äußerte auch er sich dementsprechend - zumindest in Hinblick auf seine Wortwahl - positiv.
    "Ich akzeptiere die Nominierung ebenso."

    Zwar hatte Duccius Vala vor geraumer Zeit - in Hinblick auf jene abzustimmende Thematik, doch auch zu anderen Gelegenheiten - sich offenbar vorgenommen halb Rom sich zum Feind zu machen, doch in Hinblick auf Gracchus war dies Unterfangen zum Scheitern verurteilt - er kannte nur einen einzigen Feind, und dies war er selbst. Indes neigte der Flavier ohnehin dazu in politischen Belangen, welche er stets der einzelnen Person ab- und dem Staate zusprach, nicht nach eigenem Gutdünken zu votieren, sondern zum Wohle Roms - zumindest so ihm die Wahl eindeutig erschien. Aus diesem Grunde hob er an diesem Tage seine Hand, um anzudeuten, dass er die Streichung der Pars Tertia generell befürwortete.


    :dafuer:

    Vor Angst erfüllt weiteten Gracchus' Augen sich als Serapio seine Drohungen sprach, davon ihn bloßzustellen, mit einer Leidenschaft, welche der Flavier in den angenehmeren Seiten des Decimus einst hatte kennen gelernt, deren Heftigkeit nun doch nurmehr Furcht in ihm evozierte. Einen Augenblick wollte er widersprechen - denn seine Familie würde nicht sich abwenden, er würde nicht alleine bleiben, im Gegenteil, sie würden mit ihm fallen, und dies - Antonia und seine Kinder diskreditiert zu wissen durch seine eigene Tat, seine Familie den Klauen der Larven ausgeliefert -, dies war weit bedrohlicher für Gracchus als der Verlust seiner eigenen Ehre. Doch es gab keine Gelegenheit, sich dem zur Wehr zu setzen, denn Serapio hatte bereits sich abgewandt, verschwand in der Dunkelheit ohne ein weiteres Wort.
    "Faustus, nein ..."
    , keuchte Gracchus und sank zitternd, mit dem Rücken zur Wand an eben dieser hinab. Die Zeit verrann, während Gracchus in die Flammen starrte und das grauenvolle Ende seiner Familie erblickte, die leeren, bleichen Augen seiner Gemahlin, welche noch auf dem fernen Totenbette nur einen Fluch noch würde für ihn auf den Lippen tragen, die dürren, ausgemergelten Leiber seiner Kinder, welche zu niederster Arbeit würden gezwungen sein nach dem tiefen Fall ihrer Familie, selbst seine fernen Anverwandten, welche tagtäglich nurmehr Spott und Häme wären ausgesetzt, dass Rom für sie nie wieder ein Zuhause konnte sein.

    ~~~

    Einige Zeit später kehrte ein Sklave - allfällig war es einer der Küchenjungen, welche die Speisen auftrugen, allfällig der Gärtner, Gracchus konnte es weder zu dieser späten Stunde, noch vermutlich zu jeder anderen Zeit mit Bestimmtheit sagen - zur Villa zurück und fand seinen Herrn neben der offenen Porta, zu Füßen noch immer einen Rest der Lampe am Boden brennend, vor. Obgleich es die Saturnalien waren so löschte er das Feuer, half seinem Herrn in das Haus hinein bis zu dessen Cubiculum - welches Gracchus allein zweifelsohne nicht mehr hätte gefunden -, und gehorchte auch dessen Befehl nach einem frischen Krug Wein.

    ~~~

    Am nächsten Tage schlief Gracchus weit in den Mittag hinein, doch das böse Erwachen ereilte ihn unbarmherzig. Die Kanne Wein auf seinem Nachttisch war leer, sein Kopf dröhnte und pochte in allen Tonlagen eines Trommelmarsches, dunkel glaubte er sich an einen jungen, nackten Leibe in seinem Bett zu entsinnen, doch den größten Schrecken barg die Erinnerung an Faustus' Erscheinen vor der Villa. Lange zerbrach er sich den Kopf darüber, ob dies tatsächlich geschehen war, ob dies nicht alles ein Traum - ein Albtraum - mochte gewesen sein, doch letztendlich wagte er nach einigen Tagen seinen Vilicus Sciurus nach den Schmierereien an der Wand zu befragen. Zweifelsohne war dies alles ein Albtraum, doch einer von jener Sorte, welche die Realität in sich barg - gleichwohl wusste Gracchus, dass er versuchen musste, Faustus aufzufangen ohne seine eigene Familie fallen zu lassen - gleich um welchen Preis.

    ~~~ finis ~~~

    Die Erklärung des Aurelius über die Tücken der Flucht quittierte Gracchus mit einem verständnisvollen Nicken, schlussendlich waren ihre Erfahrungen diesbezüglich wenn auch im Detail different, doch in gewisser Weise similär.
    "Letztlich waren wir alle wohl schli'htweg zu unbedarft bezüglich unseres Vorhabens, zu überzeugt von unserem Triumph. Wir können darob wohl durchaus zufrieden sein, dass wir nicht mehr persönliche Verluste zu beklagen hatten."
    Nach Gracchus' Dafürhalten waren diese Verluste bereits viel zu groß gewesen, ganz abgesehen von den allgemeinen Verlusten - doch er wollte dieses Thema nicht weiter vertiefen und mit dieser Aussprache zwischen ihnen schlichtweg abschließen.
    "Nun, die Absenz der Ehefrau aus dem Heim ist nicht gar so ungewöhnlich und durch gute Gründe gere'htfertigt durchaus legitim, zumindest sofern noch der Ehewille besteht, wodurch dieser spezielle Fall rechtlich wohl nicht gänzlich eindeutig wäre."
    Mit dem falschen Praetor vor Gericht mochte die ganze Angelegenheit durchaus dazu gereichen, diesen Skandal, welcher im allgemeinen, großen Schweigen über die Vescularische Ära verborgen lag, noch einmal zu Tage zu fördern und einer großen Öffentlichkeit publik zu machen - währenddessen auch Lupus' und Nigrinas Ehre mochte diskreditiert werden - denn nach kaum etwas gierte der Pöbel lieber als nach der Ehre des patrizischen Standes.
    "Allfällig wäre es wohl besser, dies nicht vor Gericht und damit in die Öffentli'hkeit zu bringen."
    Sofern es dies nicht bereits war, mochte dieses unrühmliche Kapitel im Sumpf der Zeit untergehen und verborgen bleiben, so dass mit ein wenig Kalkül Nigirna in einiger Zeit eine weitere angemessene Ehe würde eingehen können - schlussendlich war sie noch immer eine Flavia.
    "Zweifelsohne bleibt es dennoch rechtlich ein durchaus interessanter Fall in Hinblick auf die Ab..wicklung der dos, da du die Scheidung nicht erklärt hast, während aus Nigrinas und zu damaliger Zeit rechtsgültiger Sicht die Ehe ob des Verlustes deines ius conubium nicht einmal bestand als sie eine neue Ehe einging."
    Wäre nicht seine eigene Familie in diesen Prozess involviert, so hätte Gracchus es durchaus als reizvoll empfunden, diese Angelegenheit als Advocatus vor Gericht klären zu lassen.

    Obgleich ich nicht absent bin, bin ich faktisch doch auch nicht wirklich präsent, ob dessen sich die Frequenz meiner Beiträge auch in den kommenden Tagen nicht merklich erhöhen, somit weiterhin gegen eher gen null tendieren wird ...

    Es war nur ein recht kleiner Zug, welcher den Leichnam der Claudia Antonia aus dem Hause der Flavier vom Quirinal hinab vor die Tore Roms geleitete - Verwandte, Freunde der Familie und ein Teil des Haushaltes -, und wie es Sitte war weinten und jammerten die Klageweiber und flavischen Sklavinnen laut, während der Rest der Gäste vorwiegend schweigend der Bahre folgte. Mit jedem Schritte glaubte Gracchus zu spüren, tiefer und tiefer in die Spalte zwischen den Pflastersteinen zu sinken, mit jedem Schritt den Untergründigen sich zu nähern, und als der Zug der Trauernden am Rande des flavischen Grabmales angelangte und der Leichnam auf die pyra wurde gebettet, fühlte Gracchus beinah sich selbst als ein Teil der Lemuren, respektive der Larven, welche nicht mehr unter den Lebenden weilten und doch nicht aus dieser Welt konnten entkommen. Die Zypressen zur Straße hin wankten leicht im Wind, welcher gleichsam die Flammen der Fackeln und mit ihnen die Schatten ließ tanzen. Mit einem Male wurde Gracchus gewahr, dass er Antonia noch so vieles hatte sagen wollen, so viele Erklärungen ihr schuldete, so viele Abbitten. Mit einem vergoldeten Zweig, welchen er tags zuvor aus der dürren Krone des arbor felix im Garten der Villa Flavia hatte gebrochen, trat er an den Scheiterhaufen heran. Er würde all diese Worte bewahren müssen, sie Antonia zueignen sobald sie sich würden wiedertreffen, an jenem Tage da sie über das Meer würden dahintreiben, auf einem Schiff aus Azurblau und Algengrün, und in diesem Augenblicke würden all diese Worte wahr sein, weit edler und wahrhaftiger als sie es je gewesen waren. Mit zitternder Hand legte er den Zweig auf der Toten Brust ab.
    "Bitte verzeih mir"
    , bat er ein letztes Mal um Exkulpation obgleich sie ihm niemals mehr würde zuteilwerden können, trat sodann zurück, seinen Söhnen ein letztes Mal die Gelegenheit zu einem Abschied einräumend, ehedem das Feuer Antonias Leib würde verzehren.

    Als es an der rechten Zeit war - sofern es überhaupt eine solche rechte Zeit gab -, seine Gemahlin ein letztes Mal aus dem Hause zu geleiten - sog Gracchus noch einmal tief die weihrauchgeschwängerte, vom Atem der Untergründigen durchzogene Luft in die Lungen. Nicht nur die Lebenden waren gekommen, an der Seite der Aurelia Prisca - welche selbst in rituellen Zeiten der Trauer nichts von ihrer Eleganz einbüßte - hatte er einen Augenblick seinen Vetter Piso ausgemacht, ernst blickend und doch mit einem Anschein seines sonnigen, stets wohlgestimmten Gemütes auf den Lippen, in einem Schatten nahe einer der Säulen des Atrium glaubte er seinen Vater zu wissen, im Rücken der Trauerweiber war für einige Herzschläge Leontia vorüber gegangen und hatte ein wissendes Nicken ihm zuteilwerden lassen, und hinter den Flammen der Feuerkörbe war ihm gewesen als hätte er unter anderem Quintus und Minervina erblickt. Nur die Gewissheit, dass sie am heutigen Tage nicht seinetwegen waren gekommen, dass während die Lebenden Antonia verabschieden, die Toten sie in ihren Reihen begrüßten, ließ all diese Schatten ihn halbwegs gefasst tolerieren. Mit einem Wink gab Gracchus seinem Vilicus ein Zeichen, dass die rechte Zeit gekommen war. Sciurus wies die Bahrenträger an, Aufstellung zu nehmen, und die Musiker, ihre getragenen Klänge anzustimmen. Von diesen angelockt ließen auch die Klageweiber ab von dem Leichnam und positionierten sich an der Spitze der sich formenden pompa funebris, nicht weniger herzzerreißend dort fortfahrend zu klagen. Für einen kurzen Augenblick hernach blieb Gracchus beinahe das Herz stehen als Claudia Antonia aus dem Hintergrund trat, um ihren eigenen Leichenzug anzuführen, doch es war dies nur die archimima, die Schauspielerin, welche dazu war angehalten die Verstorbene darzustellen - welche gleichsam auf den zweiten Blicke doch nur wenig hatte gemein mit der Claudia und so sehr sie sich auch mühte eine stille Erhabenheit auszustrahlen, sie konnte kaum auch nur in die Nähe Antonias Perfektion gelangen.
    "Minimus, Titus"
    , forderte Gracchus schlussendlich als die Träger die Leichenbahre anhoben seine Söhne auf, welche gewissenhaft neben ihm hatten ausgeharrt, und trat selbst hinter das feretrum, nur einen kurzen Blick darauf achtend, dass auch Flamma von ihrer Amme zur Familie wurde gebracht. Langsam setzte der Zug sich in Bewegung und wie in einem Traum, respektive einem Albtraum, folgte Gracchus dem stillen, schönen Antlitz seiner Gemahlin, deren Leib zum letzten Male aus der Villa Flavia wurde getragen.

    Mit einem grüßenden Nicken ließ Gracchus den aus dem Officium hinaus tretenden Consularen vorbei, ehedem er selbst eintrat, dem Kaiser gegenüber, die Gruß-Sequenz vorerst mit einem
    "Ave, Imperator Augustus!"
    abschloss und dankend den ihm angebotenen Platz annahm.
    "Im Grunde ist es nur ein einziges Anliegen"
    , begann er sodann, froh darum, dass Cornelius Palma in Augenblicken wie diesem augenscheinlich ebenso wenig an unverbindlichem Geplauder war interessiert wie er selbst.
    "Indes liegt dieses mir überaus am Herzen, da die gegenwärtige Kon..stellation mir eine Kontradiktion dessen erscheint, was einst unser Ziel war."
    Ganz davon abgesehen, dass ein gewisses Maße an Pression ebenfalls ein Teil dessen war, welches Gracchus jedoch gerne mochte verhehlen - auch und insbesondere gegenüber sich selbst. Nicht aus diesem Grunde jedoch, sondern ob der Brisanz seiner folgenden Worte, senkte er ein wenig die Stimme.
    "Als wir uns entschlossen zu tun, was wir taten, geschah dies aus patriotischen Gründen heraus, um Rom den infamen Um..trieben des Vescularius zu entreißen, es zurück zu führen zu den Idealen unseres Staates, hinein in eine geordnete Zukunft für unsere Kinder, aber auch für jeden treuen, veritablen Bürger."
    Dies mochte durchaus nicht der Überzeugung eines jeden der Konspiranten um Tiberius entsprochen haben, doch musste Gracchus in diesem Punkt seiner eigenen Illusion treu bleiben.
    "Faustus Decimus Serapio, der ehemalige Praefectus Praetorio, ist ein solcher Bürger. Mehr noch, er ist ein Soldat wie er Rom nicht könnte loyaler sein, er diente Rom und seinem Kaiser - seinem Kaiser wohl..gemerkt, nicht der Person des Vescularius - aus vollster Überzeugung. Und doch hat Rom ihn fallen lassen, im Glauben daran, die Wahrheit zu kennen und daraus ein Urteil sich er..lauben zu können."
    Kurz hielt Gracchus inne, jedoch nicht lange genug als dass Cornelius seine Gedanken hätte unterbrechen können.
    "Wir wissen beide, dass dem nicht so ist, ebenso wie Decimus Serapio dies längst weiß. Er diente dem römischen Kaiser, dem durch den Senat ratifizierten Kaiser, bestärkt durch eine Wahrheit, welche für alle Zeiten unausspre'hlich sein wird. Es mag sein, dass die Wahrheit, dass die Welt nun eine andere ist, doch ein Mann wie Decimus Serapio, ein Soldat, dem Rom über alles geht, sollte auch in unserer Welt nicht für seine Loyalität abgestraft werden."
    Gracchus lehnte sich zurück, am Ende seiner Explikation angelangt.
    "Rom ist in dieser Hinsicht leider überaus obstinat und eine einmal determinierte Si'htweise kann so schnell nicht revidiert werden. Es sei denn, der göttliche Augustus bekundet eine divergente Ansicht. Und dies ist es, worum ich dich bitten möchte, Imperator - nicht nur, da ich Decimus Serapio mein Überleben während der Proskription verdanke, sondern auch da ich überzeugt bin, dass die durch uns ge..staltete Welt andernfalls nicht einen Deut besser ist als jene des Vescularius."

    Jeden Moment traf eben dieser Flavius Gracchus tatsächlich ein und nannte dem Palastbeamten - den er namentlich nicht kannte oder zumindest dessen sich nicht gewiss war - seinen Namen, stets davon ausgehend, dass auch ihn nicht jeder in Rom kannte, da er sich selbst unverwandt zu den eher unwichtigen Persönlichkeiten der Stadt zählte. Er war durchaus aufgewühlt in seinem Innersten, sich noch immer nicht gänzlich dessen gewiss, wie weit er an diesem Tage würde gehen können, würde gehen wollen und würde gehen müssen - doch zweifelsohne fürchtete er sich bereits vor diesem Schritt, der vor ihm lag.

    Ohne seinen eigenen Sklaven zu beachten trat Gracchus an diesem vorbei, grüßte den Soldaten und bedankte sich für das Geleit - die Freundlichkeit des Praetorianers dabei durchaus bemerkend und erleichtert, dass augenscheinlich wieder eine Art Normalität in den Palast war eingekehrt.
    "Mögen die Götter auch dir einen angenehmen Tag verschaffen."
    Da das Anwesen der römischen Kaiser durchaus einen nicht eben geringen Umfang aufwies, war der Senator gleichsam erleichtert, dass trotz allem noch immer ein Miles ihn begleitete und ihm den Weg wies.

    Insgeheim hatte Gracchus durchaus darauf gehofft, dass allfällig doch noch ein offensichtlicher Grund gegen ihn würde vorgebracht werden oder ein weitaus geeigneterer Kandidat benannt, doch am Ende sprach der Augustus das unvermeidliche aus.
    "Ich danke dir für dein Vertrauen, Augustus"
    ,bedankte er sich darob artig, ehedem Palma sich aufmachte, die Versammlung zu verlassen. Mit eben diesem Aufbruch realisierte auch Gracchus, dass diese Sitzung sich tatsächlich bereits ein wenig lange hinzog, die Kernmitglieder des Collegiums alsbald schon im Senat wurden erwartet.
    "Da die Klärung der ersten Punkte ein wenig länger andauerten als geplant, werden wir alles weitere auf die nä'hste Sitzung vertagen. Darauf vorbereitend werde ich mir einen Überblick über den stadtrömischen Cultus verschaffen. Weitere Anliegen können mir ebenfalls bereits im Voraus mit..geteilt werden."
    Die Sitzung war damit beendet.

    Sim-Off:

    SimOn mag das nicht gar so stimmig sein, allerdings können wir SimOff so zumindest Tiberius inkludieren. Zudem nehme ich für die nächste Sitzung auch direkt Messalinas Punkte auf, die zu diesem Zeitpunkt zweifelsohne den Schreibtisch des pro magistro erreicht haben.