Beiträge von Manius Flavius Gracchus

    Unzählige Male hatte Gracchus in den zurückliegenden Tagen darüber sinniert, wie dies Aufeinandertreffen mochte aussehen, hatte in schillernden Farben sich erdacht was er würde sagen, was Faustus würde ihm entgegnen, wie sie würden agieren, wie die Welt um sie her würde sich wandeln - doch letztlich war die Realität gänzlich different von jedem Gedanken, welcher seiner Phantasie war entwachsen. Es war der Soldat, der alles veränderte, der jede traute Atmosphäre ließ weichen, denn zweifelsohne war er nicht Serapios Vertrauter, da jener die dramaturgische Darstellung, welche bereits zu früheren Zeiten ihr tatsächliches Verhältnis zueinander hatte kaschiert, in Perfektion fortführte als hätten sie erst gestern sich zuletzt gesehen. Schon immer hatte Gracchus große Schwierigkeiten damit, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, auch nur eine Ahnung dessen zu erhaschen, was in seinem Gegenüber mochte vor sich gehen, doch die Vollendung, mit welcher Serapio so zwanglos agierte ängstigte ihn beinahe ein wenig, wohl auch, da er selbst glaubte, seine eigene Anspannung und Nervosität mochte trotz aller Versiertheit in der Kunst dieser Art der Illusionierung - erprobt bei unzähligen Reden vor dem Senat oder anderen Gremien, bei Staatsopfern oder auch in Gegenwart seiner Gemahlin - nur allzu deutlich erscheinen.
    "Salve"
    , entgegnete Gracchus den Gruß des so lange Ersehnten und nur in der Art wie er den linken Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln hob mochte sein Gegenüber erahnen können, welch enorme Emotionalität darin lag, von welcher sonstig nichts nach außen drang.
    "Ich bin froh, dass du es dennoch einri'hten konntest."
    Es schienen die Worte ihm so unwirklich belanglos, so unvertraut in ihrem Ton, dass auch dies Gracchus ein wenig ängstigte in der Aussicht dessen, dass diese vorgebliche Darstellung des Aton aus Alexandria letztlich doch mochte die Wahrheit seines Lebens sein, dass die Situation nur daher so locker sich präsentierte weil sie so der Realität entsprach, es letztlich überhaupt keinen Grund für Nervosität gab. Im vergeblichen Versuche, zahllose Gedanken in seinem Geist zu sortieren, sich dessen zu entsinnen, weshalb er tatsächlich gekommen war, sich der wahrhaftigen Vergangenheit mit Serapio zu erinnern - mochte sein Geist auch zweifeln, sein Körper entsann sich mit deutlicher Klarheit -, folgte er diesem mit einem Nicken in die Eingeweide der Casa.

    Im Atrium angelangt war es jedoch nicht Faustus Serapio, welcher ihn erwartete, sondern ein gänzlich ihm unbekannter Mann. Indes war dieser zweifellos als Soldat zu erkennen, dass Gracchus' Leib sich noch mehr anspannte als er es ohnehin bereits war in Erwartung einer Kohorte, welche ihn würde festsetzen. Irgendetwas war schief gegangen - erneut, und wäre Gracchus dessen sich sicher gewesen, dass er in der Castra Praetoriae würde landen, so hätte er allfällig sich damit trösten können, in jedem Falle in Serapios Gefilden zu enden. Doch sein Leben war nicht gefordert auf der Proscriptionsliste, der Mann vor ihm mochte ihm ebensogut im nächsten Moment den Kopf von den Schultern trennen und sich mit seinem Haupte allein die Belohnung bei Vescularius abholen.
    "Salve"
    , grüßte er ein wenig unsicher, da weder eine Kohorte zu entdecken war, noch der Mann auf ihn zustürmte. Allfällig war er von Serapio gesandt worden, da dieser nicht selbst hatte kommen können, war somit ein enger Vertrauter des Decimus.

    Mehr als nur ein wenig nervös wartete Gracchus vor der Porta, über alle Maßen erleichtert, als der Ianitor die Türe zum zweiten Male öffnete. Die Eile, welche er forderte hielt er fälschlicherweise für die Vorsicht, welche Serapio ließ walten ließ, und in Erwartung eben dessen steigerte sich seine Nervosität beinahe ins Unermessliche als er dem Sklaven durch die Casa folgte.

    Bis in seine Ohren pochte sein Herz als Gracchus langsam, ein wenig humpelnd, auf die Porta der Casa Decima zutrat, und trotz des Bades am Morgen ließ sein Anblick wohl mehr auf einen Bettler und Bittsteller, denn einen angesehenen Besucher schließen. Er betete zu allen Göttern, welche überhaupt noch für sein Leben sich mochten interessieren, dass Serapio seine Botschaft hatte erhalten und anwesend war, dass er ihn würde empfangen und nicht stante pede in den Carcer abführen lassen. Zaghaft klopfte er an die Türe und suchte so gewöhnlich wie nur möglich zu wirken - obgleich ihm dies durchaus eine Schwierigkeit war, hatte in seinem Leben doch bisherig niemals die Notwendigkeit bestanden, gewöhnlich zu sein, oft nicht einmal, selbst an eine Türe zu klopfen und sein Begehr zu äußern.
    "Salve!"
    grüßte er den öffnenden Ianitor, doch seine Stimme war längstens nicht so fest wie gewünscht.
    "Mein Name ist Aton, ich stamme aus Ale..xandria. Ich bin auf der Suche nach Faustus Decimus Serapio, wir haben uns in Aegyptus kennen gelernt und er lud mich in sein Haus ein, sofern ich einmal Rom würde besu'hen."
    Der Bart auf Gracchus' Wangen verbarg die leichte Röte, die ihm ob seiner Lüge in die Haut stieg, wiewohl sein gesamter Leib in Nervosität war angespannt. Mit dem Beginn dieser Mär hatte er gleichsam bereits ihren gesamten Inhalt, wie auch ihr Ende präsentiert, so dass er auf jede möglichliche Gegenfrage nicht im geringsten war vorbereitet.

    Nachdem er bei der Casa Decima gewesen war, hatte Gracchus den Rest des Tages auf dem Caelius Mons verbracht. Nachdem er einige Zeit ziellos durch die Straßen war gegangen, stets bemüht, sich den Weg zurück zu merken, hatte er sich neben einem alten Bettler nahe der Porta Cealimontana nieder gelassen, hoffte er doch in dessen Schatten sich einzufügen in das Bild der Straße und aus dem Blick der vorbeieilenden Passanten zu verschwinden. Anfangs hatte der Alte ihn nicht tolerieren wollen, fürchtete er doch um sein Einkommen, doch nachdem Gracchus ihm hatte versichert, dass er nur einen Platz zum Ausruhen suchte und jede Münze, welche allfällig vor ihm würde landen an ihn weiter wollte reichen, ließ er ihn schlussendlich gewähren. Wiederum war dies eine gänzlich neue Perspektive für den Patrizier, welcher nie zuvor das Leben Roms von unten hatte betrachtet und mehr als einmal fragte er sich, ob dies alltäglich war, ob die Sorgen und Nöte der vorbeikommenden Menschen auch schon derart waren gewesen als er noch in der Villa Flavia hatte residiert. Zwei Mal näherten sich Urbaner auf ihrer Patroullie durch die Gassen, doch sie beachteten weder den Bettler, noch Gracchus, welcher neben ihm saß. Als schlussendlich am Abend die Sonne sich allmählich dem Horizont zuneigte, verabschiedete sich Gracchus von dem Alten, überließ ihm wie versprochen die Münzen, welche ob seiner heruntergekommenen Erscheinung tatsächlich vor ihm waren gelandet - immerhin zwei As - und schlich sich so unauffällig es ihm möglich war zur Casa Decima.

    Während Gracchus sonstig durchaus Gefallen daran fand, sich ab und an der Muse des Nichtstuns zu widmen, überkam ihn in Transtiberim eine gewaltige Unruhe - stets vermengt mit dem ohnehin vorherrschenden Schmerz in seinem Leibe - , sobald er sich auf einer Treppe oder Mauer niederließ, um ein wenig der Zeit tot zu schlagen, welche ihm bis zum Abend blieb. Zu groß schien ihm die Gefahr, dass irgendwer ihn würde erkennen können, obgleich dies dank des Bartes in seinem Gesicht, der Kapuze auf seinem Haupt und der Gegend, in welcher er sonst sich kaum wohl je hatte aufgehalten - abgesehen von einigen denkwürdigen Feierlichkeiten -, durchaus nicht allzu wahrscheinlich war. Dennoch suchte er nie allzu lange an einem Ort zu verweilen und auch keinen Platz ein weiteres mal aufzusuchen, schlich ein wenig ziellos durch die Gassen, mied viae und actus und bewegte sich nur auf itinera, wagte nicht noch einmal die Stadtmauer zu passieren um allfällig einige Zeit in den Gärten des Marc Anton zu lustwandeln, was er sonstig durchaus hätte präferieren mögen, und grämte sich ein wenig, dass er nicht später erst in die Stadt hinein war aufgebrochen - andererseits war die Gefahr so geringer, dass Serapio seine Nachricht nicht würde rechtzeitig erhalten. Nahe der Naumachi Augusti wurde Gracchus schlussendlich jählings bewusst, dass er keine Kenntnis darob hatte, wo die Casa Decima Mercator genau lag, respektive wie dorthin zu gelangen war. Ein Mietsänftenverleih am Rande des Platzes schien seine Rettung zu sein, denn lautstark pries eine rundliche Frau die Dienstleistung dieses Unternehmens an.
    "Mietsänften für jede Gelegenheit! Wir bringen dich stilvoll in jede Ecke von Rom! Mit oder ohne Leibwachengeleit!"
    Vorsichtig trat Gracchus näher.
    "Ah, der Herr braucht eine Mietsänfte? Du hast Glück, wir haben Angebotswochen. Wenn du heute eine Sänfte mietest, dann kannst du im nächsten Monat nochmal eine zum halben Preis bekommen. Wir haben die besten Träger in ganz Rom und die bequemsten Sänften!"
    "Nein, danke, ich benötige keine Sänfte. Ich benötige nur eine Weg..auskunft."
    "Wir sind doch nicht die Auskunft! Aber wenn du irgendwo hin möchtest, dann kannst du eine Sänfte mieten, wir bringen dich überall hin!"
    "Ich fürchte, ich besitze nicht genügend finanzielle Mittel, um mir eine Sänfte leisten zu können. Doch ich würde dur'haus ..."
    "Ach so einer bist du! Dann scher dich weg, wir versuchen hier ehrliche Geschäfte zu machen! Los, verschwinde!"
    Sie wandte sich ab und rief wieder ihre Offerte über den Platz.
    "Du brauchst eine Auskunft?"
    zischte es unvermittelt neben Gracchus Hüfte und als er dorthin blickte stand ein Zwergwüchsiger an seiner Seite.
    "Ich kenne alles und jeden in Transtiberim. Was suchst du?"
    Einige Augenblicke zögerte Gracchus, doch schlussendlich blieb ihm kaum eine Wahl, so er nicht seinen eigenen Termin wollte verpassen.
    "Nun, ich suche eine Casa, jedoch nicht in Trans..tiberim, sonder in Caelimontium. Es ist die Casa Decima, in welcher die Auctrix der Acta Diurna beheimatet ist."
    Es schien Gracchus eine passabler Einfall nicht Serapios Namen zu erwähnen, statdessen den seiner durchaus bekannten Schwester.
    "Diese Auskunft kostet dich ein As. Ein Sesterz wenn ich dich hinbringen soll - ist ein weiter Weg für so kurze Beine."
    Neuerlich suchte Gracchus seine Münzen heraus.
    "Ich habe nur noch einen Dupondius und drei As."
    "Na gut."
    Der kleine Mann grapschte nach den Münzen und steckte sie flinker weg als dass Gracchus dem konnte folgen.
    "Also, die Auctrix Decima wohnt nicht bei den Decimern, sonder bei ihrem Mann, dem Terentius Cyprianus. Deswegen auch der hohe Preis."
    Verlegen öffnete Gracchus den Mund, schloss ihn unschlüssig wieder. Selbstredend wollte er nicht zur Casa Terentia.
    "Nun, so suche ich die Casa Decima, in wel'her die Auctrix Decima früher einmal wohnte, jene in Caelimontium."
    "Na gut, das ist nicht allzu weit. Trotzdem weit genug für den Preis. Folge mir."
    Es war beinahe ein Glück, dass der Mann nicht allzu weit konnte ausschreiten, denn trotz seiner Größe legte er eine erstaunliche Geschwindigkeit hin, welcher Gracchus bei einem größeren Menschen ob der Anstrengung der zurückliegenden Tage kaum noch hätte folgen können.

    Ein ungewaschener Straßenjunge schlenderte zur Castra Praetoriae und gab dort eine Tabula für den Praefectus Praetorio ab. Anschließend verschwand er wieder in den Eingeweiden der ewigen Stadt.




    An: Praefectus Praetorio Faustus Decimus Serapio


    Die Sonne Aegyptens wird an diesem Abend herabsinken über die Casa Decima und einzig Hephaistion allein mag den Untergang verhindern.



    Noch vor dem Capitol bog Gracchus ab in Richtung des Theaters des Pompeius, hernach zum Theatrum Marcelli, um von dort aus über die Tiberinsel hinüber nach Transtiberim zu gelangen. Obgleich er sich dort nicht auskannte, so schien es derzeitig ihm doch die sicherste Gegend in Rom für einen gesuchten Staatsverräter zu sein - so es eine solche überhaupt gab -, war dies doch das kosmopolitischste Viertel der Stadt da die römischen Bürger dort aus allen möglichen Ecken des Imperiums stammten, ebenso wie auch die vielen Peregrinen, welche dort sich sammelten, ihre vielfältigen Kulturen, Traditionen und Religionen in den Alltag mit einfließen ließen. Aus den Garküchen, welche in die unteren Stockwerke der Häuser eingelassen waren, drang ein aufdringlicher Duft nach schweren, fettigen oder seit endlosen Stunden vor sich hinkochenden Speisen, nach billigem, abgestandenem Wein und bisweilen auch ein wenig zu lange gebratenem Fleisch, dass Gracchus ein Rumoren in seinem Magen verspürte, welches spätestens beim Anblick roher Fleischstücke noch sich steigerte, welche vor den Schlachtereien der Metzger waren aufgehängt. Nach Durchquerung einer Gasse, in welcher augenscheinlich alle Barbiere des Viertels sich hatten angesiedelt - in welcher ihn mehr als einmal ein Mann dieser Profession auf das wilde, unschöne Gestrüpp in seinem Antlitz hinwies, welches mit einigen Schnitten entfernt oder zumindest in passable Form würde gebracht werden können, was Gracchus stets hastig dankend ablehnte - erreichte er das kleine Forum vor dem Tempel der Bona Dea, welches trotz des geschäftigen Treibens rundherum eine behäbige Ruhe ausstrahlte. Gracchus hatte keine Erfahrung damit, Handlanger anzuheuern, so dass er auf gut Glück den ersten ihm müßiggängerisch erscheinenden, auf einer Treppenstufe herumlungernden Jungen ansprach.
    "Salve!"
    Der Bursche blickte nicht einmal empor, brummte etwas, das schwer als Gruß auszumachen war.
    "Ich suche jemanden, der gegen ein kleines Entgelt eine Nachri'ht überbringen kann."
    "So?"
    Nun schaute der Junge empor. Er war allfällig nur wenig älter als sein Sohn Minor, doch das Leben auf der Straße hatte bereits Spuren in seinem Gesicht hinterlassen.
    "Und wohin?"
    "Zur Castra Prae..toriae."
    "Uff. Das ist ja einmal durch die ganze Stadt! Das wird teuer."
    "Wieviel?"
    Augenscheinlich war Transtiberim doch nicht allzu optimal gewählt.
    "Fünf Dupondii."
    Gracchus wusste nicht, ob dieser Preis angemessen war, darob sann er nur kurz über den kläglichen Rest an Münzen in seinem Beutel nach und nickte sodann.
    "Gut."
    Der Junge legte die Stirn in Falten, denn augenscheinlich hatte er Widerspruch erwartet. Dann allerdings grinste er, sprang empor und hielt die Hand auf. Gracchus suchte die Tabula, welche er in dem Dorf einige Meilen vor Rom von einem öffentlichen Schreiber auf dem Marktplatz hatte anfertigen lassen, aus seinem Beutel, dann die Münzen, und übergab es dem Jungen - mit keinem Gedanken bedenkend, dass dieses Geschäft zweifelsohne sicherer wäre getätigt, wenn der Bursche einen Anteil seines Lohnes erst nach Verrichtung der Tat würde erhalten.
    "Gib sie nur am Tor ab und erwähne, dass sie für den Praefectus Praetorio bestimmt ist."
    Der Junge grinste, sprach jedoch nicht aus, was durch seine Gedanken trieb.
    "Für den Praefectus, ist gut."
    Sodann lief er los und zumindest die Richtung, in welche er entschwand, schien der rechte Weg. Ohne, dass Gracchus dessen sich konnte sicher sein, fand die Nachricht tatsächlich ihren Weg zum rechten Ziel.

    In einer kleinen Gruppe von Tagelöhnern, welche in der Stadt sich ein Auskommen suchten, Bauern, welche ihre Erzeugnisse auf den Märkten wollten feilbieten, und sonstigen Besuchern, welche aus der näheren Gegend ab und an in die Hauptstadt pilgerten, passierte Gracchus einige Stadtwachen und drängte sich durch die Gassen Roms - und hätte seine Konzentration nicht auf der Klandestinität seines Vorhabens gelegen, er hätte allfällig weinen mögen ob der Tatsache, dass es ihm noch einmal war vergönnt, betört zu werden von der schönsten aller Städte, dass es ihm würde erlaubt sein, sein Leben auszuhauchen im Zentrum der Welt, in dieser Stadt, die sein Zuhause war, der er ob all ihrer Widrigkeiten stets nur seine Liebe konnte zuteilwerden lassen. Niemals zuvor jedoch in seinem Leben hatte er die Stadt, ihre Bewohner und ihre Lebendigkeit aus dieser Perspektive gesehen - denn sofern er überhaupt war zu Fuß gegangen, so hatten stets Sklaven oder Liktoren dafür Sorge getragen, dass der Weg vor ihm gangbar war, wiewohl niemand ihn belästigte. Nun jedoch war er nur einer von vielen, ein indefinibles Individuum, welches versank in der Anonymität der Masse, einem Sandkorn am Strande gleich, einem Tropfen im Meer. Es war diese Anonymität selbstredend ein Schutz, denn im Angesichte seiner tatsächlichen Identität hätte er kaum wohl nur wenige Schritte über das Pflaster beschreiten können, gleichsam jedoch lieferte sie gnadenlos ihn dem Gewirr der Stadt aus.
    "Ein Quadrans, Herr? Wenigstens eine Semuncia, bitte!"
    suchte ein alter Mann, aus dessen Unterleib nur zwei kurze Stümpfe ragten, ihn an seinem Mantelsaum zu fassen.
    "Sänfte? Brauchst du eine Sänfte?"
    fragte ein junger Bursche ihn, trat schon im nächsten Augenblick nachdem Gracchus den Kopf hatte geschüttelt an ihm vorbei und wiederholte seine Frage gerichtete an den nächsten Passanten.
    "Fladenbrot! Fladenbrot! Das beste Fladenbrot der Stadt für nur einen Quadrans! Gebacken von den Bäckern der Bäckervereinigung der Via Lata!"
    hielt ihm ein anderer Brot vor die Nase, welches Gracchus nur beiseiteschob, eine dankende Ablehnung in seinen Bart murmelnd.
    "Suchst du Kleidung, Herr? Komm mit in meinen Laden, ich habe die besten Tuniken in ganz Rom, aus der weichesten Wolle gewebt, die du finden kannst. Es ist Wolle von Schafen aus Germania, die schönste und beste Wolle der ganzen Welt, im Winter warm und im Sommer kühlend! Komm, komm, Herr, komm mit in meinen Laden!"
    Der kahlköpfige Händler hatte Gracchus am Arm gepackt und zog ihn bereits von der Straße weg, dass jener sich nurmehr schwer konnte losreißen.
    "Nein, ich brauche nichts."
    "Aber Herr, vielleicht deine Frau oder deine Kinder? Es ist die beste Wolle ..."
    "Ich brau'he nichts!"
    fuhr Gracchus den Mann grantig an, der daraufhin ein wenig erschrocken zurück wich. Hastig senkte Gracchus wieder seinen Kopf, zog die Kapuze seines Mantels tiefer in sein Gesicht und drängte sich weiter durch die Masse. Selbstredend war es durchaus ein wenig ungewöhnlich, dass jemand in der Hitze des Sommers einen Mantel trug, doch ob der Diversität der Menschen, ihrer Herkunft und Kulturen in Rom, war er nicht die einzige Person, welche derart gewandet sich durch die Gassen trieb, und in Anbetracht der staubigen Patina auf der Umhüllung und seiner leicht humpelnden Gangart hätte ein Beobachter Gracchus' Gestalt am ehesten wohl zu den Schmarotzern und Bettlern, allfällig den Zechern der Stadt gezählt.


    Sim-Off:

    Reserviert …

    Der nächste Morgen brachte gleichsam nur mehr Qual mit sich, fühlte Gracchus' Leib sich doch an als hätte er auf hartem Stein genächtigt, und erst mit dem gänzlichen Erwachen wurde ihm bewusst, dass dies eben der Grund für das torquierende Brennen in jedem seiner Muskel war. Steif und ungelenk erhob er sich im Licht der aufgehenden Sonne, aß ohne großen Appetit ein trockenes Stück Fladenbrot und gab die Reste dem Pferd. In der kühlen Morgenluft ein wenig fröstelnd entkleidete er sich sodann, denn ehedem er Rom wollte betreten, wollte er den Staub, den Schmutz und den Gestank seiner inversen Flucht von sich abwaschen, wollte zu einem halbwegs zivilisierten Menschen sich wieder wandeln, dass Aton nicht bereits auf der Schwelle zur Stadt würde abgewiesen werden. Mit einem leisen Aufschrei des Entsetzen indes zog Gracchus seinen Fuß zurück, sobald dieser die Wasseroberfläche des Flusses hatte berührt, zog dieses doch eiskalt dahin, während Gracchus seit jeher ein bekennender Warmbader war, in der Therme stets das Kaltwasserbecken überging und in den heimischen Gefilden lieber in Wasser badete, welches fast noch kochte denn in einer lauwarmen Brühe. Doch es nutzte alles Klagen, alles Grämen nichts, konnte er doch unmöglich in Rom noch eine Therme aufsuchen, dass er schlussendlich sich dazu zwang, langsam in den Fluss hinab zu steigen, zitternd und fluchtend, schwer atmend und das Gesicht zu einer Grimasse der Konsternierung verzerrt, im eisigen Nass schlussendlich in schnelle, zappelnde Bewegungen verfallend, um zumindest aus seinem Inneren heraus ein wenig Wärme hervorzurufen. Atemlos tauchte er seinen Kopf unter Wasser, kam japsend und keuchend wieder empor, rieb sich notdürftig den Leib und sprang schlussendlich derart behände an das trockene Ufer wie er es kaum wohl seinem Leib noch sich selbst hätte zugetraut. Hastig rieb er sich mit der Innenseite seines Mantels trocken und kleidete sich wieder an, noch immer am ganzen Körper zitternd und fröstelnd, packte sodann rasch sein weniges Gepäck zusammen und nahm das Pferd am Zügel, denn um seinen Leib ein wenig zu wärmen wollte er den nächsten Abschnitt des Weges zu Fuß weiter gehen, aller schmerzenden Knochen und Muskeln zum Trotze.
    "So du jemals auch nur ein Wort über all diese Schma'h solltest verlieren, nur einen einzigen Gedanken daran, so schwöre ich dir, werde ich dafür Sorge tragen, dass du auf einem Opferaltar endest!"
    knurrte er das Pferd an und zog an den Zügeln, dass es ihm folgte. Da er alsbald schon von einem Hügel hinab Rom konnte erblicken - einer funkelnden Perle im Sonnenlicht gleich -, blieb das Tier indes von einem weiteren Ritt verschont, denn da es ihn in der Stadt nur würde behindern, hatte Gracchus sich dazu entschieden, das Pferd außerhalb zurück zu lassen. Einige Zeit hatte er darüber sinniert, ihm eine Tabula mit Scapulas Namen umzuhängen, doch würde der Finder das Tier tatsächlich zu diesem zurück bringen, so mochte der Cornelier daraus schließen können, dass Gracchus wieder in der Nähe war, ob dessen er das Pferd nur von seinem Zaumzeug befreite und es schlussendlich allein in der Natur zurück ließ, während er selbst die letzten Meilen nach Rom zurücklegte, den Leib nicht nur durch den Schmerz verkrampft, sondern auch von Furcht, doch gleichsam voller Hoffnung, getrieben von der Essenz seines Lebens und letztlich gar ein wenig in Sehnen nach der Erfüllung verborgenen Verlangens. Er konnte fühlen, dass dieser Tag ihm gewogen war, dass die Schatten wieder zu ihm sich gesellten auf seinem Weg in sein mutmaßliches Verderben, spürte das Gewicht eines jeden Augenblickes schwer auf seinen Schultern, die Bedeutsamkeit eines jeden Schrittes, und während er auf dem Pfad seiner Wunden wandelte, die Fußabdrücke seiner Flucht auf dem Weg vor sich erkannte, war es alsbald nurmehr eine Meile, die vor ihm lag, eine Meile voll Furcht in einer Welt, in welcher es längst nichts mehr zu fürchten gab, eine Meile bis dass der Verlorene der Gefundene würde sein.


    edit: Link

    Die Meilensteine am Rande der Straße zeigten an, dass Rom nicht mehr weit war, zu Pferd allfällig bis zum Abend hin noch zu erreichen. Gracchus jedoch mochte nicht in Dunkelheit die Stadt betreten, denn zweifelsohne würde dies nur darin enden, dass er sich in den Straßen und Gassen würde verlaufen, so er überhaupt so lange würde am Leben sein - obgleich auch die Aussicht auf eine weitere Nacht in den Fängen der wilden Natur keineswegs ihn erfreut zurückließ. Am frühen Nachmittag durchquerte er eine kleine Stadt, stahl sich unauffällig auf das örtliche Forum, kaufte noch ein wenig Brot und ließ von einem käuflichen Schreiber sich eine Nachricht in eine Tabula ritzen. Zwar blickte der Mann zuerst ihn ein wenig irritiert an, fragte jedoch nicht weiter nachdem Gracchus einige Münzen mehr auf den Tisch legte als gefordert. Zum späten Nachmittag dann legte er Rast ein an einem etwas größeren Fluss, richtete fernab der Hauptstraße in einer Feldniesche nah am Wasser sich sein Lager zur Nacht ein. Noch einmal quälte er sich durch die Dunkelheit, quälte er sich durch das Labyrinth seiner Gedanken, welche er mit dem leisen Summen einer Melodie zu verdrängen suchte, welche irgendwann einmal ein Teil seines Lebens mochte gewesen sein. Ein wenig belustigt stellte er fest, dass hier in der düsteren Natur, fern aller beengenden Mauern die Gefahren des Lebens derart waren präsent, dass die toten Seelen, die Larven und Lemuren, welche sonst ihn zu bedrängen suchten, in Schweigen verharrten. Wie in längst vergangenen Kindertagen zählte er kleine, fluffige Oachkatzln, welche über die Zäune seines Gedankengebäudes kletterten, doch immer wieder schlich ein grimmiger Hund sich ein, welcher die kecken Gesellen ließ auseinander stoben. Alsbald hörte er dem Pochen zu, welches die Agonie in seinem Leib ihm in den Geist schlug, doch immer wieder ließ ein Rascheln, ein Knacksen oder Säuseln aus der Natur um ihn her ihn aufschrecken. Erst als er suchte die Sterne zu zählen, welche über ihm am Himmel leuchteten - fern und uneingedenk aller irdischen Sorgen - gelang es ihm, für einige Zeit die Misere seines Lebens zu vergessen, und noch bevor er etwa das halbe Firmament hatte abzählen können driftete sein Geist hinab in die wirren Gefilde des Schlafes.


    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Längst war er verloren, driftete ziellos durch die undurchdringliche Dunkelheit, einmal mehr die harschen Worte in sein blutendes Herz ritzend, welches zerfallen würde im ersten Strahl der Sonne zu tristem, wertlosen Staub, denn wenn es nicht enden würde in Blutvergießen, so war es allfällig ohnehin keine Liebe. Hier in den endlosen Tiefen seiner Selbst waren sie gemeinsam am dunkelsten Ort der Welt, die Reflexion seiner Hülle nur in seinen blassen Augen sich spiegelnd. Etwas hatten sie gefunden, etwas verloren. Verzweifelt hatte er gesucht nach einem Ausweg aus den Straßen des Lebens, hatte Blut vergossen, ein Herz gebrochen - das seine nicht zuletzt -, doch all jene, welche etwas ihm bedeuteten blieben stets nur zurück. So stand er allein an diesem dunkelsten aller Orte, versuchte das Bild seines Antlitzes zu vergessen, und fragte sich, was süßer mochte sein - die Liebe oder ihr Verlust? Er verfluchte sein Herz, das ihn drängte zu lieben, liebte es, da es ihn drängte zu lieben immer wieder von neuem und sehnte sich nach dem Spiegel seiner Seele.

    ~~~

    Allmählich wurde das Land Gracchus ein wenig vertrauter, glaubte er sich zu entsinnen, dass es nicht mehr weit war bis nach Rom, irgendwo in diesen Hügeln auch ein Landsitz der Tiberier lag. Deplorablerweise brachte dies das Schicksal des Tiberius Durus ihm wieder explizit zu Sinnen, die Trauer und Wut darüber, den Hass auf Vescularius Salinator, welcher alles hatte zerstört, an das Gracchus hatte geglaubt - denn dass letztlich seine eigenen Entscheidungen ihn an diesen Punkt hatten geführt, an welchem er verlassen und ohne etwas bei sich, das tatsächlich seinem Besitz entstammte, in der Einöde Italias stand, dies hatte er bereits weit in die tiefsten Untiefen seines Selbst verdrängt - denn andernfalles wäre sein Geist kaum noch fähig, die ihn umgebende Welt zu ertragen. Ohnehin hatte sein Verstand sich nur durch den Funken der wahnwitzigen Hoffnung, wiewohl die Unvernunft der Leidenschaft aus dem Irrsinn erhoben, in welchen seine Seele bereits sich hatte verabschieden wollen, wenn auch eine beständige, sublime Unruhe in ihm war verblieben, ein emotionales Unwohlsein und mentales Ungleichgewicht, welches sein Verstand nicht mehr konnte einordnen.
    "Auch wenn die Rache nicht edel ist, so werden wir deinen Tod rächen, Tiberius Durus, denn das Schwert unserer Rache wird die Gere'htigkeit sein"
    , murmelte Gracchus vor sich hin, während das Pferd gemütlich auf dem gepflasterten Wege dahintrabte, denn in Gedanken versunken vergaß er darauf, es zu schnellerer Geschwindigkeit anzutreiben.
    "Zumindest sofern wir nicht zuvor sterben."
    "Ein Ereignis, welches durchaus im Bereich der Eventualitäten mag liegen."
    "Nein, dur'haus nicht, denn er wird nicht tolerieren, dass mir dies Schicksal zuteil wird."
    "Ist dies unbezweifelt? Allfällig hat er dich längst ver..gessen, da nichts mehr geblieben ist."
    "Nein, ausgeschlossen - seine Glut loderte ebenso immens wie die meine."
    "Dies mag so gewesen sein, doch du hast sein Sehnen nicht erwidert, ihn aus..harren lassen."
    "Nur des tumben Sklaven wegen! Nein, er wird dies zweifelsohne exkulpieren und mich anhören."
    "Sofern du bis zu ihm gelangst."
    "Dies ist in der Tat die größere Schwierigkeit."
    "Es bedarf einer Tarnung - auch seiner Sklaven wegen."
    "Aton. Aton aus Aegyptus."
    "Ein Paedagogus womögli'h?"
    "Nein, nein ..."
    "Ein Philosoph."
    "Ein Müßiggänger."
    "Woher kennst du ihn?"
    "Alexandria."
    "Selbst..redend."
    "Er sprach mir eine Einladung aus."
    "Ihn zu besu'hen, sofern du eines Tages Rom visitierst."
    "Darob bin ich hier."
    "Wer bist du?"
    "Aton. Aton aus Alexandria."
    "Wie die Sonne?"
    "Gewiss, wie die Sonne. Doch niemand kennt diese Sonne, es sei denn er ist ein wenig ver..schroben wie Scapula."

    Irritiert blickte Gracchus auf den Hinterkopf des Pferdes.
    "Denke ich noch, oder ar..tikuliere ich mich bereits?"
    Er presste die Lippen aufeinander und blickte sich um. Niemand war hinter ihm, dennoch mahnte er sich, ein wenig mehr Vorsicht walten zu lassen. Einige Augenblicke sann er darüber nach, statt in die Gefahr von Selbstgesprächen sich in eine seichte Konversation mit dem Pferd zu begeben, doch letztlich mochte er nicht enden wie Caligula - der schlussendlich durch die Hand der Praetorianer war ermordet worden, so wie auch Tiberius Durus.

    Eintönig und klebrigem Honig gleich zog sich die Zeit, geleitet von der fortwährenden Desperation ob allen Geschehens in Gracchus' Sinnen, welche mittlerweile ein beständiges Summen im Hintergrund all seiner Gedanken bildete, dass er beinahe schon über sie konnte hinweghören, geleitet von dem sich mehr und mehr ausbreitenden Schmerz in seinem Leibe, welcher durch die Strapaze des neuerlich ungewohnten Rittes, durch die langen Fußmärsche neben dem Pferd her und die inkommoden Unterkünfte des Nachts ihn mehr und mehr torquierte, geleitet von beständiger Furcht, welche allmählich Bestandteil wurde seiner Selbst, als hätte er zeitlebens nichts anderes gekannt als durch eine karge Welt zu flüchten, vor der Obrigkeit sich zu verbergen. Bisweilen frage er sich ob dies nicht alles nur ein ferner Traum war gewesen - seine Kindheit, seine Jugend, sein Aufstieg in Rom, seine Familie, all die Mühen, all die Pflichten, all die Freuden seines Lebens - denn da nichts war geblieben, schien ihm dies alles so fern, so verblasst wie die Pläne des Knaben, der er einst war gewesen, welche niemals ihren Platz in der Realität hatten gefunden. Womöglich war er nie mehr gewesen als ein Strauchdieb, war er nie mehr gewesen als ein Irrsinniger, welcher einem Trugbild nach dem nächsten folgte, welcher im Morgen bereits das Gestern hatte vergessen, und es verstörte ihn, dass er nichts bei sich trug, was ein Hinweis wäre gewesen auf dieses vergangene, flavische Leben, kein Beweis seiner Identität, nicht einmal ein Indiz für seine Erinnerung. Zu anderer Zeit indes war sein Leben ihm so präsent wie die Zügel in seiner Hand, wallte wieder der Zorn auf über das Geschehene, dachte er regelrecht sich in Rage über die Dreistigkeit dieses unverfrorenen Kretins Vescularius Salinator, echauffierte er sich über die Impertinenz und Boshaftigkeit des Ursupators, über die Verderbtheit dieses Verbrechers, welcher das Imperium Romanum hatte unrechtmäßig an sich gerissen und nun all jene, welche sich ihm widersetzten zu Staatsfeinden erklärte - und in dieser Gemütsverfassung war es ihm stets ein leichtes zu glauben, dass der Vescularier den Tod des Valerianus und seiner Familie hatte arrangiert und dies nun den ehrenhaftesten Männern inkriminierte, so dass alsbald Wahrheit und Trug sich vermengten, dass die Grenzen zwischen Realität und Lüge verschwammen, ineinander flossen und ein neues, filigranes Konstrukt der Welt in Gracchus entstand. So wandelte er beständig am Rande des Wahns, stolperte in die eine oder andere Richtung, verlor seinen Verstand, um an anderer Stelle ihn ein wenig verändert wieder zu finden, durchwanderte mit den Regionen Italias die Regionen seines Geistes auf der Suche nach einem Hauch von Beständigkeit, welchen er einzig in der Furcht fand vor seiner Entdeckung, welche augenscheinlich all seinen divergenten Leben war inhärent. Am Abend - allfällig des dritten, des vierten oder womöglich auch fünften Tages - zog ein letzter Hauch von Rostrot sich über den fernen Horizont, verschmolz mit dem tristen Graublau der Nacht bis dass die Dunkelheit jede Couleur, jeden Glanz in sich verschluckte. Die Knie an seine Brust herangezogen, den Umhang einer Decke gleich um seinen Leib gehüllt, starrte Gracchus in die Nacht und suchte nicht in den Klauen dieser Finsternis zu verenden. Durch seine Knochen und Muskeln wehte ein leiser Hauch von Agonie, zu gering, um in Wehklagen zu verfallen, doch zu beständig, um ihn zu ignorieren, zu trüb der Nebel aus Apathie in seinem Geist, um einen Gedanken zu fokussieren. Wenn allfällig in diesem Augenblicke ein Blitz würde herniederfahren, in ihn hinein, das Leben aus ihm herausbrennen. Wenn allfällig ein Ast des Baumes über ihm würde brechen und ihn unter seiner Last erschlagen. Allfällig mochte auch ein wildes Tier nahen, innerhalb weniger Herzschläge ihn zerreißen. Allfällig wäre dies kein schlechtes Schicksal - befreit von jeder Pflicht, frei von Qual, enthoben allen Notwendigkeiten des Seins und erlöst von all seinen Untaten. Doch es geschah nichts dergleichen, nur das Pochen seines Herzens war in seinen Ohren zu hören, der stetige Rhythmus dem höhnenden Peitschenschlag der Strigae gleich, während der Nebel der Apathie in seinem Sein mehr und mehr sich ausbreitete, bis dass dies aus nichts mehr noch bestand als aus diesem und dem steten Hauch der Agonie, der erst weit in die Nacht hinein verdrängt wurde von unruhigem Schlaf.

    Obgleich das beständig warme und trockene Wetter Gracchus' Rückflucht durchaus zum Vorteile gereichte da Straßen und Wege durchweg gut gangbar waren, wiewohl die Nächte in freier Natur darob einigermaßen erträglich, war es handkehrum ebenso widrig, da er in der Hitze des Tages kaum sich in seinem Mantel konnte verbergen, dass er alsbald dazu überging, unablässig in seinem Beutel zu kramen sofern entgegenkommende Reisende seinen Weg passierten. So er aus der Ferne erkannte, dass Soldaten sich ihm näherten, schlug er den nächstbesten Feldweg ein, um ein wenig abseits von der Straße zu rasten oder das Zusammentreffen zu umgehen, sofern ihm dies indes nicht möglich war stand er beständig Todesängste aus, dass irgendeiner der Männer ihn würde erkennen können. Weiteren Proviant für das Pferd und sich selbst wagte er nur auf den Märkten in kleinen Dörfern zu kaufen, war doch seine Befürchtung zu groß, dass in einer der italischen Städte ein Magistrat mochte Dienst tun, welcher Gracchus im Zuge seiner Laufbahn irgendwann schon einmal war begegnet. Da er durchaus um die begrenzte Vitalität des Pferdes unter diesen Umständen wusste, wiewohl sein eigener Leib ein schnelles Vorankommen ohnehin erschwerte, suchte Gracchus einen passablen Kompromiss zu finden zwischen Schnelligkeit und der Möglichkeit, überhaupt je in Rom anzugelangen - und obgleich sie auf dem Wege ihrer Flucht aus Rom vorwiegend hatten geschwiegen, so bemerkte Gracchus nun wie die Anwesenheit seines Sohnes und seines Neffen ihm fehlten - und so die gemeinsame Flucht bereits entsetzlich war gewesen, so war doch die Flucht in Einsamkeit, gänzlich verlassen von aller Welt wahrhaft abominabel. Stets dann, so er sich abseits der Straße befand, auf welcher die Meilensteine in kontinuierlichen Abständen ihn an das Ziel seiner Reise - das Zentrum der Welt - erinnerten und zu Vigilanz mahnten, verlor er sich in noch trüberen Gedanken und pessimistischen Fantastereien, dass er mehr als einmal einen falschen Weg einschlug, welchen er hernach über sich selbst verärgert wieder ein Stück musste zurück gehen, wiewohl er im Laufe der Tage musste erkennen, dass trotz der Tiefe seines Falles es beständig noch abwärts mit ihm ging. Er hatte etwa die Hälfte des Weges bereits hinter sich gebracht als Gracchus abseits der Hauptstraße an eine Wiese stieß, auf welcher Bäumen sich befanden über und über behängt mit reifen Kirschen. Galt noch sein erster Gedanke nur dem herrlichen Anblick, der Erinnerung daran, diese Früchte im Hortus der flavischen Villa in Rom zu verspeisen, so galt bereits sein nächster Blick der Gegend um ihn her, die verlassen und einsam sich präsentierte. Nur eine Handvoll dieser Früchte würde kaum wohl jemand vermissen, wären ohnehin vermutlich zu wenig wert als dass sie einen großen Mehrertrag ihrem Besitzer würden einbringen. Unter rotbehängten Zweigen hielt Gracchus das Pferd an, dass die leuchtenden Kirschen geradezu verführerisch ihm vor der Nase hingen. Allfällig gehörten diese Bäume nicht einmal irgendjemandem, würden nur von den Vögeln gepickt oder am Ast noch verfaulen. Langsam streckte Gracchus seine Linke empor, ein leichtes Zittern in seinem gesamten Leib, und ehe noch ein weiterer Gedanke an Unrechtmäßigkeiten und Diebstahl ihm konnte in den Sinn gelangen, hielt er bereits eine rotfarbene Frucht zwischen den Fingern. Als würde die kleine Köstlichkeit seine Bewegungen lenken während sein eigener Leib sich dagegen stemmte, hob er langsam, schwerfällig beinah die Hand zu seinen Lippen, schob die Frucht in seinen Mund und schloss die Augen. In Goldgelb, Mauve, Azurblau und Purpurrot brandete ein Meer aus Entzücken und Euphorie über ihn hinweg als die Kirschsüße sich über seine Zunge ausbreitete, als der wonnige Wohlgeschmack in ihm eine Flut an Reminiszenzen empor beförderte, geboren aus der Kargheit des Augenblickes, den Entbehrungen der letzten Wochen und der Hoffnungslosigkeit der Zukunft. Er war ein kleiner Junge, naschte im Atrium mit seiner Schwester Agrippina aus einer Obstschüssel und in kindlicher Ausgelassenheit hatten sie sich Kirschpaare über die Ohren gehängt; er war ein Knabe, lag neben Caius auf einer Wiese unter den Olivenbäumen Achaias und sie plünderten einen kleinen Proviantsack, den sie auf ihr großes Abenteuer hatten mitgenommen; er war ein Heranwachsender, lag mit seinen Vettern Caius und Marcus nach einer üppigen Mahlzeit im Triclinium als Marcus einen Wettstreit im Kirschkernweitspucken begann, welcher darin endete, dass sie sich gegenseitig versuchten zu treffen - selbstredend hatte Marcus den Kampf gewonnen; er saß mit Leontia im Hortus der Villa in Rom, sie disputierten und philosophierten bei einer Schüssel voll Obst; er aß wortlos mit seiner erst kürzlich angetrauten Gemahlin Antonia im Triclinium der Villa und eine exquisite Nachspeise mit heißen Kirschen rundete ihr Schweigen ab. Ein wohliges Seufzen echappierte Gracchus' Kehle nachdem die Frucht in seinem Magen war angelangt, blinzelnd öffnete er wieder seine Augen und spuckte den Kern auf die Wiese. Eine weitere Frucht würde zweifellos noch nicht als Diebstahl gewertet werden können, und letztlich mochten dies schlussendlich die letzten Kirschen sein, welche er je in seinem Leben würde zu sich nehmen können - wer also mochte ihm dies verdenken? Nach der zweiten streckte sein Hand ganz ohne sein Zutun sich bereits nach der dritten Frucht, nach dieser schon nach der nächsten, dass alsbald der Zweig vor ihm in seiner Griffhöhe geplündert und ohne noch eine Kirsche war. Nur ein Ruck am Zügel des Pferdes ließ schon den nächsten, rotfarben leuchtenden Ast vor Gracchus' Augen wippen, ließ ihn die Früchte plündern mit dem Heißhunger eines Verlorenen, und erst als sein Magen anzeigte, dass er mehr nicht würde vertragen können, ließ Gracchus ab von der verlockenden Süße, und erst in diesem Augenblicke mengte auch sein Gewissen sich wieder unter seine Gedanken, dass er hastig sich umsah und das Pferd eilig fort lenkte. Hatte ein Mord in sich bereits alle Schlechtigkeit vereint, dass ein Diebstahl sich nur würde einfügen in dieses Verbrechen, oder mochte der Diebstahl noch obenauf gerechnet werden? Würde man ihn vor dem Todesurteil noch zu einer Geld- und Freiheitsstrafe verurteilen? Je weiter Gracchus von dem Ort dieses weiteren Verbrechens sich entfernte, desto mehr rebellierte sein Magen, desto mehr versank er wieder in seinen Gedanken, welchen ein weiterer Anteil an Zerknirschung und Selbstzweifel hinzugefügt war.

    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~

    Ausgedörrt und vertrocknet lag die staubige Welt vor seinen Füßen, dunkle Risse zogen sich über den brüchigen Grund, aus welchem in unregelmäßigen Abständen der schwarzfarbene Rauch der unergründlichen Tiefe sich erhob, in dunstigen, schwefeligen Wolken aufstieg, um sich empor in der Höhe mit dem nebulösen Wolkenteppich zu vereinigen, der einem schweren Tuch gleich über der Welt lag.
    "Mörder!"
    flüsterten die ausgefransten Schatten um ihn her, doch es war ihm einerlei, ihm, der er dem vernichtenden Feuer gleich durch die Welt wandelte.
    "Mörder!"
    säuselte der kalte Wind in seinem Genick, doch zog er ungehört an ihm vorbei, an ihm, der er in die Augen der lebenden Toten hatten gesehen, deren hysterische Lethargie nur in dem Wahn seines eigenen Blickes sich widerspiegelte. All dies war nur ein Spiel, ein fortwährend immergleiches Spiel, dessen einziges Ziel das Überleben war, ein endloses Spiel der großen Masse, die Zeit sich zu vertreiben ehedem sie in Furcht vor dem Schmerz des Todes dahinsiechend starben. Aller Sinn von Freiheit jeglicher Art war vergangen, hatte sich selbst überdauert, denn er war nurmehr die dunkle Sonne in einer hellen Welt, eine dunkle Sonne, welche schattiges Licht gebar. Es war der Fluch seiner Geburt, hingeworfen in diese entfremdete Zeit, es war sein Name, welcher das Übel gebar, und selbst wenn ein weiteres Leben, ein weiteres Zeitalter ihm verfügbar wäre gewesen, so würde er doch im Abbild des Schattenreiches nicht mehr erreichen als Leben und Sterben, war dies doch das Los in einer von den Göttern verlassen Existenz. Dem Prometheus gleich ward er gebunden an sein Schicksal, gefesselt mit eisernen Ketten an den Felsen dieser schönen, neuen Welt aus endlosem Vergehen, und nicht mehr musste er jemals wissen bis zu ihrem Ableben, bis zum Verglühen der Sonne.

    ~~~


    Als der Morgen graute und Gracchus auf den Schrei eines Raubvogels furchtvoll empor fuhr, hatte er kaum nur einige Stunden geschlafen und ein Zittern steckte in seinem Leib, von welchem er nicht wusste, ob es der Kälte oder der Strapazen herrührte. Dennoch quälte er sich empor, fütterte das Pferd mit einigen Äpfeln seines eigenen Proviantes, tränkte es ein Stück zur Straße hin an einem Bach, ehedem er sich wieder auf den Rücken des Tieres quälte und weiter gen Rom ritt, genährt von einem marginalen, verzweifelten Funken Hoffnung und dem leisen Sehnen, dass sein Leben nicht würde enden müssen im Tod von Tausenden.

    Außerhalb der Befestigung des Castellums der Legio I hatte Gracchus sein Pferd zur Eile angetrieben, erst als er außer Sicht der Stadt Mantua war verringerte er das Tempo ein wenig, denn obgleich es ihn drängte, die weite Landschaft so schnell wie möglich hinter sich zu lassen, so wusste er doch, dass das Tier beständige Hast nicht würde durchstehen - ebensowenig wie er selbst. Die Bewölkung am Himmel, sowie ein leichter Wind aus Südosten begünstigten die Klandestinität seines Unterfangens, war es doch so nicht allzu ungewöhnlich, dass ein Reiter die Kapuze seines Mantels über sein Haupt gezogen trug. Dennoch suchte Gracchus die ihm entgegenkommenden Menschen so gut als möglich zu ignorieren, niemanden direkt anzublicken, wiewohl sofern größere Mengen ihm entgegen kamen allfällig rechtzeitig zu einer kurzen Rast vom Weg abzuscheren. Obgleich er bereits am Abend wieder die Strapazen des Rittes in seinem Leib verspürte zwang er das Pferd und sich noch in die Dämmerung hinein zu reiten, so lange bis die Dunkelheit zu tief wurde als dass ein sicheres Vorankommen noch möglich war. Die erste Nacht seiner Rückkehr nach Rom verbrachte er in einer verlassenen, beinahe schon verfallenen Hütte, deren Mauern gerade noch genügend Schutz vor Wind und Wetter boten als dass sie die Bezeichnung einer Unterkunft hatte verdient - denn zu groß war Gracchus' Furcht davor, dass irgendwer in einer Herberge ihn würde erkennen und seinen Kopf für zweitausend Sesterzen den Offiziellen ausliefern können. Im trüben Licht einer schmalen Mondsichel und der Sterne versorgte er notdürftig das Pferd und kauerte sich schlussendlich in seinen Mantel gewickelt in eine Nische zwischen den Steinen, welche ihm noch derart stabil erschien, dass sie nicht gerade in dieser Nacht würde zusammenfallen. Trotz der Müdigkeit in seinen Knochen fand er lange keinen Schlaf, denn zu viele Gedanken torquierten seinen Geist, zu viel Angst vor der Fährnis der Wildnis seine Seele.

    Etwa drei Stunden, nachdem Manius Flavius Gracchus, welcher in der Castra der Legio I wenn überhaupt nur unter dem Namen Decimus Maxentius war geführt worden, das Lager gen Rom hatte verlassen, brachte ein Sklave aus dem Privatbesitz der Aurelier eine Nachricht zum Officium des Legaten.



    M. F. G. Legato Tito Aurelio Urso s.p.d.


    Mit der Art und Weise wie Vescularius Salinator in Rom die bestehenden Machtstrukturen hat geändert, hat sich eine Möglichkeit aufgetan, welche mir den Versuch gestattet, das dem Imperium Romanum und seinen Bürgern dräuende Unheil allfällig ein wenig zu verringern, unsere eigene Ausgangslage ein wenig zu verbessern und einige der Soldaten innerhalb der Hauptsadt für unsere Seite zu gewinnen.


    Mag die Aussicht auf Erfolg auch gering sein, da dies von unzähligen Faktoren abhängt, mag mir im schlechtesten Falle nicht einmal die Rückkehr nach Rom glücken oder ich schon bei Ankunft dort inhaftiert werden, so ist es doch meine Pflicht, den Versuch zu wagen, ob dessen ich noch in der heutigen Nacht aufgebrochen bin.


    Es ist eine große Bitte, allfällig zu groß in Anbetracht der Tatsache, dass wir nur auf der gleichen Seite des Kampfes stehen, dass bisher nur entfernte Verwandte und gemeinsame Freunde unsere Personen verbinden, doch muss ich zu alledem, was du bisherig für uns getan hast, dich darum noch bitten, bis zu meiner Rückkehr oder zur Wiedergenesung meines Neffen auf meinen Sohn Acht zu geben. Ich weiß, dass er in deiner Obhut in guten Händen ist, und werde auf ewig dafür in deiner Schuld stehen.


    Mögen die Götter unserer Sache gewogen sein, sie stets wohlwollend über dich und die deinen wachen!


    M.F.G.

    Augenscheinlich hatte der Sklave, welchem er seine Nachrichten hatte diktiert und seine Weisungen für den frühen Morgen aufgetragen, seinem eigentlichen Herrn - Aurelius Ursus - tatsächlich kein Wort über Gracchus' Pläne verraten, denn nicht nur, dass der Sklave vor dem Seiteneingang des Praetorium mit einer Tasche voll Proviant für vier Tage wartete, auch Gracchus' Pferd stand dort bereits gesattelt und zur Abreise bereit. Er ließ sich von dem Unfreien auf das Tier hinauf helfen, nahm die Tasche entgegen, dazu noch einen Schlauch mit gewässertem Wein und eine Decke für das Pferd.
    "Bringe die Nachricht für Legat Aurelius zu dessen Officium etwa drei Stunden na'hdem ich das Lager habe verlassen."
    Der Sklave nickte und Gracchus warf ihm noch eine Münze zu - eine der wenigen, welche ihm aus dem kleinen Vorrat geblieben waren, welche die Flavier bei ihrer Flucht aus Rom in der Villa des Cornelius Scapula hatten zu sich genommen. Er hoffte, die Reste würden ausreichen, um noch damit bis Rom zu kommen - wie es dort würde weitergehen, mochte er zu dieser Stunde noch nicht bedenken. Ohnehin würde in der Hauptstadt vermutlich keine Notwendigkeit für weitere Münzen gegeben sein - entweder er fand Unterschlupf bei Freuden oder aber er landete im Carcer, respektive am tarpeischen Felsen. Noch im Lager der Legio I trieb Gracchus sein Pferd zur Eile - hatte er doch die Meldereiter beobachtet, welche das Castellum verließen, in hastigem Tempo wurde keiner von ihnen am Tor aufgehalten - wozu auch, wollte der Feind doch zumeist von außen nach innen, nicht umgekehrt - und lies neuerlich alles zurück, was ihm geblieben war.


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    Als Gracchus den braunfarbenen Mantel, welchen er kurz nach der Flucht aus Rom hatte von dem Verwalter auf Cornelius Scapulas Landgut erhalten, um seine Schultern legte, graute weithin im Osten gerade der anbrechende Morgen, drängten sukzessive die Strahlen der gemächlich emporsteigenden Sonne sich über den Horizont. Leise trat er noch einmal an das Bett zu seinem schlafenden Sohn Minor heran, zog ein wenig diesem die Decke weiter über die Schultern, während ein sanftes Lächeln seine Lippen umschmeichelte. Es dauerte ihn, Minor zurücklassen zu müssen, doch wenn es eine Zukunft für die Familia Flavia Graccha gab, so lag sie dort in diesem Bett, friedlich ruhend und in aller Unschuld der Jugend. Es war am Morgen zuvor gewesen, da die neuesten Nachrichten aus Rom im Castellum der Legio waren eingetroffen und die alles verändernde Meldung auch an Gracchus' Ohr. Bis zum Nachmittag hatte er vor sich hinbrütend über die sich ihm bietende Möglichkeit nachgedacht, seinen Plan mehrmals verworfen, nur um bald darauf ihn wieder neu zu fassen, bis dass er letztlich fest entschlossen war, dies Wagnis einzugehen. Seine Chance war überaus gering, die Unwägbarkeiten immens, doch wenn auch nur die geringste Aussicht bestand, das dräuende Schicksal abwenden zu können von dem Imperium, welches letztlich auch durch sein Zutun dem Reich und seinen Bewohnern bevorstand, so musste er dies versuchen, selbst so es ihn sein Leben sollte kosten.
    "Lebe wohl, mein Sohn"
    , flüsterte er leise.
    "Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen."
    Sodann ließ er ab von Minor und verließ leise den Raum. Auf seinem eigenen Bett blieb nur eine Wachstafel zurück, welche er bereits am Abend zuvor einem Sklaven hatte diktiert.



    Mein Sohn,


    so du diese Zeilen liest, werde ich bereits weit fort sein, und es liegt in den Händen der Götter, ob wir uns je wiedersehen. Es haben sich Gegebenheiten in Rom gewandelt, welche womöglich uns und dem gesamten Imperium noch zum Vorteile können gereichen, ob dessen es meine Pflicht ist zu versuchen, dies herbei zu führen. Der Weg zurück nach Rom mag voller Gefahren sein - insbesondere in Anbetracht meines derzeitigen Status -, und auch dort ist die Aussicht auf Erfolg allfällig nur sehr gering, doch so marginal meine Chance auch sein mag, so unbedeutend ist meine eigene Person in Anbetracht des Wohles des Imperium Romanum und unserer Familie, ob dessen ich dies Wagnis muss eingehen.


    Solange ich fort bin, Quintus Flaccus nicht bei Gesundheit und weitere Anverwandte nicht in erreichbarer Nähe, wirst du dich den Weisungen des Titus Aurelius Ursus fügen. Er ist ein viabler Mann, welcher zweifelsohne für dein Wohn nach besten Möglichkeiten wird Sorge tragen.


    Was auch geschieht, Minimus, erinnere dich stets daran, dass du ein Flavius bist, und dass ich stolz auf dich bin.


    Mögen die Götter stets ihre wohlwollenden Hände über dich halten!
    Dein Vater


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