Beiträge von Julia

    Julia biss sich auf die Zunge und ballte die Fäuste neben dem Körper. Sie hatte noch nie gekocht, was sollte sie jetzt machen? Sie hatte bisher immer von der Hand in den Mund gelebt, wer hätte es ihr beibringen sollen?
    "Und was für ein Essen..?", fragte sie, um ihre Unsicherheit zu übertünchen.

    Mit zusammen gebissenen Zähnen nickte sie, als sie am Ende der Treppe angekommen war.
    Sie hatte aufgehört zu weinen, aber obwohl sie sich grade gewaschen hatte fühlte sie sich schmutzig und falsch.
    Etwas in ihr sträubte sich, und das gewaltig, das zu tun, was Minos sagte. Doch das kürzlich erlebte lies sie gehorchen. Sie wollte keine Sklavin sein, sie war keine Sklavin! Doch sie merkte, dass es besser war zu tun, was man ihr sagte.

    Julia versuchte sich aufzurichten. Doch ihre Beine wollten sie einfach nicht tragen. So blieb sie noch einige Momente in sich zusammen gesunken sitzen und versuchte nichts zu denken.
    Dann stand sie jedoch zittrig auf. Sie stolperte zu der Tür und hielt sich dort erstmal am Rahmen fest. Während sie versuchte sich zu beruhigen und sich immer wieder die Tränen aus dem Gesicht wischte sah sie sich in der Kammer um.
    Scherben und zerschnittene Seile, ansonsten ein Krug Wasser und die Pritsche.
    "Ich will hier weg", flüsterte sie abermals ehe sie sich langsam von der Tür löste und unsicheren Schrittes hinunter ging.

    Julia zuckte kurz bei den barschen Worten zusammen, machte dann auch tatsächlich schneller. Doch als Minos auf den Flur verschwand lies sie den lappen fallen und barg das Gesicht in den Händen.
    "Ich will hier weg", flüsterte sie erstickt und mit seltsam hoher Stimme.
    Sie hörte die Schritte wieder kommen und riss grade noch rechtzeitig die Hände vom Gesicht und packte den Lappen mit der einen Hand.
    Den Befehl die Tunika anzuziehen tat sie ohne Zögern und so schnell sie konnte, und trotzdem fühlte sie sich verletzlich und verwundbar.
    Immer noch neben dem Eimer auf dem Boden sitzend verknotete sie die Finger miteinander und presste die Lippen fest zusammen. Den Blick hatte sie stur nach unten gerichtet.

    Abermals liefen ihr die stummen Tränen über die Wangen.
    Abermals fühlte Julia sich einfach nur verloren.
    Sie wollte sich nicht mehr bewegen, wollte sich am liebsten in Luft auflösen, wollte hier weg. Doch als sie Minos befehl hörte setzte sie sich langsam und mit zusammen gepressten Lippen auf.
    Die Tränen liefen immer noch, als sie zu dem Eimer wankte, sich dort auf die Knie fallen lies und begann sich wie in Trance zu waschen.

    Julia glaubte keine Luft zu bekommen. Sie versuchte sich irgendwie zu bedecken und gleichzeitig einfach weg zu kommen.
    Es war zu ähnlich, viel zu ähnlich wie das mit Achill.
    Sie fixierte Minos und die Angst war nur zu deutlich in ihren Augen zu lesen, aber auch eine Spur Trotz und Widerwillen.

    Stumm den Mund bewegend beobachtete Julia wie der Kleine ging. Wie er die Tür schloss.
    In dem Moment wollten ihre Beine sie nicht mehr tragen und sie sackte auf den Boden. Ihre Hände krampften sich in ihre Tunika und sie starrte mit raßendem Herzen auf einen Punkt irgendwo am Boden.
    Die Furcht schnürte ihr die Kehle zu, dennoch, oder grade deswegen schien sich ihr Verstand abzuschalten und sich ihre Hände von selbst zu bewegen.
    Ganz langsam löste sich eine ihrer Hände aus der Verkrampfung und wanderte ebenso langsam zu den Knoten an ihrer Schulter. Sie versuchte ihn zu lösen doch ihre Finger zitterten zu stak, als dass sie gekonnt hätte.

    Julia spürte wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, doch sie kämpfte hatnäckig dagegen wieder zu weinen. Auch wenn ihre Wangen brannten.
    Sie legte die Arme schützend vor dem Körper und schüttelte nur den Kopf.
    "Ich... ich...", kam es gestammelt über ihre Lippen, doch sie tat nichts um den Befehl auszuführen.
    In ihrem Inneren krampfte sich alles zusammen. Ihr Blick suchte den von Koron und flehende Augen schauten den Kleinen an.

    Julia knallte nochmal gegen die Wand als sie vor diesen Worte zurück zuckte.
    "NEIN!"
    Entsetzen lies ihr Herz schneller Schlagen und ihre Augen suchten panisch nach einem Ausweg, blieben dabei mehrmals an der Tür hängen. Sie presste sich gegen die Wand und schüttelte mit weit aufgerissenen Augen und zusammen gepressten Lippen den Kopf.
    Nicht schon wieder! Bitte nicht!

    Als die Tür sich auftat wirbelte Julia zu dieser herum.
    Sie wartete mit gemischten Gefühlen, wer da wohl herein kommen würde. Auf Koron freute sie sich, und er war heute noch nicht gekommen, aber wenn es jemand anders war...
    Sie wich einen Schritt zurück, so dass sie gegen die Wand stieß, als sie Minos erkannte. Das Koron kurz nach ihm eintrat änderte nicht viel an ihrer Angst. Dennoch, oder grde deshalb reckte sie das Kinn und brachte ihre Kehle dazu überheblich zu fragen: "Was gibt es denn?"
    Sie klang beinahe so, als würde sie jemanden in ihren eigenen vier Wänden nur aus Großmut empfangen.

    Julia wanderte die Kammer auf und ab. Sie hasste es eingesperrt zu sein, und wie sie es hasste. Dazu kam noch die Angst von diesem Ungeheuer eventuell schwanger zu sein. Auf diese Möglichkeit war sie erst am nächsten Tag gekommen und nun erhoffte Julia sich zum ersten Mal ihre Blutung herbei. Schwaner zu sein würde alles nur noch schlimmer machen, da war sie sich sicher.
    Und so trieb es sie in ihrer kleinen Kammer immer weiter auf und ab. Koron kam einma täglich vorbei, um ihr Essen zu bringen und blieb auch für gewöhnlich ein Weilchen, doch auch ein Schiffjunge hatte zu tun, selbst wenn er nicht auf dem Schiff war. So war Julia die meiste Zeit mit ihren Befürchtungen in der Kammer allein.
    Die Tür war die gesamte Zeit offen und quälte sie noch mehr als alles andere. Die Verheißung zur Freiheit, die sie nicht nutzen konnte trieb sie beinahe in den Wahnsinn.
    "Ich wäre sicher schon längst wahnsinnig, wenn Koron nicht hin und wieder kommen würde.", murmelte Julia vor sich hin, um die Stille in der Kammer zu durchbrechen. Sie hatte sich in den drei Tagen die sie hier schon gefangen war angewöhnt mit sich selbst zu sprechen, oder etwas zu summen oder zu singen, nur um sich irgendwie abzulenken.
    Unvermittelt ging sie auf eine der Wände zu, schlug dagegen und schrie halb, halb schluchzte sie: "Ich werde hier noch wahnsinnig!"

    "Danke", kam es ehrlich dankbar über Julias Lippen. Dass Koron es verdammt unbequem haben würde kam ihr gar nicht in den Sinn, sie war wohl wirklich zu müde.
    Zögernd stand sie auf und blickte zur Pritsche. Alles in ihr sträubte sich dagegen sich dort hinzulegen, nur ein kleiner Teil sagte ihr, dass es dort am bequemsten war. Kurz haderte sie noch mit sich, ehe sie sich einen Ruck gab und sich erst auf die Pritsche setzte und dann hinlegte. Die Decke fest umklammert blickte sie zu Koron und lächelt ihm zu.
    "Gute Nacht. Und Danke.", murmelte sie und atmete nochmal tief durch, ehe sie die Augen schloss. Doch die befürchteten alptraumhaften Visionen blieben aus und sie war bald eingeschlafen. Ein traumloser Schlaf der Erschöpfung.

    "Ja, das bin ich tatsächlich... ziemlich sogar"
    Ein angedeutetes Lächeln zeigt sich.
    "Aber ich kann mich nicht überwinden bewusst zu schlafen, was ist, wenn Achil wieder kommt?"
    Sie hatte es gesagt, was sie bewegte und nun schaute sie zur Tür, und gleich wieder zu Koron. Eigentlich hatte sie das gar nicht sagen wollen, es war ihr einfach herausgerutscht.

    "Ich hab nur Geschichten gehört, und vielleicht sind die auch falsch. Aber um es genau zu sagen wird erzählt, dass viele Seemänner gerne bei ihren Geschichten übertreiben, sie übermäßig ausschmücken, kurz: etwas flunkern. Aber keine Sorge, dir glaube ich."
    Sie lächelte ihn an und konnte ein Gähnen nicht ganz unterdrücken.

    "Ach so ist das."
    Julia schaute den Kleinen mithochgezogenen Augenbrauen, aber ansonsten ernst an.
    "Und du musst verzeihen, Seemänner sind für die Geschichten bekannt, die sie erzählen.", fügte sie dann noch schmunzelnd an.
    Sie zog die Decke um ihre Schultern nochmal zurecht und kuschelte sich in die Wärme. Auf der Pritsche wäre es tatsächlich bequemer, aber.. nein, da wollte sie sich nicht drauflegen.

    Julia lächelte still vergnügt, als er so über die Frage nachgrübelte, ob Mädchen überhaupt schwimmen konnten.
    "Danke, ich werde eine gute Schülerin sein, das versprech ich dir.", sagte sie dann lächelnd. Wie schaffte es der Kleine bloß sie selbst jetzt aufzuheitern?
    Doch dass es so hohe Wellen geben sollte konnte Julia nicht wirklich glauben.
    "Wie will sich Wasser denn so hoch auftürmen? Und wie können Schiffe dann überhaupt auf dem Meer fahren? Müssten die denn nicht bei so einer Welle einfach umkippen?", fragte sie ernsthaft verwundert.

    Julia lächelte, als sich Koron neben sie setzte und so ungläubig fragte.
    "Nein, ich kann auch nicht schwimmen. So wie ich vieles nicht kann. Vielleicht bringst du es mir ja irgendwann mal bei, hm?"
    Sie schaute ihn von der Seite her lächelnd an. Es würde wohl nie dazu kommen, aber das war momentan unwichtig.
    Als er dann vom Meer erzählt wurde Julias Blick leicht verträumt.
    "Das Meer muss wunderschön sein."

    "So?", meinte Julia leicht schmunzelnd und fragte sich, wer denn Ajax war. Doch sie reimte sich einfach einen alten, erfahrenen Seemann zusammen. "Ich war noch nie auf einem Schiff.", erzählte Julia dann unvermittelt. Sie blickte auf die Wand über Koron und lächelte leicht. "Es muss bestimmt schön sein auf das freie Meer blicken zu können. Ich habe auch noch nie das offene Meer gesehen, ich war immer nur in Rom. Immer nur in der Nähe des Forums und in den Gassen der Stadt." Sie schaute Koron traurig lächelnd an. "Erzählst du mir vom Meer?"

    "Danke Kleiner.", murmelte Julia und zog die Decke enger um den Körper. Warum war ihr auf einmal so kalt? "Aber... lass mal, hier ist es auch ganz bequem." Sie warf einen flüchtigen Blick zu der Pritsche und schaute schnell wieder weg, als die Erinnerung wieder hochzukommen drohte.
    "Du wirst sicher mal ein guter und starker Seemann. Da bin ich mir inzwischen sicher. Aber erzähl mal, wie ist es auf dem Schiff? Was sind denn zum Beispiel deine Aufgaben?"
    Julia fühlte sich unendlich müde, aber schlafen wollte sie nicht.

    Durch das plötzliche Gewicht auf den Schultern irritiert regte sich Julia unruhig, als die Decke über sie gelegt wurde.
    Dennoch dauerte es eine ganze Weile, bis sie aus ihrem Dämmerzustand erwachte. Zu schön war die Dunkelheit und die Leere im Kopf kurz vor dem Aufwachen.
    Sie blinzelte und rieb sich über die Augen. Dann auf einmal erinnerte sie sich daran, wo sie war und fuhr mit einem Ruck hoch. Die Decke fiel zu Boden und Julia schaute sich unsicher und suchend um.
    Sie entdeckte Koron an der Tür, beruhigte sich wieder und hob die Decke wieder über ihre Schultern.
    Dann lächelte sie Koron freundlich und traurig zu gleich an.