Beiträge von Claudia Antonia

    Du weißt bereits, dass es ein Sohn wird?
    Neckisch stuppst sie ihn in die Rippen. Es war schon ein wenig sonderbar: Fünf Minuten nach der Zeugung war der Mann im Prinzip überflüssig und dennoch wurde er als Krone der Schöpfung betrachtet.
    Zumindest zeigte dieses Exemplar seiner Gattung Verantwortungsbewusstsein und scherte sich nicht, wie viele hochgestellte Persönlichkeiten, nicht darum, was aus seinen zahlreichen unehelichen Nachkommen wurde.


    Du musst dann aber darauf achten, dass dein Purpurstreifen nicht verläuft. Sonst bist du nass und rot.
    Über die Vorstellung eines fleißigen Senators muss Antonia schließlich ebenso lachen, wie über die eines nass-roten. Nie könnte sie solche Scherze mit Gracchus machen, das weiß sie. Viel zu ernst, viel zu pflichtbewusst wirkt er immer. Allein Leontia vermag es, ihn aus der Reserve zu locken.


    Aber bedenke, meint sie schließlich und hebt schulmeisterhaft ihren Zeigefinger, Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts.
    Sie weiß zwar nicht mehr, wo sie das aufgeschnappt hatte, doch scheint ihr das Zitat an dieser Stelle sehr zu passen. Triumphierend lächelt sie Aquilius an - nicht lange, denn für sie klingt Aquilius sehr überzeugend. Nun umso sicherer, dass ihr Mann sie abgrundtief verachtet, verstummt sie, blinzelt ihren Begleiter verwundert an und legt schließlich die Stirn in Falten.


    Nur schwach dringt ihr Lächeln wieder durch, keineswegs so befreit wie noch im Moment zuvor, eher bedrückt wirkt die Claudia.
    Nunja, ich wäre die Letzte, die Gracchus davon abhält Imperator zu werden.
    Allein darum, weil der Kaiser seine Frau sicher noch seltener sieht als der Sacerdos des Iuppiter die Seine.
    Was die Heirat mit dem Kaiser angeht.. ich glaube, es war mehr das Amt, weniger der Mann an sich. Wobei ich unserem Kaiser natürlich nicht zu Nahe treten will. Als Kind hatte ich ohnehin meine eigenen Vorstellungen vom Äußeren des Imperators.


    Abrupt bleibt sie stehen, lässt jedoch nicht von Aquilius' Arm ab, sodass er sie entweder weiter ziehen muss, oder es ihr gleich tun und stehen bleiben. Die Stille, die zwischen den Bäume herrschte, war ihr zu angenehm, um sie gleich wieder hinter sich zu lassen.

    Du wirst Vater?, wundert sie sich, eine Augenbraue in die Höhe gezogen. Eine Geste, die sie sich unbewusst von ihrem Mann abgeschaut hat.
    Und du willst das Kind anerkennen?
    Dass das Kind ein Bastard war stand außer Frage - zumindest im Moment, war Aquilius doch nicht verheiratet und er machte auch nicht den Anschein, als wolle er die Mutter ehelichen.
    Ihre eigene offensichtliche Unfähigkeit ein Kind zu gebären, geschweigedenn zu empfangen stimmt Antonia an dieser Stelle wieder betrübt. Kurz weilt ihr Blick in weiter Ferne - das heißt, er würde es, wäre nicht die Wand der Villa Flavia im Weg.


    Von diesen allzu betrüblichen Gedanken wird sie jedoch umgehend durch Aquilius wieder herausgerissen, auch wenn ein ungutes Gefühl in der Magengrube bleibt.
    Vielleicht noch ein Wassereimer, damit der Sklave dich im Zweifelsfall aus dem Tiefschlaf wecken kann.
    Ein tropfnasser Senator Aquilius - die Vorstellung gefällt Antonia äußerst gut.


    Mit der nicht-eingehakten Hand winkt die junge Frau ab.
    Kann man denn überhaupt zu anspruchsvoll sein? Ich denke, es ist besser vorher seinen Maßstab hoch anzusetzen, anstatt den Rest seines Lebens mit einem Menschen zu verbringen, den man unmöglich findet.
    Da sie selbst sich nicht an ihre eigenen Ratschläge gehalten hat, erwartet sie jedoch von Aquilius nicht, es anders zu halten. Irgendwann würde er heiraten müssen, ob er wollte oder nicht.
    'jeden Abend in ihrem cubiculum besuchen komme ...' - diese Worte hallen wieder und wieder in ihren Ohren. Jeden Abend? Jeden Abend.
    Das scheint ihr so weit hergeholt, dass sie zu lachen beginnt.
    Meinst du das ernst? Jeden Abend? Ich meine, Gracchus und ich..
    Erschrocken schlägt sie die Hand vor den Mund und errötet.
    Ich.. äh.. also.. , beginnt sie zu stammeln.


    Um das Thema dezent zu übergehen, wechselt sie schnell ebendieses und beantwortet stattdessen die Frage nach ihrem 'Traumehemann'.
    Nunja, vermutlich einer, wovon alle kleinen Mädchen träumen.
    Schelmisch schmunzelt sie, während sie ihre Wunschvorstellung offenbart.
    Ursprünglich wollte ich immer den Kaiser heiraten.
    Ein breites Grinsen zeigt, wie schnell sie dies abgelegt hat.
    Später wurde ich ein wenig realistischer. Ich wollte ich eigentlich immer nur einen Mann, bei dessen Anblick ich nicht in Heulkrämpfe ausbrechen muss und der mich achtet und respektiert.
    Dass Gracchus in ihren Augen diesem Bild nicht entspricht, lässt sie unausgesprochen, weiß sie doch, dass Aquilius und er sich sehr schätzten. Wie sehr ahnte sie freilich nicht.

    Der Letzte?
    Dies lässt Antonia nun wirklich aufhorchen.
    Da bist du ja in bester Gesellschaft bei mir. Ich habe vor Kurzem auch den letzten nahen Verwandten verloren., seufzt sie. Nun habe ich nur noch Onkel, Tanten, Vettern und Basen.
    Damit nicht genug, hatte doch wohl einer ihrer Brüder, oder gar ihr Vater selbst, fast das Gesamte Familienvermögen durchgebracht. Wobei ihr einfällt, dass es ja auch noch dieses verwunschene Grundstück gab, wegen dem sie bald mit Gracchus eine Reise würde antreten müssen. Allein der Gedanke daran stellt ihr die Nackenhaare auf.
    Ein im Senat zwischen diversen grauhaarigen Eminenzen schlafender Aquilius entlockt ihr allerdings ein leises Lachen.
    Oh, ich kann mir dich sehr gut im Senat vorstellen. Vielleicht kannst du dir ja ein Ludus Latrunculorum mitnehmen, damit du nicht alles verschläfst.
    Wieder lässt ein Kichern ihre Schultern beben.


    Ach, weißt du, meint sie schließlich und tätschelt Aquilius' Arm, Ich bin sicher, mir fällt etwas ein, wie du Wiedergutmachung leisten kannst. Und sei es nur durch gelegentliche Spaziergänge im flavischen Hortus.
    Und wirklich, sie kann sich nicht erinnern, wann ihr das letzte Mal etwas so viel Spaß gemacht hatte, wie dieser einfache Gang durch den Garten. Wenn nur ihr Gatte ein wenig mehr wie sein Vetter wäre. Wenn nur der Vetter.. erschrocken zuckt Antonias Kopf zurück. Fast fragend sieht sie ihren Begleiter an, prüfend, ob er ihre Gedanken hatte erahnen können. Da er nicht zu lachen beginnt, nimmt die Claudierin erleichtert an, dass er diese Gabe nicht besitzt.
    Innerlich schüttelt sie über sich selbst den Kopf. Kam nun etwa neben den zahllosen Neurosen und Psychosen, die sie zweifellos hatte, eine Paranoia hinzu?


    Ein Mann wie du tut sich schwer eine Frau zu finden? Das kann ich fast nicht glauben., wundert sie sich. Die Erklärung jedoch scheint ihr einleuchtend. Ihr fallen auf Anhieb zehn ihrer Freundinnen ein, auf die seine Beschreibung zutreffen.
    Zufrieden leben? Für Antonia klingt das im Moment verlockender als alles Geld der Welt, doch das Schicksal wollte es anders.
    So kommt es, dass sie sich durch Aquilius' forschenden Blick ertappt fühlt und verlegen die Augen gen Boden richtet.

    Es ist nunmal nicht jeder zum Politiker geboren., erwidert sie nickend. Ich persönlich halte ohnehin nicht viel von ihnen.
    Ein Zwinkern folgt. Familienangehörige und Ehegatten natürlich ausgenommen.
    Dem war mitnichten so. Gerade die waren oft die Schlimmsten, doch allzu offen will sie nun doch nicht sein.
    Ich kann mir vorstellen, dass sie Arbeit eines Sacerdos auch viel.. befriedigender sein muss, als die eines Mannes, der dauernd zum Senat geht, nur um sich den Rest des Tages entweder zu langweilen, oder zu streiten. Im Dienst eines Gottes zu stehen hat da doch etwas ungleich Nützlicheres an sich.


    Leise grinst sie in sich hinein.
    Oh, gegen gute Literatur habe ich natürlich auch nichts einzuwenden. Doch ich hatte als Kind einen fürchterlichen Lehrer, der mich oft ellenlange Gedichte auswendig lernen ließ, das hat mir wohl die Freude daran ein wenig verdorben.
    Doch diese unliebsame Erinnerung ist im Nu weggewischt, als Aquilius sie um Mithilfe bei seinen Büchern bittet. Umgehend beginnen Antonias Augen zu leuchten.
    Meinst du wirklich?
    Anhand der Tatsache, dass die Claudia beginnt auf ihrer Unterlippe zu kauen bemerkt der (aufmerksame) Beobachter, dass sie keineswegs abgeneigt scheint und sich bereits in Gedanken das zu lösende 'Rätsel' vorstellt.
    Ich werde dir mit dem größten Vergnügen helfen., verkündet sie also schließlich. Verschwörerisch neigt sie sich ein wenig näher zu Aquilius, stockt einen Moment, als sie sein Gesicht so nahe an ihrem wahrnimmt, flüstert dann jedoch: Und sei unbesorgt, Manius wird nichts erfahren.
    Einen Moment lang verharrt sie so, ehe sie sich eines Besseren besinnt und wieder eine normale Körperhaltung einnimmt.
    Er scheint wirklich in Allem was er tut perfekt zu sein. Unmöglich, seinem Urteil stand zu halten.
    Doch nicht allein aus Sympathie oder Antipathie dem einen, bzw. anderen Flavier gegenüber willigt Antonia ein zu schweigen. Sie wüsste schlicht und einfach gar nicht, wann sie Gracchus dergleichen erzählen sollte.


    Sie ruft sich das Bild von Aristiges und Epicharis auf der Verlobungsfeier vor ihr inneres Auge. Er war um einiges älter als sie, wirkte oft ein wenig deplaziert im Kreise der Flavier, die - soweit Antonia das feststellen konnte - nur so um sich warfen mit Eloquenz und wohlgewählten Worten. Doch gerade diese Tatsache macht den Soldaten umso liebenswürdiger für sie.
    Ich glaube, auch Epicharis wird ihre Wahl nicht bereuen.
    'Sofern Serenus zur Räson gebracht werden kann', fügt sie in Gedanken hinzu.
    Doch wie ist es mit dir, Aquilius? Ich bin sicher die Claudier hätten auch für dich noch eine Tochter frei.
    Unschuldig beginnt Antonia zu Grinsen.

    Zahlen sind nichts für dich?, wiederholt sie ein wenig ungläubig, lächelt jedoch im nächsten Moment verschmitzt. Zahlen sind doch etwas Wunderbares. Überhaupt, die Mathematik. Alles logisch, alles einfach, alles berechenbar.
    In der Hoffnung, Aquilius würde sie nun nicht für eine Stubenhockerin halten, die liebend gerne im Kerzenschein die Bilanz der Betriebe ihres Gatten kontrolliert, legt Antonia ihm schnell die Hand mit der Rose auf den Arm.
    Sofern es eine gewisse Herausforderung in der Lösung der mathematischen Aufgabe gibt, natürlich. Ewige Kontrolle der immer gleichen Zahlen, die doch kaum etwas aussagen würde mich auch zu Tode langweilen.
    Lächelnd zieht sie die Hand wieder zurück. Sie erinnert sich noch gut an ihre Kindheit. Das Kopfschütteln ihrer Brüder, wenn sie, anstatt Gedichte auswendig zu lernen, lieber Zahlen auf ihre Wachstafel geritzt hatte. Praktischen Nutzen hatte sie davon natürlich nie gehabt.
    Aber lassen wir das lieber, wenn dich das zu sehr abschreckt. Es gibt sicher interessantere Themen.


    Indes stellt die Claudia fest, dass ihr gewähltes Schuhwerk für einen Spaziergang nicht besonders gut war. Es war mehr jene Art Sandalen, in denen man eine Weile ganz gut stehen konnte, besser war jedoch Sitzen oder Liegen - Gehen nur im äußersten Notfall. So ist sie für die starken Arme, die sie halten, umso dankbarer. Und wieder beginnt sie unbewusst, ihren Begleiter mit ihrem Gatten zu vergleichen. Würde sie sich auch so bereitwillig von Gracchus helfen lassen, oder würde ihr Stolz dies verbieten? Sie vermutet Letzteres, was ihre Sympathie für den Vetter ihres Mannes nur noch steigert.
    Ich hoffe es so für Epicharis. Sie ist so eine nette Person, eine tote Ratte an ihrem Verlobungstag hat sie wahrlich nicht verdient. Du kennst sie schon ein wenig?

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus et Flavia Leontia


    Wie schleppend die Aufführung ist bemerkt Antonia kaum, kennt sie den Text doch ohnehin auswendig und hört daher nur mit halbem Ohr zu. Ihre Aufmerksamkeit gilt einem der Schauspieler - dem Kreon, um genau zu sein. Warm und sanft klingt seine Stimme in ihren Ohren, gänzlich entgegen des Charakters, den er eigentlich darstellt. Vermutlich ist sie ohnehin die Einzige, die dies so sieht. Sie beschließt, später noch in Erfahrung zu bringen wie der Name des Mannes ist, um eventuell andere Aufführungen mit ihm zu besuchen.
    Enerviert hört sie jedoch schließlich die Stimme ihres Ehemannes, der sie und Leontia zum Gehen auffordert. Widerspruch hätte hierbei wohl keinen Sinn, also erhebt sie sich mit einem Nicken, 'übersieht' jedoch, scheinbar Gedankenverloren die ihr entgegengestreckte Hand. Dennoch folgt sie brav ihrem Gatten aus dem Theater.

    Langsam, als ob sie die Zeit nicht zu schnell verstreichen lassen will, setzt Antonia einen Fuß vor den anderen und hat ihre Aufmerksamkeit scheinbar dem Garten zugewandt.
    Eine Sekunde lang fragt sie sich, ob dem Senator die fehlende Rose wohl würde auffallen. Im nächsten Moment ist der Kopf der Familie jedoch schon wieder vergessen, stattdessen riecht die Claudia noch einmal den Duft, den nur eine Rose von sich geben kann und lächelt das Lächeln, wie es nur eine unglückliche Frau tun kann.
    Dunkle Gedanken an einem so schönen Tag?, fragt sie kopfschüttelnd und hakt sich bei Aquilius ein. Die Rose hält sie weiter in der Hand, streicht mit einem Finger über die samtig weichen Blütenblätter und fragt sich, wie wohl ein Kleid aus Rosenblättern aussehen würde. Umgehend zwingt sie sich jedoch zurück in die Realität, die ihr ausnahmsweise einmal auch nicht so trostlos scheint wie an den anderen Tagen in der Villa Flavia.
    Nichtsdestotrotz fühlt sie sich beim Gespräch über Serenus an die unglückselige Verlobungsfeier ihrer Großcousine erinnert.
    Serenus ist in der Tat eine Klasse für sich. Wenn ich nur an meine arme Verwandte denke, die bald seine Stiefmutter sein wird.
    Sie ertappt sich beim Gedanken, dass sie lieber auf ewig Gracchus´ Verachtung ertragen würde, indem sie ihm keinen Erben gebar, anstatt einen Erben wie Aristides' Sohn großziehen zu müssen.

    Mit einer abwinkenden Geste signalisiert sie, dass der Schreck keineswegs unangenehm war. Wäre ihr Mann hinter ihr gestanden, ihre Reaktion hätte wohl anders ausgesehen.
    Doch sie denkt nicht weiter darüber nach, sondern richtet ihren Blick wieder auf die Pflanzen, bis Aquilius´ Kompliment sie wieder aufsehen lässt. Anders als bei den meisten anderen Flaviern hat sie bei ihm nicht das untrügliche Gefühl, jedes Wort sei geheuchelt. Nein, was er sagte klang immer wundervoll und ehrlich. Eine erfreuliche Abwechslung, die das seltene Lächeln wieder erscheinen lässt.
    Langsam bringt sie ihre patrizische Nase der dargebotenen Rose näher und zieht ihren Duft ein.
    Ich denke ich habe mich ganz gut eingelebt., erwidert sie schließlich, noch immer nach vorn geneigt. Weißt du, die Flavier und Claudier sind sich glaube ich gar nicht so unähnlich.
    Schmunzelnd richtet sie sich wieder auf und ihren Blick auf den Flavier.
    Ich wüsste zumindest auf Anhieb kein Mitglied meiner Familie, das ich als gänzlich normal und gut umgänglich bezeichnen würde. Mich selbst eingeschlossen.
    Epicharis vielleicht. Sie scheint Antonia bisher die angenehmste Angehörige zu sein. Andererseits hat sicher auch sie ihre wunderlichen Seiten. Von Antonias sonderbaren Obsession den Gott Merkur betreffend wussten schließlich auch nur sehr Wenige.
    Aus diesen Grüblereien gerissen wendet sich die Claudia von den Rosen ab und lässt ihren Blick über den Rest des Gartens schweifen.
    Du könntest mir ein wenig Gesellschaft leisten und mich im Zweifelsfall vor Serenus´ grässlichem Hund beschützen.
    Schmunzelnd erwartet sie Aquilius´ Reaktion.

    Mit ihren Augen folgt Antonia Gracchus, wie er sich auf die Seite rollt und schließlich zur Decke starrt. Nachdenklich tut sie mit ihrem Mann das Gleiche wie er selbst mit der Zimmerdecke und bemerkt erstaunt, dass er nicht die geringsten Anstalten macht, sich in sein Cubiculum zurückzuziehen.
    Ein leises Hm kommt über ihre Lippen, dann dreht sie sich jedoch auf die andere Seite und nach einer Weile ist auch sie eingeschlafen.

    Das schöne Wetter hat Antonia aus ihrem Cubiculum in den Garten der Villa Flavia getrieben. Unglücklicherweise würde das wohl eine leichte Braunfärbung der sonst so perfekt weißen Haut nach sich ziehen, doch in diesem Fall ist sie bereit, das in Kauf zu nehmen.
    So steht sie nun, in eine leichte Tunika gehüllt, vor den berühmt-berüchtigten Rosenbüschen des Senator Felix, die sie zwar nicht fachmännisch, aber doch bewundert inspiziert. Er hatte entweder einen guten Gärtner, oder wirklich ein Händchen für derlei Dinge.
    Gerade als sie die Hand ausstreckt, um eine der Blüten zu berühren, hört sie ein Räuspern hinter sich.
    Erschrocken zieht sie die Hand zurück, weiß sie doch genau, dass der Senator einen Tobsuchtsanfall bekommt, wenn jemand seinem Heiligtum zu Nahe kommt. Doch zu ihrer Erleichterung erblickt sie als sie sich umdreht keinen tobenden Senator.
    Salve Aquilius., grüßt sie lächelnd. Hast du mich erschreckt.

    Im Normalfall waren es die Frauen, die ihre kalten Füße bei ihren Männern wärmten. Im Falle von Antonia und Gracchus scheint dies genau umgekehrt zu sein. Andererseits war an dieser Ehe wohl sonst auch nicht viel normal.


    Wie immer, wenn sie ihren Gatten auf ihrer Haut spürt, bekommt die Claudia eine Gänsehaut. Ein wohliges Gefühl breitet sich in ihr aus, vermag jedoch nicht, sie gänzlich aus ihrer Schlaftrunkenheit zu befreien.
    'Zeit ist Geld' scheint das Motto der Nacht zu sein, denn Antonia spürt mitnichten ein Verlangen in der Art wie Gracchus es tut, lässt sich jedoch nach unten drücken und leidenschaftslos über sich ergehen, was ihr die einzige Möglichkeit scheint, die Achtung ihres Mannes zu gewinnen: Die Zeugung eines Erben.


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    Doch wie alles im Leben, hat auch diese Vereinigung ein Ende. Und obwohl sie sich weder sonderlich viel bewegt, noch viel Anteil am Geschehen genommen hat, verspürt Antonia eine gewisse Zufriedenheit. Diesmal musste es geklappt haben. Ganz sicher.
    Ob dieser Gewissheit erscheint eines der seltenen ehrlichen Lächeln, das sie sich für besondere Momente aufzusparen scheint, auf ihrem Gesicht, als sie ihren Gatten ansieht.

    Der Versuch, sie zu beruhigen, beunruhigt Antonia im Grunde nur noch mehr. Wenn nichts los war, was wollte er dann hier?
    Er konnte nicht schlafen. Es hätte sie in diesem Moment nicht mindert verwundert, hätte er gesagt, Vercingetorix sei auferstanden und stünde vor den Toren Roms. Die Frage blieb, was wollte er hier?


    Des Rätsels Lösung ist schlussendlich simpel. So simpel, dass sich die Claudia fragt, warum sie nicht bereits selbst darauf gekommen ist. Sie schiebt es auf ihre Müdigkeit und blinzelt langsam.
    Oh.. ja, natürlich.
    Nicht, dass sie sonst eine Abscheu dagegen hätte, wenn ihr Mann bei ihr lag. Nur sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf zu reissen, um etwas zu tun, das er auch 3 Stunden zuvor hätte tun können, ruft in Antonia eine gewisse Missstimmung hervor. So lässt sie sich auch nur betont langsam von ihrem wunderbar gewärmten Platz schieben, um Raum für Gracchus freizugeben.

    Wie jeden Tag ist Antonia früh zu Bett gegangen. Schönheitsschlaf, würde man das später wohl nennen. So glaubt sie zunächst an einen Traum, als sie ihren Namen hört.
    Etwas Undeutliches murmelnd zieht sie ihre Decke bis unters Kinn und dreht sich einmal im Bett um, so dass ihr Rücken nun zur Tür weist.
    Erst als sie zum zweiten Mal angesprochen wird, schlägt sie die Augen auf. Es klang fast wie Gracchus. Nunja, es klingt wie Gracchus, zumindest soweit sie das beurteilen kann.
    Die Berührung an der Schulter lässt die Claudia schließlich hochfahren, sich herumdrehen und ihren Gatten erschrocken anstarren.
    Manius., keucht sie.
    Der Moment des Schreckens über die Anwesenheit eines unerwarteten Besuchers in ihrem Cubiculum weicht dem Bewusstsein, dass sie vollkommen zerwühlt und verstrubbelt aussehen muss. Ihr einziger Trost ist, dass es wenigstens nicht allzu hell ist.
    Notdürftig versucht sie, ihre Haare mit einer Hand glatt zu streichen, während die andere damit beschäftigt ist, Antonias Oberkörper mit ihrer Decke zu verhüllen.
    Was ist denn los?

    Zitat

    Original von Claudia Epicharis



    Schmunzelnd nickt Antonia.
    Später musst du mir unbedingt noch erzählen, wie es dazu kam, dass es hier bald mehr Claudier als Flavier geben wird., sagt sie schon fast grinsend und zwinkert ihrer Verwandten verschwörerisch zu. Sie geht zwar davon aus, dass dies eine arrangierte Ehe ist, doch irgendwie muss ja auch die zustande kommen.
    Als die Sprache auf ihre Halskette kommt winkt sie nur kurz ab, ehe Epicharis ihren Verlobungsring präsentiert.
    Mit geübtem Blick - hat sie sich doch einige Zeit hier bereits ausgiebig mit dem Kauf von Schmuckstücken beschäftigt - betrachtet Antonia den kunstvoll gearbeiteten Ring und nickt anerkennend.
    Ein wirklich schönes Stück, Epicharis., erwiderte sie also lächelnd, nachdem sie eine Weile damit zugebracht hat, sämtliche Details des Ringes zu erkunden.


    Doch die Idylle wird durch die beiden erscheinenden Sklaven getrübt.
    Die Totenmaske quittiert die Claudia noch mit einer hochgezogenen Augenbraue. Die tote Ratte hingegen lässt sie nach Luft schnappen und vor Schreck eine Hand vor den Mund schlagen.
    Iuno.. , murmelt sie halblaut, als ihr Blick zu ihrer Verwandten gleitet. Die ihr entgegengestreckte Hand ergreift sie schnell und tritt einen Schritt näher an die Braut heran. Dieser Rotzbengel.. in diesem Punkt hatte sie selbst wohl den besseren Flavier erwischt. Gracchus hatte wenigstens keine (offiziell anerkannten) Kinder, die ihr das Leben schwer machen konnten.
    Einige leise Worte der Beruhigung flüsternd, sieht schließlich auch Antonia von einem Flavier zum nächsten.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    Er drehte sich, um zu sehen, ob Antonia bereits unerbittlich nahte.


    Und es war, als hätte ihr Gatte einen sechsten Sinn dafür, wann Antonia einen Raum betrat, denn wenige Minuten später setzen kunstvoll gearbeitete Sandalen mit einem roten Halbmond am Fußgelenk auf dem Boden des Peristyls auf.
    Schon seit den frühen Morgenstunden ist sie damit beschäftigt gewesen, ein Kleid, Sandalen und die richtige Frisur auszuwählen.
    So trägt sie neben einer smaragdgrünen Tunika, wie zum Hohn, eine Bernsteinkette, die Gracchus ihr einst geschenkt hatte.
    Wo das Brautpaar ist macht die Claudia schnell aus. Wo ihr Ehemann ist jedoch auch. Ihm nickt sie kurz zu, lächelt ein vollendetes, wenn auch unehrliches Lächeln und macht sich zunächst zum Brautpaar auf.


    Epicharis!, wendet sie sich zunächst an ihre Großcousine. Wer hätte gedacht, dass wir nun bald wieder unter einem Dach leben werden.
    Unglücklich ob dieses Umstands ist sie nicht, gehört die junge Frau doch zu ihrer Gens. Nicht zu sprechen davon, dass sie mit ihr freier umgehen konnte, als dies bei sämtlichen Flaviern jemals der Fall sein würde.
    So strahlt sie förmlich, als sie dem Brautpaar ihre Glückwünsche versichert und schließlich Aristides anblickt.
    Aristides, dir natürlich auch herzliche Glückwünsche. Ich hoffe du weißt, worauf du dich einlässt.
    Schmunzelnd zwinkert sie dem zukünftigen Gatten zu.
    Einen Wunsch á la "Mögt ihr so glücklich werden, wie mein Mann und ich" unterlässt sie, denn trotz der ähnlichen Kombination hofft sie, dass Epicharis´ Ehe mit einem Flavier besser verlaufen möge, als die ihre.

    Als Leontia zu Gracchus' und Antonias Erleichterung noch erscheint nickt die Claudia der Zuspätkommerin mit einem freundlichen Lächeln zu, wendet den Blick jedoch recht schnell wieder der Bühne zu, als ihr Gatte etwas zu flüstern beginnt.
    Unglücklicherweise sitzt ein recht "hohes" Tier vor ihr. Nicht nur hoch von Rang, sondern auch von Körpergröße, sodass sie immer rechts oder links vorbeischielen muss, um etwas zu sehen. Wenigstens ist sein Kopf recht schmal.

    Lediglich ein zustimmendes Hmh. kommt über Antonias Lippen.
    Die Epigonoi habe ich vor Kurzem bereits gesehen. Vor unserer Ehe, meine ich.
    Allzu kurz ist das auch nicht mehr, wie ihr bewusst wird. Doch ehe sie in zu tiefe Grübelei versinken kann, haben die beiden Patrizier bereits ihre Plätze erreicht.
    Ein unauffälliger Blick der Claudia gleitet durch die Menge, doch noch entdeckt sie niemanden, der sie vor der Zweisamkeit mit Gracchus erlösen könnte.
    Vielleicht auch die Syndeipnoi?, wirft sie daher ein. Im Grunde genommen ist es ihr gleich, ein wenig Abwechslung von ihrem Alltag in der Villa Flavia würde jedes Stück bieten und so ist ihr auch jedes Stück recht.
    In Ermangelung einer besseren Beschäftigung streicht sie langsam ihre Tunika glatt und besieht sich ihre neuen Sandalen. Leontia hatte recht gehabt, sie sahen wirklich prächtig aus.
    Als sie jedoch bemerkt, dass sie ein Ideechen zu lange auf ihre Füße gestarrt hat, wendet sie sich mit einem nichtssagenden Lächeln zu ihrem Mann.
    Deine Verwandten wollten das Stück nicht sehen?

    Antonia, ob dieser Begrüßung ehrlich überrascht, zögert einen Moment und betrachtet die ihr entgegengestreckte Hand abschätzend. Manchmal glaubt sie wirklich, dass sämtliche Flavier, solange sie Kinder sind, alle Gedichte, die jemals geschrieben wurden, auswendig lernen müssen, um sie bei jeder Gelegenheit in abgewandelter Form als Zitate einwerfen zu können.
    Der ehrlichen Überraschung folgt ein unehrliches Lächeln, denn wie immer glaubt sie kein Wort von dem, was ihr Gatte von sich gibt. Ganz abgesehen davon, dass er heute wirklich maßlos übertreibt. Respektive maßloser als sonst.
    Ach, Manius., erwidert sie. Die leichte Röte, die auf ihren Wangen erscheint, komplettiert das Schauspiel vorm Schauspiel. Obgleich die Schauspielerin in diesem Fall keinen Einfluss darauf hat.
    Du solltest die Götter nicht mit solchen Vergleichen ärgern.
    Seine Hand hat sie mittlerweile ergriffen und so steigt sie möglichst elegant aus ihrer Sänfte.
    Ihr Blick wendet sich dem Gebäude zu.
    Weißt du, welches Stück heute gespielt werden soll? Eines von Sophokles, nicht?

    Noch ehe Antonia antworten kann, strecken besagter Neffe samt Leibsklavin ihre Nasen ins Peristyl, nur um wenige Augenblicke später wieder zu verschwinden. Doch da ihr im Moment nicht der Sinn nach Kinderstreichen steht, dringt die Tatsache, dass die beiden wohl auf Katzenjagd waren, nicht wirklich in ihr Bewusstsein.
    Stattdessen wendet sie sich langsam wieder zu ihrem Mann um und fragt nüchtern: Serenus?
    Ihre Begeisterung hält sich in Grenzen, hat sie sich unter einem braven kleinen Neffen doch immer etwas anderes vorgestellt, als diesen Rotzlöffel. Dass Gracchus es jedoch nicht einmal in Betracht zieht, sie mit nach Hispania zu nehmen, überrascht sie nicht. Allzu traurig ist sie darüber allerdings auch nicht. Größere Sorge bereitet ihr, ob sie den stürmischen Flavierspross bändigen könnte.
    Was das Abreisedatum nach Mantua angeht, richte ich mich natürlich nach dir.

    Fast ist sie versucht, an ihren Nägeln zu kauen. Doch ihre patrizische Erziehung hält sie davon ab, zu starke Gefühlsausbrüche, oder Nervosität zu zeigen.
    Als sie die Bestätigung hört, sackt sie dennoch ein wenig in sich zusammen.
    Mantua? Ja., ist zunächst alles, was sie sagt.
    Ruckartig sieht sie jedoch auf und ihrem Mann in die Augen.
    Du willst mich begleiten?, wundert sie sich, erklärt es sich jedoch damit, dass er sich sicher überzeugen wollte, dass sie wenigstens ein brauchbares Grundstück geerbt hatte, nachdem ihr Adoptivbruder nur eine klägliche Summe hinterlassen hatte. In jedem Fall will die Claudia jedoch nicht alleine dorthin reisen und so nickt sie zustimmend.
    Es wäre mir sicher eine.. Hilfe, wenn du mitkommen könntest.