Beiträge von Claudia Antonia

    Gerade als Antonia sich mit einem verhaltenen Schmunzeln anschickt, in die Sänfte zu steigen, erscheint ein sonderbares Grüppchen.
    Das Meiste scheinen Sklaven zu sein, allein eine Frau sticht heraus. Scheinbar eine Flavierin, zumindest schließt Antonia das aus dem Ton, in dem sie mit Serenus spricht.
    Epicharis hatte heute wahrlich Glück, lernte sie doch gleich einige Patrizier kennen. So wie sie selbst.
    Also bedeutet die Claudia ihrer Großcousine, ihr zu folgen.


    Ein ebenso höfliches Lächeln auf den Lippen nickt sie Leontia zu, als diese sich vorstellt.
    Salve. Ich bin Claudia Antonia, die Ehefrau von Gracchus., erwidert sie und deutet auf Epicharis. Und dies ist Claudia Epicharis, Tochter von Claudius Vesuvianus, meine Base zweiten Grades.
    Auf die Frage nach der Katze hin zucken Antonias Augenbrauen einen Moment nach oben, ehe sie zu Serenus sieht. Hatte sein Sklavenmädchen nicht eine solche Katze im Würgegriff gehabt?
    Nein, sicher nicht, Serenus würde doch wissen, dass das die Katze seiner.. oder am Ende doch?
    Katze.. ich.. bin nicht sicher..
    Ihre Augen wandern zu Epicharis.
    Eventuell vorhin, im Garten.

    Ein Gefallen. Für seine Schwester. Ja, gewiss. Wie war sie nur auf den Gedanken gekommen, er wäre um ihretwillen hier. Oder auch nur, um endlich seiner Pflicht nachzukommen.
    Wenn es Dein Wunsch ist und Deiner Schwester hilft, werde ich natürlich gern teilnehmen.
    Dennoch fragt Antonia sich, wie sie den Abend überstehen soll. Und wie Gracchus den Abend mit einem Menschen überstehen soll, den er vermutlich am liebsten am anderen Ende der Welt sähe.


    Seine leise Stimme schließlich ist es, die ihr eine Gänsehaut beschert. Catull. Er zitierte Catull? Er zitierte Catull. Doch die erwünschte Wirkung bleibt aus. Eher das Gegenteil ist der Fall. Statt Schwärmerei keimt Wut in der Claudia auf. Ihre Hände umschließen fest den Stoff, als sie endlich den Blick davon losreisst und zu Gracchus sieht.
    Willst Du mich nun auch noch verspotten?, zischt sie. Genügt es Dir nicht mehr, mich Nacht um Nacht zu demütigen? Hältst Du mich für so dumm, Dir zu glauben Du würdest auch nur einen einzigen Punkt dieser Ehe bedauern, außer der Tatsache, dass ich es bin, die ein Teil davon ist?
    Du bist kein Unmensch sagst du? Nun, ich bin auch keiner. Trotzdem scheint es Dir unsagbar schwer zu fallen, auch nur kurze Zeit in meiner Nähe zu sein, oder gibt es einen anderen Grund, aus dem Du Dich beharrlich weigerst, einen Erben zu zeugen?

    Wütend, über Gracchus, über sich selbst, wirft sie die Stola zurück aufs Bett, wendet ihrem Mann den Rücken zu und geht einige Schritte im Raum umher. Wie konnte sie sich nur so vergessen? Doch es war gesagt, rückgängig machen kann sie es nicht mehr.
    Tief atmet sie ein und aus, die Hände entkrampfen sich, das Gesicht wird ruhig, als wäre nichts geschehen.
    Er käme sich in ihrer Gegenwart wie ein Unmensch vor. Wie konnte er es wagen, ihr das ins Gesicht zu sagen.
    Es mag Dir so gefallen, wie es ist. Doch ich kann so nicht leben.

    Beinahe hätte Antonia ihren Gatten mit offenem Mund angestarrt, doch rechtzeitig besinnt sie sich eines Besseren.
    Manius., keucht sie atemlos.
    Was will er hier? Was.. bei allen Göttern. Erschrocken sieht sie zum Bett. Er war hier und das Bett lag voller Stolen. Wie sollten sie..
    Aber um diese Uhrzeit? Die Claudia ist mehr als verwirrt. Umso mehr, als Gracchus ihr zu einer weinroten Stola rät. Wozu sich noch weiter verhüllen, wenn er.. oder wollte er am Ende gar nicht?
    Natürlich, er wollte nicht. Wie war sie nur auf diesen Gedanken gekommen. Lächerlich.
    Sie zwingt sich zur Ruhe. Vermutlich stand wieder ein religiöses Fest an, zu dem er sie mitschleifen möchte, auch wenn er üblicherweise einen Sklaven schickt, um ihr dies mitzuteilen.
    Einen Moment lang blickt sie prüfend über die Stoffe vor sich, ehe sie mit einem Nicken zu dem von Gracchus Empfohlenen greift. Langsam lässt sie die Stola durch ihre Hände gleiten. Unangenehmerweise erinnert sie die rote Farbe an ihren Hochzeitsschleier. Doch um nicht ihren Mann ansehen zu müssen, verweilt der Blick weiter auf dem Kleidungsstück.
    Ich danke Dir., erwidert sie schließlich, als sie nicht mehr befürchten muss, ihre Stimme würde beben. Sogar ein Lächeln erscheint wie von selbst auf ihren Lippen. Genauso künstlich wie jede Bewegung, die sie in seiner Gegenwart ausführt, doch nur wer sie lange kennt würde den Unterschied erkennen. Wie gern hätte sie seinen Worten geglaubt. Doch wie konnte sie, wenn er seit Monaten ihre Nähe verschmähte? Ebenso wie sie selbst die Seine, das muss sie sich eingestehen.
    Was führt Dich zu mir?

    In der Erwartung, ihre Leibsklavin stünde vor der Tür, gibt Antonia ein schlichtes Komm rein von sich, ohne den Blick von der Auswahl an Stolen abzuwenden, die sie vor sich auf ihrem Bett ausgebreitet hat.
    Wie so oft kann sie sich nicht recht entscheiden, welche sie heute tragen soll.

    Kaum sind die beiden Kinder aus dem Garten verschwunden, hat Antonia einen der hauseigenen Sklaven zu sich zitiert, den sie mit der Bereitstellung einiger Sänften, sowie einem kleinen Begleittrupp an Sklaven beauftragt.
    Recht schnell steht alles bereit und so macht sich die Claudia, in Begleitung ihrer Großcousine, auf den Weg zu ihrem Transportmittel.
    Einen weiteren Sklaven schickt sie nun los, um Serenus und sein Sklavenmädchen zu holen, damit sie aufbrechen können.
    Schon beginnt sie zu grübeln, wie lange sie schon nicht mehr auf dem Forum einkaufen war. Entschieden zu lange, stellt sie fest.

    Ganz so gnädig wie ihre Verwandte ist Antonia nicht, hat sie doch in den letzten Monaten in diesem Hause durchaus gelernt, den scheinbar angeborenen Charme und die Eloquenz der Flavier zu ignorieren.


    Lucius Flavius Serenus., sagt sie daher in ernstem Tonfall. Du denkst doch nicht ernsthaft, dass wir dir diesen Unsinn abnehmen? Die Katze hat euch angefallen..
    Streng schüttelt sie den Kopf und wischt mit einer wegwerfenden Handbewegung den Abklenkungsversuch des Jungen beiseite, auch wenn sie sich bei der Erwähnung ihres Gatten deutlich unwohler fühlt als zuvor.
    Und wie bei Neptun siehst du nur aus. Nein, sag nichts, lass mich raten: Die Katze hat dich in den Teich geschubbst.
    Angesichts ihres triefnassen "Neffen", der eine gewisse Ähnlichkeit mit einem frisch gebadeten Welpen hatte, kann sie sich jedoch nicht länger das Schmunzeln verkneifen.


    Damit es jedoch nicht zu offensichtlich ist, wendet sie sich an ihre Großcousine.
    Das-, beginnt sie und weist auf Serenus, ist Lucius Flavius Serenus, der Sohn von Flavius Aristides. Und ohne Zweifel wird er eines Tages ein großer Politiker und Staatsmann sein.
    Erfolgreich bringt Antonia ihre Mimik wieder unter Kontrolle und sieht zu den Kindern.
    Also lasst die Katze in Frieden., fügt sie hinzu, als ob es selbst für einen "Staatsmann" in diesem Alter unschicklich wäre, Unsinn anzustellen.
    Nun endlich erinnert sie sich wieder des Wortes "Einkaufen" und setzt eine versöhnlichere Miene auf.
    Was einen Ausflug zum Forum angeht.. lass dich zuerst einmal abtrocknen und neu ankleiden, du holst dir hier draußen sonst noch den Tod.


    Mit einem Zwinkern sieht sie erneut zu Epicharis.
    Oder denkst du, es wäre erzieherisch klüger, den Großwildjäger und seine Gehilfin aus erzieherischen Gründen heute nicht mehr aus dem Haus zu lassen?

    Sieh an. Da bieten sich mir ja ungeahnte Möglichkeiten., meint Antonia und grinst verschwörerisch, zwinkert ihrer Verwandten jedoch gleich darauf zu.
    Wenn du möchtest, kann ich dir ja helfen? Irgendwie.
    Verlegen zuckt sie mit den Schultern. Allzu viel helfen kann sie da wohl ohnehin nicht. Aber vielleicht half es Epicharis ja auch einfach, eine ernsthafte Diskussion über den potentiellen Ehemann zu führen ( ;) ).


    Durch die Worte ihrer Großcousine beruhigt sich ein wenig Antonias aufgewühltes Inneres, doch so recht glauben kann sie ihnen nicht. Wenn es nicht an ihr liegt, woran dann? Zu viel Arbeit? Das hält sie für unwahrscheinlich. Er sollte das Gleiche von ihr denken wie sie von ihm? Gracchus sollte denken, er wäre nicht gut genug für sie? Er, der nie einen Fehler zu machen scheint? Kopfschüttelnd verwirft sie diesen Gedanken.
    Auf Epicharis´ Vorschlag hin nickt sie jedoch zögerlich.
    Hm.. Spaziergang.. Essen.. Ja, das könnte ich versuchen. Schlimmer kann es im Grunde ja nicht werden.


    Ein lautes Platschen lässt die Claudia innehalten.
    Was bei allen Göttern.. , murmelt sie und wendet sich in die Richtung, aus der sie nun auch eine Stimme hört.
    Wie ein Blitz taucht jedoch aus den Rosenbüschen schon die Katze, gefolgt von Nero und Dido, auf.
    Mit patrizischer Gravitas verfolgt sie die Bande mit ihrem Blick, bis diese wieder im anderen Teil des Gartens verschwindet.
    Sie blinzelt noch einmal und fragt sich, ob das nun eine Haluzination, oder Wirklichkeit gewesen war. Um Sicher zu gehen sieht sie Epicharis an.
    Ähm.. das war..
    Antonias ratloses Gesicht spricht Bände.
    Ja.. hm.. hier ist immer etwas los.
    Nur schwer kann sie es sich verkneifen, ein breites Grinsen zu unterdrücken.
    Der Tumult scheint jedoch nicht aufzuhören und so beschliesst sie, es wäre wohl doch besser, einmal nachzusehen. Mit einer Hand bedeutet sie Epicharis, ihr zu folgen.
    Hauptsache der Senator merkte nicht, wie das Hausinventar mit seinen Rosen umging.
    Wie ein Jäger auf der Pirsch - abgesehen von der Kleidung und der nichtjägerhaften Anschleichtaktik - ging Antonia voraus, um mit offenem Mund stehen zu bleiben. Sie wusste nicht recht, ob sie die Kinder anschreien, oder mit warmer Milch ins Bett schicken sollte.

    Erneut zieht Antonia die Augenbrauen hoch. Ausgerechnet mit ihr wollte Epicharis übers Heiraten sprechen?
    Andererseits, war sie wohl die letzte der Claudier, die geheiratet hatte, also war es wohl doch nicht so abwegig. Nunja, solange sie nichts über den Ablauf der Hochzeitsnacht wissen wollte :D


    Ähm., antwortet sie erstmal wenig redegewandt und lächelt verlegen.
    Der Garten? Perfekt, auf dem Weg dorthin konnte sie noch ein wenig überlegen, also nickt Antonia geflissentlich und erhebt sich.
    In den Garten? Gute Idee, ja. Im Frühling ist er zwar schöner, aber ein wenig frische Luft kann auch nicht schaden.
    So bedeutet sie ihrer Großcousine ihr zu folgen, und geht voraus.

    Der Weg vom Atrium in den Garten scheint Antonia kürzer geworden zu sein, denn noch immer sind ihr nicht die rechten Worte eingefallen.


    Vestalin oder heiraten, tja.., murmelt sie vor sich hin und atmet erstmal die kühle Januarluft ein. Beides hätte sicher seine Vorteile, aber ich verstehe, warum dein Vater möchte, dass du heiratest.
    Als Vestalin ist man zwar hoch angesehen, doch politisch wäre eine Ehe weitaus profitabler.

    Kommt es ihr nur so vor, oder redet sie gerade wie ein Gebrauchtpferdehändler, der versucht eine alte Schindmähre an den Mann zu bringen?
    Und.. äh.. es gibt ja durchaus noch gute Partien in der Patrizierwelt.
    Die ihr nur gerade nicht einfallen wollen.
    Kennst du denn in Rom überhaupt schon jemanden, außer der Familie?


    Nun folgte als die Stunde der Wahrheit. Wie die Ehe wäre, hatte Epicharis gefragt.
    Die Ehe. Nunja.. die Ehe an sich ist.. wie soll ich sagen? Nicht schlecht. Ich meine, man hat endlich seinen eigenen Haushalt, muss sich nicht mehr bevormunden lassen.. es sei denn natürlich, du erwischst einen besonders herrschsüchtigen Mann.
    Erschrocken hält die Claudia inne. Den letzten Halbsatz hätte sie wohl weglassen sollen, sonst verschreckte sie Epicharis noch.
    Ähm.. nicht, dass man einen solchen Ehemann sicher nicht auch irgendwie 'erziehen' könnte., setzt sie also schnell mit einem Grinsen hinzu.
    Wenn ich in diesem Fall für mich sprechen soll.. nunja.. ich hatte mir die Ehe anders vorgestellt.
    Zögerlich wendet sie ihren Blick gen Himmel und schweigt einige Zeit.
    Weißt du, ergreift sie schließlich wieder das Wort, ich wusste, dass es eine Zweckehe sein würde, ich wusste, dass es eine schwierige Zeit werden würde, bis ich mich eingefunden habe.. aber ich hatte gehofft, es würde nur einige Wochen, oder Monate so gehen.
    Sollte sie wirklich alles erzählen? Epicharis verstand es vielleicht gar nicht, war sie doch noch nicht verheiratet.
    In Gracchus Gegenwart fühle ich mich immer.. wie ein dummes kleines Kind, das es seinem Vater nie wird recht machen können. Ich glaube, er verachtet mich wirklich abgrundtief.
    Ein schwerer Seufzer folgt, der Blick wandert wieder nach unten.
    Stell dir vor, seit der Hochzeitsnacht hat er nicht einmal.. also.. er war nie wieder..
    Sie hält inne, hofft, dass Epicharis auch so verstehen würde und zuckt mit den Schultern.
    Ich meine, bin ich denn wirklich so abstoßend?, fragt sie und sieht an sich hinab.
    Ich kann es mir einfach nicht erklären. Was ist nur falsch an mir?


    Schnell jedoch hat sich die Claudia wieder gefasst und lächelt entschuldigend.
    Ach, verzeih, du wolltest sicher keine Schauergeschichten hören. Ich bin davon überzeugt, dass das bei dir anders sein wird, solltest du dich für die Ehe entscheiden.
    Bei ihr war das sicher erblich. Ihre eigenen Eltern waren schließlich auch nie wirklich glücklich gewesen, zumindest soweit sie das beurteilen konnte.

    Sie seufzt leise und nickt verständig.
    Wenigstens etwas., murmelt sie, ehe sie die nachdenkliche Miene absetzt und auf die Adoptionssache eingeht.


    Romantische Gründe. Sieh an.
    Sie kommt nicht umhin, ein wenig Neid zu empfinden, scheint es doch so, als ob jene Deandra sich ihren Gatten selbst aussuchen konnte. Deandra.. plötzlich fällt es ihr wieder ein. Ja sicher, war nicht eine Aurelia Deandra auf ihrer Verlobungsfeier gewesen? Zumindest glaubt die Claudia nun, die Frau schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
    Apropos romantische Gründe. Wie steht es denn bei dir mit Heiratsplänen? Hat dein Vater schon jemanden im Auge? Oder hast du dich schon selbst in den römischen Patrizierfamilien umgesehen?
    Sie zwinkert schmunzelnd, als auch schon der Sklave mit einigen Erfrischungen zurückkommt.


    Kaum wird jedoch Gracchus wieder erwähnt, trübt sich die fröhliche Stimmung Antonias, wovon sie sich jedoch wie immer nichts anmerken lässt. So hofft sie zumindest.
    Hm.. ich bin mir nicht sicher, ob Manius das spielen würde.. , überlegt sie laut und streicht noch einmal bedächtig über den Deckel.
    Würde er? Sie weiß es nicht. Wie sie auch sonst so gut wie nichts über ihren Ehemann weiß. Was also auf die nächste Frage antworten?
    Die Hochzeit.. oh ja, viele Gäste.. wir hatten auch gehofft, dass der Kaiser, oder seine Gattin kommen würden, doch scheinbar waren beide verhindert.
    Eine Tatsache, die ihr immer noch bitter aufstößt. War nicht die Kaiserin bei der Verlobung von Furianus und Tiberia Claudia anwesend gewesen? Und bei einer Verbindung zweier Gentes Maiores hatte es keiner für nötig befunden. Für einen Moment zieht sie ein beleidigtes Gesicht, ehe sie sich der anwesenden Großcousine wieder bewusst wird.
    Ach, und Gracchus, er ist..
    Flavier? Ahja, der Beruf, den weiß Antonia tatsächlich.
    Sacerdos Publicus, beim Cultus Deorum und hat schon häufig große Opfer geleitet.
    Zu denen er sie, die brave Ehefrau, mitgeschleppt hat. Wohl mehr aus Pflichtgefühl, als aus einem inneren Drang heraus.
    Hm.. wie beschreibe ich ihn am Besten? Ein wahrer Patrizier. Ein wenig älter als ich, schlank, dunkelbraune Haare, braune Augen, ungefähr so groß-
    Sie erhebt sich kurz und hebt die Hand ein Stückchen über ihren Kopf, ehe sie sich wieder hinsetzt.
    - und das Gesicht.. es.. hm.. also, er sieht recht gut aus.
    Wieder blitzt ein kurzes Lächeln auf. Von außen betrachtet war er tatsächlich eine außerordentlich gute Partie. Doch was nutzte es ihr, wenn er sie verschmähte?
    Vielleicht haben wir ja Glück und er kommt demnächst nach Hause.
    Nicht, dass sie wüsste, ob er überhaupt weg war.

    Das Lächeln gefriert kurz, als Epicharis diese unglückselige Hochzeit erwähnt, doch im nächsten Moment sieht Antonia wieder aus, wie zuvor.


    Ich danke dir. Ja, den Brief habe ich bekommen., erwidert sie, während sie sich auf dem nebenstehenden Korbsessel niederlässt.
    Schade, dass du nicht dabei sein konntest. Aber bei Gelegenheit werde ich dir meinen Gatten auch noch vorstellen.
    Falls er es über sich bringt, im gleichen Raum mit mir zu sein, fügt sie in Gedanken hinzu.


    Tante Sa.. sie.. ist tot? Oh..
    Einen Moment verstummt die Claudia. Als sie selbst noch in Hispania war, hatte sie auch einige Zeit bei Sagitta gelebt. Damals schien sie noch das blühende Leben zu sein. So blühend man in diesem Alter zumindest noch sein konnte.
    Sie schüttelt kurz den Kopf, vertreibt den Gedanken und sieht wieder zur Tochter ihres Vetters.


    Und wieder bemüht Antonia ihr Gedächtnis. Deandra.. Deandra.. der Name will ihr nichts sagen. Doch mit Namen hatte sie schon immer ihre Schwierigkeiten.
    Eine Aurelia?
    Sie runzelt die Stirn. Warum lässt man sich von einer patrizischen Familie in eine Andere adoptieren? Gut, die Claudier waren eine Gens Maior.. doch dies alleine als Grund?
    Warum hat sie sich denn adoptieren lassen?


    Fragen über Fragen. Oh. Geschenk. :]
    Den Sklaven, der das Geschenk bringt, übersieht Antonia wie üblich und verfolgt lediglich das rot eingepackte Kästchen mit den Augen.
    Das wäre doch nicht nötig gewesen., sagt sie ehrlich, freut sich aber dennoch über das Präsent.
    Neugierig auf den Inhalt nimmt sie das Geschenk vorsichtig in die Hände. Langsam entfernt sie das Seidenpapier.
    Flink huschen ihre braunen Augen über die Oberfläche des Kästchens. Und ohne es bewusst zu tun, beginnt sie leise zu Lächeln, während sie die kunstvoll gearbeiteten Embleme betrachtet und sacht über die Oberfläche streicht.
    Ein weiterer Handgriff und das Kästchen gibt der Patrizierin seinen Inhalt preis. Anerkennend zieht sie die Augenbrauen nach oben.
    Das ist.. wundervoll.
    Lächelnd wendet sie ihren Blick von ihrem Geschenk ab und sieht ihre Großcousine an.
    Ich hoffe, du bist dir bewusst, dass du nun öfter vorbeikommen musst, um es mit mir auszuprobieren.
    Ein Schmunzeln folgt, ehe sie den Deckel wieder schließt.

    Noch immer grübelnd kommt Antonia ins Atrium. Kurz hält sie inne, um zu überlegen, wann sie Epicharis das letzte Mal gesehen hat. Es will ihr partout nicht einfallen.
    Stattdessen sieht sie noch einmal kurz an sich hinab, befindet sich für einigermaßen vorzeigbar und geht weiter in den Raum hinein.
    Epicharis!, sagt sie lächelnd und geht auf die Verwandte zu.
    Seit wann bist du denn in Rom? Wie geht es der Familie? Was führt dich hierher?
    Über sich selbst schmunzelnd ob der vielen Fragen streckt sie Epicharis beide Hände zur Begrüßung entgegen.
    Wie jung sie war. Wie hübsch sie war. Einmal mehr in den letzten Tagen und Wochen fühlt Antonia sich alt, obwohl sie höchstens ein paar Jahre älter sein konnte, als ihre Großcousine.

    Wie angewurzelt steht Antonia mitten im Raum und sieht stirnrunzelnd zur Tür. Was war das denn gewesen? Wieso war der Sklave nicht hereingekommen?
    Ein schrecklicher Gedanke beschleicht die Claudia, ehe sie zum Spiegel eilt.
    Ausgiebig mustert sie ihr stummes Gegenüber. War sie mittlerweile so abstoßend, dass selbst die Sklaven sie mieden? Eigentlich sah sie doch genau so aus wie immer.. sehr sonderbar. Bei Gelegenheit (also nie) würde sie mit Gracchus darüber sprechen.
    Sie bedeutete ihrer Leibsklavin, ihre Frisur schnell zu richten, anschließend machte sie sich auf ins Atrium.
    Claudia Epicharis.. es ratterte im Erinnerungsvermögen Antonias. Vesuvianus´ Tochter, wenn sie sich recht entsann. Oder seine Schwester? Wie war das noch.. nunja, sie würde es erfahren.
    Gleichzeitig fragt sie sich jedoch, was ihre Verwandte wohl von ihr wollen konnte. Ob den Claudiern das Geld ausgegangen war? Oder hatte Vesuvianus sie vor die Tür gesetzt und sie suchte nun hier Unterschlupf? Oder..
    Und so ging es weiter bis zum Atrium.

    Ihr Kopf fährt herum, als es an der Tür klopft. Wer konnte nur etwas von ihr wollen, sonst ließ man sie doch auch in Ruhe?


    Oh.. Ser-


    Doch weiter kommt sie nicht, sprudelt der Knirps doch schon munter drauflos. 'Tante'. Tante nennt er sie. War sie denn schon so alt geworden? Nun, zumindest fühlt sie sich jetzt wie ihre Großtante Veleda. Graues Haar, krummer Rücken und eine Haut wie altes Leder.
    Besorgt besieht Antonia umgehend ihren Handrücken. Nein, ganz so weit war es wohl doch noch nicht.
    Noch während ihr junger Verwandter sie nötigen will, doch noch zur Feier zu kommen, überlegt sie, welche Ausrede sie in letzter Zeit nicht benutzt hatte. Kopfweh? Nein. Müdigkeit? Zu Abgedroschen.


    Ach weißt du, Serenus, ich fühle mich heute nicht gut. Beim nächsten Mal. Versprochen.


    Den durchdringenden Blick hatte der Junge sicher vom alten Senator geerbt. Der konnte einem beinahe Angst machen.. wäre er ein paar Fuß größer gewesen. Doch die Claudia würde sich hüten, ihm das zu sagen, weiß sie doch durch diverse Verwandtschaftsbesuche, wie empfindlich Kinder auf so etwas reagieren.

    Wieder hat sie einen Tag fast hinter sich gebracht. Wieder ein Tag voller Pflichten und Zwänge.
    Und wie jeden Tag betrachtet die Claudia sich im Spiegel. Was war nur falsch an ihr? Warum nur interessierte sich ihr Gatte nicht für sie?
    Prüfend dreht sie ihren Kopf abwechselnd nach rechts und links, studiert ihre Gesichtszüge, sieht nachdenklich an sich hinab. Zu dick? Zu gewöhnlich? Vielleicht eine andere Haarfarbe?


    Mit hängendem Kopf lässt sich Antonia auf ihrem Bett nieder. Was für einen jämmerlichen Anblick sie doch bieten musste. Sie war eine Claudia! Ihre Vorfahren waren Kaiser gewesen! Und nun? Tag für Tag spielt sie eine Rolle. Die brave Gattin des Sacerdos. In der Öffentlichkeit geben vor sie das glückliche Ehepaar zu sein, doch hier, in der Villa, trennen sich ihre Wege bereits kurz nach Durchschreiten der Porta. Nicht ein einziges Mal seit der Hochzeitsnacht hatte Gracchus seine ehelichen Pflichten erfüllt. Er muss sie wirklich für abstoßend halten. Für Antonia, die ihr Leben lang nur gehört hatte, wie hübsch sie sei, wie glücklich ihr Mann eines Tages sein würde, eine solche Frau zu haben, ist all das unerklärlich. Und doch ist sie fest entschlossen, alles zu tun, um diesen unerträglichen Zustand zu ändern.


    Langsam gleitet ihr Blick zu dem kleinen Fenster, das tagsüber den Raum erhellt. Doch draußen wird es bereits dunkel, kein Mond ist zu sehen. Selbst er scheint sie allein zu lassen.
    Allein. Nie war sie in ihrem Leben so allein gewesen, wie hier. Seit Wochen und Monaten lässt sie sich regelmäßig bei Familienfeiern oder einfachen Abendessen entschuldigen. Zu Beginn einfach aus Depremiertheit. Doch mittlerweile hat sie es sich angewöhnt, nur noch eine Mahlzeit am Tag zu sich zu nehmen. Und im Triclinium zu sitzen, wo alle anderen diverse Köstlichkeiten verschlingen, um selbst nur dazusitzen und an einem Weinglas zu nippen, erscheint ihr unhöflich und unangebracht. Stattdessen lässt sie sich stundenlang von ihren Sklavinnen frisieren, schminken, pflegen.. ohne Erfolg. Denn meistens bekommt das "Werk" ohnehin niemand außer ihr selbst zu sehen. Und jedes Mal findet sie etwas an sich, das man verbessern könnte. Etwas, das sie verstehen lässt, warum ihr Mann den Weg in ihr Cubiculum nicht findet.


    Ein Erbe. Das war es, was Gracchus brauchte. Das war womöglich das Einzige, womit sie seine Achtung erlangen konnte.
    Ein humorloses Lachen entfährt ihr, ihre Hand legt sich auf den flachen Bauch. Ja, ein Erbe. Nur wie, wenn er sich beharrlich weigert, einen zu zeugen?
    Genug männliche Verwandte wären zwar im Haus, doch.. nein, diesen Gedanken verwirft sie sofort wieder. Sie musste einen anderen Weg finden.

    Ohne Widerstand lässt sich Antonia aufs Bett drücken.
    Nicht ohne eine gewisse Neugier beobachtet sie anschließend, wie sich auch Gracchus seiner Kleidung entledigt. Zwar ist ihr der männliche Körperbau durch das Ansehen von Statuen nicht gänzlich unbekannt, doch in natura wirkt das Ganze doch noch ein wenig anders. Bevor ihr Blick zu aufdringlich wirken kann, senkt sie ebendiesen wieder.
    Aus den Augenwinkeln sieht sie, wie Gracchus sich neben sie setzt. Eine warme Hand legt sich auf ihren Bauch, wandert nach oben.. und sie lässt alles geschehen.
    Ihre Mutter hatte ihr einst gesagt, Ehemänner seien grundsätzlich recht schnell mit dergleichen Dingen fertig. Also solle sie, wenn es eines Tages so weit sei, einfach still liegen und den Mann tun lassen, was er wolle. Ihre Pflicht und Schuldigkeit wäre damit getan.
    Doch ganz kann sie sich den Liebkosungen nicht verschließen, jagen sie ihr doch einen kalten, wenn auch keineswegs unangenehmen Schauer über den Rücken. Seine Worte dringen wie durch einen Nebel zu Antonia.. und lösen die Frage in ihr aus, ob still halten wirklich alles ist, was sie heute Nacht tun soll.
    Sein kurzes Zögern bemerkt sie nicht, regt sich doch langsam ein Gefühl, ein Begehren in ihr, das sie nicht recht einzuordnen weiß.
    Die Küsse erwidernd, beschränken sich ihre Hände darauf, den Oberkörper ihres Gemahls zu erforschen..


    .. und irgendwann hielt er inne. Schwer atmend, verschwitzt und dennoch irgendwie zufrieden birgt die Claudia ihr Gesicht an seiner Schulter und schliesst die Augen.
    Der anfängliche Schmerz und die Angst, die den Vollzug der Ehe eingeläutet hatten, sind für den Moment vergessen. Auch über den morgigen Tag macht sich Antonia noch keine Gedanken. Zum ersten Mal seit Wochen schläft sie schon nach wenigen Minuten ruhig und friedlich ein.

    Antonia hat derzeit weder für den wunderschönen Apollo, noch einen anderen Gegenstand im Raum Sinn. Zu sehr ist sie damit bemüht, ihre Gravitas zu wahren und nicht wie ein Stein zu Boden zu fallen.
    Aufmerksam, um nicht zu sagen panisch, verfolgt sie, wie Gracchus ihren Gürtel löst.
    Als sie den Blick wieder hebt, nimmt ihr Mann ihr nun auch noch die letzte Hülle und langsam rutscht die Tunika zu Boden. Bereits vorher war ihr klar gewesen, dass dieser Moment ihr unangenehm sein würde - so wie der ganze unglückselige Tag. Sie fühlt förmlich, wie ihr die Röte ins Gesicht schiesst. Einen Moment lang presst sie die Zähne aufeinander und schliesst die Augen.
    Doch was nun? Sollte sie ihn entkleiden, oder tat er das selbst? Sollte sie sich ins Bett legen, oder wollte er zuerst, oder..
    Zum ersten Mal völlig ratlos in ihrem Leben öffnet sie die Augen wieder und blickt halb fragend, halb unsicher zu ihrem Gatten.

    'Dein Heim'. Irgendwie klingt das für Antonia noch alles unwahr. Hier sollte sie nun den Rest ihres Lebens verbringen. Mit Gracchus.
    Mit klammen Händen zaubert die Braut aus den Falten ihres Gewandes einen kleinen Beutel hervor. Langsam und dennoch nicht ruhig entnimmt sie ihm 3 Asse, von welchem sie das erste ihrem Ehemann reicht. Mit dem zweiten macht sie sich auf den Weg zum Herd, wo sie es als Inbegriff der Häuslichkeit niederlegt.
    Das dritte und letzte As legt sie an der nächsten Wegkreuzung, als Gabe für die örtlichen Laren ab.
    Sie hat es nicht besonders eilig, als sie den Weg zurück zur Villa Flavia antritt, doch es dauert nur eine knappe Minute, bis sie Gracchus wieder gegenübersteht. Wieder hebt dieser ihr für einen kurzen Moment von den Füßen und setzt sie auf ein hölzernes fascinum.
    Nun folgt der Teil, dem Antonia seit Monaten mit angstvollen Gefühlen entgegen sieht.
    Während die Gäste fröhlich ins Atrium gehen und die ganze Nacht weiterfeiern können, kommt die pronuba der Claudia wieder auf sie zu und nimmt sie bei der Hand. Die Schonfrist war nun endgültig vorüber und so erhebt sich Antonia unsicher von ihrem Sitzplatz.
    Zusammen mit einigen weiteren Gästen macht sich das Brautpaar auf den Weg ins Ehegemach.