Beiträge von Claudia Antonia

    Der Weg zum Brautbett scheint Antonia kurz. Viel zu kurz.
    Doch wozu etwas Unvermeidliches noch weiter hinauszögern?
    Der Raum wirkt, zur Irritation der Braut, zwar alles andere als Schrecklich und Abstoßend, doch die Anspannung will sich noch immer nicht lösen. Im Gegenteil, als sich ihre Verwandte und die restlichen Gäste nun ebenfalls zum Gehen wenden, ist ihr, als wäre ein gordischer Knoten in ihrem Magen.
    Die Tür fällt ins Schloss und das Brautpaar ist zum ersten Mal an diesem Tag ganz allein.
    Automatisch heben sich die Hände Antonias und heben den schützenden Schleier von ihrem Gesicht. Die Gesänge, die undeutlich vom Atrium herüberdringen hört sie bereits nicht mehr, ihre Augen fixieren nur noch Gracchus. Fast wie eine Maus vor der Schlange fühlt sie sich.

    Ein letzter, fast sehnsüchtiger Blick Antonias gilt dem Haus, in dem sie aufgewachsen ist, ehe sie sich hoch erhobenen Hauptes in ihr Schicksal fügt und sich "entführen" lässt.


    Von den 3 Jungen, die sie begleiten, ergreifen zwei je eine ihrer Hände, während der Dritte eine Weißdornfackel voraus trägt.
    Nachdem sich der Brautzug in Bewegung gesetzt hat, beginnen auch bereits die ersten Scherzgesänge. Die Braut indes kann nicht sicher sagen, was ihr unangenehmer ist: Die eindeutig nicht jugendfreien Worte der Menschen um sie herum, oder das, was am Ende des Brautzuges folgen wird.
    Doch vor allem ein Wort hallt unaufhörlich in den Ohren der Clauda wieder:
    Talassio., der traditionelle Ruf, der einen Brautzug begleitet.
    Und so geht es mehr oder minder begeistert in Richtung Villa Flavia.

    Schweigend folgt Antonia Gracchus ins Triclinium und ebenso schweigend setzt sie sich auf ihren Platz.
    Unauffällig huscht ihr Blick durch den Raum, über all die Schönen und Reichen des Imperiums. Oder auch jene, welche sich dafür halten.
    Mit halbem Ohr hört sie hierbei ihrem Bruder und ihrem Mann zu.
    Iulianus. Der Name ihres Adoptivbruders stellt ihr die Nackenhaare auf, erinnert sie sich doch nur zu gut daran, wie Gracchus über die Adoption eines Plebejers gesprochen hatte. Nicht, dass sie anders darüber dachte, doch der Ton, den er hierbei angeschlagen hatte..
    Unwillkürlich presst sie ihre Kiefer aufeinander und wendet ihre Aufmerksamkeit den Speisen zu. Hunger will hierbei jedoch nicht aufkommen. Im Gegenteil, aus Nervosität verkrampft sich ihr Magen nur noch mehr.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    "Es wäre unhöflich, sich bereits jetzt zurück zu ziehen. Beliebt es dir, mit den Bürgern noch ein Glas Wein auf die Gesundheit des Imperiums zu trinken?"


    Einen kurzen Moment zögert die Claudia, was sie mit einem Nippen an ihrem Weinglas zu verbergen weiß. Doch schließlich sieht sie mit beherrschtem Lächeln zu ihrem Gatten.
    Sicher, wenn du gerne noch bleiben möchtest.
    Was sie an dieser Stelle verschweigt, ist, dass sie auf keinen Fall schon zurück in ihr gemeinsames Domizil will. Zu ungewohnt, zu neu ist dort noch alles für sie. Gracchus sah sie nicht allzu oft und die anderen Bewohner der Villa Flavia waren ihr noch unbekannter, als ihr Mann. Da scheint ihr diese öffentliche Veranstaltung doch weitaus verlockender.

    Zur ihrer eigenen Überraschung hat Antonia sowohl die Hochzeit, als auch die Hochzeitsnacht überlebt. Ob dies nun ein glücklicher Umstand ist, vermag sie jedoch immer noch nicht zu sagen, hat sie sich bisher eine Ehe doch ein wenig anders vorgestellt.
    Doch von diesen Grübeleien ist nichts zu merken, als sie der Sänfte entsteigt und an der Seite ihres Mannes zu den vorderen Reihen der Zuschauer geht. Im Gegenteil, sogar ein scheinbar entspanntes Lächeln liegt auf ihren Lippen.
    Als sie so schweigend nebeneinander stehen, blickt die Claudia einen Moment zu Gracchus. Ob sie etwas sagen sollte? Doch was?
    Sie verwirft den Gedanken an Smalltalk und wendet den Blick auf die andere Seite, wo sie ein bekanntes Gesicht zu sehen hofft.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Vesuvianus


    Ihrem Vetter nickt Antonia dankbar zu und wirft nur einen flüchtigen Blick auf die Präsente, die er mitgebracht hat. Das Gegengewicht, das er in diesem Moment zum Flavieransturm bildet ist ihr mehr wert als alle Geschenke der Welt. 8)
    Ich freue mich, dass du Zeit gefunden hast, Vetter. Ich weiß, die Legion spannt dich sehr ein. Vielen Dank für deine Glückwünsche.



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    Original von Decimus Claudius Donatus


    Einen kurzen Moment blinzelt Antonia überrascht. Bisher hat sie noch geglaubt, ihr Bruder wäre in Germanien, um dort einige Dinge zu regeln und nun steht er hier vor ihr.
    So bringt sie auch nicht mehr als Vielen Dank, Donatus. heraus und lächelt erfreut.

    Und wieder kamen die Gratulationen, von denen mit Sicherheit höchstens die Hälfte ernst gemeint war.
    Aquilius sah beispielsweise alles andere als glücklich aus. Vielleicht hatte er aber auch einfach zu viel Wein getrunken.
    Die restlichen Glückwünsche lässt sie stoisch auf sich herabrieseln, hört nur halb hin und ist mit dem Kopf bereits beim letzten Programmpunkt des Tages, welchem sie immer noch mit gemischten Gefühlen entgegen sieht.
    Hunger hat sie im Grunde genommen gar keinen, allein der Gedanke daran, etwas essen zu müssen dreht sich ihr den Magen um.
    Den nächsten Gratulanten, den die Claudia bewusster wahrnimmt, ist Vinicius Hungaricus, dem sie sogar ein ehrliches Lächeln schenkt. Vermutlich wieder eines, das man wenig bis gar nicht erkennt, durch den roten Schleier, der das Gesicht der Braut verdeckt.
    Da er jedoch Gracchus direkt anspricht, belässt sie es bei diesem Lächeln und überlässt ihrem Mann das Antworten.

    Und damit waren sie nun wohl verheiratet.
    Dumpf auf den Altar vor sich starrend, wird Antonia erst durch Gracchus´ Bewegung wieder ins Hier und Jetzt geholt. Ohne eine Miene zu verziehen - wozu auch, niemand hätte es gesehen - wird sie von ihrem Ehemann in Richtung der wartenden Gäste geführt.
    Den Tag genießen. Wohl eher ein schlechter Witz. Nie in ihrem Leben hatte sie einen Tag weniger genossen. Die Aufregung, der Trubel, die vielen Verwandten.. und nicht zuletzt das, was noch kommen wird, verleiden der Claudia die Freude. Dennoch sieht sie äußerlich ruhig zu ihrem Gatten, als er seine kleine Ansprache hält. Aufmerksam studiert sie seine Gesichtszüge und kommt nicht umhin, den Flavier für seine Selbstbeherrschung zu bewundern. Sie selbst würde wohl erst morgen ihre Gesichtszüge unter Kontrolle behalten müssen, verdeckt doch weiterhin der Schleier die Angst in ihren Augen.

    Die Freude der Flaminica kann Antonia nicht ganz teilen. Doch was hatte sie erwartet? Dass der Haruspex verkündete, die Hochzeit könne auf keinen Fall stattfinden? Nein. Gracchus hatte sicher auf die ein oder andere Art dafür gesorgt, dass der Mann sah, was er sehen sollte.
    Für einen kurzen Moment schielt sie zu ihrem So-gut-wie-Ehemann und schließt anschließend die Augen. Nur diesen Tag überstehen. Und die Nacht. Alles andere würde sich sicher irgendwann finden.
    Da nun auch das Opfer vollzogen war, tritt Antonias Pronuba neben sie und murmelt einige leise Worte in ihr Ohr. Es soll wohl beruhigend wirken, doch nichts kann im Moment das heftig pochende Herz, die wackligen Knie oder die eiskalten, klammen Hände der Patrizierin in Normalzustand versetzen.
    Bevor nun der Ehevertrag unterzeichnet werden kann, schreiten die beiden Brautleute, die Braut von ihrer Pronuba geleitet, zu zwei nebeneinander stehenden Stühlen, über denen ein Vlies ausgebreitet ist. Ohne Widerstand lässt sich die Claudia auf einen der beiden setzen, während Gracchus auf dem anderen Platz nimmt.
    Gebannt starrt Antonia auf den nun vor ihr liegenden Ehevertrag, den sie unterzeichnen soll. Weigern? Unmöglich.
    Wie der Stilus in ihre Hand kommt, ist ihr schleierhaft, dennoch setzt sie ihren Namen unter den Vertrag und reicht das Schreibutensil an Gracchus weiter.

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    Original von Manius Tiberius Durus


    Ehe Antonia hierauf etwas erwidern kann, zieht ein kurzes Gedrängel ihre Aufmerksamkeit auf sich. Ahja.. noch ein paar Flavier..
    Salve, Flavius Felix., begrüßt sie den.. Vetter? von Gracchus ;)
    Er schien ein wenig verwirrt, sprach er doch einige zusammenhanglose Sätze. Wurde der Wein etwa unverdünnt ausgeschenkt?
    Nichtsdestotrotz kommt die Claudia nicht umhin, vom Äußeren des Flaviers beeindruckt zu sein. Jedes Mal, wenn sie ihn sieht, erscheint er ihr größer, heroischer und feldherrenhafter zu wirken, trotz seines Ruhestandes. Ein sonderbares Phänomen.
    Wie schön, dass du nicht gleich auf deinen Landsitz zurückgekehrt bist und nun mit uns feiern kannst.
    Wichtige Leute? Nunja, auf Gracchus mochte das zutreffen, ihre eigene Wichtigkeit schätzt sie jedoch weitaus geringer ein, weiß sie doch genau, dass die Glanzzeit ihrer Gens schon weit hinter ihr liegt.

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    Original von Manius Tiberius Durus


    Tiberius Durus, ich bin erfreut, dich kennen zu lernen., erwidert Antonia automatisch und lächelt weiter ihr starres Lächeln.
    Und vielen Dank für deine guten Wünsche.
    Den kurzen Hinweis ihres Verlobten darauf, dass Durus ebenfalls Quaestor ist, registriert sie nickend.
    Ist es bereits zu spät, dir zur Wahl zum Quaestor zu gratulieren?


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    Original von Spurius Purgitius Macer


    Wie schon den ganzen Tag senkt sie bei den schmeichelnden Worten des Senators züchtig den Blick.
    Sie war sich jedoch sicher, dass Gracchus nicht allzu viel geopfert haben konnte, zumindest glaubt sie zu ahnen, dass er sich ähnlich unwohl in seiner Haut fühlen muss, wie sie selbst.
    Auch hier lässt sie wieder Gracchus antworten, wobei ein kleiner Hoffnungsschimmer in ihr erglimmt. Was, wenn die Götter das Opfer nicht annehmen würden? Ob man ein wenig nachhelfen..


    Ein kurzes Zucken des Kopfes signalisiert, dass sie diesen Gedanken schnell verwirft und sich nach weiteren Verwandten, Freunden, oder der 'High Society', die gratulieren wollen, umsieht.

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    Original von Gaius Claudius Vitulus


    Dankbar, allein für seine Anwesenheit, nickt Antonia ihrem Vetter nochmals zu, ehe sie sich wieder ihrer Pflichten bewusst wird und dem nächsten Gast ihre Aufmerksamkeit schenkt.


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    Original von Medicus Germanicus Avarus


    Einigermaßen erstaunt über die Geste des Senators, lässt sie sie ohne Widerstreben geschehen und blickt lediglich ein wenig verwundert, wenngleich sie auch geschmeichelt ist.
    Senator Germanicus Avarus, erwidert sie, ehe Gracchus etwas sagen kann, Es ist uns eine Ehre, dass du unserer Einladung gefolgt bist. Vielen Dank für deine Glückwünsche.
    Durch den Schleier kann der genaue Beobachter den Hauch eines Lächelns entdecken.


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    Original von Manius Tiberius Durus


    Da der nächste Gast ihren Verlobten direkt ansprach, überlässt sie es ihm, zu antworten.
    Angesichts der Kinderwünsche scheint ihr dies auch besser zu sein, da ihre Stimme sich im Moment wohl recht dünn angehört hätte. Kinder? Sie musste sich erst einmal mit dem Gedanken der Ehe anfreunden. Doch Gracchus konnte es vermutlich kaum abwarten, seine Erben zu zeugen.


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    Original von Marcus Flavius Aristides


    Auch Antonia wendet die Augen nicht von denen ihres Gesprächspartners ab, sucht sie doch aufmerksam nach dem Schalk darin, der seine Worte Lügen straft.
    Doch wie immer bei dieser Familie, ist kein Anzeichen einer Unsicherheit zu erkennen. Es würde wahrlich nicht einfach werden, mit so vielen Männern, die einem 'Honig ums Maul' schmierten, unter einem Dach zu leben.
    Nur das auf seine Worte folgende Zwinkern entlockt Antonia eine andere Reaktion, als das fest ins Gesicht gebrannte Lächeln, auch wenn es nur eine minimale Änderung der Kopfhaltung war.
    Und ich, erwidert sie schließlich, freue mich bereits darauf, die Familie meines Mannes einmal abseits all diesen Trubels kennen zu lernen.

    Am liebsten hätte Antonia der Tiberia "Leider ja." geantwortet, doch sie besinnt sich eines Besseren.
    Ja, keinerlei Probleme. Die Götter scheinen uns wohlgesonnen.


    Bevor sie weiter ausholen kann, betritt ein Schwall neuer Gäste den Raum.. an den komplimentenreichen Worten eindeutig als Flavier zu erkennen. Es musste dieser Gens im Blut liegen.
    Erneut stellt sich der Schleier als sehr praktisch heraus, sieht man Antonia doch dadurch nicht die Röte ins Gesicht schiessen.
    Dennoch senkt sie, wie es sich gehört, schamhaft den Blick bei Aristides´ Worten.
    Ich bin erfreut, einen so charmanten Verwandten meines zukünftigen Mannes kennen zu lernen, Flavius Aristides., erwidert sie lächelnd.
    Ein kurzer Blick huscht zwischen ihm und Gracchus hin und her.
    Und welche Art Familienbande verbinden euch? Vettern?
    Soweit sie wusste, waren die meisten männlichen Flavier auf diese Weise verwandt, also riet sie einfach.


    Und da erscheint auch noch ein unerwarteter Gast.
    Vitulus!, stellt sie strahlend fest und will gerade ihrem Vetter entgegen gehen, als sie dessen Geschenk entdeckt.
    In diesem Moment wollen ihr dummerweise nur unpassende Ausdrücke für diese Überraschung einfallen und so haucht sie nur ein leises Das wäre doch nicht nötig gewesen.
    Gleich darauf hat sie sich jedoch wieder gefasst und wendet sich an ihren Verwandten.
    Es ist schön, dass du es geschafft hast. Ich hatte schon befürchtet, du würdest nicht kommen können.

    Ehe eine peinliche Stille eintreten kann, erscheinen sehr zu Antonias Erleichterung, bereits die ersten Gäste, welche sie mit einem Kopfnicken und einem Lächeln begrüßt.
    Fast ein wenig neidisch beobachtet sie die stille Eintracht zwischen dem verheirateten Paar. Ob sie selbst und ihr schon-sehr-bald-Mann jemals so wirken konnten?
    Sie ist versucht, den Höflichkeitsfloskeln noch eine weitere hinzuzufügen, doch beschließt sie, dass zu viel des Guten übertrieben wirken würde, und so belässt sie es bei einem Du schmeichelst mir, Senator.
    In der Tat.. etwas anderes konnte es kaum sein, denn im Moment fühlte sie sich alles andere als hübsch. Sie musste unter dem Schleier furchtbar aussehen, hatte sie doch die halbe Nacht kein Auge zu tun können.
    Tiberias Hinweis auf den morgigen Tag muss die Claudierin erst einmal verdauen, lag vor diesem doch die unausweichliche Hochzeitsnacht.
    Durch den frühen Tod ihrer Mutter hatte sie keine Ahnung, was genau eigentlich auf sie zukommen würde, denn andere weibliche Verwandte waren zu selten in Rom und Sklavinnen konnte sie kaum fragen.

    Ein übereifriger Sklave, der scheinbar sowohl Gracchus´, als auch Antonias Stimmung fehlinterpretierte, hatte der Claudierin bescheid gesagt, dass ihr Verlobter angekommen sei.
    Am ausbleibenden geschockten Gesichtsausdruck erkannte sie jedoch, dass der rote Schleier an diesem Tag wohl recht praktisch sein würde, denn er verhinderte, dass man ihre alles andere als begeisterte Miene sah.


    Da auch hinauszögern die ganze Sache nicht aufhalten würde, verlässt die Patrizierin ihr Cubiculum und folgt dem Sklaven ins Atrium.
    Im Türrahmen verharrt sie eine Sekunde, treibt doch der Anblick des Bräutigams ihr den Puls in die Höhe. Dummerweise nicht aus Freude, nein, aus Panik. Sie braucht jedoch nur einen kurzen Moment, um sich zu fassen und langsam, als würde nichts und niemand an diesem Tag sie beunruhigen können, schreitet sie zu ihrem Zukünftigen.
    Salve.. Manius., sagt sie und erspart sich ein Lächeln. Man hätte es ohnehin nicht gesehen.
    Die sonst recht wortgewandte Patrizierin sieht unsicher zu Boden. Mehr, als diese Begrüßung, wollte ihr im Moment einfach nicht über die Lippen kommen.
    Dann.. ist es wohl so weit.

    Trotz der bereits Tage dauernden Vorbereitungen, huschten zu früher Morgenstunde bereits wieder einige Sklaven in der Villa umher, um einige letzte Vorkehrungen für die bevorstehende Hochzeit zu treffen.
    In der Küche herrschte jedoch hektische Betriebsamkeit und Gedrängel. Mehr als ein Kuchenjunge, der aufjaulte, weil ein nervöser Koch seinen Ärger an der Wange des ungeschickten Kindes ausließ.


    In den Räumlichkeiten, in denen später die Festlichkeiten stattfinden werden, ist hiervon jedoch nichts zu bemerken, wie der Maiordomus nach seinem Kontrollgang selbstzufrieden feststellt. Sein Blick wandert noch einmal prüfend über den frisch gescheuerten Mosaikfußboden, über die Girlanden und anderen Verzierungen, die angebracht worden waren. Kaum erkennbar nickt er.
    Nun gut, es konnte losgehen.

    Bereits seit dem frühen Morgen ist Antonia auf den Beinen, überall und nirgendwo zu finden, immer auf der Suche, nach Dingen, die noch erledigt werden müssen.
    Woher diese Betriebsamkeit kommt ist ihr wohl bewusst. Sie sucht die Ablenkung. Ablenkung vor dem, was morgen auf sie zukommen würde. Mehr als alle anderen, bekommen dies wohl die armen Sklaven zu spüren, welche unter anderem mit Kochen, Dekorieren und Putzen beschäftigt sind.
    Im Atrium stehend, betrachtet Antonia still die vollendete Arbeit der Dekorateure. Alles strahlt, glänzt und duftet herrlich. Blumen, Girlanden, Stoffe.. und doch wirkt es nicht überladen. Zufrieden nick die Claudierin und setzt ihren letzten Kontrollgang vor dem morgigen Tag fort. Alles scheint in Ordnung zu sein.


    Und so führt sie ihr Weg schließlich in ihr Cubiculum, wo nun noch sie selbst dekoriert werden wird. Noch einmal tief Luft geholt und schon betritt sie den Raum, wo bereits einige Sklavinnen, sowie eine ältere Cousine auf die sie warten. Während diese versucht, Antonia mit einem aufmunternden Lächeln Mut zu machen, bringt die Claudierin nur ein kurzes Zucken der Mundwinkel zustande.
    Nachdem die Tür hinter ihr geschlossen wurde, legt Antonia mit Hilfe zweier Sklavinnen ihre Kleidung ab, welche anschließend den Götter geweiht wird. Währenddessen schweift ihr Blick zur selbst gewebten tunica recta. Ein sonderbares Gefühl umfing sie. Das erste und wohl auch einzige Kleidungsstück, das sie jemals selbst anfertigen musste, wenn sie natürlich auch vorher einige zur Übung gewebt hatte.
    Die Tunika war schnell übergestreift, der weiße Stoff stach von dem momentan noch offenen schwarzen Haar ab, welches seit jeher die blasse Haut der Patrizierin noch heller wirken lässt.
    Da Antonias Mutter nicht mehr unter den Lebenden weilt, bindet ihre Cousine ihr den Wollgürtel um und schliesst ihn mit dem traditionellen nodus Herculis. Wie so oft in den letzten Tagen schickt die Braut hierbei ein Stoßgebet an Iuno, dass die Hochzeit ohne Schwierigkeiten vonstatten gehen möge.


    Nun fehlte nur noch die Frisur.
    Die Claudierin nimmt an ihrem Frisiertisch Platz, woraufhin eine der Sklavinnen zur bereit stehenden hasta caelibaris greift. Ein sonderbarer Brauch, fand Antonia und schüttelt kaum merklich den Kopf. Doch wenn es half, warum nicht.
    Mit der umgebogenen Spitze der Lanze wird ihr Haar in 6 Strähnen geteilt und mit Bändern aus Wolle umwickelt. Das gelegentlich Ziehen und Zerren, während die Strähnen nun zu einem tutulus hochgesteckt werden, ignoriert sie hierbei geflissentlich.
    Nachdem sie nun noch in die palla galbeata geschlüpft ist, wird ein frischer Kranz aus Blumen auf ihr Haar gesetzt und schließlich mit dem flammend roten Brautschleier verhüllt.
    Ein Seufzer der Erleichterung entfährt ihr, als sie endlich fertig zurecht gemacht ist. Bis zur Hochzeitsnacht wird sie nun so bleiben. Jedoch allein der Gedanke daran, lässt ihr erneut einen kalten Schauer den Rücken hinablaufen.
    Für einen letzten prüfenden Blick der Verwandten erhebt Antonia sich noch einmal von ihrem Sitzplatz.
    Noch ein kurzes Zupfen hier, eine kleine Korrektur da und die Cousine scheint zufrieden gestellt.
    Dies nimmt die Claudierin zum Anlass, die Sklavinnen hinauszuscheuchen, sowie die helfende Verwandte durch dankende, aber bestimmte Worte darauf aufmerksam zu machen, wie spät es schon sei.


    Endlich wieder allein im Raum, schliesst sie kurz die Augen. Nun war es also soweit. Kein Entkommen mehr, keine Ausreden, keine Verzögerungen.
    Mit tausend Gedanken im Kopf setzt sie sich vorsichtig auf ihr Bett. Wie bei allen Göttern sollte sie so nur schlafen, ohne die Aufmachung zu zerstören?
    Langsam lässt sie sich auf den Rücken sinken, darauf bedacht, nicht allzu viel von der Frisur zu zerdrücken.
    Durch den roten Schleier starrt sie noch eine ganze Weile an die stumm zurückstierende Decke des Raumes, ehe sie endlich die Augen schließt und einschläft.

    Von Aquilius schweift Antonias Blick durch den Raum und bleibt schließlich an ihrem Verlobten hängen.
    Fast augenblicklich zieht sich ihr Magen ein wenig zusammen. Reglos starrt sie in seine ruhigen Augen. Warum vermag sie nicht zu sagen. Und just in dem Moment, als sie den Mund aufmacht, um etwas zu sagen, spricht Gracchus eben die Worte aus, die ihr auch durch den Kopf gegangen waren.
    Erstaunt zuckt ihr Kopf ein wenig zurück.
    Genau das.. , setzt sie an, unterbricht sich jedoch und blinzelt noch einmal ungläubig.
    Dieses Datum scheint mir auch am geeignetsten.
    Meinte er überhaupt das, was sie meinte?
    Sicher, lag das Datum doch genau in dem Zeitraum, den sie für die Hochzeit vorgesehen hatten.
    Es war wohl das erste Mal, dass sie beide sich einig waren. Angesichts dieser göttlichen Fügung ( 8) ) schleicht sich von ganz allein ein Lächeln auf ihre Lippen.

    Mit einem stillen Lächeln sieht Antonia Gracchus´ kleinen Ausbruch mit an. Eine gewisse Genugtuung steigt in ihr auf, zeigt diese Reaktion doch, dass auch ihr Zukünftiger keineswegs immer seine Gefühle beherrschen kann.
    Bevor ihr Blick jedoch verrät, was sie denkt, schlägt sie die Augen nieder und betrachtet nachdenklich die übrigen Speisen auf dem Tisch. Ob sie wohl noch etwas.. doch da spürt sie Aquilius´ Blick auf sich ruhen.
    Ein leichtes Kopfschütteln folgt seinem Satz.
    Nicht doch, ich finde den momentanen Zustand der Religion im Reich durchaus interessant., erwidert sie, ebenfalls lächelnd und seinen Blick erwidernd.
    Im Grunde war ihr jedes Thema lieb, das nichts mit der bevorstehenden Ehe zu tun hatte.

    Still lauscht Antonia den beiden Männer und widmet sich vorerst wieder dem Essen.
    Beim Thema Cultus Deorum muss sie unwillkürlich wieder an den Felsbrocken denken, der eines Tages urplötzlich in der Villa Claudia aufgetaucht war. Als wäre er einfach vom Himmel gefallen. Keiner hatte gewusst, wo er auf einmal hergekommen war.
    Was genau das zu bedeuten hatte, wusste bis heute niemand.
    Prüfend sah sie erst zu Gracchus, dann zu Aquilius. Nein, von ihr erwartete scheinbar niemand eine Antwort, demnach war es nicht ganz so schlimm, dass sie ihren Gedanken nachgehangen war.
    Erleichtert lehnt sie sich in ihrem Korbstuhl zurück und faltet die Hände im Schoß, während ihr Blick unauffällig durch den Raum gleitet.