Centurio Marcus Flavius Aristides, Lager der Legio I Traiana Pia Fidelis, Richtung Parthia
Heil dir, Marcus, Vetter in der Ferne, unermüdlicher Streiter zum Wohle Roms!
Mit großer Freude goutierte ich jedes Wort aus deiner Feder, obgleich manche Orthographie mir bald die Tränen in die Augen trieb, manches mal, aus der Schwierigkeit heraus, sie zu entziffern, manches mal aus Qual ob des Anblickes. Marcus, mein lieber Vetter, beschwöre bei den Göttern, dass niemals du einen offiziellen Brief selbst verfassen wirst, denn es wäre das Ende jeglicher Karriere, welche in Rom noch immer auf dich wartet. Bezüglich deiner Verlobten muss dagegen ich dir sicherlich nicht asekurieren, dass ich in Stillschweigen mich hülle, was diese deine Schrift betrifft. Darüberhinaus jedoch glaube ich nicht, dass Epicharis sich würde durch solcherlei von ihren Heiratsplänen abbringen lassen, sie erscheint mir stets als eine Person aus Leichtigkeit und von heiterem Gemüt, welche kaum an solch Oberflächlichkeiten wie mangelhaftem Schriftbild sich wird stören, zumal - so du in einem Hause mit ihr wirst leben - du in der Ehe hoffentlich selten wirst in die Verlegenheit kommen, ihr schriftliche Nachricht zu senden. Gerne würde ich dir versichern, dass selbst in meiner Ehe dies nicht von Nöten ist, doch obgleich es den Tatsachen entspricht, so nur deswegen, da ich Antonia Nachrichten verbal durch Sklaven lasse ausrichten - was kaum derart rühmlich ist, sich damit zu rühmen. In Hinsicht auf unsere Ehe gibt es denn kaum auch neues zu berichten, obgleich durchaus wir ein wenig näher zueinander gefunden haben.
Tatsächlich hat Caius seine Magistratur bereits erfolgreich beendet, er war dabei äußerst gewissenhaft und pflichtbewusst, letztlich ist auch er mit Leib und Seele ein Flavius, und es ist äußerst begrüßenswert, dass er sich endlich dazu hat durch gerungen, seinem Erbe zu folgen, und du tust wahrlich ihm Unrecht, Marcus, ihn als Tunichtgut zu bezeichnen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch in den folgenden Ämtern des Cursus Honorum er beweisen wird, zu welch Leistung er fähig ist. Ich selbst kandidierte für die anstehende Amtszeit für das Amt des Aedilis Curulis und tatsächlich war es mir vergönnt, die notwendigen Stimmen zu erreichen. In Rom werden bereits Gerüchte laut, dass die Legionen bald zurückkehren werden, und ich hoffe dies sehr, denn da du weißt, dass Ludi mich nicht sonderlich können begeistern, so wäre es mir eine um so größere Freude, wenn wenigstens dich ich als begeisterten und kritischen Zuschauer in den vordersten Rängen würde wissen. Indes, falls auf dem Wege zurück du über solcherlei stolpern solltest, so bitte ich dich, nicht nur für Serenus einen Löwen mitzubringen, sondern auch für mich - es ist wahrhaft abominabel, was solcherart wildes Getier in Rom sich kosten lässt, vor allem bezüglich der Tatsache, dass kaum die Hälfte davon die Ludi wird überleben.
Doch nicht nur ob der Spiele hoffe ich auf deine baldige Rückkehr. Rom ist in einem merkwürdigen Zustand seitdem die Nachricht ob des Todes unseres Imperators die Stadt hat erreicht, es gleicht dem schwebenden Taumel in einer Zwischenwelt, und obgleich der Caesar unbezweifelt sich bereits auf dem Weg befindet, so herrscht ebenso Unsicherheit, da kaum zu erahnen ist, welche Konsequenz dies alles haben wird, insbesondere auch für uns Flavier. Ich bete zu den Göttern, dass er die Vergangenheit wird ruhen lassen und die Besonnenheit des ulpischen Geschlechtes zeigen, andernfalls werden ungünstige Zeiten für uns anbrechen. Doch sei unbesorgt, auch hierfür habe ich bereits Vorkehrungen getroffen, und so es sein muss, werden wir Zuflucht in der Provinz suchen.
Bei all dem Kampf, Marcus, und dem Zweifel an deine Fähigkeiten als Vater, vergiss niemals, dass du ein Soldat Roms bist, dass dein Schwert du führst, auf dass Tausende in Frieden können leben, auf dass unser Imperium erblühen kann und jenes Leben möglich ist, welches auch dein Sohn genießt. Es sind Männer wie du, Marcus, welche all dies zusammen halten und sichern, so dass es mir weit mehr als eine Ehre ist, auf deine Familie zu achten, denn dies ist das mindeste, was ich für dich tun kann.
Behalte den Feind im Auge und uns wohl in deinem Herzen.
[Blockierte Grafik: http://img180.imageshack.us/img180/8848/maniusunterschriftrj6.jpg]