Beiträge von Sciurus

    Sciurus nahm von einem anderen Sklaven ein Peitschensortiment in Empfang und stieß die Sklavin vor sich in den Raum. Der Schlafraum war ein geeigneter Ort für eine Auspeitschung, da das Objekt der Strafe am Ende gleich auf dem Stroh liegen bleiben konnte.


    "Hat dir der Herr schon einen Namen gegeben?" Er könnte ihn ihr bei dieser Gelegenheit gleich beibringen. "Und dann zieh deine Tunika aus. Du willst sie dir sicher nicht versauen. Denn du wirst hier so schnell keine andere bekommen." Prüfend nahm er eine der Peitschen und wog sie in der Hand. Gut ausbalanciert, perfekter Griff.

    Sciurus lauschte den Ausführungen des Herrn ganz genau. Einen Moment lang befürchtete er, einen Fehler begangen zu haben und nun dafür bestraft zu werden, doch es wurde ihm schnell klar, auf was der Herr hinaus wollte. Er blickte das 'dumme Geschöpf' an, wie es wie ein verängstigtes Tier in der Ecke stand und sich nicht rührte. Es würde sicher nicht viel fehlen, um das Wissen um richtiges Verhalten in sie hineinzuschlagen, doch der Herr schien Wert auf sorgfältiges Arbeiten zu legen und Sciurus würde ihn nicht enttäuschen.


    Sciurus blickte zum Herrn, jedoch ohne ihm in die Augen zu sehen. "Keine Fragen, Herr."

    Der Herr des Herrn war ganz anders, als der Herr, dies hatte Sciurus schon erfahren. Auch wenn er seine Augen geschlossen hatte, so hörte er doch des Nachts das Geflüster der übrigen Sklaven. Er trat etwas vor und sprach mit ruhiger Stimme.


    "Peitschen und derartiges Gerät fördern das gute Verhalten eines schlechten Sklaven, Herr. Zusätzlich sind sie zweckmäßig um der Langsamkeit oder Dummheit entgegenzuwirken, denn wohldosierte Hiebe beschleunigen die Denkvorgänge und bringen das Blut in Wallung, Herr. Eigenwillige Geister dagegen fordern stärkere Hiebe, um sie schmerzhaft daran zu erinnern, wer und was sie sind, Herr."


    Sciurus erinnerte sich, dass auch er einst solch ein törichter, eigenwilliger Geist gewesen ist. Geprägt durch seine Mutter hatte er die Hiebe herausgefordert. Die liebste Peitsche seines damaligen Herrn war ein Lederriemen gewesen, der mit spitzen Dornen gespickt war, welche tiefe Spuren in dem kindlichen Rücken hinterlassen hatten. Doch diese Tage waren lange vorrüber und Sciurus hatte seitdem mehr Hiebe ausgeteilt, als eingesteckt.


    Abwartend blickte Sciurus zum Herrn.

    Der Herr des Herrn hatte gerufen, doch der Herr war gerade mit Sciurus beschäftigt gewesen und konnte ihn nicht gleich gehen lassen. Sciurus hatte über sich ergehen lassen, was er über sich ergehen lassen musste, doch nun war beendet, was getan worden war, und er kam ins Triclinium.


    In der Ecke bemerkte er eine neue Sklavin. Sciurus war zwar noch nicht lange im Haus, doch die Gesichter der Angestellten hatte er sich bereits alle eingeprägt. Er stellte sich bereit, so dass der Herr des Herrn ihn bemerken würde und wartete.

    Sciurus erwachte mit einem dumpfen Pochen im Rücken. Auf so einem schlechten Lager hatte er schon lange nicht mehr geschlafen, selbst im Sklaven-Käfig bei Djoser war mehr Stroh gewesen. Draußen war es noch dunkel, doch der Mond schickte einen fahlen Lichtschein durch das kleine Fensterloch. Auf allen Vieren krabbelte Sciurus zu dem Eimer in der Ecke, stand auf und erleichterte sich. Außer ihm schliefen nur zwei Sklaven in der kleinen Zelle. Die übrigen waren bereits am arbeiten, oder noch am arbeiten. Gebückt ging er zur Tür und wusch sich widerwillig mit dem Wasser aus dem danebenstehenden Eimer. Das Wasser war noch vom Vortag, frisches Wasser gab es nur einmal am Tag, und der halbe Sklavenhaushalt hatte sich bereits damit gewaschen. Er trocknete sein Gesicht mit einem alten Lappen, strich seine Tunika glatt und verließ die Unterkunft.


    Für den Fall, dass sein Herr ihn nicht brauchte hatte ihn die alte Turda für anfallende Arbeiten eingeteilt. Und dies beinhaltete tatsächlich alle Arbeiten, die in einem Haus anfielen. Vom Reinigen der Latrinen über das Schälen und Schneiden von Gemüse, vom Servieren bis hin zu Botengängen.

    Sciurus beschlich das Gefühl, dass er den neuen Herrn mögen würde. :D
    Auch der giftige Blick des alten Drachen konnte da seine gute Laune nicht trüben. Mit ein bisschen Feingefühl, den richtigen Worten und den richtigen Taten würde er den Herrn schon um den Finger wickeln. Jeder Herr hatte seine schwache Stelle und bei diesem würde sie sicher leicht zu finden sein.


    Erst als er der Sklavin in sein neues Reich folgte, fiel Sciurus auf, dass er noch nichteinmal den Namen seines neuen Herrn kannte. Er würde ihn zwar sowieso nur mit Herr anreden, doch es war nie verkehrt zu wissen, wem man gehörte.

    Es war eine große Villa, in die ihn der neue Herr brachte. Nicht die größte, in der Sciurus gedient hatte, doch eine von den besseren. Er eilte zur Türe und klopfte an. Eine alte Sklavin mit bösem Blick ließ sie ein.


    Als er das Gebäude betrat hob er prüfend seine Nase in die Luft und schnupperte. In der Villa roch es glücklicherweise ganz akzeptabel, ein leichter Essensgeruch hing in der Luft, der ihm den Hunger in den Magen trieb. Er war es gewohnt, einigermaßen anständige Speisen zu bekommen, doch Djoser hatte ihnen nur Fraß vorgesetzt. Hoffentlich gab es für die Sklaven in diesem Haus nicht nur Pulpa.

    "Nein, Herr. Ich war immer Sklave und werde es immer sein. Etwas anderes zu wollen wäre wie ein Fisch, der gerne ein Vogel wäre. Bei seinem Flugversuch landet er nur auf der Erde und erstickt. Ich bin mit meinem Dasein zufrieden, Herr, solange Ihr mir eine Aufgabe gebt."
    Sciurus begleitete die Sänfte geduldig.


    "Mein Alter kann ich Euch nicht nennen, Herr. Vielleicht an die 18 Sommer, vielleicht etwas mehr, vielleicht etwas weniger. Meine Mutter zählte bis ich 10 war, danach niemand mehr. Was macht das schon aus, der Körper bestimmt die Leistung eines Sklaven, nicht wieviele Sommer er gesehen hat, Herr."

    Sciurus. Dies war also sein neuer Name. Er würde sich daran gewöhnen, wie an jeden anderen auch.


    "Ich komme von überall und nirgendwo zugleich, Herr. Mein Vater war ein Germane vom Stamm der Frisii, meine Mutter seit jeher eine Sklavin, ihre Wurzeln kannte sie selbst nicht. Geboren wurde ich in einem Hause Roms, bald darauf mit meiner Mutter nach Ostia verkauft. Sizilia, Carthago Nova in Hispania, Venezia, Colonia Agrippiniensis in Germania, nochmals Ostia, Neapel und wieder Roma folgten innerhalb der ersten zehn Sommer. Meine Mutter verstarb dort. Ich gelangte mit meinem neuen Herren nach Pylos und bei ihm blieb ich bis zu seinem Tod."

    Der Händler Djoser schluckte. Unangenehme Erinnerungen stiegen in ihm empor und ein flaues Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. Er musste handeln und zwar schnell!


    "Der ehrenwerte Flavius Felix ist Euer Vetter? So sagt das doch gleich! Die Gens Flavia war schon immer ein besonderer Kundenstamm und bekommt seit jeher ganz besondere Angebote bei mir! Daher soll auch dieser Sklaven Euch zu einem Preis gehören, der Euch und ganz besonders Euren Vetter erfreuen wird." Der Preis, den Djoser nun nannte, lag weit unter der Hälfte des ersten. Falls er am Ende mit Flavius Felix neu verhandeln müsste, könnte er noch weiter hinunter gehen, doch vielleicht hatte er Glück und bekam das Geld von einem Sklaven an der Tür.


    "Und Ihr braucht auch nicht zu warten. Wenn Ihr es wünscht, dann könnt ihr Conscius gleich mitnehmen. Es wäre jedoch auch keine Mühe, wenn ich ihn Euch vorbeibringen könnte. Ganz wie Ihr es wünscht, mein Herr."

    Djoser setzte sein schleimigstes Lächeln überhaupt auf und machte eine Verbeugung vor dem Herrn. Dann nannte er leise einen Preis.


    Es war wie ein Schlag in die Magengegend, eine Beleidigung sonders gleichen. Conscius quittierte die Unverschämtheit des Händlers mit einem säuerlichen Gesicht. Er wusste, dass er viel wert war, vielleicht sogar diesen Preis, doch kein Herr würde ihn bezahlen, nichteinmal ein Patrizier. Djoser hatte es vermasselt.

    Djoser schob sich zwischen den Herrn und Conscius. "Ah, der Herr hat Geschmack! Einer der besten Sklaven, die ich jemals feil bot. Conscius ist sein Name, aus dem Nachlass eines alten griechischen Adeligen. Lasst Euch von seiner Jugend nicht täuschen, er war der Liebling seines Herrn und hatte die Aufsicht über den halben Haushalt. Er kann Lesen und Schreiben, Latein und sogar Griechisch und auch Rechnen. In der Küche wäre er ebenso zu gebrauchen, wenn auch verschwendet, wie im Tablinum oder im privaten Cubiculum. Wenn ich nicht schon einen vorzüglichen Sklaven hätte, ich würde ihn direkt selbst behalten!"


    Es wiederte Conscius an, wie der Händler ihn vor dem Herrn anbiederte. Hoffentlich war es seiner Absicht nicht abträglich, immerhin schien der Herr tatsächlich interessiert.

    "Kommt näher, edler Herr." Djoser hatte den Herrn gemustert und war zu dem Schluss gekommen, dass dieser genügend Sesterzen besitzen konnten, um einen der besseren Sklaven zu kaufen. "Wenn Ihr nicht einen Sklaven für abnutzende körperliche Arbeiten braucht, so lasst die auf der linken Seite links liegen. Sie sind es nicht wert, dass man versucht, etwas aus ihnen zu machen. Aber ab diesem hier, alle auf der rechten Seite," er deutete auf Conscius, "sind aus einem guten Haushalt gekauft. Die edle Besitzer verstarb kürzlich. Und wahrlich, man muss schon sterben, ums ich von solchen Prachtstücken wie diesen zu trennen."


    Auch Conscius hatte den Herrn gemustert, schon als dieser noch ein Stück entfernt gewesen war. Es handelte sich augenscheinlich um einen Patrizier. Er sah ein wenig verweichlicht aus, machte auf dem Sklavenmarkt einen fast verlorenen Eindruck, doch er schien genau zu wissen, was er nicht wollte. Conscius konnte sich gut vorstellen, dass dieser Herr einen Sklaven wie ihn brauchte. Er richtete sich auf, trug ein zufriedenes, wenn auch falsches Lächeln auf und trat ein wenig über die Linie hinaus, welche die Grenze markierte, hinter der die Sklaven zurückbleiben sollten.

    Conscius rümpft verdrossen die Nase. Conscius war nicht sein einziger Name. Seine Mutter hatte ihn Ultor genann, wenn sie alleine waren. Vor anderen hatte sie ihn Thesaurus gerufen. Im Laufe seiner ersten Lebensjahre hatte er bei jedem Herrn einen anderen Namen, von Aurichalcus über Nequam, von Kreon bis Obtusus, Pentheus, über Scelestus bis Bellerophontes. Würde ihn jemand fragen, er würde sagen, die Römer seien nicht ganz dich im Kopf, doch es fragte ihn ja keiner.


    So fragte er sich stattdessen, was er nur hier verloren hatte, neben dieser stinkenden, schniefenden Gestalt. Das Tier neben ihm sprach noch nichteinmal Latein, dafür konnte es um so besser wimmern und heulen. Djoser hieb ihm dann mit seiner Gerte über den Kopf und es war eine Weile still, bis das Gewimmer von vorne los ging. Der Gestank jedoch blieb immer. Conscius sah für das Häuflein Elend höchstens Verwendung in den Steinbrüchen, doch selbst dort wäre das Essen, das man an es verschwenden würde, mehr wert, als die zu erwartende Leistung.
    Glücklicherweise stand auf der anderen Seite neben ihm Lutetia, die schöne Gallierin, der man den Namen ihrer Heimatstadt gegeben hatte, weil ihr Eigener die Zungen der Lateiner nur verknotete. So konnte Conscius ein wenig näher an sie heran und etwas weiter von dem namenlosen Scheusal neben sich wegrücken.
    So stand er, den Rücken gerade, die wachen Augen über die vorbeieilenden Suchenden gleitend, in Gedanken die Sklaven der anderen Händler abschätzig prüfend und ihren Wert schätzend. Er rechnete sich gute Chancen aus, noch an diesem Tag einen neuen Herrn zu finden.

    Die Sonne stand hoch am Himmel, kein Wölkchen trübte, ganz untypisch für diese Jahreszeit, ihre Strahlen, die so direkt hinab auf den Sklavenmarkt Roms fielen. In kleinen oder größeren Gruppen standen die käuflichen Objekte aufgereiht hinter ihren Händlern und warteten auf einen neuen Herren oder darauf, dass der Tag zuende ging und sie eine weitere Nacht eingepfercht in den stinkenden Käfigen verbringen durften.
    Conscius stand in der ersten Reihe hinter seinem Händer Djoser al Kali. Dieser war ein fetter, braungebrannter Mann, der irgendwo aus den Ländern im Süden des Meeres kam. Es hieß, er sei mit seinen Schwestern nach Rom gekommen und hatte diese dort als Sklavinnen verkauft. So war er ein Sklavenhändler geworden. Neben seinen Landsleuten, von denen er einmal im Jahr eine große Fuhre holte, verkaufte er mittlerweile auch Sklaven aus anderen Ländern im gesamten Imperium.
    Am heutigen Tag hatte er neben einigen zweit und drittklassigen Frischlingen aus fernen Ländern auch ein halbes Dutzend beste Ware im Angebot. Gut ausgebildete, langjährige, zuverlässige Sklaven aus dem Haushalt eines kürzlich verstorbenen griechischen Adeligen. Dessen Sohn hatte die Sklaven Djoser verkauft, da er selbst keinen Bedarf für sie hatte. Und Djoser, mit seiner schnellen und falschen Zunge hatte sie beinahe zu einem Spottpreis erhalten. Wenn er heute auch nur einen von ihnen zu dem Preis verkaufte, den er wert war, hätte er die Kosten schon raus.

    Salve,


    mein Name ist Sciurus und ich werde der Sklave von Manius Flavius Gracchus sein. Daher will ich auch in Rom wohnen.


    Name: Sciurus
    Stand: Sklave
    Besitzer: Manius Flavius Gracchus
    Wohnort: Rom