Diesen Morgen war Kaya schon sehr früh aufgestanden. Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen die roten Dächer in ein warmes Licht tauchte, noch bevor die ersten Kinder draussen herumtollten. Ihr Herr Romanus hatte gewiss nichts dagegen, dass sie einen Spaziergang tätigte und andere Herren waren ohnehin nicht im Hause. Man vertraute ihr, noch nie hatte sie einen ihrer Herren enttäuscht, aber wie sollte sie es auch?
Leise hallten ihre Schritte durch die menschenleeren Gassen. Sie hatte durch ihre reichen Herren das Glück, in recht gute Gewänder gehüllt zu sein und machte auf die meisten Händler einen guten Eindruck. Außerdem trug sie keine Hinweise darauf, dass sie eine Sklavin war. Lediglich ihr häufig demütig zu Boden gerichteter Blick und ihre höfliche, fast ängstliche Art zu sprechen verrieten, wer, nein, was sie war.
Und nun da die ersten Striemen den Himmel verfärbten, schlenderte sie in Richtung des Stadttores zu. Man kannte sie nicht, aber die Wachen dachten vermutlich sie, die Sklavin mit allen Freiheiten, war auch eine freie Frau und ließen sie wortlos passieren. Vor längerer Zeit war sie einmal mit Minervina am Strand spazierengegangen und da heute ein müßiger Tag war und es noch des frühen Morgens, entsann sie sich des Weges.
Sie wollte einmal wieder frische Luft atmen, ohne hier und da Bitten entgegen nehmen zu müssen. Man hatte sie stets gut behandelt, aber nun war eine Zeit gekommen, da sie für sich sein musste. Sie blickte auf das Gras zu ihren Füßen, welches noch recht müde ob des Winters wirkte. Als sie den Blick wieder hob, sah sie bereits das Meer - und eine Silhouette. Sie hätte nicht erwartet noch jemanden hier anzutreffen.
Sie blieb stehen und haderte einige Augenblicke mit sich, was sie nun tun sollte. Vollends fortgehen? Oder sollte sie doch besser nur einen Bogen machen? Gar die Person ansprechen? Sie entschied sich, den Zufall walten zu lassen und ging mit weiterhin schlendernden Schritte auf ihr bisheriges Ziel zu, wo nun auch eine Zielperson stand.