Arria blieb noch eine ganze Weile an der Stelle stehen, an der ihr Onkel sie verlassen hatte. Die Kälte, die sich langsam durch die Kleidung schlich, merkte sie kaum und so fror sie auch nicht, selbst als sich bereits eine Gänsehaut über ihren Körper zog. Der Garten lag so friedlich da, war von allen Sorgen, die auf ihr lasteten, unangetastet. Und Sorgen hatte sie viele in diesem Moment.
Da war einerseits die Sache mit Imperiosus. Sie hatte ihm nicht geben können, was er sich so sehr wünschte, ihre Unschuld war noch unangetastet. Sie würde ihrem Vater keine Schande durch eine ehelose Schwangerschaft machen, aber andererseits... Damals, in Ostia, wenn es gegangen wäre... Sie hätte es nicht bereut, wie groß die Schande auch gewesen wäre. Und wenn sie aus der Familia ausgestoßen worden wäre, die Vereinigung mit ihm wäre es ihr wert gewesen. Zumindest in jenem Moment, da hatte sie an nichts anderes mehr als ihre Gefühle gedacht, die Imperiosus zum Kochen gebracht hatte. Und in jenem Moment war es ihr egal gewesen. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, dann war es gut. Sie brauchte den Schutz ihrer Familie, sie benötigte die Zuneigung und die Fürsorge. Und sie wollte auch nicht mit ihrem Vater brechen.
Ihr Vater. Das war der nächste Punkt. Die Sache mit Cinna... Die Sache mit Imperiosus... Die Sache mit ihrer Ausbildung... Im Atrium... Alles stürzte auf einmal auf sie ein. Wie konnte er überhaupt noch so freundlich zu ihr sein?
Und dann war da auch noch Marcia. Sie hatte ein liebreizendes Wesen, aber irgendwie wirkte sie in der Öffentlichkeit so unsicher. Ganz anders als Arria selbst erzogen worden war. Sie ging mit stolz erhobenem Blick voran. Und irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie Cinna wirklich liebte, immerhin waren etliche Jahre zwischen ihnen. Er könnte fast ihr Vater sein...
Arria holte tief Luft und wachte aus ihrem tranceähnlichen Zustand und spürte nun, dass es wirklich kalt war. Dennoch blieb sie stehen und rührte sich nicht, sondern senkte nur den Kopf. Die Steine waren wie immer und doch starrte sie lange darauf. Wie viel Zeit war vergangen, seit ihr Onkel gegangen war? Leicht zuckte sie die Schultern, als sie sich abwandte und schlotternd in ihr Cubiculum schlich.