Beiträge von Publius Terentius Pictor

    Ich legte den nächsten Pfeil an und wiederholte konzentriert die Prozedur. Diesmal landete der Pfeil etwas mehr im Zentrum. Ich freute mich noch mehr als vorher und machte vor Quintus eine Siegerpose, die er mit einem Lachen bewertete.

    "JA, PRAEFECTUS!!!", riefen wir aufgeregt.


    Alles war neu für mich und ich wollte es sofort ausprobieren. Ich legte den Pfeil an die Sehne, sodass eine Feder im rechten Winkel zur Kerbe stand und der Pfeil wenigstens nicht unkontrolliert fliegen konnte. Dann griff ich die Sehne und zog sie langsam nach hinten. Sie knarrte leise unter der Dehnung, bis ich am rechten Ohr angekommen war. Dort rastete ich kurz ein und zog die Sehne noch etwas weiter zurück. Dann zielte ich konzentriert auf die Scheibe vor mir. Ich ließ die Sehne los und der Pfeil schoss nach vorn über den Bogen hinaus auf die Schreibe zu. Er traf die Scheibe am äußersten Ring und blieb dort fest stecken.

    Wir gingen auseinander und besahen uns kurz unsere blauen Flecken, die beim Kampf entstanden waren. Dann stellten wir uns wieder zu Gruppen zusammen und formierten uns zu einer festen Reihe. Die Scuta wurden so gehalten, dass sie eine undurchdringliche Wand bildeten. Schließlich waren wir uns sicher und gingen geordnet in einer festen Einheit vorwärts. Dabei schrien wir diesmal nicht, sondern schlugen die Gladi gegen die Innenwand des Scuta, was eine dichte Geräuschtkulisse erzeugte. Es ging alles langsam, aber geordnet.
    Schließlich war wieder der Zeitpunkt des Zusammenpralls gekommen und wir kämpften verbissen.

    Ich nahm den Bogen in die linke Hand, so wie es der Kommandant vorgemacht hatte. Dann legte ich ihn leicht schräg und stellte mir vor, dass auf ein Pfeil lag. Schließlich nahm ich die Sehne mit der rechten Hand und spannte sie behutsam und immernoch unsicher bis unter das rechte Ohr, wo ich einen Widerstand spürte. Ich spannte die noch etwas weiter und entspannte sie dann wieder langsam. Mehrmals wiederholte ich die Prozedur.

    Ich spürte, wie sanft warmes Wasser in meine Richtung strömte. Es umfloss meine Beine und fühlte sich wohlig auf der Haut an. Es war eine Wohltat und ich genoss es, denn zuvor hatten wir in kaltem Wasser gestanden. Ich wunderte mich über diese warme Strömung, denn natürlichen Ursprungs konnte sie bei diesem Wetter nicht sein. Im Gebet dankte ich Neptun, den ich als den Urheber auszumachen glaubte, denn er musste unsere Opferungen empfangen haben.

    Nach dem Essen gingen wir, wie die meisten anderen auch, hinunter zum Fluss und opferten direkt in Neptuns Heimstatt. Inmitten des Wassers wurde ich eins mit ihm und fühlte, wie er mich durchströmte. Dieser Tag war bewegend genug für mich. Obwohl ich mich für das Germanentum interessierte, verehrte ich doch die römischen Götter in tiefem Respekt und mit noch tieferer Demut.
    Dabei zog ich Neptun oft den anderen vor, denn er beschützte uns auf dem Fluss und wachte über die Wasserstraßen Germaniens, obwohl viele behaupteten, er wäre erst im Mare Nostrum wirklich daheim. Es würde sich zeigen müssen, ob wir auf seinen Beistand angewiesen sein würden.

    Wir hörten plötzlich den Befehl des Kommandanten, in 2 Gruppen zu kämpfen. Nach einigen Minuten hatten sich die Grupen zu je 20 Männern gebildet, die sich mit Drohgebärden entgegenstanden. Ich stand neben Titus, der sich noch immer den Arm rieb, aber willens war, zu kämpfen und unseren "verfeindeten" Kameraden zu zeigen, was er drauf hatte. Kurz herrschte Stille, dann rannten wir los. Um die Moral zu stärken, ließen ich und einige andere einen markerschütternden Schrei hören, der unseren Gegnern das Blut in den Adern gefrieren lassen sollte. Doch es zeigte sich die Disziplin der Kameraden, die sich von so etwas nicht beirren ließen und weiter auf uns zurannten.
    Plötzlich trennte uns nur noch ein Schritt und die ersten Schilde knallten aufeinander. Fast Mann gegen Mann wurde in einer einigermaßen geordneten Reihenformation gekämpft. Fast wie eine Flutwelle raste eine Gruppe auf die andere, um dann wieder zurückgeworfen zu werden.

    Der Befehl kam plötzlich und kurz. Wir sahen uns grimmig an und wollten aufeinander losstürmen, als wir plötzlich bemerkten, was der Kommandant mit "unerwarteten" Dingen meinte. Das Boot schwankte heftig unter unseren Bewegungen und ich hatte Mühe, mein Gleichgewicht zu halten. Alles kam mir anders vor, als ich es an Land gelernt hatte. Doch zum Glück ging es auch Lucius nicht anders. Auch er hatte mit dem schwankenden Schiff zu kämpfen. Trotzdem setzten wir immer wieder zu Stichen über das Scutum an und trafen auch ab und zu. Doch durch die erschwerten Bedingungen war eine Pattsituation entstanden, denn niemand wollte sich zu sehr bewegen und konzentrierte sich stark auf seine Beine.
    Auf einmal machte es ein paar Meter neben uns "platsch" und wir sahen, wie ein Probatus, Marcus war sein Name, in den Rhenus gefallen war. Prustens schwamm er an die Reling und ließ sich dort von seinem partner hochziehen. Wir anderen grinsten leicht, denn es hätte auch uns passieren können. Titus und ich beharkten uns schließlich weiter. Ich landete hier und dort einige Treffer, doch auch seine Trefferquote war gut.

    Rutlius wurde blass, weil ihn der Kommandant erwischt hatte. Doch er musste antworten, wollte er nicht eine schwerwiegende Strafe provozieren. Ohnehin würde diese auf ihn warten, doch er würde vielleicht nach einer "plausiblen" Erklärung mildernde Umstände bekommen. Also setzte er an, zu reden.


    "Ich....äh...ich heisse Marxentius Oppius Rutilius...die..d...die Kiste...naja die war schon vorher da gewesen. Wir hatten sie erst kurz vor der Inspektion entdeckt und wussten nicht, was wir damit machen sollten!"


    Dieser Vollidiot! So eine Ausrede würde ihm der Kommandant niemals durchgehen lassen. Im schlimmsten Fall waren wir alle dran. Und die Vorstellung, die Latrinen zu putzen, war allein schon ekelerregend. Trotzdem machten wir gute Miene zum bösen Spiel und taten nichts. Wir standen einfach nur stramm weiter so da und sahen aus den Augenwinkeln, wie Rutilius fast am Losheulen war.

    Zitat

    Original von Lucius Annaeus Florus
    Irgendwo wurde einer der Probati unruhig.


    Es war Rutilius, der etwas nervöser wurde als wir anderen. Hatte er das Zeug immernoch nicht weggekippt? Ich sah ihn in einem unbeobachteten Augenblick fragend an. Er sah mich verlegen und schuldbewusst an. Der Alkohol musste noch immer unter seinem Bett liegen. Dieser Dummkopf!

    In einer Ecke des Schiffes lagen, sorgfältig hergerichtet, die Gladi und Scuta. Wir nahmen sie uns und stellten uns dann zu zweit auf. Ich nahm mir Titus, da er darauf bestanden hatte. Dann standen wir uns entgegen und warteten auf weitere Befehle.

    Ich sah Titus grinsend an. Er hatte sich bereits wieder aufgerichtet und sah mich mit einem Funkeln in den Augen an, das verrat, dass er am liebsten noch weiter mit mir gekämpft hätte. Doch ich wollte auch einmal mit Quintus kämpfen, denn er hatte mich vorher schon darum gebeten. Ich ging also zu ihm herüber und sah ihn lächelnd an.


    "Können wir...?", fragte ich ihn.


    "Klar!", witzelte er etwas nervös. Er hatte mich wohl eben mit Titus gesehen und fragte sich, wie er abschneiden würde.


    Aber ich war ja nicht besser als die anderen, ich nutzte nur den einen oder anderen Trick.


    Schließlich nahmen wir unsere Waffen in Position und belauerten uns kurz. Dann tat ich den ersten Schritt und stürmte auf ihn zu. Mit dem Gladius versuchte ich über den Rand des Scutum immer wieder seine Schulter zu treffen. Doch er war behände und wehrte meine Stiche flink ab. Bei ihm musste ich mir etwas anderer einfallen lassen. Seine Deckung nach oben hin war wirklich gut. Da gab es kein Durchkommen. Ich fragte mich, wie es mit seinen Beinen aussah. Mit einem unbemerkten Blick sah ich, dass sie stets ungedeckt waren, denn er konnte nicht den ganzen Körper abschirmen. Also stach ich wieder zu seiner Schulter. Auch diesmal wehrte er sehr gut ab, doch ich war schneller. Ich nahm Schwung und trat zwischen seine Beine. Er strauchelte; ebenso wie Titus. Schließlich sah ich meine Chance gekommen und setzte zum Stoß nach vorn an.
    Plötzlich fing er sich derartig, dass er einen Ausfallschritt tat und mich in die Leere laufen ließ. Ich konnte nicht schnell genug herum und fühlte plötzlich, wie meine Beine nachgeben. Er hatte mich wahrlich zu Fall gebracht. Ich landete auf den Händen in Liegestützposition und richtete mich schnell auf.
    Er war wirklich gut. Doch ich konnte ihn noch schlagen. Immer weiter umkreisten wir uns und ich fürchtete schon, dass der Kommandant sich über dieses Gebärden aufregen würde, als er plötzlich wie aus dem Nichts zum Stoß ansetzte. Doch diesmal war ich schneller und drehte mich von ihm weg. Er lief, wie ich zuvor, ins Leere. Er fiel unter meiner Fege. Doch diesmal würde es nicht zu einer Pattsituation kommen. Ich sah ihn fallen und hielt ihn am Boden, indem ich mein Scutum symbolisch an seinen Hals hielt: das wäre in einem echten Kampf sein Ende gewesen. Er sah mich erst erstaunt an und fing dann an zu lachen. Ich stimmte ein und ließ ihn sich wieder aufrichten.

    Wir nahmen noch steifer Haltung an und rührten keinen Muskel. Jede Bewegung, jeder Atemzug schien zuviel und schon allein deswegen ein Grund zur Beanstandung. Doch wir wussten, dass wir sorgfältig unseren Raum gesäubert hatten. Die Kontrolle konnte kommen.

    Wir salutierten erhobenen Hauptes und hielten dann eine kurze Andacht, bei der wir schweigend die Götter ehrten, indem wir einfach nur dastanden und fest an sie dachten. Ich hatte das Gefühl, Neptun würde am heutigen Tag besonders über die Flotten des Imperiums wachen, denn sie waren es, die in seinem und im Namen des Kaisers die Grenzen unseres großen Reiches sicherten und beschützten.
    Schließlich löste sich der Block auf und alle gingen grüppchenweise zum Tempel. Jeder hatte einen Wunsch oder eine Frage vorzubringen. Im Geiste würde er sie beantwortet bekommen. Mit frischer Kraft machten wir uns auf zum Essen.

    "JA, PRAEFECTUS!!!", riefen wir alle erfreut.


    Schließlich gingen wir zum Rand des Übungsgeländes und besorgten und Bogen und einen Köcher mit etwa 20 Pfeilen darin. Dann stellten wir uns in einer Reihe nebeneinander und sahen zum Kommandanten. Die Zielscheiben waren etwa 100 Meter entfernt. Wir würden sicherlich lange brauchen, um annähernd so gut zu schießen wie er.

    Wir standen vor dem Centurio und dem Kommandeur, den Blick starr nach vorn gerichtet. Heute sollte unsere erste Kampfeinheit auf einem Schiff sein. Ich war schon gespannt, was mich wohl erwarten würde. Den Kampf auf dem Land beherrschte ich recht gut, doch der Kampf auf einem Schiff würde eine neue Erfahrung für mich sein. Auch die anderen sahen nervös und aufgeregt aus. Sicher zermarterten auch sie sich das Hirn, wie sie am besten bestehen könnten.

    "Nun, seit ich hier in Germanien lebe, lernte ich jeden Tag die germanische Bevölkerung besser kennen. Und ich lernte ein wenig ihre Sitten und Gebräuche. Ich weiß noch aus Kindertagen, wie mir eingebläut wurde, dass in Germanien nur kriegerische Barbaren hausen. Zum Glück wurde ich eines Besseren belehrt. Die einheimischen Menschen leben in Eintracht und haben eine eigene Kultur. Und ich will noch mehr davon erfahren, denn ich habe noch lange nicht ausgelernt. Und für meine Arbeit in der Classis kann mir das nur von Vorteil sein, denn nichts hasse ich mehr, als unbegründete Aggression gegen fremde Völker."


    Ich sah etwas besorgt aus. Doch ich dachte eher nach.

    "JA, PRAEFECTUS!!!", riefen wir alle, sichtlich erschöpft vom Dauerlauf.


    Wir waren erfreut, dass der Kommandeur so involviert war in unser Training. Ich fand, dass er wirklich ein Mann war, dem man auf dem Schlachtfeld vertrauen konnte. Er war zwar streng, aber man folgte ihm gern. Das war wichtig, um eine effiziente und funktionierende Einheit zu bilden.
    Wir machten uns auf den Weg zum Brunnen, um uns wie jeden Morgen zu waschen und zu erfrischen. Ich ließ mir das Wasser über den Kopf laufen. Das kühle Nass erfrischte Körper und Geist.






    edit: Ich habe mir erlaubt, meinen Rang zu korrigieren, da ich ja nicht gerne als Centurio angesprochen werde ;) Tipp: Sobald die Sig drin ist in einem Post, schreibt man als einen selbst und nimmer als NPC ;)