Beiträge von Marius

    Ich prallte fast mit dem Herrn Meridius zusammen, als ich Ilaria hinter mir her zog und in die Culina wollte. Wie versteinert blieb ich stehen und sah den Herrn an.


    "Herr", sagte ich.
    "Verzeih, mein Name ist Marius. Dem Herrn Livianus geht es gut. Er bat mich, der Herrin Alessa Gesellschaft zu leisen und auf sie acht zu geben, wenn sie fern der Heimat weilt. Dies hier ist Ilaria, die neue Sklavin deiner Verlobten. Verzeih unsere Bemalung, es war ein...Versehen", fügte ich hinzu.
    Als Versehen konnte man diese Tintenbemalung im Gesicht nun wirklich nicht bezeichnen. Und es waren nicht nur unsere Gesichter, die geschwärzt waren, sondern auch unsere Hände. Und in die eine Hand Ilarias mischte sich das Blut, das von dem Schnitt herrührte, den sie sich an den Scherben des Tintenfässchens zugezogen hatte.

    Ilaria sah sich im Raum um, nachdem sie mir geholfen hatte, die Scherben vom Boden zu lesen. Gerade wollte ich ihr sagen, dass wir das Zeug einfach in die Culina schaffen konnten, da stieß sie einen spitzen Schrei aus. Meine Augen weiteten sich erschrocken, denn ich konnte zuerst gar nicht erfassen, was denn passiert war. Doch dann sah ich, dass es nur ein kleiner Kratzer war, der schlimmer aussah, als er war. Ich legte die Scherben fort und zog Ilaria am Handgelenk näher an mich heran, um besser auf den Daumen sehen zu können. Viel sah ich allerdings trotzdem nicht, denn die Tinte an ihren Fingern hatte sich mit dem Blut vermischt und verdeckte den Schnitt. Ich seufzte und sah Ilaria an. Ihr Gesicht war dicht bei meinem.


    "Nicht gut. Wir müssen das ausspülen. Komm. Gehen wir in die Culina", meinte ich und griff vorsichtig mit einer Hand die wenigen Scherben des Tintenfasses, mit der anderen nach Ilarias Hand, um sie mit mir zu ziehen. Hoffentlich sah uns so niemand....bemalt wie die Germanan, mit Scherben in der Hand und Händchen haltend in die Küche stürmen....

    "Mmmh", machte ich. Sehr einfallsreich, aber nach etwas anderem war mir gerade nicht zumute. Ich hing meinen Gedanken nach. Und freundlich waren diese nicht. Sie malten sich den Kerl aus, der scheinbar mit seinen Augen und dieser vermaledeiten Tafel Ilarias Herz für sich gewonnen hatte. Ich fühlte mich, als hätte Gallus mir einen Eimer Wasser über den Kopf gekippt und mich anschließend auf dem Forum zur Schau gestellt. Im Winter sicherlich kein lustiges Unterfangen, aber so fühlte ich mich auch nicht. Im Gegenteil, mein einziger Trost war, dass Ilaria sagte, der Kerl habe mitgeboten. Somit war er kein Sklave und es würde für die beiden wohl keine gemeinsame Zukunft geben. Noch dazu war er in Rom, was sicherlich auch besser für ihn war. Ilaria bedeutete mir nämlich viel. Andererseits wollte ich sie auch nicht bedrängen, also bückte ich mich, um die Tonscherben aufzulesen. Als ich das getan hatte, wog ich sie einen Moment in meiner Hand, ehe ich schicksalsschwer seufzte und sagte:
    "Du hast recht. Lass uns das Zeugs abwaschen und hier klar Schiff machen.
    Ich hörte mich wohl doch etwas niedergeschlagen an.

    "Auf dem Markt?" fragte ich verwirrt. Dann streckte sie mir das kleine Täfelchen entgegen. Ich nahm es an und las. Lesen und Schreiben beherrschte ich gut. Und doch hätte ich mir in diesem Moment gewünscht, dass ich des Lesens nicht mächtig gewesen wäre. Ich schluckte und gab Ilariadas Täfelchen zurück, das ich am liebsten sofort eingeschmolzen hätte.


    "Hm."
    Ich gab mir große Mühe, nicht so niedergeschlagen auszusehen, wie ich mich fühlte. Also lächelte ich die Schönheit vor mir an. Meine Zähne leuchteten in dem schwarzgemalten Gesicht noch weißer, als sie eigentlich waren. Aber auch ein Gutes hatte die Tinte in meinem Gesicht: Sie verbarg meine Gesichtszüge weitestgehend, sodass nur die Augen traurig aus ihren Höhlen sahen.


    "So etwas ist nicht dumm. Es ist...nur nicht einfach."
    Ich schluckte und ließ offen, für wen hier was nicht einfach war.

    Ich blinzelte irritiert, ließ sie jedoch gewähren. Wie ich mir jemals die schwarze Tinte wieder aus dem Gesicht waschen sollte, war mir ein Rätsel. Tinte war nicht gerade dafür bekannt, dass sie leicht herausging... Aber wenigstens schien Ilaria nun nicht mehr so niedergeschlagen. Ich sammelte die restlichen Scherben ein und betrachtete sie einen Moment.


    "Woran denkst du?" fragte ich.
    Doch sofort nach diesem Moment sprach sie mich auf Ganymeds Briefe an. Ich nickte.
    "Ja, den Brief an Niobe und an den jungen Herrn Romanus. Allerdings ist es noch vor Mittag, also wird der junge Herr sicher Unterricht haben. Wo Niobe steckt, weiß ich leider nicht. Aber....sag, woran hast du eben gedacht?"


    Sie hatte so gedankenverloren ausgesehen. Ich weiß nicht, was ich erwartete, aber ich hoffte, dass sie an keinen anderen dachte. Doch an wen hätte sie auch groß denken können?

    Ich sah Ilaria bedröppelt an undzog einen Schmollmund.
    "Warum machst du denn einen bösen, hässlichen Germanen aus mir, der die Frauen schändet und kleine Kinder frisst?" fragte ich sie vorwurfsvoll. Naja, zumindest versuchte ich es. Allerdings sah ich wohl nicht gerade ernst aus dabei. So gab ich meine Ernsthaftigkeit auf, die ohnehin nur gespielt war, und lachte mit Ilaria mit. Auf ihre Frage hin konnte ich ihr eine klare Antwort geben:
    "Achwas. Wir räumen das jetzt fort und keiner wird einen Ton sagen. Und wenn du die Herrin das nächste Mal siehst, dann fragst du sie einfach nach etwas Papyrus und Tinte. In Ordnung?"
    Ich lächelte sie liebenswürdig an.

    Ich hielt in der Bewegung inne und sah zu Ilaria, die es mir gleich getan hatte und auf dem Boden hockte, um die Bruchstücke einzusammeln. Dann strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und sah einfach nur noch niedlich aus. Ich musste lachen und legte die Scherben auf einen kleinen Haufen. Dann stupste ich ihre Nase mit meinem schwarzen Zeigefinger an und machte ihr auch auf der anderen Seite der Wange noch einen schwarzen Strich. Schließlich grinste ich breit.
    "Jetzt siehst du aus wie ein wilder Germane", schmunzelte ich. Hoffentlich brachte sie das wieder auf andere Gedanken - und ihr unbeschwertes Lächeln zurück.

    Ich sah sie bestürzt an, ehe mein Blick von ihr gen Boden und zu dem zerbrochenen Tintenfass glitt. Den Besen stellte ich nun vollends zu Seite. Ich hockte mich neben Ilaria und schüttelte den Kopf.


    "Ilaria, du kannst dir nicht einfach Dinge nehmen, die dir nicht gehören", erklärte ich ihr eindringlich.
    "Ich weiß, dass du ganz bestimmt nichts Böses im Sinn hattest - aber wenn du Papyrus und Tinde nutzen möchtest, musst du zuerst die Herrin oder denjenigen darum bitten, dem es gehört. Wenn dich jemand sieht, wie du einfach Dinge benutzt..."
    Ich schüttelte den Kopf. Bestraft werden würde sie wohl nicht, aber es würde ihr auch nicht sonderlich helfen, in der Familia eingegliedert zu werden. Ohne etwas weiteres zu sagen, sammelte ich die tönernen Scherben ein. Das machte natürlich meine Finger ganz schwarz von der Tinte, aber es musste schließlich weggeräumt werden.
    "Wen hast du da eigentlich gezeichnet?" fragte ich beiläufig.

    Ich hatte die Aufgabe bekommen, zu fegen - also tat ich das auch. Mit einem Besen bewaffnet und leise vor mich hin summend fegte ich das Atrium und wollte schließlich auch das Tablinum auskehren, als ich Ilaria dort sitzen sah. Sie schien über etwas gebeugt und allein dieser Anblick verhieß mir nichts Gutes. Ich hielt in der Bewegung inne und ging einige Schritte in den Raum hinein. Jetzt konnte ich auch erkennen, dass sie dort saß und malte. Auf einem Stück Papyrus, das sie augenscheinlich aus der Schublade gemopst hatte. Ich sah mich rasch um. Glücklicherweise war nicht einmal Gallus in der Nähe.


    "Ilaria", sagte ich in leisem Tonfall.
    "Was machst du denn da?"

    Im Grunde genommen war ich schon froh, dass Gallus plötzlich hier rein kam. Andererseits war ich auch leicht verärgert. Aber er hatte natürlich recht; Ilaria und ich hatten hier noch sehr viel mehr Zeit und außerdem sah es für sie nicht gerade gut aus, wenn sie ihre neue Herrin gleich beim ersten Mal warten ließ. Also stand ich auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Gallus' Worte ließ ich außer acht.


    "Geh nur, es ist sicher besser, wenn du sie nicht warten lässt. Ich wünsche dir viel Glück, Kleines. Erzähl mir später, wie sie war - ich kenne die Gemahlin des Senator Meridius noch nicht."


    Und nach einem aufmunternden Lächeln ging ich an Gallus vorbei aus dem Cubiculum. Nicht, ohne ihm einen kurzen Blick zuzuwerfen. Er sollte Ilaria in Ruhe lassen. Von ihm und Nyla wusste ich schließlich nichts.

    Ich lachte und schüttelte dann ernst den Kopf.


    "Kennen schon, aber nicht näher", meinte ich feixend, dann verlor ich aber rasch mein Grinsen, weil Ilaria nun wirklich und wahrhaftig süß aussah mit ihren Grübchen. Beinahe wäre ich sentimentaö geworden oder hätte gar Schlimmeres getan oder gesagt, aber da musste ich auch schon loslachen, denn ich war in der Tat recht kitzelig. Doch glücklicherweise benutzte Ilaria nur eine Hand, um mich zu kitzeln - mit der anderen Hand stützte sie sich an meinem Bein ab, das sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog, denn es prickelte angenehm, als sie mich berührte. Ich schluckte und konnte nicht mehr wirklich lachen. Stattdessen sah ich in ihre wunderschönen blauen Augen und schien darin zu versinken. Was sollte ich nun tun? Ich war mir unsicher.

    Ich lachte leise und flocht weiter. Mit einem diabolischen Grinsen auf dem Gesicht (das sie ja glücklicherweise nicht sehen konnte, da ich schräg hinter ihr saß) entgegnete ich so toternst wie damals bei der Seeschlange:
    "Nein, das mache ich eigentlich nur, wenn ich hübsche Sklavinnen mit langem Haar näher kennenlernen will."


    Ich grinste und knotete das dünne Lederbändchen am Zopfende zusammen, damit der Zopf auch hielt. Dann rutschte ich auf meinem Bett herum und sah Ilaria mit Schalk in den Augen an.

    "Ach, das geht schon", entgegnete ich lässig, während ich mich etwas vorbeugte und mit beiden Händen nach Ilarias Haarschopf griff, um ihr den Pferdeschwanz, den sie sich machen wollte, zu einem Zopf zu flechten. Das hatte ich früher bei der Tochter meiner ehemaligen Herrin tagtäglich machen müssen. Flechtend sprach ich dann weiter.


    "Du wirst sehen, das geht schneller als du denkst."

    Bald darauf kam auch ich in das geräumige Cubiculum, das allen Sklaven der Casa Obdach gewährte. Zielsicher ging ich in die Ecke zu einer Liegestatt, die neben der Ilarias lag. Ich setzte mich auf das Bett und sah die junge Sklavin an.


    "Müde?" fragte ich freundlich.
    Ich für meinen Teil war totmüde und hätte sofort schlafen können.

    "Hmmm", machte ich und nahm zwei Becher von einer Anrichte, um Calliope und mir Wasser einzuschenken. Mein Durst war größer als der Hunger, also leerte ich zwei Becher nacheinander.
    "Hast du eine Idee, wie man die Herrin Alessa vielleicht auf andere Gedanken bringen könnte?"

    "Ja....und welchen!" sagte ich nachdrücklich und nickte.
    Bereitwillig lief ich hinter ihr her und in die Küche. Nyla....eine Nyla kannte ich noch nicht - oder doch? Ich konnte mich nicht mehr erinnern.
    "Seit wann ist Nyla in der Casa?" fragte ich also, während wir zur Culina gingen.

    "Gut", sagte ich nur. Ich war mir etwas unsicher, ob die Herrin nicht vielleicht dabei sein wollte, wenn ihr die Kisten entpackten. Aber schließlich hatte ich auch schon alles gesehen, was darin war, hatte ich ihr doch beim Einräumen geholfen. Also half ich Calliope nun, beide Truhen zu entleeren und die leeren Dinger schließlich aus dem Cubiculum in ein anderes zu schaffen. Dort konnten sie lagern, bis sie wieder gebraucht wurden. Am Ende stand ich in Domina Alessas Zimmer und sah mich um. Zufrieden nickte ich.


    "Gute Arbeit!"

    Ja, das hatte mich auch beeindruckt. Ich nickte zustimmend. Manchmal waren es kleine Dinge, die einem das Leben wieder lebenswert erscheinen ließen, dachte ich mir. Und die Herrin hatte etwas Aufmunterung nun wirklich mehr als bitter nötig.
    "Ich werde es ihr nachher vorschlagen", versprach ich.


    Calliope und ich putzen noch eine gute halbe Stunde wie die Weltmeister in Ecken, Schränken, Ablagen und überall sonst, bis das Cubiculum wirklich glänzte und wieder wohnlich aussah. Hätte ich gewusst, woher im Winter Blumen zu bekommen waren, so hätte ich ihr welche auf das Bett gelegt, das einladend im Raum stand und wärme versprach. Guter Dinge sah ich Calliope an und deutete auf die Kisten.
    "Was meinst du, sollten wir die zwei da für die Herrin schon ausräumen oder sollten wir warten?"

    "Ja. Vielleicht sollte sie Fortuna opfern", überlegte ich laut, während ich den zweiten Schwamm ergriff und nun der Sklavin beim Saubermachen half.
    "Man kann nur hoffen, dass die Göttin ihr in Zukunft besser gewogen ist als in letzter Zeit."

    Während die Sklavin fort war, um etwas zum Putzen zu holen, machte ich mich daran, die Kissen aufzuschütteln und die Laken gerade zu ziehen. Ich war noch nicht fertig, da kam Calliope zurück.


    "Ich kann es dir nicht sagen. Ich fragte sie danach, doch es ist nur verständlich, wenn sie keine Antwort geben kann. Sie ist inzwischen verlobt, weißt du. Und nun muss ersteinmal die Sponsalia rückgängig gemacht werden. Ich denke, dass das alles nicht einfach werden wird für die Herrin. Der Herr Livianus macht sich große Sorgen um sie."


    Ich griff mir Tonkrug und die noch leere Schüssel und ging in die Küche, um den Krug mit Wasser und die Schale mit Früchten zu füllen. Dann ging ich zurück zu Calliope.



    Sim-Off:

    Ja, weil er geholfen hat, die Kiste zu schleppen - steht auch im Atrium - wer klar lesen kann.... -.^