Ruhig trabte ich voran. Die See hatte mich schon fast vergessen lassen, das auch Pferde eine Leidenschaft von mir waren. Meine Begleitung, zwei Leibwachen, äußerst tüchtige Soldaten, ritten mit mir. Ich hatte keinen festen Weg geplant, eher einfach ein wenig frische Luft, und mal wieder ein paar Bäume sehen. Ein wenig Essen und Wein hatte ich auch dabei. Ich hatte mir nach einer kleinen Erkältung - trotz des Sommers! - ein paar Tage in der Klasse frei genommen. Der Doktor hatte gesagt, ein wenig frische Landluft sollte ganz gut tun, nicht immer am windigen Meer zu sein. Ich glaubte auch, dass die Erkältung wohl mit meinen Brustschmerzen zu tun hatten, die sich ab und zu mal meldeten. Mir war nicht bewusst, dass ich neben einem übermäßigen Alkohlgenuss - der italienische Wein war einfach besser - auch Stress mich plagten.
Ich wusste nur, dass wir ungefähr in Richtung Norden ritten. Die Sonne strahlte mir in den Nacken, welcher nur durch ein paar längere graue Haare geschütz war. Der Rest war, wie es sich gehört ordentlich gestutzt. Nur den Bart ließ ich mir zur Zeit ein wenig wachsen. Ich war wohl zu faul mich um ihn zu kümmern.
Schließlich kamen wir an einem kleineren Feld an, ein Weg führte dazwischen durch zu einer kleinen, aber dichten Ansammlung an Bäumen. Davor stand ein kleine Haus, scheinbar ein Gasthaus. Ich trat mein Pferd leicht und die Gruppe von drei Soldaten ritt den engen Weg entlang. Der ruhige Wind bließ so über das noch ungeerntente Kornfeld, dass es aussah, als würden sich die Wellen des Meeres darin wiederspiegeln. Ein paar schneeweiße Wolken bedeckten den sonst strahlend blauen Himmel und warfen Schatten auf den Weg und das Feld.
Ich fühlte mich wohl hier, und doch beunruhigte mich irgendetwas.
Vor dem Gasthaus sattelten wir ab. Der sandige Boden schlug Staub, als drei Paar Sandalen auf ihn knallten. Nur mit einer, wenn auch edleren, Tunika bekleidet ging ich zu der Eingangstür, rüttelte daran. Sie schien verschlossen. Ich ging weiter um das Haus, gefolgt von den beiden Wachen, fand jedoch kein weiteren Eingang. Für gewöhnlich hatte ich nichts gegen die Beiden Leibwachen im Allgemeinen, nur heute fühlte ich mich wie ein Vogel im goldenen Käfig. Ich blieb auf einmal stehen, eine der Leibwachen griff spontan an den Knauf ihres Schwertes, als ob Gefahr lauterte.
Ich winkte ab, versuchte zu lächeln, es wurde jedoch eher ein schmerzverzerrtes Lächeln. "Jungs", sagte ich. "Lasst uns eine Pause machen." Wir gingen zurück zu den Pferden, ich nahm einen kurzen, aber großen Schluck Wein und biss in das Brot. Dann meinte ich: "Wartet ihr hier, ich muss mal kurz etwas erledigen." Mit einem vieldeutigen lächeln deutete ich auf den kleinen Wald.
"Bin gleich wieder da."
Dann ging alles sehr schnell. Ich ging in Richtung des Waldes und verschwand zwischen den Bäumen. Es war als wäre ich in einer komplett anderen Welt gelandet. Es war dunkler, nur vereinzelnte Lichtflecken schimmerten auf den dicht bewachsendem Boden. Schon bald sah ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr, und suchte mir schließlich einen schönen Baum aus, den ich bewässern wollte. Jedoch bevor ich das konnte legte ich meine Hände auf das meine Brust, die auf einmal höllisch anfing zu schmerzen. Ich wusste nicht was geschah. Der Wald fing an sich zu drehen, ich fing an zu laufen, oder eher zu stolpern. Ich hörte Pferde wiehern, das Meer rauschen, stolperte über eine Wurzel, fing mich an einem Baumstamm auf, und spuckte Blut, stolperte weiter.
Irgendwo in Italien, südlich von Rom, nördlich von Misenum ist ein Kornfeld. An der Seite ist ein kleiner Wald, und wo die beiden sich treffen, weit ab von Gasthäusern und Pferden, vom Meer und großen Städten liegt ein Mann. Die weiße Tunika ist rot geworden, der Blick unbedeutend, die Hand dreckig.
Und doch bereute er nichts. Zwar war er leblos, doch gelebt hatte er genug.