Beiträge von Marcus Petronius Crispus

    Zwar sagte Crispus der Begriff "Börsenhandel" nichts, allerdings war das auch nicht sehr verwunderlich, denn immerhin verstand er nicht sonderlich viel vom Gewerbe an sich, sondern überließ solche Fragen seinem Sklaven Privatus. Aber Kontore waren ihm dann doch bekannt - wenn man es genau nahm, war sein Lagerhaus ja auch so etwas...


    "Und den Handel in Kontoren lassen wir dann komplett unreguliert? Ich würd's nicht so kompliziert machen und einfach sagen: Gehandelt wird auf den Märkten - den auf dem Forum und den in den Vicinalmärkten - und in städtisch genehmigten Betrieben - ob das dann Kontore, Tabernae, Gasthäuser oder sonstwas sind ist ja im Grunde egal. Oder bezieht sich "Taberna" auf irgendeine besondere Art von Taberna?"


    Der Begriff war ja sehr weitläufig: Einerseits nannte man den Verkaufsraum in Handwerksbetrieben so, andererseits Gaststätten und schließlich mietbare Verkaufsräume in der Basilica...


    Auf die nächste Erklärung konnte er spontan allerdings nicht antworten - das war doch ein bisschen zu juristisch und er musste erst auf dem Entwurf nachsehen, worauf es sicih bezog.


    "Naja, aber wenn 'jeder zum Handel berechtigte' einfach jeder ist, dann muss man das doch nicht so umständlich schreiben, oder? Wär es dann nicht kürz, wenn man die Definition weglässt und stattdessen immer direkt 'jeder' schreibt?"


    Der letzte Punkt war dagegen wieder etwas leichter verständlich:


    "Und zu den Fremden: Der Fernhandel wird ja sowieso vor allem über den Handel auf dem Forum abgewickelt, oder nicht? Höhere Gebühren könnte ich mir auch vorstellen, aber die Vorstellung, dass im Vicus Britannicus ein Fernhändler Gewürze aus dem Osten und Stoffballen anbietet, wirkt auf mich auch ein bisschen komisch... Abgesehen davon, dass ich denke, dass man Fremde auch besonders kontrollieren muss..."

    Nachdem er es sich vor gar nicht allzu langer Zeit genau in diesem Saal gedacht hatte, schienen sich seine Befürchtungen diesmal doch nicht zu bestätigen - seine Bemühungen waren nicht nur für die Stadt, sondern offensichtlich auch für ihn persönlich lukrativ gewesen. Das hieß, wenn der Antrag durchging... aber Massula war ja ein hochgeachteter Decurio und wenn die Duccier zustimmten, war das ganze so gut wie geschafft!


    Blieb natürlich die Frage, wie umfangreich die Auszeichnung ausfallen würde... so blickte er erst einmal gespannt in die Runde, bevor er selbst noch etwas zu dem Antrag hinzufügte...

    Gefräßiges Schweigen breitete sich aus, während der erste Gang heruntergegessen wurde. Schließlich beschloss Crispus, doch einmal etwas mehr Leben in die Runde zu bringen und fragte seinen Nebenmann:


    "Was gibt's denn eigentlich so neues hier in Mogontiacum? Bin noch garnich' dazu gekommen, mich ein bisschen zu informieren!"


    Er war ja ziemlich direkt vor der Stadterhebung in die Stadt zurückgekehrt!

    Crispus' Schlafkammer war deutlich näher an der Tür als die von Morag, weshalb der alte Petronier zuerst von dem Klopfen wach wurde. Zuerst war er noch ganz in seinem Traum gefangen - wie so oft war er in seine alte Militärdienstzeit zurückgekehrt - sodass er zuerst glaubte, das Wecken habe begonnen und er müsse schleunigst in seine Rüstung kommen. Dann erst bemerkte er, dass er in seinem bequemen, weichen Zivilistenbett lag und die Zeiten soldatischer Schikane längst vorüber waren.


    Also setzte er sich auf, wartete noch einmal, ob es wirklich geklopft hatte und holte dann sein Schwert hervor - man wusste ja nie, wer mitten in der Nacht an der Tür stand!


    Kurz darauf stand er hinter der verschlossenen Eingangstür und fragte laut


    "Wer da?"

    Da erfuhr man ja ganz neue Dinge über den Aedil - als Spitzel hatte er sich offensichtlich seine ersten Sesterzen verdient!


    "Jaja, mit den Praetorianern is' nich' gut Kirschen essen..."


    Wenn er sich recht erinnerte, war sogar einer seiner alten Soldaten zur Garde gewechselt... der war eigentlich kein unglaublich harter Hund gewesen, aber immerhin - die nahmen nur die Besten!


    "Und dann bist du hierher nach Mogontiacum gekommen? Oder was hat dich hierher verschlagen?"

    Auch die zweite Initiative des Matiniers war durchaus berechtigt und dringlich, wie der alte Petronier feststellte - schon der Töpferstreit seines Sohnes damals hatte ja die Probleme der fehlenden Marktordnung verdeutlicht. Der jetzt vorliegende Antrag war allerdings nur bedingt nach Crispus' Geschmack: sehr abstrakt und sehr juristisch! Er war definitiv kein Fan der Juristerei, aber abgesehen davon erschien ihm manches etwas überflüssig:


    "Danke für diese Vorlage,Matinius - eine Marktordnung ist tatsächlich eine unverzichtbare Sache für ein Municipium! Allerdings hätte ich doch ein paar Fragen dazu:


    Seh ich das richtig, dass im Prinzip jeder handeln darf und das zu den selben Konditionen? Und ist diese lange Definition dann nicht fast ein bisschen überflüssig? Bzw. wollen wir nicht die Municipes unseres Municipium etwas bevorzugen? Zum Beispiel dass alle fremden Händler höhere Gebühren zahlen müssen? Oder eben nur Municipes auf den Vicinalmärkten verkaufen dürfen..."

    Zusammen mit den beiden anderen Pontifices saß Crispus in der ersten Reihe, als Pacats den Statusbericht widergab. Wie viele andere sah auch der Alte etwas verusichert zur Decke, denn auch wenn keine Einsturzgefahr bestand, klang der bauliche Zustand der Curia irgendwie bedrohlich...


    "Gibts denn Kostenvoranschläge, was so ein Neubau kosten würde? Ich meine, wenn wir schon bauen müssen, sollten wir möglichst gleich etwas repräsentativeres bauen, was unserm neuen Status entspricht!"


    Noch gut erinnerte der Petronier sich, wie er in seiner letzten Amtszeit als Magistratus einige Bauprojekte gestemmt hatte - allerdings waren das allesamt keine Neubauten gewesen...

    Der alte Petronier nickte - daran hatte er gar nicht mehr gedacht.


    "Was hat Salinator denn gemacht, dass du wegmusstest?"


    fragte er dann interessiert. Immerhin war es den meisten einfachen Römern egal, wer im Palatin saß - letztlich bestimmte Politik wohl eher das Leben wichtiger Equites und Senatoren! Aber vielleicht hatte er ja den falschen Patron gehabt...

    Zu den Saturnalien - das klang sogar nicht ganz unpassend, denn vielleicht hatte er zu den Januarkalenden den Dienst in der neuen Einheit angetreten. Naja, aber das würde er sicherlich herausfinden, wenn es so war...


    Vorerst kümmerte er sich aber lieber um sein eigenes Leiden, weshalb er Alpina in den Verkaufsraum folgte, wo ihn auch schon ein bekanntes Gesicht erwartete:


    "Matinius - du hier? Und du holst dem Quaestor seine Medizin? Hat er dafür keine Sklaven oder Scribae?"


    Dass ein Aedil das übernahm, wirkte doch ziemlich seltsam...

    Das war natürlich auch höchst verdächtig - normalerweise benannten altgediente Soldaten ihre Einheit immer sehr konkret, sprachen nicht von der Legion, sondern von der "Prima", der "Secunda" und so weiter... Wenn Alpinas Vater das nicht getan hatte, wollte er vielleicht tatsächlich seine Spuren verwischen...


    Der Name wies aber zumindest darauf hin, dass er römischer Bürger war - und damit war wohl klar, dass er zur Legionsreiterei hätte wechseln sollen. Falls das tatsächlich wahr war, würde Crispus das leicht herausbekommen können - immerhin hatte er als Primus Pilus selbst viele Jahre in der Legionsverwaltung verbracht!


    "Ich könnte ein paar Kontakte nutzen, um mal bei der Secunda anzufragen, ob ein Ollius jemals hierher versetzt wurde oder nicht ankam oder was... Wann genau wäre das gewesen?"


    Er erhob sich ächzend und ließ die Tunica wieder über das Bein fallen. Dann humpelte in Richtung Tür.


    "Wie ist das mit der Salbe? Bringst du sie mir vorbei oder hast du das vorrätig?"

    Als Pacatus an ihn herantrat, nickte der Alte nur knapp.


    "Ja, klar - Lucius is' ja in Rom geblieben, da bleibt der Platz neben mir übrig. Also setz' dich ruhig!"


    Als er dann an Rom erinnert wurde, konnte er wieder nur nicken:


    "Jaja, Rom ist schon ein Riesenmoloch. War ja früher schonmal dort, als mein Onkel geheiratet hatte - aber man vergisst die Dimensionen doch immer nach 'ner Zeit."


    Wenn er daran dachte, wie prunkvoll allein der Festtag der Concordia mit dem Auftritt des Kaisers gewesen war - da waren die Zeremonien in Mogontiacum wirklich nur ein schwacher Abklatsch...


    "Aber soll ich dir was sagen? Ich bin froh, wieder hier in diesem Provinznest zu sein. In Rom kennt man sich ja überhaupt nicht aus, überall fremde Menschen, wo man hinschaut! Und unfreudlich sind diese Großstädter - das glaubt man garnicht!


    Hier kämpfen vielleicht ein paar weniger Gladiatorenpaare, aber immerhin kenne ich dafür meinen Nachbar auf der Tribüne!"

    Nachdem sich alle begrüßt hatten, folgte Crispus der Menge auf die vorbereiteten Klinen, die überall herumstanden. Dann war es auch schon Zeit, Reden zu schwingen und so meldete sich direkt Massula zu Wort, der das ganze hier heute offensichtlich organisiert hatte. Zufrieden stellte der Alte fest, dass er selbst namentlich hervorgehoben wurde - vielleicht würde man ihm ja auch dauerhafteren Ruhm zuweisen, als ihn nur hier und da in einer Rede zu erwähnen...


    Natürlich kam es nicht infrage, dass der Petronier sich selbst für eine Auszeichnung vorschlug, aber seiner Meinung nach hatte er es sich schon verdient - und hoffte, dass seine Nachkommen eines Tages mit Stolz auf das Forum von Mogontiacum treten konnten, um den Ahnen in einer Inschrift oder gar einer Statue verewigt zu sehen, der ihren Aufstieg vom einfachen Plebejer zum Rittergeschlecht gestartet hatte...


    Bis dahin richtete er sich aber zumindest ein wenig auf und grüßte in die Runde, als er erwähnt wurde. Dann war das Buffet auch schon eröffnet, sodass er beschloss, seine eigene Rede etwas hinten anzustellen und sich vorerst an den dargebotenen Speisen zu bedienen.

    "Achso!"


    antwortete Crispus und zuckte mit den Schultern - im Prinzip klang es ja einfach und wenn es half, war ja alles in Ordnung. Komplizierter war da schon die Geschichte, die die Ärztin ihm auftischte. Für ihn klang es fast so, als hätte Vater Alpinus (oder wie auch immer er hieß) sich schlicht aus dem Staub gemacht, um seinen Sold nicht mit Frau und Kind teilen zu müssen. Ehen waren Soldaten ja sowieso verboten, sodass eine Versetzung oft reichte, um unliebsam gewordene Gespielinnen loszuwerden.


    "Bei der Prima Flavia war er, meinst du?"


    fragte er trotzdem nach - es gab ja insgesamt fünf Alae Primae im Imperium, aber nur eine in Raetia.


    "Und was hat er gesagt, wo genau er hinversetzt wurde?"

    Rheuma - das war so etwas wie Gicht, wie Crispus aus Unterhaltungen mit einigen seiner Decurionen-Kollegen wusste. Glücklicherweise war er selbst davon nicht betroffen - Flacius, ein älterer, ziemlich fetter Ex-Duumvir litt daran und seine Gelenke waren geradezu abstrus verformt! Wenn er nun etwas gegen diese Krankheit bekam... - ein schrecklicher Verdacht kam in ihm auf:


    "Heißt das, ich habe so eine rheumatische Beschwerde? Sowas wie Gicht?"


    fragte er deshalb etwas nervös.


    Allerdings konnte er auch etwas zu dem erfreulicheren Thema sagen:


    "In welcher Einheit hat er denn gedient? Bei der Ala Prima?"


    Auswendig wusste der Alte natürlich nicht, ob zu Kindeszeiten der Ärztin hier schon diese Reitereinheit in Raetia stationiert gewesen war - momentan war sie es aber zumindest!

    "Ich war ja grade erst in der Nähe - woher genau stammst du?"


    So wahnsinnig gut kannte der Alte sich natürlich nicht in der Gegend aus - er hatte sie ja auch nur gestreift - aber ein Kamerad war aus Raetia gewesen und Zufälle gab es ja immer wieder...


    Jetzt aber ließ er sich erst einmal ins Hinterzimmer führen, wobei die Ärztin sehr beflissen wirkte, ihm auch alles recht zu machen: Zuerst schien sie besorgt, dass sie es ihm nicht recht gemacht hätte, dann drehte sie sich auch noch weg - was Crispus aber zuerst sogar falsch intdrpretierte, als warte sie noch auf jemanden, nach dem sie nun sah. Erst nach einem Moment erkannte er, dass sie ihn wohl nicht beim Ausziehen beobachten wollte. Wobei das eigentlich überflüssig war, denn den Mantel hatte er ja schon abgelegt und darunter trug er dem Wetter entsprechend nur die Tunica, die er nun ein wenig lüpfte und das Bein zusätzlich auf einen Schemel stellte, damit Alpina es gut untersuchen konnte.


    Als sie sich dann umwandte, wurde der Alte fast ein wenig überrumpelt: Sie wollte gar nichts mehr wissen, sondern werkelte fröhlich drauflos, tastete das Bein ab, was ihn hker und da zusammenzucken und einmal aufstöhnen ließ. Aber irgendwie fühlte es sich auch richtig an - so in etwa wie beim Masseur - und sie schien sofort erfasst zu haben wo das Problem lag. Deshalb folgten auch sofort detaillierte Anweisungen zur Behandlung - so schnell war es beim Arzt noch nie gegangen, nicht einmal im Legions-Valetudinarium, wo der Miles Medicus grundsätzlich nie Zeit gehabt hatte und die Leute geradezu durchgewunken hatte...


    Ganz verwirrt von all den Anweisungen fragte er schließlich:


    "Und - äh - wie viel muss ich davon trinken? Und wieso Weidenrinde?"


    Brennnessel kannte er ja... aber Rinde mit Wasser überkochen? Das hatte er bisher noch nicht gehabt...