Steinbruch Stufe I im Angebot! Gern auch zum Schleuderpreis
Beiträge von Marcus Petronius Crispus
-
-
Sie erreichten Ostia vier Tage nachdem sie in Massilia das Schiff bestiegen hatten - am frühen Morgen. Bei gutem Wetter hätten wohl drei gereicht, aber dummerweise hatte sie auf dem Sinus Ligusticus ein hässlicher Sturm erwischt, der sie ziemlich vom Kurs abgebracht hatte. Dadurch waren sie am Ende mit einem Tag Verspätung nach Aleria gekommen, von wo sie dann nach Ostia weitergefahren waren - immerhin diesmal ohne die vielerorts gefürchteten Herbststürme. Immerhin nieselte es aber und der Himmel war finster, als sie in der Ferne das Leuchtfeuer des Leuchtturms von Ostia erblickten - oder genaugenommen Portus Romae, wie der Kapitän sie aufklärte.
Einige Zeit später fuhren sie schließlich in die Hafeneinfahrt ein, wo gewaltige Getreideschiffe vor Anker lagen - dagegen wirkte das Hochseeschiff, das immerhin Platz für die ganze Gesandtschaft geboten hatte, geradezu mikrig. Crispus stand, gehüllt in sein bereits triefendes Sagum, schweigend an der Reling und betrachtete die Ozeanriesen, die sie hier passierten. Sie alle brachten wohl Getreide nach Rom und ihre Größe, wie auch die gewaltige Speicherstadt, die sich hinter den Anlegeplätzen andeutete, boten bereits einen Vorgeschmack darauf, was für eine Riesenstadt sie in Kürze betreten würden.
Es wurde höchste Zeit, die genaueren Vorbereitungen zu treffen - wenn sie erst einmal in Rom waren, würden sie diesen Duccius Vala auftreiben müssen, dann auch die Patrone Mogontiacums - allen voran diesen Germanicus Avarus. Danach mussten sie sich eine Unterkunft organisieren, dazu eine Audienz beim Kaiser beantragen. Und dann gab es ja auch noch die privaten Pläne, die Crispus auf der Agenda hatte - Lucius brauchte einen Patron, eine Wohnung, man musste herausfinden, wie man seinen Namen für den Ritterring ins Gespräch brachte...
Nach der langen Ruhe der Seefahrt würde nun also der stressige Teil der Reise starten...
-
Für Crispus war auch das Meer mindestens genauso beeindruckend wie für Lucius - obwohl er es schon einmal gesehen hatte. Allerdings war das zu einer Zeit gewesen, als er eher in Lucius' Alter gewesen war und sich von Tarraco aus auf dem Weg zur Legion nach Colonia Agrippinensis gemacht hatte. Dazwischen hatte er auch einmal das Meer gesehen - damals, als sie mit der Neunten gegen Piraten gekämpft hatten und das Wasser des Nordmeeres mit Blut getränkt hatten. Aber das war kein Vergleich zum Mare Nostrum - seinem Meer, das seine alte mit der neuen Heimat verband! Für einen Moment fragte er sich, ob er die Gelegenheit nicht nutzen sollte, von hier aus nach Westen in See zu stechen und seinen Lebensabend in Tarraco zu verbringen. Die Petronier hatten eine hübsche Villa Rustica dort, wo er mit seinem Bruder, seinem Onkel, seiner Cousine und all den anderen fröhliche Jahre erlebt hatte...
Aber dann holte ihn die Realität wieder ein - er war ein angesehener Bürger Mogontiacums, hatte dort Betriebe, ein Haus, sogar einen Bauernhof mit Grund - ein Geschenk des Kaisers - und Freunde und alte Kameraden! In Tarraco dagegen lebte niemand mehr, von dem er in den letzten zwanzig Jahren gehört hätte - was wollte er dort? Also blieb ihm nur ein Seufzen, während er sein Pferd antrieb, denn da der Rhodanus nicht direkt in der Hafenstadt Massilia lag, hatten sie wieder ein Fuhrunternehmen in Anspruch nehmen müssen.
Kurze Zeit später erreichten sie Massilia, die ehemals griechische Kolonie. Dessen wurde sich der Alte aber erst bewusst, als er die Leute auf der Straße reden hörte - denn dort tauchte Griechisch gefühlt ähnlich häufig wie Latein. Vor knapp vierzig Jahren, als er zum ersten Mal hier gewesen war, war es noch extremer gewesen und er hatte fürchterlich Probleme gehabt, weil er weder damals noch heute auch nur ein paar Brocken Griechisch konnte. Deswegen hatte er Lucius ja auch zu einem vernünftigen Grammaticus geschickt, der nicht nur Latein, sondern auch Griechisch lehrte...
Heute würden sie das allerdings nicht brauchen, denn auch wenn die Kapitäne hier teilweise auch Griechen oder andere Ostländer waren, sprachen sie doch alle zumindest so viel Latein, dass man in dieser Sprache ihr Schiff chartern konnte. Und so dauerte es auch nicht sehr lange, bis sie den nächsten Punkt der Etappe gebucht hatten und Segel setzten, um endlich das Heimatland der Römer anzusteuern: Italia!
-
Auch Crispus machte sich schließlich wieder an die Arbeit. Wie er feststellte, war der Ersatzwagen tatsächlich schon da und Lucius scheuchte bereits ein paar Leute herum, die Kisten umzuladen. Da hier alles zu funktionieren schien, machte er selbst sich daran, mit dem Spediteur zu verhandeln, dem der kaputte Wagen zurückgebracht werden musste. Dabei begleiteten ihn ein paar weitere Decurionen mit etwas mehr Erfahrung im Feilschen, sodass sie diesmal nicht ganz so abgezockt wurden wie sonst.
Einige Stunden später standen sie schließlich wieder auf einem Flussboot, das sich langsam im Strom des Rhodanus Richtung Meer bewegte. Auch wenn Crispus fest überzeugt war, dass sie alles aufgesammelt hatten - er hatte es ja mit eigenen Augen beaufsichtigt - gab er nun, da sie ein bisschen Zeit hatten, dem Wunsch der anderen Decurionen nach und ließ das Gold aus der zerbrochenen Kiste nochmals zählen. Es stellte sich heraus, dass zwei Aurei fehlten - das war wohl das Opfer an Mercurius, den Gott der Diebe, das sie aus irgendeinem Grunde hatten zahlen müssen...
Aber immerhin würde es nun fast ausschließlich auf Fluss und See weitergehen - da war es für Diebe weitaus schwieriger, unentdeckt zu bleiben...
-
Crispus sah abschätzig zu seinem Sohn - was wollte er denn jetzt damit sagen?
"Dann hättest du ihn mal besser selbst verfolgt! Zurück, sorg' dafür, dass die Leute sich wieder formieren!"
Neid hielt der alte Petronier nicht gerade für eine Zierde und dass sein Sohn Haakon seine Leistung offensichtlich nicht gönnte, erweckte bei ihm nur Verachtung.
"Naja, wie auch immer - gut gemacht, wie gesagt. Und jetzt zurück an die Arbeit - wir müssen das Zeug auf den anderen Karren verladen und endlich auf den Fluss zurückkommen!"
-
Crispus blickte von einem zum andern, bis Haakon plötzlich die Münze hervorholte - wo hatte er die denn her?
"Ein Dieb? Den hab' ich gar nicht bemerkt!"
Er grinste schief und klopfte seinem Klienten anerkennend auf die Schulter.
"Gut, dass ich dich mitgenommen hab' - sonst wär' der Kaiser jetzt um hundert Sesterzen ärmer!"
Dann drehte er sich zu Undorich.
"Saubere Arbeit, junger Mann!"
-
Lucius mochte es langweilig werden - für Crispus im inneren des Kreises war das Gegenteil der Fall: Diese Goldmünzen waren eine Menge wert und wenn er sich vorstellte, aus Unachtsamkeit auch nur eine hier im Dreck zu verlieren, würde er sich im Nachhinein wohl selbst in den Arsch beißen. Also steckte er sein Schwert weg und half mit, sie alle wieder zu finden. Auch wenn er das Wühlen den einfachen Söldnern und Dienern überließ, schritt er den Kreis in gebeugter Haltung ab - was ihn daran erinnerte, dass sein Kreuz auch nicht mehr das beste war. Aber all das war egal - wichtig war der Auftrag! Und da war es ab und zu doch auch mal nötig, mit den Fingern ein bisschen Schmodder beiseitezuschieben, um einen Stein von einem Aureus zu unterscheiden.
Dazu mussten weitere Dinge organisiert werden: Der alte Petronier schickte einen der Decurionen zurück in die Stadt, um einen Ersatzwagen zu organisieren. Außerdem brauchten sie eine neue Kiste, denn ihre bisherigen Funde hatten sie in den intakten Teil der aufgebrochenen Kiste gesteckt, der aber nicht besonders stabil wirkte.
Als Haakon dann zurückkehrte, war aber immerhin alles gefunden - oder zumindest sahen die Wachmänner mit ihrem dreckverschmierten Händen ziemlich ratlos aus und auch der scharfe Blick des Alten konnte es nirgendwo mehr funkeln sehen.
Deshalb schob er sich nun durch den Schutzwall aus Milizionären nach draußen, wo Lucius seinen Klienten bereits gestellt hatte. Erwartungsvoll stemmte er die Fäuse in die Hüfte.
"Haakon, wo kommt ihn denn her?"
fragte er - ohne zu wissen, dass er genau die gleichen Worte benutzte wie sein Sohn vor ihm.
-
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpg Der anderen Germanen war es ganz recht, dass Haakon nach vollendetem Auftrag rasch das Weite suchte - wer wusste schon, ob nicht ein paar von den feindseligen Gestalten um sie herum nicht auch ein paar Freunde des Diebes waren und eine neue Schlägerei anzettelten?
Sie kamen aber zum Glück unbehelligt weg, sodass sie unterwegs sogar noch ein bisschen Lob austauschen konnten. Undorich grinste schief - das ganze hätte auch gut nach hinten losgehen können!
Dass Haakon aber dann nach seinem Namen fragte, verblasste das Grinsen schnell wieder - sie waren nun schon ziemlich lange Zeit unterwegs und sooo groß war die Truppe doch auch wieder nicht, dass sie ihre Namen nicht kannten! Zugegebenermaßen hatte Undorich die ganze Zeit kein Wort mit Haakon gewechselt - wenn man einseitige Wortwechsel mit stummer Befehlsausführung wegließ... aber naja, immerhin war Haakon doch sowas wie ihr Centurio...
"Undorich" antwortete er aber schließlich und ging zielstrebig weiter. Am Ende steckte er Haakon schließlich noch die Münze zu - wenn auch etwas widerwillig, denn er befürchtete, dass sein Hauptmann den ganzen Ruhm allein einheimsen wollte, wenn sie dem Centurio unter die Augen traten... -
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpg Haakon brachte seinen Fuhrknecht zu Boden, der von Undorich verletzte ließ seinen Dolch fallen und hielt sich den heftig blutenden Arm. Hektisch sah er hin und her, als Haakon sich auch schon vor ihm aufbaute. Der Drohung hielt er allerdings nicht stand - mit wenigen Sätzen sprang er davon.
Jetzt endlich reagierte Undorich - er steckte seine Waffe weg und stürzte sich auf den Dieb. "Wo hast du das Gold, hm?" fuhr er ihn an und begann, seine Taschen zu durchwühlen. Sein Opfer war noch immer ganz groggy, sodass er sich nicht wehrte und der Milizionär am Ende tatsächlich triumphierend die Goldmünze hochhielt.
"Na da schau an! Hauen wir ab, bevor der andere seine Freunde holt!" rief er Haakon zu und löste sich wieder von dem Dieb.
-
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpg Haakon war ein Typ, mit dem wirklich nicht gut Kirschenessen war, wie Undorich sich eingestehen musste - er ging wohl keinem Streit aus dem Weg. Mit seinem plötzlichen Angriff überraschte er aber nicht nur den Germanen, sondern auch die beiden Gallier, sodass der Axtkopf krachend auf die Nase des einen stieß. Der Kerl brüllte auf, doch der andere riss nun den Dolch heraus.
"Tu es mort!*" fuhr er Haakon an und hielt den Dolch vor sich - ein Kenner würde wohl erkennen, dass er im Straßenkampf wenig erfahren war. Undorich tat das aber nicht, sondern sah all das als gefährliche Bedrohung. Als er die Arme hob, stellte er fest, dass er noch immer sein Sax in der Hand hielt - und schlug zu.
Die schwere Klinge biss sich in den Arm des Fuhrknechts, dass das Blut nur so spritzte. Wahrscheinlich war er bis auf den Knochen vorgedrungen - dazu passte jedenfalls das Geschrei, das klang, als hätte jemand versucht ein Schwein abzustechen. Erschrocken zog er die Klinge wieder zurück - hatte der Centurio nicht gesagt, man sollte immer eher defensiv sein? Aber jetzt hatte er schon gehandelt - was sollte er tun?
Sim-Off: * "Du bist tot!"
-
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpgWie Undorich feststellte, setzte Haakon nicht unbedingt auf Dialog. Stattdessen versuchte er, die beiden Fuhrknechte einzuschüchtern - eine Taktik, die dem Germanen angesichts der potentiellen Überzahl fast etwas leichtsinnig vorkam.
Tatsächlich schien der Fuhrknecht wenig beeindruckt, denn er fragte spöttisch: "Et toi, du bist Praetorianer?"
-
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpgUndorich wusste gar nicht, wie er reagieren sollte - die beiden Fuhrknechte machten keinen sehr freundlichen Eindruck und wirkten dazu kaum beeindruckt von der herrischen Stimme Haakons. Vielmehr zog der eine von ihnen seinen Dolch, als ihm mit dem Beil gedroht wurde.
"Pourquoi? Was 'at er gestohlen?" fragte er.
-
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpgGerade als der Dieb ihn niedergerungen hatte und Undorich schon das Gesicht verzog in der Befürchtung, gleich eine Faust abzubekommen, wurde sein Gegner einfach weggerisssen. Als er sich verdutzt umsah, sah er Haakon mit ausgestrecktem Fuß, dann den Dieb im Dreck liegen.
Allerdings war er viel zu verdutzt, um sofort aufzuspringen. Vielmehr blieb er liegen und sah zu, wie Haakon seine Axt zog. Erst dann rappelte er sich langsam auf und zog sein Sax aus der Scheide. Der Typ war scheinbar direkt am Kopf getroffen worden, denn er blutete aus dem Mund - ob er sich auf die Zunge gebissen hatte? Er sah aber zumindest nicht danach aus, als würde er gleich fliehen...
"Her mit dem Gold!", fuhr er den auf dem Boden Liegenden an. Unterdessen unterbrachen die beiden Kerle, die den Wagen beladen hatten, hinter dem Undorich sich versteckt hatte, ihre Arbeit. Für sie war offensichtlich nicht ohne weiteres klar, was hier vorging.
"Hey, qu'est-ce macht ihr da?", fragte der eine in einem Latein, das man wegen des starken gallischen Akzents - ein Kenner würde wohl erkennen, dass es eine allobrogische Einfärbung war - kaum verstand. Seine Hand ging dabei zu einem Dolch, den er am Gürtel trug und er klang nicht so, als hielte er diese kleine Rangelei für gerechtfertigt.
"Cef tabèrent fur moi! Fanf caufe!*", nuschelte der Dieb auf allobrogisch zurück und deutete panisch auf Haakon und Undorich.
Sim-Off: * Diese haben mich geschlagen! Ohne Grund!
-
http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpgUndorich rannte einfach hinter Haakon her, wobei er meist hinter ihm blieb. Als er doch ein wenig aufschloss, zeigte ihm der Kamerad endlich den Typen, den sie hier verfolgten. Ein total durchschnittlicher Kerl, wie es schien.
Als Haakon dann den nächsten Befehl gab, hatte Undorich schon längst die Orientierung verloren, aber er erkannte sofort, was Haakon meinte: rechts von ihnen standen einige Lagerhäuser auf Stelzen - nicht sehr hoch, aber man konnte die nächste Straße darunter sehen. Also bog er ab, bückte sich und krabbelte zwischen den Stelzen hinüber. Als er auf der anderen Seite herauskam, stand er direkt vor einem Karren. Vielleicht sollte er sich einfach verstecken... - gesagt, getan: Er duckte sich hinter den Karren, aus dem zwei Gallier mit einem seltsamen Akzent Getreidesäcke ausluden und ihn neugierig beobachteten. Dann spitzte er hervor: Tatsächlich, da kam der kleine Dieb angerannt!
Genau im richtigen Moment sprang er hervor und tackelte den verdutzten Dieb. Gemeinsam gingen sie zu Boden und ein kleines Gerangel entstand. Der Bursche war stärker, als Undorich gedacht hatte und an sein Sax kam er auch nicht... wo steckte denn Haakon?
-
Zitat
Original von Haakon
Na hoffentlich hatten die Götter dabei ihren Spaß, als die Achse eines der Karren krachend nachgab und die Ladefläche zu Boden sank und sogar eine der gut gefüllten Kisten aufbrach, als sie die Oberfläche der Straße erreichte und ein wahrer Regen aus goldenen Münzen herausfiel und klimpernd zu Boden ging.Oh! Scheiße..., ging es Haakon durch den Kopf als er das Schauspiel, das eine handvoll Schritte hinter ihm geschau mitbekam.
Alles geschah so schnell, und Haakon hatte etwas Zeit benötigt um reagieren zu können. Da hatte sein Patron bereits mit den vorhandenen Wachleuten einen Ring um den gekippten Wagen errichtet, damit keine diebischen Finger von den von Armut geprägten Landbewohnern sich an des Kaisers Gold zu schaffen machen konnten. Doch offensichtlich hatte es Einer doch geschafft, denn der junge Petronius schrie diesem hinterher. Daraufhin reagierte Haakon doch noch so schnell es ihm möglich war und und rannte los. An einem der Söldner vorbei und riss diesen sogleich am Arm mit sich. "Komm mit! Den schnappen wir uns!"
Der diebische Bauersmann floh um eine Ecke, nun verfolgt von gleich zwei Leuten aus dem Tross der Fremden und Haakon fühlte sich sogleich erinnert an seine letzte Verfolgungsjagd, bei der er den geflohenen Sklaven seines jetzigen Patrons quer durch den Vicus Navaliorum verfolgt hatte. Das Wetter war ähnlich gewesen, nur um einiges eisiger und der Boden war bedeckt vom Schnee und dem entsprechend rutschig. Dieses mal war der weniger fest getretene Boden lediglich nass und gab leicht nach. Daher konnte er unterwegs ein höheres Tempo erreichen.http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/32.jpgUndorich wusste auch gar nicht, wie ihm geschah - eben war er noch hinter dem Wagen hergetrottet, dann plötzlich rollten Goldmünzen über die Straße. Gerade überlegte er noch, ob er nicht gleich eine einsacken sollte, als der alte Petronier - Undorich nannte ihn den "Centurio", weil er sich aufführte, als wäre diese ganze Gesandtschaftssache eine Militärexpedition - auch schon reagierte. Seine beiden Kameraden wurden postiert und Undorich wollte auch schon hingehen, als ihn jemand am Arm packte. Er schreckte zusammen und drehte sich blitzschnell um - aber es war nur Haakon, der ihn damals angeworben hatte. Er war jetzt so eine Art "Kommandant" des Wachpersonals, weshalb er dem Befehl sofort nachkam.
Hinter dem Germanen rannte er blindlinks in die Gasse, in der der angebliche Dieb verschwunden war. Leider hatte er selbst keine Ahnung, wen Haakon mit "den schnappen wir uns" gemeint hatte, sodass er ratlos um sich blickte.
-
"Beim Hercules!"
rief Crispus aus, als er sich wegen des Krachs umdrehte. Vor ihm lagen Goldmünzen auf dem Boden und als er aufsah, bemerkte er, dass auch Passanten diese Beobachtung machten. Dass sein Sohn ebenfalls vom Esel gefallen war, sah er überhaupt nicht. Vielmehr war ihm sehr schnell klar, dass er handeln musste:
"Miliz zu mir! Bildet einen Kreis!"
befahl er und sprang vom Pferd - was seine Knie krachen und ihn ein wenig das Gesicht verziehen ließ. Aber für Wehleidigkeit hatte er keine Zeit - mit wenigen Schritten war er bei dem kaputten Wagen und zog sein Gladius, um die verdutzten Milizionäre auszurichten. So brachte er einen einigermaßen akzeptablen Ring zustande, während Lucius noch auf dem Boden herumkroch. Die Männer zogen ihre Waffen - einige hatten Gladii, andere Speere oder diese germanischen Schwerter mit nur einer Scheide. Unterdessen kamen weitere Milizionäre herbei, die der Alte nun ebenfalls ansprach:
"Ihr da, sammelt das Geld ein! Und ihr, beaufsichtigt sie!"
Er deutete mit dem Gladius auf einige Decuriones seiner Gesandtschaft, die natürlich auch mit ihren Pferden und Eseln herbeigeeilt waren. Die Wachmänner waren einfache Burschen - denen traute er kein bisschen! Wo war eigentlich Haakon? Naja, egal - immerhin war Lucius wieder aufgestanden.
"Du hast den Befehl über die Wachen!"
blaffte er ihn an, dann schob er sich zwischen dem Schutzring hindurch und überwachte ebenfalls, wie die Diener der Decurionen und ein paar germanische Wächter jede einzelne Goldmünze aus dem Dreck puhlten.
-
Nachdem die Gesandtschaft auf dem Rhodanus wieder die Alpen und das Land der Allobroger hinter sich gelassen hatte, wurde auch an der Landschaft deutlich, dass man sich nun in einer Region befand, die etwa zweihundert Jahre länger im römischen Besitz war als Germania: Die Landschaft an den Flussufern war besser kultiviert, man sah deutlich seltener die primitiv anmutenden Dörfchen der Einheimischen, dafür aber viel häufiger Villae Rusticae, kleine Siedlungen mit gekalkten und ziegelgedeckten Streifenhäusern und eindeutig römisch aussehenden Heiligtümern. Kurz darauf konnten sie auch wieder eine der hervorragenden römischen Straßen nutzen, denn in der Biegung, die den Fluss nach Norden nach Lugdunensis umleitete, verluden sie Waren und Personal erneut auf Karren, Esel und Pferde.
Dem alten Petronier gefiel die Landschaft ausgezeichnet - sie erinnerte ihn sehr an seine Kindheit in Hispania, wo selbst die Dörfer der Einheimischen eine gewisse Ähnlichkeit mit denen hier besaßen. Abgesehen davon hatte er das Gefühl, dass das Klima hier auch stärker in Richtung Hispania bzw. ging, selbst wenn ab und an ein eisiger Wind bließ.
Wenige Tage später erreichte die Reisegruppe dann endlich Vienna - eine Stadt, die Crispus erneut beeindruckte, denn sie übertraf wieder alles, was sie auf ihrer bisherigen Reise besucht hatten. Angeblich war Lugdunum noch größer, aber schon Vienna besaß alles, was man sich für eine römische Stadt wünschen konnte: ein großes Theater, einen imposanten Tempel für Augustus und Livia - wo der Alte gleich ein Opfer darbrachte - , Thermen - die der Alte auch nach der langen Zeit im Sattel allzu gern nutze - und ein hübsches Forum. -
http://farm6.staticflickr.com/5006/5210668990_5ce03f79e7_n.jpg
Auch der Alte genoss den Anblick des Lacus Lemanus, der sich in einem weiten Bogen rund um ein prächtiges Bergmassiv erstreckte. Zuerst galt es aber wieder zu organisieren: In Lausonna mussten die Fuhrknechte bezahlt werden, die nun wieder kehrt machten und die Karren wieder zurück nach Augusta Raurica transportieren würden. Fast war Crispus ein wenig traurig, seinen inzwischen recht zutraulichen Kameraden, einen grauen Wallach, zurücklassen zu müssen. Für Abschiedsschmerz war aber eigentlich ebensowenig Zeit wie für den Anblick der Alpen, denn kaum hatte man das eine Verkehrmittel losbekommen, mussten auch schon Flöße organisiert werden, auf denen die Gesandtschaft den Lacus Lemanus hinunterschippern konnte. Wieder wechselte eine ganze Stange von dem mitgebrachten Kronengold den Besitzer, dann war man endlich wieder unterwegs.Nächste Station war dann Geneva, das der alte Petronier sich irgendwie eindrucksvoller vorgestellt hatte: Zwar gab es durchaus einen recht eindrucksvollen Seehafen, aber der Ort selbst wirkte wenig romanisiert, obwohl hier direkt die nächste Verkehrsader abging. Einige Lagerhäuser gab es hier, außerdem eine römische Zollstation mit einigen Beneficarii, denn wer auf dem Rhodanus weiterreiste, musste Zoll zahlen. Und weil die Gesandtschaft genau diesen Weg plante, musste Crispus ebenfalls mit den Soldaten verhandeln. Zuerst versuchte er ihnen klar zu machen, dass er quasi in kaiserlichem Auftrag unterwegs wäre. Leider wollten die Zöllner dafür ein kaiserliches Diploma sehen, das so eine Zollfreiheit bestätigen würde - unter diesen Umständen könnten sie sogar ein paar Boote kostenlos nutzen. Aber natürlich hatten weder Crispus, noch seine Reisegefährten irgendsoetwas. Wieder musste also etwas Gold zurückgelassen werden - langsam begann der Alte sich Sorgen zu machen, dass am Ende der Reise kaum mehr etwas übrig sein würde.
Am Abend berichtete ihm ein Händler in einer Taverne, dass der Rhodanus noch zweimal die Provinzgrenzen überschritt. Dies wiederum ließ den Alten aufstöhnen - so viel Zoll für ein Geschenk des Kaisers - es war wirklich eine Unverschämtheit! Glücklicherweise erfuhr er aber auch, dass es möglich war, auf der Straße "abzukürzen" und Lugdunum auszulassen. So hatte die Route sich ein klein wenig geändert, als sie am nächsten Morgen die Leinen losmachten und irgendwo hinter Geneva die Provinzgrenze überschritten, die auf dem Wasser überhaupt nicht erkennbar war...
[SIZE=7]Bild: SnapDoc auf Flickr[/SIZE]
-
http://farm6.staticflickr.com/5488/9226320620_f8bc1307bd.jpg
Im Gegensatz zu Lucius hatte der alte Petronier eine Stadt wie Augusta Raurica schon gesehen - er war sogar jahrelang in so einer stationiert gewesen (nämlich Colonia Agrippinensis). Deshalb hatte er wenig Augen für die Geordnetheit und Ebenmäßigkeit der Stadt. Abgesehen davon war er natürlich nicht als Tourist hier, sondern musste sich zügig um den Weitertransport der Gesandtschaft kümmern. Am Hafen informierte er sich gemeinsam mit Haakon informiert, wo man Ochsenkarren und Reittiere mieten konnte - immerhin würde es von jetzt an zu Fuß in die Alpen gehen. Glücklicherweise gab es eine ganze Menge möglicher Anbieter, sodass die beiden sich aufteilten: Crispus ging zu einem Spediteur, der in der Nähe des Amphitheaters etwas außerhalb der Stadt sein Lager hatte, Haakon wurde in die Stadt geschickt. Die anderen Decurionen bekamen ein wenig "Freizeit" und konnten sich in eine Unterkunft in den zahlreichen Gasthäusern der Stadt suchen.Einige Zeit später stand der alte Petronier dann endlich vor Vindaluco, einem vielschrötigen Germanen, der ein stattliches Anwesen bewohnte, an das sich direkt ein relativ großer Stall und eine Scheune anschloss. Im Hof standen Ochsenkarren in verschiedensten Größen, teilweise mit beschlagenen Rädern, teils mit den etwas altertümlicheren Vollholzrädern. Man ließ ihn recht bald zum Hausherrn vor, der den Verwalter wegschickte, mit dem er gerade gesprochen hatte.
"Salve, ich bin Marcus Petronius Crispus, Decurio und Gesandter der Civitas Mogontiacum. Ich bin hier-"
"-um ein paar Karren für den Weitertransport zu mieten, nehme ich an."
unterbrach der Spediteur ihn grinsend und legte seine Tabula beiseite.
"Ich hab' schon gehört, dass ihr demnächst hier eintreffen würdet. Und bei mir bist du goldrichtig, sag' ich dir!"
"Wieso? Was würde es denn so kosten, einen Karren mit Treibern und allem zu mieten. Für eine Reise bis zum Lacus Lemanus?"
Vindaluco nannte eine Preis, der selbst Crispus als absolutem Laien viel zu hoch erschien. Deraufhin entbrannte eine kleine Diskussion: Vindaluco betonte die Schwierigkeiten, im Herbst ins Gebirge zu ziehen, die Gefahr der Straße und das kriegsbedingt verringerte Angebot an Vieh, Futter und Angestellten, Crispus hielt dem entgegen, dass es sich hier immerhin um eine offizielle Gesandtschaft und eine große Menge an Gefährten handelte. Außerdem dürfte der Krieg den Handel ja wohl eher eingeschränkt haben, sodass er froh sein konnte, so einen Auftrag zu bekommen.
Am Ende einigte man sich auf einen Preis, der dem alten Petronier vernünftig erschien, bei dem er aber noch immer stark übers Ohr gehauen wurde. Andererseits zahlte ja die Civitas die Kosten zumindest teilweise, sodass er einigermaßen zufrieden zum Hafen zurückkehrte, wo Lucius hoffentlich eine Unterkunft klargemacht hatte. Am nächsten Tag würde es dann auf Eseln und Ochsenkarren weitergehen...
Bild: carolemadge1 auf Flickr
-
Natürlich nahm die Legion nur römische Bürger! Aber er antwortete gar nicht auf die Frage, weil Haakon sofort fortfuhr, sondern ging direkt auf die Möglichkeiten zum Erwerb des Bürgerrechts ein:
"Naja, es gibt verschiedene Möglichkeiten - aber keine davon ist wohl so schnell, dass es sich für dich noch lohnt, zur Legion zu gehen."
Er musterte Haakon kritisch - beim Nachdenken konnte man bereits deutlich Falten auf seiner Stirn erkennen, weshalb er seinen Klienten wohl etwas älter schätzte als er es wirklich war.
"Normalerweise bekommst du das Bürgerrecht, wenn du dich für den Staat nützlich machst: Zum Beispiel, indem du zwanzig Jahre bei den Auxiliae dienst - zum Beispiel bei der numidischen Ala II oder bei der rätischen II. Kohorte. Eine andere Möglichkeit ist ein Engagement in der Kommunalpolitik, von der wir's grade hatten. Wenn alles klappt, wie wir es planen, bekommt man zukünftig in Mogontiacum auch nach zwei Magistraturen - also zum Beispiel als Magister Vici und Aedil - das römische Bürgerrecht. Aber das entscheidet der Kaiser. Der kann das Bürgerrecht auch unabhängig vergeben, genauso der Statthalter in Vertretung - wenn's denn mal wieder einen gibt."
Dann nahm er noch auf die letzte Bemerkung Bezug:
"Und ja, Beziehungen sind alles! Aber du hast ja schonmal einen guten Anfang gemacht mit mir!"
Er zwinkerte dem Germanen zu. In diesem Moment passierte das Schiff eine Flussbiegung und dahinter kam auch schon Argentoratum in Sicht: Von Norden aus konnte man nur das mächtige Legionslager sehen, das auf der Rhenus-Insel stand - die man allerdings kaum als solche erkannte, denn der Nebenarm des Flusses war ziemlich klein und deshalb aus der Ferne kaum bemerkbar. Der Blick ging vielmehr auf den Wall, auf dem ein steinernes Fort mit Türmen und einem großen Tor in der Mitte errichtet war. Die Zivilsiedlung lag südlich davon, aber zumindest die Hafenanlagen am Ufer waren auch erkennbar.
"Hm, nicht ganz so majestätisch wie der Hügel, auf dem unser Castellum liegt, aber vom Fluss aus auch nicht schlecht..."
kommentierte der Alte den Anblick.