Beiträge von Titus Tiberius Flaccus

    Flaccus führte gerade seinen edlen gläsernen Becher zum Mund, als ihre Frage seine Bewegung für einen Bruchteil einer Sekunde stocken ließ. Auf den jüngst gefeierten sponsalia hatte sie ihn schon darauf angesprochen, doch kam ihm damals Livias Verlobter "unfreiwillig" zu Hilfe. Dieses Mal war es wohl aussichtslos, dass er in der Türe stehen würde. Doch Flaccus ließ sich möglichst wenig anmerken, setzte seinen neutralsten Blick auf und antwortete ihr in patrizischer Manier.
    Nun... es hat sich noch keine... passende... Verbindung ergeben.
    Auf den Reisen war dies auch schlecht möglich. Zu wenig verweilte er an einem Ort und nur in Palmyra hatte sich ein Tächtel-Mächtel eingestellt. Doch da er um seine baldige Abreise damals wusste, hatte sich eine Vertiefung dieser Beziehung nicht gelohnt.
    Doch wusste er nun auch, dass gerade dieses Thema für seine Schwester sicher ein gefundenes Fressen war.

    Sisyphos? Sisyphos hatte Mühen? Flaccus würde gern dessen Stein den Berg hochrollen, wenn jener ihm die Ermahnungen an seine Schwester abnehmen würde! Er hörte ihre Worte und wusste, dass die seinen wohl im einen Ohr erklangen und im anderen verhallten... Aber zumindest das Lararium sollte sie nicht außer Acht lassen. Er würde dies sicher zu gegebener Zeit prüfen. :P
    Als er seine Schwester anblickte, musste er ihr jedoch ein Lächeln schenken und griff danach wieder zu den Speisen.
    Ich weiß doch, dass du auf deinen großen Bruder hörst, Schwesterchen.

    Machte sie das etwa wieder mit Absicht? Fein rieselten die Worte seiner Schwester in Flaccus Ohren wie das Salz in die Wunde.
    Nein, Livia, ich darf das nicht. Du hast Recht, dazu bedarf es eines Priesters, der haruspex ist. Nur er weiß die Eingeweide des Tieres zu deuten. Einem discipulus wird eine solch wichtige Aufgabe nicht anvertraut.
    Gut, dass er nicht einer der Dümmsten war. Er würde sicher bald den Rang des discipulus verlassen dürfen, um commentarius zu werden.
    Du solltest dich zu den beginnenden Parentaria auch einmal dem Lararium widmen!

    Ein Ziegen- oder Schafbock würde ihn sicher aufbringen, da er doch der Beschützer der Herden ist. Weiße Tauben oder gar weiße Mäuse wären sicher angebracht, aber in der Tat wären diese ein kleines Opfer. Ein Stier wäre zu groß und sicher das prunkvollste Opfer. Du solltest dich um ein Kälbchen kümmern, wenn du dies auf den Märkten erstehen kannst. Es sollte jedoch eine helle Farbe aufweisen, am besten weiß. Das solltest du bedenken.
    Aber auch das würde sicher nicht billig werden, da auch die Händler um die Preise für weiße Kälber wussten, und Flaccus glaubte schon, dass seine Schwester beim Anblick der Preise sicher einem kleinen Opfer in der Größe einer Maus wieder eher zugetan wäre.

    Flaccus hatte sich auf dem Forum aufgehalten. Er stand am Tempel des Iulius Caesar und hörte, ob auch heute wieder Geschwätz von der rostra zu ihm drang, doch als die Sonne bald ihren höchsten Stand zu erreichen schien, wandte er sich gen Amphitheatrum Flavium und marschierte das Forum hinab Richtung Tempel der Vesta. Dort fanden sich derzeit unzählige Menschen ein, um dem Opferritual beizuwohnen.

    Er nahm eine Traube und sog sie genüsslich in seine Mund. Dann lächelte er seine Schwester an.
    Lass mich nachdenken, ja, ich denke, ich werde einen Moment meiner Zeit dafür entbehren können.
    Weißt du schon, ob du ein großes oder kleines Opfer darbringen willst? Danach kann ich dir ein Opfertier anraten. Und bei der Überbringung des Opfers an den Gott, kränze dich mit Lorbeer!

    Flaccus folgte der Weisung des sacerdos und setzte sich ebenfalls.
    Du erzähltest mir, sacerdos Iulius, von der Eingeweideschau, worauf zu achten sei. Wobei dies den haruspices obliegt.


    [SIZE=7]edit: unschöne Tippfehler[/SIZE]

    Pah...ein netter Priester, der ihre Fragen beantwortet. Offensichlich zieht sie es gar nicht in Betracht, ihren Bruder darum zu bitten, sie zu begleiten. Mit völliger Gleichgültigkeit überspielt Flaccus jedoch seine leichte Enttäuschung.
    Sicher wird dir ein netter Priester behilflich sein und dir alles nötige erklären. Der Hilfe deines Bruders wirst du dazu sicher nicht bedürfen! Da hast du natürlich Recht, Livia.

    Flaccus hatte sich am folgenden Tag den Tempel des Nepunus equester genauestens angeschaut und einen Bericht dazu verfasst. Sicher war er kein Architekt und Baumeister, und sein Bericht erreichte wohl auch nicht die Klasse eines der Werke des Vitruv, aber die offensichtlichen Mängel konnte Flaccus dennoch skizzieren. So betrat er den Unterrichtsraum 2 Tage später und wandte sich dort an Iulius Imperiosus.
    Salve, sacerdos Iulius. Ich habe mir den Tempel des Neptun angeschaut. Hier erhälst du meinen Bericht dazu.


    Templum Neptunis equestris
    am Circus Flaminius


    murus externus


      [*]An der östlichen Wand befindet sich ein eingeritztes Gekritzel: Lucius et Decima hic erant!
      [*]Die Säulen scheinen intakt


    ara


      [*]Durch ein vor etlicher Zeit wohl herabgefallenes Stück des Gebälks ist der Marmor an der nordöstlichen Seite des Altars beschädigt.


    cella interna


      [*]Die inneren Altäre weisen starke Abnutzung durch Gebrauch auf; hier insbesondere die transportablen Kupferaltäre.

    Zitat

    Wo bleibt deine patrizische Würde, dein patrizischer Anstand ?!"


    Dies sagt einer, der vor den edlen Damen Roms obszöne Worte ausspricht, sich benimmt wie ein Barbar und den Consul als ignavus beschimpft?
    In diesem Moment wünschte er sich den Verlobten seiner Schwester herbei, zumindest dessen Männer. Weiter wollte er mit diesen Menschen nicht reden und wies seiner Schwester den Weg zu gehen.

    Flaccus hörte, wie seine Schwester sturr seine Begleitung ablehnte, doch waren ihre letzteren Worte nun eine Frage, oder eine Aussage? Etwas Unsicherheit spürte er doch, die er nicht ungenutzt lassen wollte.
    Nun ja, ich bin mir sicher, dass du genau weißt, was du dem Apoll zu opfern hast. Denn schließlich ist das ja das Wichtigste. Sonst könntest du noch dessen Zorn auf dich ziehen, aber ich bin mir sicher, deine Opfergabe wird genauestens den Erwartungen des Gottes gerecht!
    Natürlich ließ er einen Hauch von Ironie in seiner Stimme mitschwingen, während er bei seinen Worten nicht den Blick auf sie, sondern auf die in einer Schale präsentierten Köstlichkeiten richtete.

    Flaccus hatte abseits dieses hitzigen Gefechtes gestanden und zugeschaut. Als er bemerkte, dass nun auch seine Schwester in dem Gespräch verwickelt war, drängte er sich durch die Umstehenden bis zu ihr heran.
    Aurelier, was weißt du schon? Der alte Grieche ist zwar nur ein Freigelassener, doch sind unsere Lehrer in der Regel Sklaven aus Achaia. Deine waren es wohl nicht, wenn du welche hattest! Jedoch von dir hörte ich mehr Geschwätz als von jenem. Sieh dir den Pöbel an, der dir zustimmt, wie es einst der Pöbel um Catilina tat. Mit deinen Worten bist du eines Patriziers gar nicht würdig. Geh und bereite deiner Familie nicht so viel Kummer! Lass davon ab, das Volk aufzustacheln!

    Mit einem Mal wurde die edle römische Dame zu dem schmollenden, sturrköpfigen Mädchen, das Flaccus noch gut in Erinnerng hatte, und eben dies amüsierte ihn in höchstem Maße, was er versuchte sich nicht anmerken zu lassen.
    Stattdessen griff er Livias Trotzigkeit auf und seufzte ebenfalls.
    Livia, es geht nicht um meine Zufriedenheit! Nun gut, ich werde dich vielleicht begleiten und mit dir gemeinsam ein Opfer darbringen, um das Wohlwollen des Gottes auf unsere Familie zu richten.
    Er hatte so oder so vor, dem Apoll hier in Rom nach seiner Rückkehr zu opfern, doch dies brauchte er ihr nicht zu sagen und so stellte er es als Zeichen seiner Güte dar, dass er sie begleitete.

    Flaccus antwortete dieses Mal etwas schneller. Hier würde ihm auch langes Nachdenken nichts bringen, da die Eigenheiten der Opferzeremonien das Terrain der Priester ausmachten und er sich hier definitiv nicht gut auskannte.
    Meiner Kenntnis nach wird aus den Eingeweiden gelesen, ob der Gott das Opfer annimmt. Die Eingeweide müssen makellos sein, sonst müsste das Opfer wiederholt werden. In welcher Reihenfolge jedoch Eingeweide untersucht werden, weiß ich nicht.

    Das Schmunzeln seiner Schwester konnte Flaccus nun nicht erwidern. Weiß sie doch, wie gläubig und streng nach den Sitten agierend ihr Bruder ist.
    Livia! Seit deiner letzten Amtszeit nicht? Dringend solltest du dich mehr der Tradition widmen. Die Pflege des Larariums wäre ein Anfang und ja, Livia, Apoll ist in diesem Hause unter die Penaten aufgenommen. Aber ob das reichen wird? Suche einen Tempel auf, am besten den Tempel des Apollo Palatinus. Bring dort dem Gott ein Opfer dar. Bete für das Wohl der Familie und das Phoibos sie von Krankheiten verschone!
    Flaccus konnte einfach nicht glauben, wie leichtsinnig seine kleine Schwester es doch in Kauf nahm, die Götter zu erzürnen. Auch sie drohte bei aller Politik die Sitten ihrer Ahnen zu vergessen. Leicht schüttelte er den Kopf und griff nach den Oliven.

    Flaccus nickte nun ebenfalls mit einem leichten Lächeln, hatte er doch endlich mit seinen Überlegungen den sacerdos zufrieden stellen können, worüber er schon mal froh war.
    Nun, wenn man streitet, sacerdos Iulius, so sollte man beim Opfer vielleicht danach wählen, welche Seite, welche Macht des Gottes man besänftigen will.