Als der Centurio vor mir stehen blieb schnellte ich automatisch von Movimeni in State und spannte alle Muskeln.
Etwas irritiert von der Frage des Centurios sah ich zuerst auf mein Gladius und antwortete dann nach kurzer Überlegung:
"Centurio, das Gladius ist eine Angriffswaffe. Im Gegensatz zu den Langschwertern der Germanen oder der Spatha unserer Kavallerie ist das Gladius aber keine Hiebwaffe, sondern eine Stichwaffe."
Dann sah ich den Centurio an und wartete.....
Ich war etwas enttäuscht. Gerne hätte ich auch eine Gruppe angeführt, aber denoch überwiegte die Vorfreude auf die bevorstehende Gefechtsübung. Ich überlegte lange zu wem ich mich gesellen sollte, doch schließlich stellte ich mich an die Seite der beiden Petronier.
Mit einem Grinsen im Gesicht sagte ich zu Crispus:
"Ich biete euch meine Dienste an mein Tribun." 
Doch dann stellte sich heraus das es nur ein einfacher Bürger von Colonia Agrippinensium gewesen war, der mit einer Fackel nach seinem Geldbeutel gesucht hatt.
Etwas entnervt murmelte ich vor mich hin:
"Hab ichs mir doch gedacht."
und machte mich dann ebenfalls wieder auf Kontrollgang. Ich zog den Mantel nocheinmal fester an mich und versuchte mich durch Gedanken an meine Heimat warm zu halten....
Etwas entnervt kam ich zu Marcus:
"Verdammt Marcus, ich bin nicht für deine Scherze aufgelegt. Verarsch jemand and....."
Urplötzlich unterbrach ich meinen Satz und sah ungläubig in Richtung Wald.
Mir brannten von gestern noch alle Knochen und Glieder. Trotzdem zog der Centurio sein schon beinahe zum Ritual gewordenes Morgentraining durch. Auch das Anhängen von weiteren drei Runden ließen wir über uns ergehen.
Der Atem rauchte in der germanischen Kälte, die kalte Luft brannte mir bei jedem Atemzug in der Lunge. Trotzdem lief ich die Runden und nahm anschließend wieder Haltung vor dem Centurio an.
Nach dem Training war ich völlig fertig. Alles in meinem Körper schmerzte. Am liebsten wäre ich samt Rüstung in die Pritsche gefallen und sofort eingeschlafen. Doch ich überwand meinen inneren Schweinehund und legte die Rüstung ab.
Als ich mein Rüstung vor mir liegen hatte ergab sich für mich noch eine Aufgabe.
"Ich glaubs einfach nicht" jammerte ich kurz vor mich hin und begann dann doch die verdreckte Rüstung zu reinigen. Ich wollte es nicht riskieren am nächsten Tag mit einer unordentlichen Rüstung vor den Centurio zu treten. Vom Besuch des Centurios und des Optios hingegen hatte ich gar nichts mitbekommen.
Die Reinigung zog sich in die Länge, doch schließlich wurde ich doch noch fertig. Als alles fein säuberlich gereinigt, gefaltet und gestapelt war warf ich mich endlich auf meine Pritsche und schlief auf der
Stelle ein.
Ich wollte Lupus zunächst gar keine Acht geben, denn zu oft war ich schon verarscht worden während der Wache und hatte mich dadurch zum Trottel gemacht.
Mit leicht seufzender Stimme rief ich zurück:
"Ja, ja, schon gut. Nochmal lass ich mich nicht verarschen."
*Das darf doch alles nicht wahr sein* dachte ich mir als wir schon wieder um den Exe laufen durften. Beinahe flehend sah ich gen Himmel als wolle ich um Unterstützung durch die Götter beten.
Der Centurio kannte kein Erbarmen. Einige schwächere blieben zurück und konnten nur versuchen irgendwie die Runden zu Ende zu bringen. Dann irgendwann - ich hatte bereits sämtliches Zeitgefühl verloren - zeigte der Centurio erbarmen und ließ uns abtreten.
Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung löste sich die Formation auf und alles begab sich auseinander....
Auch ich hatte Nachtwache. Es war saukalt, deshalb versuchte ich mich so gut wie möglich gegen die Kälte zu schützen, aber es gelang mir nicht richtig. Lediglich warme Gedanken hielten mich vor dem Kältetod ab.
Als der Centurio kam salutierte ich, er schien sich allerdings nicht groß um mich zu kümmern. Als das Gespräch zwischen den beiden Tiberern immer persönlicher wurde, begann ich mich unaufällig zu entfernen. Ich sagte nur zu Lupus kurz und knapp:
"Ich werde eine Kontrollrunde drehen."
Dann schritt ich langsam am Vallum entlang. Die beiden hatten ein recht darauf alleine miteinander zu sprechen und ich wollte nicht stören. Schließlich gingen mich ihre familiären Angelegenheiten nichts an.....
"Naja, bis noch nichts wirklich Neues." schmunzelte ich leise meinem Gegenüber zu als wir mit den Üblichen Aufwärmübungen beginnen mussten.
Langsam machten mir sogar die Übungen mit Schild nichts mehr aus, da sich mein Schildarm daran gewöhnt hatte. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass dies kein leichter Tag werden würde....
Das war zu erwarten. Der Centurio lief schon rot an vor lauter Brüllen. Einige zogen instinktiv sogar die Köpfe ein wenig ein, als ob dies etwas nützen würde. Mir hingegen schallten die Worte des Centurios noch in den Ohren. Er stand die ganze Zeit neben mir als er uns lautstark zurechtwies.
Die Strafrunden mussten wir in einem Tempo absolvieren, welches wir bisher noch nie eingeschlagen hatten. Als es dann wieder ans Pilumtraining ging begannen einige sogar zu zittern. Viele hatten Angst noch einmal etwas falsch zu machen.
*Hoffentlich geht diesmal alles gut, nicht auszumalen was er ansonsten mit uns anstellt......* dachte ich mir diesmal und betete zu allen Göttern die mir einfielen, dass wirs diesmal hinbekamen.
Und tatsächlich, es klappte. Wie durch ein Wunder bekamen wir sogar den Wechsel der ersten Reihe in die letzte hin. Doch wirklich zufrieden sah der Centurio immer noch nicht aus.
Wie befohlen schlossen wir uns zusammen. Dann wurde der Schildwall kontrolliert, was schon zu einigen Unstimmigkeiten führte. Dann war es soweit.
Wir warfen die erste Salve, erste und zweite Reihe zusammen. Dies funktionierte erstaunlich gut. Doch als es daran ging die Pila von hinten nach vorne zu reichen kam es zum Durcheinander. Einer musste wohl das falsche Pilum genommen haben. Dies schob sich von links nach rechts durch, sodass ich als der am äußersten Rand Stehende kein Pilum gereicht bekam. Dafür war am anderen Ende eines übrig.
*Das gibt bestimmt wieder einen Anschiss vom Centurio* machte ich mich gedanklich auf das nun folgende gefasst.....
Mit einem Male verflog die bis dato recht gute Laune des Centurios wieder. Bei dem Gefluche und Getobe sputete sich jeder einzelne von uns die 10 Liegestütze zu machen.
Danach sollten wir wieder das Pilumwerfen trainieren, doch es wurde nicht besser. Langsam verließen uns die Kräfte. Mein Wurfarm schmerzte schon vom andauernden werfen und den Liegestützen. Die Schmerzen wurden immer schlimmer.
Ich war schon nahe dran aufzugeben, doch dann gelang mir wie aus heiterem Himmel doch etwas, womit ich selbst wohl am allerwenigsten gerechnet hätte;
Ich brachte das Pilum als erster hinter das Seil. Ich blieb erstaunt stehen und betrachtet mir das ganze nocheinmal eingehend.....
Durch das andauernde Training wurde mein Wurf von Mal zu Mal besser. Aber es war für mich offensichtlich, dass ich immer noch besser im Nahkampf war. Aber ich nahm mir fest vor, auch das Pilumwerfen auf ein akzeptables Maß zu bringen. Mir fehlten immer noch gute 5 Schritt um das Seil zu erreichen und somit die Forderungen des Centurios zu erfüllen.
*Komm schon Maxentius. Reiß dich am Riemen. So schwer kann das doch nicht sein*
versuchte ich mich immer wieder gedanklich zu motivieren.
Langsam näherte ich mich immer weiter dem Seil an......
Aufmerksam hörte ich den Ausführungen des Centurios zu. Als es schließlich soweit war den Pilumwurf zu üben wurde ich langsam etwas nervös. Hoffentlich würde ich mich nicht ganz blamieren.
Titus teilte uns die Pila aus. Ich hielt es in der Hand und folgte den Befehlen. Die Weite stellte für mich kein Problem dar. Ich traf um einiges hinter dem Seil, doch die Zielgenauigkeit ließ mehr als nur zu wünschen übrig.
"Da kommt wohl noch einiges an Training auf mich zu" fluchte ich leise vor mich hin.
Dann machte ich mich im Laufschritt auf zu meinem Pilum und rannte wieder zurück. Wie befohlen nahm ich fünf Schritte weiter hinten wieder Aufstellung.....
Ich nickte dem Centurio nur zu und dachte mir:
*Ein Lob vom Centurio. Ich glaube ich werde verrückt.*
Doch dann ging es schon weiter. Bewundernd sah ich Titus beim Pilumwurf zu. Ich versuchte mir die Bewegungsabläufe einzuprägen um es selber auch bald so gut zu schaffen. Doch ich hatte keine große Hoffnung. Ich war zwar nicht schlecht im Umgang mit dem Gladius, also im Nahkampf, aber mit dem Pilum. Ich sah schwarz.Doch dann sollte ich das Pilum aus dem Schild herausziehen:
"Ja Centurio." quittierte ich seinen Befehl.
Dann versuchte ich mit allen Mitteln das Pilum aus dem Schild zu bekommen, doch es wollte mir nicht gelingen. Erst als ich das Schild nach langem hin und her auf den Boden legte und mit einem Fuß darauftrat gelang es mir das Pilum zu entfernen....
Zumindestens teilweise. Das Pilum brach ab und riss eine hässliche Kluft in das Schild, welches nun vermutlich keinem Schlag mehr standhalten würde.
Ich sah den Centurio mit weit aufgerissenen Augen an, da uns bis jetzt ja nichts gezeigt wurde was mit Waffen zu tun hatte. Ich wollte gerade noch einwenden, dass der Centurio noch gar nicht erklärt hatte wie man mit einem Scutum umzugehen hatte, doch da war es schon zu spät.
Der Legionär kam auf mich zugestürmt, das Langschwert bedrohlich in die Höhe gehoben. Als er mich erreicht hatte zischte das Schwert in einem schnellen Hieb nieder. Ohne groß nachzudenken, winkelte ich meine Knie etwas an und stellte mein Standbein etwas zurück. So gelang es mir den Hieb abzuwehren, auch wenn die Vibrationen mir durch Mark und Knochen drangen.
Nachdem die Wirkung des Hiebes nachgelassen hatte schoss ich reflexartig hoch und rammte dem Legionarius das Scutum direkt an die Brust. Der Legionarius flog zurück und landete einen Meter weiter auf dem Boden.
Ich hingegen wandte meinen Blick wieder fragend dem Centurio zu, immer noch ungewiss was das eben sollte.....
Schon wieder ertönte der Befehl zum Antreten. Mir schmerzten alle Glieder vom letzten Training, doch es half alles nichts. Ich nahm meinen Helm und lief zur angewiesenen Stelle. Im Laufen schnürte ich den Helm zu und reihte mich dann ein.
Sofort nahmen alle Haltung an und richteten sich aus. Dann warteten wir auf die Meldung des Optios und sahen wieder ungewiss in die Zukunft. Was würde wohl heute auf dem Programm stehen?
*Wieso gerade ich?* dachte ich mir zuerst. Dann aber räusperte ich mich, nahm Haltung an und gab die gewünschten Antworten:
"Centurio, das Scutum gehört zu den Schutzwaffen, kann aber auch als Angriffswaffe eingesetzt werden. Das Pilum ist eine Angriffswaffe und wird zur Kampferöffnung verwendet. Das Gladius ist ebenso eine Angriffswaffe."
Hoffentlich war alles richtig, denn der strenge Blick des Centurios war mir nicht ganz geheuer.....
ähmm, war das jetzt auf mich bezogen oder Regulus?
