Beiträge von Caius Helvetius Tacitus

    EDICTUM AEDILIS PLEBIS
    ANTE DIEM IV KAL SEP DCCCLVI A.U.C. (29.8.2006/103 n.Chr.)


    permissio aedificandi


    Zum Zweck des erforderlichen Ausbau der 'horrea vespasiani' wird diese Baugenehmigung erteilt. Die Genehmigung erstreckt sich auf alle erforderlichen Maßnahmen, insofern sie für das Erreichen der bezweckten Zieles nötig und nicht in einem unausgeglichenen Verhältnis zum tatsächlichen Resultat stehen.
    Verantwortlicher Bauleiter ist der derzeitige Architectus Urbi. Wohnraumverfügungen zur Schaffung benötigten Freiraums sind zu erteilen.



    Der Aedil nahm den Bericht entgegen, überflog diesen und rollte ihn darauf zusammen.


    "Ich danke Dir. Den endgültigen Bericht erwarte ich dann in meinem officium. - Und wegen der Abriss- und Umbauarbeiten will ich die benötigten Genehmigungen so schnell als möglich unterzeichnen, daß die Bauarbeiten noch vor dem Winter losgehen können."

    Also meine Meinung, wie Lucilla schon sagte. Die res gestae erfolgen nach der Amtszeit des Magistrat. Ich bin als Magistrat aber solange im Amt bis ich entlassen, bzw ein neuer Magistrat ernannt wird. Die Wahlen haben damit nichts zu tun.
    Sobald also die Zeit kommt, werde auch ich Rechenschaft ablegen, seid gespannt :P und mir schwant Übles :D

    Mit der Hand wies der Aedil die Dame an, sich auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch zu setzen, ehe sie selbst Platz nahm, und lauschte der Geschichte, die er vernahm. O wie oft hatte er solche Geschichten gehört ? Die Leute, und gerade die Händler, zeigten doch einen enormen Einfallsreichstum, wenn es darum ging eine drohende Strafzahlung abzuwenden. 'Die Schwiegermutter war zu Besuch', 'Es war der Esel meines Schwagers' oder 'Mein Sklave kann nicht lesen und schreiben, machte dabei aber schon seit Monaten die Buchhaltung für eben diesen Herrn'. Tacitus kannte solche Geschichten zugenüge und in der Regel schüttelte er nur den Kopf dabei.


    "Also war es nur ein Mißverständnis ?" fragte Tacitus leicht süffisant. "Um was für ein Edikt geht es überhaupt ?"


    Er konnte sich nicht erinnern, den Namen vernommen zu haben. Oder wurde sein Gedächtnis schon alt ?

    Man konnte die Verwunderung und Irritation in Fibios Gesicht sehen, als der Helvetier die Tunika ablehnte und schon befürchtete der Sklave, daß wahrscheinlich etwas falsch gemacht haben mußte und hoffte, daß sein Herr deswegen nicht verärgert sein würde.


    So nickte er eifrig und als der Gast nach seinem Schwert und der Peitsche fragte, deutete er in die Ecke links des Ganges von ihnen, wo die Utensilien abgelegt worden waren. Dabei hoffte Fibio nur, daß der Fremde nicht mit diesen Waffen das Pomerium, also die Stadtgrenze Roms überschritt, oder sich zumindest damit nicht erwischen ließ, denn innerhalb Roms war das Tragen von Waffen ja verboten. ;)

    Fibio schaute etwas unschuldig. Er wußte es nicht. Dann hob er die Tunika über seinem Arm nach vorne, um sie dem Gast zu überreichen.
    Mit einer knabenhaften Stimme und etwas verstockt, sprach er


    "Ich soll euch dienlich sein, Herr."


    Von kleinauf war ihm beigebracht worden stets alle über ihm gestellen Menschen mit 'Herr' anzureden.


    "Ich weiß nicht, wo der Herr ist, Herr." blickte Fibio etwas enttäuscht drein, daß er dem Fremden nicht helfen konnte. "Er ist heut morgen ganz früh weg. Wollt ihr was essen ?"

    Der junge Fibio war für den Gast abgestellt sich nach seinen Wünschen zu erkundigen. Er war Sklave bereits von Geburt und der Sohn der Köchin Mater Agnalia. Mit einer frischen Tunika auf dem Arm kam er an das Gästezimmer, indem der Gast genächtigt hatte und klopfte zaghaft mit seine dünnen Fingern auf das Holz.

    Tacitus folgte dem Scriba durch die wirren Gänge des Palastes, passierte die grimmige Praetorianerwache am Eingang zur Aula Regia und wurde von dem Scriba schließlich aufgefordert zu warten bis der Kaiser erscheinen würde.
    So stand er in der rießigen Halle allein, einige Meter vor apsis, in der der imposante Thron des mächtigsten Mannes dieses Reiches aufgestellt war. Die Gravitas und Macht, die von diesem leeren Stuhl ausging, ließen in Tacitus die Nervösität und Aufregung steigen. In einer Seitennische war eine Tür und daneben stand eine Wache. Ihr Blick war geradeaus und schien irgendwie abwesend. Tacitus konnte nur erahnen, daß durch diese Tür der Kaiser jeden Moment den Saal betreten würde und sein Herz flatterte.


    Mit seiner linken Hand befühlte er ein letztesmal seine Toga, ob auch alles richtig sitzen würde und versuchte ansonsten möglichst würdevoll zu stehen. Ob ihn Iulianus nach all den Jahren erkennen würde ? Würde der Kaiser überhaupt ein Wort darüber verlieren ?


    Gespannter Erwartung stand er da und wartete...

    Tacitus nickte dem Scriba dankend zu und betrat das Büro des Magister Officiorum, daß er vor einer Weile so unrühmlich betreten hatte.


    "Salve, magister officiorum ! Mein unrühmliches Auftreten von vorhin tut mir leid. Ich muß fehlgeleitet worden sein in der Annahme, man hätte mich hereingebeten.


    Mein Ansinnen dürftest Du erahnen. Ich möchte um eine Audienz beim erhabenen Imperatori Caesar Augustus bitten."

    Als ob der Architectus Urbi seine Gedanken erraten hätte...;)


    "Die horrea vespasiani stellte ich mir in der Tat auch vor. Sie liegen doch recht zentral und sind nicht weit entfernt von den horrea piperataria. Außerdem werden sie größtenteils gesäumt von insulae und Wohnungen, die dafür Platz machen müßten.


    Inwiefern bestehende Bauten gänzlich abgerissen werden müssen oder durch den Umbauten zweckentfremdet werden können, will ich deinem geübten Auge überlassen, architecte."

    Tacitus erinnerte sich dunkel, daß die Legion I in Mantua stationiert sein mußte. Er meinte es, in der Acta Diurna, der Staatszeitung Roms, gelesen zu haben.


    "Am besten begibst Du dich nach Mantua. Dort wird man dir sicher weiterhelfen können."


    Die Dämmerung setzte ein und im Atrium wurde es dunkler, was die Sklaven dazu veranlasste, die Kerzen anzustecken.


    "Aber freilich nicht mehr heute." und das brachte ihn gleich zur zweiten Frage. "Für ein bis zwei Nächte will ich dich gerne in meiner Casa beherbergen. Ich will Dir das Gästezimmer anbieten."


    Kaum hatte Tacitus die Worte gesprochen, war er sich schon nicht mehr sicher, ob er das richtige tat. Der Typ war zwar sein Klient, doch er schien ihm ebenso suspekt. Möglicherweise zu suspekt, um ihn in sein Haus einzuladen ? Aber das Haus war gut bewacht und die Sitte verpflichtete ihn, dieses Angebot zu machen. Hoffentlich würde Longina, seine Frau, nicht ihre Nase überall reinstecken.
    Bei dem Gedanken an seine Frau fiel ihm aufeinmal auf wie ruhig das Haus war. Es war einer der wenigen Abende, wo er mal wieder zu hause war. Viel zu lange schon hatte er die traute Beschiedenheit seines eigenes domus gemieden, wenn er den Tag über in Rom war. Dann hatte er sich in der Villa seines Bruders auf dem Esquilin einquariert. Die Villa, die nun auch verwaist war und nur von einigen Sklaven und seiner Nichte bewohnt war.
    Seine Gedanken sprangen wieder in die Gegenwart. Longina ? - Lonigina ! Sie sollte doch längst zurück sein ? War sie nicht mit Severina auf den Märkten ?

    Ganz und gar nicht durchschaute er die Schauspielerei seines Klienten. Er war vielmehr hingerissen durch seine geflügelte Zunge und seine Eloquenz, mit der er sein Gespräch vortrug. Er verfügte wirklich über eine Beredsamkeit, daß Tacitus glaubte, er würde mal ein guter Politiker werden können, auch wenn zum Politiker mehr dazugehört, als die Kunst der Rede. Und insgeheim fragte er sich wieso so ein Mann seinen Weg nicht schon längst gemacht hatte und er ihm nicht bereits früher aufgefallen war. Vom Alter war er wohl nur einige Jahre jünger als Tacitus, so daß er sich durchaus schon einen Namen hätte machen können, aber er schob seine Ignoranz über den neuen Klienten der Tatsache zu, daß jener in einer weiter entfernten Provinz gelebt haben mußte und so sein Ruf nicht bis nach Rom gedrungen war.


    Noch haderte er, aber das Militärwesen hatte es ihm wohl angetan und nachdem alle Restzweifel beseitigt waren, stand der Entschluss fest. Zu seinem Leidwesen hatte Tacitus nicht viel Ahnung über das römische Militär. Bis auf seinen ältesten Sohn, der bereits in jugendlichen Jahren ausgezogen war und nun seinen Unterhalt in den Militäreinheiten Germaniens verdiente, war er mit diesem Kapitel nicht in Berührung gekommen. So äußerte er sich nur zurückhaltend.


    "Für einen römischen Bürger wird doch nur die Legion in Frage kommen. - Die I. genießt einen guten Ruf, eine absolute Elitelegion. Der alte Kaiser diente in ihr während der Unruhen der republikanischen Revolution. Für ihre Treue trägt sie deshalb auch den Beinamen 'pia fidelis' "

    Tacitus trank einen Schluck Wein, ein guter Jahrgang und ein Geschenk seines Patrons Agrippa, dem Proconsul von Hispania. Er war ein wahrer Kenner des irdischen Nektars und verstand etwas von der Auswahl der richtigen Weine.


    "Welche Laufbahn schwebt Dir vor ? Vielleicht die religiöse ? Oder die politische ? Doch die ist in Rom von besonderer Güte. Alljährlich streiten sich die besten Kandidaten auf dem Forum Romanum, wenn die Wahlen des Cursus Honorum beginnen und es gab nicht wenige, die mit einer blutigen Nase nach Hause gegangen sind.


    Die römische Stadtverwaltung sucht auch immer eifrig Beamte, ohne die der Verwaltungsapparat der Urbs nicht funktionieren würde. Bist Du ein Schriftrollenarr und verstehst dich auf das Anfertigen von Tabellen, das Excerpieren endloslanger Liste und das Überprüfen und Siegeln von Urkunden, so wirst Du dort sicher deine Beschäftigung finden. Jeden anderen bringt es hingegen mehr um den Verstand." ;)

    Zufrieden nickte Tacitus und zog anschließend die Hand wieder zurück. Dann wunk er einen Sklaven mit einem Tablett, auf dem eine Karaffe Wein und zwei Gläser abgestellt waren, herbei. Der Sklave stellte das Tablett auf einem kleinen mensa ab und füllte die Gläser mit Wein, ehe Tacitus sie ergriff.


    Er reichte dem Helvetius Sulla das Glas.


    "Prosit. Auf eine gewinnbringende Zusammenarbeit."


    Dann widemte er sich dem Interesse Sullas für die Gemälde seiner Familie.


    "Severina ist meine Tochter, das jüngste Kind, keine sechszehn Lenze alt, und Fabia ist meine Nichte. Sie arbeitet am Palast und ist die Tochter des Senators Titus Helvetius Geminus, wenn Dir der Name etwas sagt."

    Tacitus lachte. Die ausgestreckte Hand verschmähte er vorerst.


    "Wer will das nicht ? Ein einflussreicher, vermögender und mächtiger Mann sein. Aber ich sollte wohl auf der Hut sein, nicht daß du eines Tages mächtiger wirst als ich." ;)


    Er hielt es für nötig noch ein paar Worte zu sagen.


    "So denn, ich nehme Dich als meinen Klienten auf. Doch dazu mußt Du wissen. Ich erwarte von meinen Klienten steten Gehorsam und Loyalität. Ich kann nicht dulden, wenn du öffentlich oder hinter meinem Rücke Übel über mich verbreitest oder meine Familie. So wie Du mich respektierst, so sollst du meine Familie respektieren, meine Frau und meine Kinder."


    Nun streckte Tacitus seine Hand aus mit dem Siegelring an seinem Finger nach oben zeigend. Er er wartete die übliche Demuts- und Treuegeste, die ein Klient vor seinem Patron machte.

    Tacitus überlegte.


    "Ja, das käme uns allerdings billiger."


    Im Geiste ging er die Lagerhallen Roms durch. Doch Rom war imgrunde zugebaut, daß man ohne groß angelegte Abrissarbeiten eine Erweiterung jedweder horrea kaum würde durchführen können.


    "Ich werde die Aufsicht im späteren Verlauf dann wohl meinen Nachfolger übergeben müssen, möchte Dir aber versichern, architecte, daß die nötigen Edikte und Erlasse nach eingehender Begutachtung stellen werde, damit mit dem Bau so schnell als möglich begonnen werden kann."