Diesmal vollzog sich die rituelle Verbindung des Brautpaars etwas routinierter - zumindest für Durus. Seine Vorstellungen von Ehe waren ohnehin etwas revidiert worden. Daher bedachte er Flora nach der Zeremonie mit seinem aufgesetzten Politikerlächeln, das ohne jedwedes Gefühl in ihm auskam.
Nun folgte das Opfer und während man das Schwein hereinführte, ließ Durus sich bereits die Hände waschen. Zugleich trat Lukios, der ein wenig den Zeremonienmeister spielte, vor und befahl:
"Favete linguis!"
Seine Stimme war zwar nicht ganz so klar und fest wie beim letzten Mal, als der hauptamtliche Herold der Consuln es übernommen hatte, dennoch genügte es, um die Gäste zur Ruhe zu bringen. Selbst das Schwein schien ruhig - ganz anders als bei der Hochzeit mit Laevina. Wenn Durus so darüber nachdachte, war es ja bereits damals ein schlechtes Omen gewesen, dass das Schwein sich so gewehrt hatte - vielleicht hätte man das Opfer wiederholen...andererseits war der alte Tiberier sich nicht sicher, wie sehr er an diese Kultregeln glauben sollte.
Zuerst erfolgte dann das Opfer an Ianus Pater, der jedes Opfer begann:
"Vater Ianus, wir bringen dir Wein und Weihrauch dar. Lass ihn wie unsere Gebete zum Himmel steigen und die Götter erfreuen!"
Die genannten Opfergaben flossen in den Foculus, dann weihte Durus das Tier. Kurz darauf intonierte er das Opfergebet, das das Hauptopfer begleitete:
"O Iuno, Schutzherrin der Ehe,
die Du Familien bewahrst und segnest und in Treue verbindest.
O Ceres und Tellus, die Ihr die Felder reifen lasst und die Herden vermehrt!
Ich, der ich Euch stets gute Opfer gegeben und mich dankbar erwiesen habe, bitte Euch: Segnet diese Ehe mit der mir Gegebenen! Schenkt ihr Fruchtbarkeit und lasst aus ihr Erben hervorgehen, aufdass mein Andenken gewahrt bleibe!
Als Dank nehmt hin dieses makellose Schwein, das ich zu Euren Ehren darbringe!"
Nach der Darbringungsformel ging alles ganz schnell: Der Opfermetzger stach zu, das Schwein sackte zusammen und blutete aus. Rasch und routiniert entnahm der Opfermetzger dann die Vitalia, die einen dem Tiberier vertrauten, blutigen Geruch im Atrium verströmten. Da kein Haruspex anwesend war, übernahm Durus die Leberschau selbst (selbst wenn er manchmal das Gefühl hatte, dass er dafür überhaupt nicht ausreichend qualifiziert war - andererseits würde es zumindest die anderen beruhigen, wenn sie sahen, dass der Pontifex pro magistro höchstpersönlich diese Aufgabe übernahm).
"O Pilumnus und Picumnus, einige Brüder, Spender der Fruchtbarkeit!
Ich, der ich Euch stets gute Opfer gegeben und mich dankbar erwiesen habe, bitte Euch:
Schenkt meiner Ehe Kinder und bewahrt sie vor Unheil, aufdass sie wachsen und gedeihen.
Als Dank nehmt hin diese Früchte des Feldes, die ich zu Euren Ehren darbringe!"
war dann das zweite Opfer an der Reihe, diesmal mit der Bitte um Kinder. Dabei musste Durus daran denken, dass er eigentlich keinen dringenden Bedarf an weiteren Nachkommen hatte - es sei denn, Aulus geschah irgendetwas... und abgesehen davon musste er sich eingestehen, dass er seine Braut ebenfalls nicht unbedingt von der Bettkante stoßen würde - und Frauen gewannen ja stetig an Ansehen, je mehr Kinder sie gebaren.
Nachdem auch das Korn dargebracht war, wurde es Zeit für das Hochzeitsmahl, ehe seine neue Frau in die Villa Tiberia umziehen würde. Er sah hinüber zu Ursus, der als Hausherr sicherlich die Einladung übernehmen wollte.