Beiträge von Manius Tiberius Durus

    Dass man gar nichts sehen würde, wenn man das Dach begutachtete, war Durus nicht bewusst - er hatte einfach angenommen, dass man die Reparaturarbeiten am Dach auch eben dort kontrollieren musste. Doch vorerst ging es weiter in die Tempelküche, die er seiner Erinnerung nach noch nie betreten hatte. Zwar hatte er Mars schon mehrfach geopfert, doch die einfachen Tätigkeiten oblagen nun einmal stets den Opferhelfern - und die Zubereitung des Fleisches konnte man durchaus einem Aedituus anvertrauen.


    Mit seinem Gehstock klopfte er auf die leicht unebenen Platten.


    "Aber zu garantieren ist das nicht, nehme ich an? Beziehungsweise würdest du die Schäden kostenfrei ausbessern, wenn es im nächsten Jahr wieder Schäden gibt?"


    fragte er - er wollte ja nicht im nächsten Jahr gleich wieder einen Architekten engagieren und diesem Geld aus der Tempelkasse geben.

    "Das denke ich ebenfalls."


    bestätigte Durus und wunderte sich, dass seine neue Frau so viel politischen Verstand besaß - er war selbst nicht auf diese Idee gekommen. Andererseits war diese Möglichkeit wenig attraktiv...


    "Allerdings sollte dies im Falle der Schola Atheniensis nicht von Bedeutung sein. Und die Acta finanzieren sich scheinbar vor allem über Anzeigen, weniger über Spenden - wenn ich mich recht erinnere..."


    Er würde aber nachforschen, denn dass irgendwer Kontrolle über die Staatszeitung gewann (zusätzlich zu Salinator, der das Organ ja bereits knebelte), war dies wirklich eine ungünstige Konstellation - solange dieser jemand nicht Tiberius hieß...

    "Ich frage mich, ob ich eventuell in Angelegenheiten des Cultus an seine Tafel gelangen könnte..."


    sinnierte er kurz - das letzte Mal war er genau in dieser Funktion vorgelassen worden, denn Salinator, dieser pflichtvergessene Narr, hatte scheinbar nichts für Religion übrig und wollte sich nicht damit befassen.


    "Ansonsten könnten wir uns einen geeigneten Prätorianer suchen - oder einen kaiserlichen Sklaven oder einen der Ärzte. Ich bin sicher, dass man irgendwen finden könnte, der ein wenig Gift in das kaiserliche Essen mischt."


    Nach der Überzeugung des Tiberiers hatte jeder seinen Preis - man musste nur geschickt genug sein, den "Geschäftspartner" nicht zu verärgern, indem man ihm zu wenig bot...

    "Nun, ich denke, dass sich Wege finden lassen werden. Möglicherweise zeigt sich ein Prätorianer für Zuwendungen empfänglich - oder sogar Valerianus' Arzt oder irgendeine Küchenhilfe."


    Es gab nach Meinung des Tiberiers unzählige Wege - man musste sie nur finden. Wie er dies allerdings bewerkstelligen sollte - da hoffte er auf die Mithilfe der übrigen Verschwörer.


    "Und ich dachte, dass Gift dem Mörder möglicherweise eine Flucht ermöglichen würde - wobei man diesen vielleicht sogar im Unklaren lassen kann und ihm Salinator als Auftraggeber präsentieren kann, um die spätere Klage zu untermauern."


    Der Stadtpräfekt als Auftraggeber würde den einen oder anderen machtgierigen Sklaven vielleicht sogar besonders motivieren...

    Durus nahm einen Schluck Wein, denn diesen Teil des Gesprächs hatte er schon häufig geführt und er wusste, dass es eine etwas längere Rede werden würde. Dennoch war es notwendig, dass alle Verschwörer - vor allem so wichtige wie ein Legionskommandeur in Italia - eingeweiht waren.


    "Bisher ist der Plan folgender: Wir werden das Testament von Valerianus fälschen und unseren Kaiserkandidaten hineinschreiben für den Fall, dass Maioranus als Thronfolger und letzter infrage kommender Ulpier stirbt. Daraufhin werden wir dafür sorgen, dass genau dieser Fall eintritt. Soweit ich weiß, befindet sich Maioranus in Misenum bei seinem Vater - es gäbe also etwa die Möglichkeit, beide zu vergiften. Anschließend müssten wir rasch handeln: Die Veröffentlichung des Testaments wäre einzuleiten - was Flavius Gracchus und ich als Pontfices sicherlich bewerkstelligen könnten. Anschließend - oder auch parallel, da sich die Ereignisse sicher überschlagen würden - würde Cornelius Palma als designierter Kaiser - oder auch ein verbündeter Magistrat - Salinator festsetzen und an einem versteckten Ort inhaftieren.


    Anschließend würden der Statthalter von Germania Superior und der von Syria den neuen Kaiser rasch anerkennen, um die übrigen Kommandeure unter Zugzwang zu setzen, es ihm gleich zu tun. Wir in Rom werden uns hingegen bemühen, den Senat auf unsere Seite zu ziehen - was angesichts der Unbeliebtheit Salinators kein Problem darstellen sollte. Schließlich werden wir den Praefectus Urbi und seine Anhänger des Mordes am Kaiser beschuldigen und hinrichten.


    Entscheidend ist also, dass der Mord an Valerianus und seinem Sohn diskret gelingt und Salinator nichts von dieser Sache mitbekommt. Dann sollte auch die Bevölkerung nichts bemerken und die Sache wird einen legalen Anstrich haben, der kaum Zweifel aufkommen lassen dürfte. Und angesichts der Popularität Salinators wird man sich wohl auch mit diesen Zweifels arrangieren können."


    Soweit der Plan. Soweit die Unwägbarkeiten.

    Dass Lucianus auch mit seinem Plan noch einverstanden war, beruhigte Durus weiter. Allerdings musste er zugeben, dass er selbst keine genaueren weiteren Pläne hatte.


    "Nunja. Die Fälschung des Testaments wäre wohl eine Sache der Pontifices, da sie den besten Zugang zum Aedes Vestae haben. Was mir allerdings noch Kopfschmerzen bereitet, ist der Zugang zum Kaiser und seinem Sohn. Ich weiß nicht, ob du an die beiden herankommst oder wie deine Stellung bei Salinator oder Terentius Cyprianus ist. Meinst du, du könntest dort Zugang gewinnen?"


    Dies war eine überaus heikle und riskante Angelegenheit - aber indem Durus sie Lucianus anbot, würde er vielleicht sein Vertrauen in den Vinicier zeigen können.

    Es gab sicherlich tausend Dinge, die Durus lieber tat, als die Hochzeit des verhassten Prätorianerpräfekten und der Kontrolleurin staatlicher Verlautbarungen zu besuchen und im schlimmsten Fall das Brautpaar hochleben zu lassen. Allerdings wäre ein Nicht-Erscheinen wohl als Ausdruck der Illoyalität gegenüber dem Kaiser erschienen, was der alte Tiberier sich augenblicklich absolut nicht leisten konnte - schon die Vorladung bei Cyprianus und die geheimdienstlichen Informationen der Prätorianer hatten ihm gezeigt, wie gefährdet seine Sache war. Also war er gekommen - selbstverständlich mit Frau und Kind. Gehüllt in eine blaue Toga, die mit goldenen Mustern bestickt war, und an der Seite von Flora betrat er daher die Casa Decima.


    Dann reihte er sich hinter dem neuen Flottenpräfekten bei den Gratulanten ein.

    Die Antwort des Viniciers war etwas nebulös - immerhin hatte Durus ja beschlossen, das Heft ohne den gesamten Senat in die Hand zu nehmen. Andererseits - wenn sie zügig handelten - würden noch genügend aufrechte Senatoren übrig sein, um jede Alternative gegen Salinator zu unterstützen.


    "Das hatte ich erwartet."


    beschloss er das Nachhaken daher mit einem Lächeln und fuhr dann fort.


    "Bist du der Meinung, wir sollten den Plan wie angedacht durchziehen? Also den Kaiser vergiften - wobei noch zu überlegen wäre, wie genau dies zu bewerkstelligen ist - und im Vorfeld das kaiserliche Testament fälschen. Natürlich wäre es angesichts dessen auch von Bedeutung, dass das Testament zügig verlesen wird und Salinator unter einem Vorwand festgesetzt wird. Idealerweise würden wir dies tun, ehe dieser weiß, wie ihm geschieht."


    Die Sache beinhaltete noch zahlreiche Haken, doch im Großen und Ganzen hielt der Tiberier all das für machbar. Allerdings war es möglicherweise sinnvoll, für den legalen Anstrich dieser Sache noch dem einen oder anderen Verschwörer noch eine Magistratur zu verschaffen, mit Hilfe derer man den Praefectus Urbi gefangen nehmen durfte.

    Landwirtschaft war ein Thema, das tatsächlich recht unverfänglich, aber dennoch überaus römisch war. Wie wohl die meisten hier Anwesenden, hatte auch der Tiberier Landgüter im gesamten Imperium - ohne sie natürlich wirklich selbst zu bewirtschaften. Dennoch besaß auch er ein gewisses theoretisches Wissen, das in dieser Gesellschaft einfach zum guten Ton gehörte.


    "Nunja, ich würde wohl doch einen guten Tropfen aus Italia bevorzugen. Germania mag Weine haben, aber sind sie nicht ein wenig sauer? Und wie man sagt, ist das Klima dort doch recht feucht?"


    Soweit Durus wusste, war zu viel Regen für den Weinbau ungünstig - ebenso wie eine zu große Fruchtbarkeit, die er im hohen Norden allerdings nicht befürchtete - selbst wenn er persönlich noch nie dort gewesen war.

    "Das haben wir."


    meinte er und sah zu Palma hinüber. Tatsächlich hatte Durus einige Male mit dem Cornelier gesprochen und ihn tröpfchenweise eingeweiht - zuerst sich noch einmal der kritischen Meinung versichert, dann die Verschwörung bekannt gegeben und zuletzt seine Wahl zum potentiellen Kaisernachfolger. Hatte er bei der ersten Enthüllung noch etwas kritisch gewirkt, hatte die zweite Palma scheinbar gut gefallen - wer wurde schon nicht gerne Kaiser?


    "Deshalb sind wir zu Dir gekommen, um das weitere Vorgehen zu besprechen."

    Ad
    M Vinicius Hungaricus
    Villa Vinicia
    Roma



    M' Tiberius Durus M Vinicio Hungarico Patrono suo s. p. d.


    Ich schreibe Dir aufgrund eines Anliegens, das ich Dir gern persönlich vorgetragen hätte. Leider bin ich zur Zeit aber selbst aufs Höchste beschäftigt und kann daher nicht zu Deiner Salutatio erscheinen. Es geht um meinen Klienten Quintus Flavius Flaccus. Dieser wurde von einem Deiner Klienten, Titus Duccius Vala, wegen einer völlig unbedeutenden Sache angeklagt. Es handelt sich um eine Klage wegen Verstoßes gegen § 5 der Lex Mercatus. Da es sich dabei allerdings um eine Unterschreitung des Mindestpreises um 0.01 HS handelt, bin ich der Meinung, dass es wegen einer solchen Lappalie nicht zu einem großen Prozess kommen sollte:


    Zum einen, weil dieser Verstoß weder vorsätzlich von meinem Klienten begangen wurde, noch dem Imperium Romanum oder sonst irgendwem Schaden zugefügt hat, sodass der Aufwand der Prozessführung den Nutzen einer möglichen Verurteilung beiweitem überschreitet.
    Zum anderen, weil diese Angelegenheit Deinem Klienten wohl mehr Schaden zufügen würde als dem meinen. Durch eine derartige Klage würde er sich seinen Status als Homo Novus gegenüber den senatorischen und patrizischen Familien weiter verringern, indem er sich als kleinlich zeigt, vor allem aber den Verdacht aufkommen lassen wird, er wolle sich gern auf Kosten geringfügiger Verfehlungen eines unbescholtenen Patriziers Aufsehen erregen (von Ruhm aufgrund einer solchen Sache kann wohl kaum die Rede sein).
    Zuletzt könnte dieser Prozess allerdings auch Dir, mein Patron, Schaden zufügen: Im Falle einer Verhandlung würden zwei Deiner Klienten vor dem Praetor einen öffentlichen Streit austragen, sodass böse Zungen unterstellen könnten, Du als Patron wärst nicht dazu fähig, Streitigkeiten zwischen Deinen Klienten selbst zu lösen. Leider zwingt mich selbst wiederum meine Pflicht als Patron von Flavius, seine Vertretung zu übernehmen, sodass ich leider nicht davon Abstand nehmen kann, diese unerfreuliche Situation zu vermeiden.


    Dementsprechend wäre ich Dir also überaus dankbar, wenn Du die Situation in unser aller Interesse bereinigen könntest, indem Du Duccius Vala anweist, seine Klage fallen zu lassen und uns damit eine Hauptverhandlung zu ersparen. Um der Gerechtigkeit dennoch Genüge zu tun, verbürge ich mich dafür, dass mein Klient in Zukunft gewissenhafter seine Betriebe führen wird und derartiges nie wieder vorkommt.



    Vale bene,
    [Blockierte Grafik: http://img157.imageshack.us/img157/6083/siegelmtdsenatorhc0.gif]

    Natürlich beteiligte sich Durus auch höflich an den vorhergehenden Diskussionen, obwohl er wirklich gespannt war. Andererseits war die Beschwerde über die neuesten Untaten des Praefectus Urbi natürlich eine Art Vorbereitungsritual jeder Versammlung der Verschwörer gewesen. Außerdem tröstete ads lucanische Lamm auch über die Wartezeit hinweg.


    Als Flaccus dann allerdings doch begann, hörte er interessiert zu. Er hatte schon öfter den Eindruck gehabt, dass Modestus vor allem an sich und weniger an das Wohl des Imperiums dachte - andererseits waren die Beweggründe wohl egal, solange die Folgen dem Staate dienten. Dass er ebenfalls Lucianus favorisierte, war ebenfalls eine interessante Neuigkeit - die allerdings zu spät kam.


    "Ich habe das Gefühl, Aelius Quarto wird in nächster Zeit keine bedeutende Rolle mehr spielen. Man hat sein Ewigkeiten nichts mehr von ihm gehört und ich hege fast die Befürchtung, er hat sich beim Kaiser angesteckt."


    Zumindest hatte sein Barbier ihm diese Neuigkeit berichtet und vielleicht versuchte das Kaiserhaus ja tatsächlich, diese Nachricht geheim zu halten, um keine Panik aufkommen zu lassen, dass die gesamte kaiserliche Familie ausgerottet werden würde...


    "Allerdings habe ich ebenfalls Neuigkeiten - wir haben uns in deiner Abwesenheit entschieden. Wir werden Appius Cornelius Palma zu installieren versuchen. Er ist ein zweimaliger Consul, Kriegsheld aus Syria und Germania und hat auch Verbindungen zum Kaiserhaus. Allerdings mag er Valerianus nicht und ich konnte ihn für unsere Sache gewinnen."


    Inwieweit hier die eigene Machtgier die Loyalität überwogen hatte, konnte der alte Tiberier nicht sagen - aber er würde mit Sicherheit auf traditionellere Art und Weise regieren.


    "Aber ich denke, für Annaeus Modestus wird dennoch etwas abfallen..."

    Ein wenig verwirrt war Durus schon angesichts der Erleichterung der Iunierin, deutete es aber schließlich als Nervosität, die sich nun ablegte, da sie endlich ihr Werk präsentieren konnte - oder vielmehr Kephalos, denn sie wartete scheinbar lieber draußen.


    "Gut, dann sehen wir uns gleich."


    stellte der alte Tiberier schließlich fest und betrat das Innere des Tempels. Wie immer im September überraschte Durus die stickige Wärme im Inneren des ehrwürdigen Gemäuers. Während es den Großteil des Jahres angenehm kühl in den großen Steinbauten war, so hatte der heiße Sommer das Bauwerk nun so aufgeheizt, dass man hier wohl bis weit in den Herbst hinein nicht würde frieren können. Etwas verwirrt erklärte Kephalos dann allerdings auch schon, dass es hier eigentlich nichts zu sehen gab.


    Dennoch ließ der Pontifex pro Magistro seinen Blick streifen, blieb am Schwert des Divus Iulius hängen, das hier aufbewahrt wurde und nahm besonders die zahlreichen Votivgaben in Augenschein, deren älteste noch aus der Zeit des Divus Augustus stammten. Nachdem er aber tatsächlich kein Stäubchen (oder zumindest nicht ungewöhnlich viel für einen Tempel dieser Größe) finden konnte, nickte er.


    "Gut, dann sehen wir uns die Tempelküche an. Das Dach wird mein Scriba Personalis für mich besteigen und in Augenschein nehmen."


    Gerade mit dem Stock war es wohl kaum möglich, in seinem Alter ein Gerüst zu erklettern, um den Tempel von oben zu sehen (obwohl ihn die Aussicht durchaus reizte).

    "Durchaus. Ich hatte ihn noch nicht voll eingeweiht, aber inzwischen habe ich mit ihm gesprochen und er ist gern bereit, sich an unserer Sache zu beteiligen."


    bemerkte Durus rasch - er hatte mit seiner vorherigen Bemerkung nur darauf hinweisen wollen, dass Palma besonders geeignet war, weil seine kritische Haltung wenig bekannt war. Das Vertrauen, das man ihm allerdings entgegen brachte, überraschte ihn doch immer wieder - auch die übrigen Verschwörer hatten ihn wohl kaum gekannt, aber dennoch sogar dem allseits bekannten und durchaus angesehenen Vinicius Lucianus vorgezogen.


    "Ich denke, wir werden noch einmal eine Versammlung aller einberufen - zuvor möchte ich allerdings noch mit Vinicius Lucianus sprechen. Er hatte ebenfalls für das Amt in der Runde kandidiert und es soll kein böses Blut geben, wenn alle versammelt sind."


    gab er auch über diese etwas unangenehme Sache Rechenschaft.


    "Er warb zwar nicht ausdrücklich für sich, aber ich denke doch, dass so etwas einen Mann wie Lucianus nicht gänzlich kalt lässt. Wir brauchen ihn allerdings, davon bin ich überzeugt. Deshalb werde ich noch einmal gemeinsam mit Cornelius Palma mit ihm sprechen."

    Durus nickte ernst - diese Sache war ebenso lächerlich wie intrigant. Abgesehen davon war ihm, nachdem schon Gracchus die Sache bei ihm angesprochen hatte, ein Schlupfwinkel aufgekommen, den er vielleicht für eine Verteidigung verwenden konnte...


    "Gern werde ich das tun. Ich habe auch bereits eine Idee, wie wir dich möglicherweise aus dieser Sache herausmanövrieren könnten."


    Damit war diese Angelegenheit wohl vorerst geklärt, denn natürlich musste der alte Tiberier sich zuerst tiefer in die Materie einarbeiten, ehe er längere Diskussionen mit seinem Klienten führen konnte.


    "Allerdings habe ich mir sagen lassen, dass du dich selbst ebenfalls recht gut verteidigt hast. Leider konnte ich selbst nicht erscheinen - nunja, bei der Hauptverhandlung wird sich das wohl nicht wiederholen, falls der neue Praetor wirklich so dumm ist, eine Verhandlung dafür anzusetzen."


    Im Gegensatz zu Flaccus brannte Durus allerdings darauf, die Reise anzusprechen und vor allem das Gespräch mit Modestus, der als Kommandeur einer ganzen Provinz einiges zum Gelingen der Verschwörung beitragen konnte...

    Tatsächlich war dies auch Durus aufgefallen - die von Salinator direkt ernannten Senatoren stammten zu großen Teilen aus Illyricum oder anderen Regionen, in denen der Präfekt Freunde hatte. Allerdings vergaß er, sich weiter darüber auszulassen, denn plötzlich kam sein Freund auf eine ganz andere Idee - das Consulat!


    Natürlich war Gracchus - wie immer - bescheiden und schien sich nicht sonderlich seiner Erfolge zu rühmen. Allerdings kam es im politischen Rom weniger darauf an, wie inbrünstig man sich um die Straßenreinigung, die Garküchen oder auch die Gerichtsverhandlungen gekümmert hatte - was zählte, waren Beziehungen, Einstellungen und Ansehen. Als Flavier würde sein Freund schon automatisch diverse Kontakte haben und als Patrizier genoss er besonderes Ansehen.


    "Ein Consulat von einem Mann deines Schlages würde der Stadt sicherlich zum Nutzen gereichen."


    begann er daher - immerhin schien er moralisch einwandfrei und große Initiativen durfte man heutzutage von einem Consul ohnehin nicht erwarten.


    "Die Frage ist allerdings, ob du dir Chancen ausrechnest. Es könnte durchaus einen Gesichtsverlust bedeuten, wenn du bei der Wahl chancenlos abgeschlagen werden würdest. Allerdings bist du ja durchaus ein Mann des Ausgleichs."


    ...was eine schöne Umschreibung für die häufige Unentschlossenheit war, die Gracchus bisweilen an den Tag legte.


    "Andererseits aber auch auf der Seite der Tradition, was dir ein gewisses Profil verleiht, das dich für weite Kreise der Senatorenschaft attraktiv macht. Natürlich hängt es auch davon ab, welche Konkurrenten sich stellen würden - würdest du dein Consulat bereits für nächstes Jahr einplanen? Und hättest du einen geeigneten Collega zu präsentieren?"


    Dass die meisten Consuln bereits im Wahlkampf gemeinsam auftraten, war einerseits eine Tradition, andererseits ein sinnvoller Weg, Blockaden durch gegenseitige Intercessio im Amt zu verhindern - und ein geeignetes Gespann konnte für den Wahlkampf verschiedene Spektren der Senatorenschaft abdecken.

    Dem alten Tiberier waren die Erlebnisse von Axilla und Piso ebenfalls nicht bekannt, sodass er auch nicht bemerkte, dass diese ein wenig peinlich berührt war. Als Gracchus dann noch erklärte, dass Piso verhindert war, nickte er nur.


    "Gut, dann fangen wir an. Am besten zuerst das Tempelinnere, dann gehen wir nach außen bis zur Tempelküche - dort müsstest du ja noch einige Erdarbeiten durchgeführt haben, nicht wahr?"


    fragte er Kephalos.

    Der alte Tiberier humpelte, wie immer gestützt auf seinen Sekretär, durch die Villa - Cornelius Palma an seiner Seite. Er war ein wenig gespannt darauf, wie die beiden "Kontrahenten" miteinander auskommen würden - soweit Durus wusste, hatten Lucianus und Palma sich noch nie gesehen.


    Schließlich betraten sie das Arbeitszimmer des Viniciers und Durus begrüßte seinen Mitverschwörer und Freund mit einem freundlichen Lächeln.


    "Salve, Lucianus. Darf ich dir Appius Cornelius Palma vorstellen?"


    Er trat einen halben Schritt zurück, um den Cornelier etwas stärker ins Zentrum zu rücken - ihn nach vorn zu schieben, schien ihm doch zu vertraulich.

    Mit einiger Verspätung tauchte schließlich auch Tiberius Durus auf. Eigentlich hatte er den Gastgeber noch nie gesehen und auch noch nie von ihm gehört. Doch da er ein Klient seines Patrons war, war es wohl respektvoll gegenüber dem Vinicier, zumindest zu erscheinen - selbst wenn er sich eigentlich zumindest eine persönliche Einladung durch diesen Furier erwartet hatte. Erstaunlicherweise war nicht nur Agrippa und sein Patron samt Gattin, sondern auch Purgitius Macer und Iulius Centho - nicht viele Römer konnten aus dem Stand so viele Senatoren an ihre Tafel bringen!


    "Salvete. Ich hoffe, ich bin nicht zu spät zur Gustatio."


    begrüßte er die Anwesenden und schenkte ihnen sein Politikerlächeln.