Langsam zog Durus seine Hand zurück, als Albina das Band wieder gelöst hatte. Nun war das Opfer an der Reihe - eine Zeremonie, in der er wesentlich sicherer war! Dafür wurden auch rasch alle Vorbereitungen getroffen: Die Sklaven brachten einen Foculus herbei, auf dem das Voropfer stattfinden sollte, außerdem wurde auch das Schwein bereits hereingeführt, das als Opfergabe fungieren sollte. Da er sich noch an Albinas Hochzeit erinnerte, hatte er beschlossen, diesmal etwas weniger Opium einzusetzen - dafür wirkte das Tier nun etwas nervös und blickte verängstigt um sich. Fast mochte der Tiberier glauben, dass das Tier so intelligent war zu verstehen, was mit ihm geschehen sollte! Doch der Sklave hielt es fest an der Leine - es würde nicht auskommen!
Nun trat auch der Herold (es handelte sich übrigens um den Amts-Herold des Consuls) vor, der Aufmerksamkeit erbitten sollte - was er auch prompt tat:
"Favete linguis!"
Dann kamen auch schon Sklaven herbei um die Anwesenden mit Wasser zu besprengen und somit rituell zu reinigen, während ein Sklave mit einer Wasserschale an den Opferherrn - Durus - herantrat und ihm die Hände wusch. Während das kühle Wasser über seine Hände lief, murmelte Durus das Reinigungsgebet, das er schon so oft gesprochen hatte. Heute würde er zweifelsohne noch so unrein werden, dass er kein Opfer mehr durchführen konnte (denn Sexualität führte selbstverständlich zu Unreinheit!).
"Vater Ianus, wir bringen dir Wein und Weihrauch dar. Lass ihn wie unsere Gebete zum Himmel steigen und die Götter erfreuen!"
sprach er schließlich das erste Opfergebet, das sich traditionell an Ianus, den Mittler zwischen Menschen und Göttern richtete. Natürlich musste das Opfer auch ausgeführt werden und so nahm der Tiberier die Patera mit dem Wein und goss sie in den Foculus, sodass es laut zischte. Dann wurden ein paar Weihrauchkörner hinzugefügt und der Dampf entwickelte den wohlriechenden, dem Tiberier so vertrauten Duft. Ja, er vergaß fast, dass dies nicht irgendein Staatsopfer, sondern das Opfer zu seiner eigenen Hochzeit war!
Nun erfolgte die Weihe des Schweines, das fast zu dem Pontifex gezerrt werden musste. Als der Wein für die Weihe die Stirn des Tieres berührte, quiekte es erschreckt auf und wurde noch nervöser - wie auch Durus. Es war ein schlechtes Zeichen, wenn ein Opfertier panisch wurde! Schlimmstenfalls musste das Opfer sogar wiederholt werden! Doch er durfte sich nicht aus dem Konzept bringen lassen! So atmete er tief durch, rieb die Mola Salsa ebenfalls über das Tier und trat zurück, sodass der Opfermetzger herantreten konnte.
Der Anblick des Messers ließ das Schwein noch hektischer werden - ein Sklave trat heran um das Tier etwas zu fixieren, doch Durus musste laut sprechen um das Quieken des Tieres zu übertönen:
"O Iuno, Schutzherrin der Ehe,
die Du Familien bewahrst und segnest und in Treue verbindest.
O Ceres und Tellus, die Ihr die Felder reifen lasst und die Herden vermehrt!
Ich, der ich Euch stets gute Opfer gegeben und mich dankbar erwiesen habe, bitte Euch: Segnet diese Ehe mit der mir Gegebenen! Schenkt ihr Fruchtbarkeit und lasst aus ihr Erben hervorgehen, aufdass mein Andenken gewahrt bleibe!
Als Dank nehmt hin dieses makellose Schwein, das ich zu Euren Ehren darbringe!"
Durus spürte, wie sein Hals ein wenig enger wurde, als er sah, wie das blöde Schwein sich wehrte. So räusperte er sich nach dem Opfer und wünschte sich einen Schluck Wasser herbei. Ausgerechnet heute musste er so viel Pech mit dem Tier haben! Er würde dem zuständigen Einkäufer die Haut abziehen lassen - bei lebendigem Leibe!
Glücklicherweise hatte der Opfermetzger das Tier bereits gepackt und hielt mit größter Mühe das Tier fest, während er mit dem Messer ausholte. Und kaum hatte er das
"Agone?"
hervorgebracht, befahl Durus auch schon überhastet und bestimmt die Bestätigung
"Age!"
Ein letztes Mal schrie das Tier auf, als die Klinge in die Kehle fuhr und ein Schwall von Blut hervortrat. Durus sah die Panik in den Augen des Tieres, die langsam erstarben - immerhin war viel Blut gespritzt, was ebenfalls ein gutes Zeichen war! Das Zucken hörte ebenfalls ziemlich bald auf und man konnte beginnen, das Tier aufzubrechen.
Es dauerte nicht lange und die Vitalia waren entnommen. Doch die große Prüfung stand noch bevor: Appius Tarquitius Caecina war hier, folglich oblag ihm auch die Kontrolle der Annahme des Opfers. Und er war leider unbestechlich!
Inständig hoffte Durus, dass die Nervosität eines Opfertiers vor dem Opfer nicht in manchen Fällen Auswirkungen auf dessen Organe hatte! Natürlich hatte er so etwas schon bei anderen Opfergelegenheiten erlebt, doch hatte er dort zur Sicherheit nicht so genau hingesehen...der Haruspex Primus hingegen sah sicherlich sehr genau hin!