Rom, damals...
Wie der Wind rannte der junge Lucius Artorius durch die Strassen Roms. Hinter ihm erklangen bösartige Rufe wie
"Wir kriegen dich"
und ähnliches. Lucius war allein und hatte sich mit der falschen Bande angelegt. Wären Servius und Tiberius hier, dann... Nun, zu dritt hätten sie es mit den drei Verfolgern aufnehmen können. Besser wäre noch gewesen, wenn Falco und Castus dabei wären. Die waren älter und hätten hier ein Machtwort sprechen können. An Verwandtschaft mangelte es ihm eigentlich nicht, an Freunden ebenfalls nicht. Lucius hatte eben Pech an diesem Tag. Schon lange hatten ihm die drei Manlius Brüder versprochen, ihn mal allein zu erwischen. Dummerweise lag das mehr als drei Monate zurück und Lucius hatte einfach nicht daran geglaubt, dass die Rachsucht der Dreien so lange anhielt. Am meisten ärgerte ihn aber, dass der jüngste der drei um ganze zwei Jahre jünger war als er und von einem solchen Bengel Schläge einstecken zu müssen wäre wirklich bitter.
Und so rannte Lucius was das Zeug hielt, wich den Passanten aus, ignorierte die empörten Schreie der Händler, wenn er ihre augestellten Waren umrannte und manches zu Bruch ging. Er wollte auf eine größere, belebte Strasse raus, um in der Menge schwerer zu entdecken zu sein und dann, während die Manlius Brüder ihn in der Menge suchen würden, durch die Gassen das Weite zu suchen. Ein guter Plan. Doch wie so oft gehen viele gute Pläne mit dem ersten Hindernis zu Bruch. Das Hindernis, das sich Avitus in den Weg stellte, war eine kleine Stufe, die er übersah, weil er sich in dem Augenblick, da sie näher kam, nach seinen Verfolgern umdrehte. Er stolperte, fiel böse hin und zerkratzte sich die Knie und Hände blutig, schrie vor Schreck, und dem Schmerz, der ihm gleich folgte. Im nächsten Augenblick schon waren die Manlius Brüder bei ihm und Lucius spürte einen heftigen Schlag mit der Faust auf seinen Rücken, gefolgt von einem Tritt. Er versuchte, sich zu schützen und fragte sich, warum um alles in der Welt ihm keiner von den Erwachsenen zu Hilfe kam. Drei gegen einen. Dieses Verhältnis alleine schon musste doch jemandem widerlich aufstoßen und Grund genug sein, einzuschreiten. Doch die Bürger interessierte der Streit zwischen den Jungen wohl nicht im geringsten und Magistrate oder Stadtwachen waren keine in der Nähe.
Doch dann.
"Hey, ihr"
Ein Schrei. Eine unbekannte Stimme. Die Schläge hörten auf. Die Manlius Brüder schauten in die Richtung, aus der die Stimme kam, ließen kurz von Lucius ab. Ein junger Anführer einer Bande von Halbwüchsigen stand da, mit seinen Freunden hinter seinem Rücken.
"Ihr seid die Manlius Brüder, stimmt?"
Die Bande kam näher. Und nun wurde Lucius – und den Manlius Brüdern – schlagartig klar, dass sie sich dem Hafen etwas zu sehr genähert hatten und damit das Revier einer anderen Jugendbande betreten hatten. Eine Böse Sache. Der Anführer war in etwa genau so alt, wie der älteste Manlius, wirkte insgesamt aber noch kräftiger und gefährlicher auf Lucius und hatte außerdem das größere Gefolge hinter sich. Sie näherten sich den Brüdern und dem immer noch am Boden liegenden Lucius, dem die Tränen kamen. Das war einfach nicht sein Tag und die Abreibung, die ihm bevorstand, würde er wohl so bald nicht vergessen.
"Was kümmert es dich? Leg dich mit uns lieber nicht an, Silius"
rief der älteste Manlius. Er bluffte natürlich, versuchte die einzige Karte auszuspielen, die ihm neben der Flucht zur Verfügung stand... Drohen. Doch beeindruckt war dieser Silius nicht.
"Ha... wusste ich doch. Auf sie!"
brüllte Silius. Nun, da Drohen nicht gewirkt hatte und sie der Mut verließ, sich mit einem Dutzend mit Stöcken bewaffneter Jugendlicher anzulegen – was ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen wäre – ergriffen die Manlius Brüder die Flucht. Die Bande verfolgte sie nicht lange und die Manlius Brüder waren entkommen.
Lucius Knie schmerzten zu sehr, dieser Silius Bande zu entkommen war unmöglich. Er machte sich auf einiges gefasst.
"Steh auf, du"
forderte Silius ihn auf. Lucius erhob sich, wischte sich die Tränen aus den Augen, suchte instinktiv nach einem möglichen Fluchtweg.
"Du Schwächling. Warum heulst du?"
"Fall du mal so hin und lass dich verprügeln!"
versetzte Lucius giftig, selbst über seine Reaktion überrascht. Seine Mutter schimpfte öfter mit ihm, dass er zu schnell laut werde, zu impulsiv sei. Seine Antwort jedenfalls brachte Silius nicht aus der Fassung.
"Ooooh, große Klappe, aber nichts dahinter. Kein Wunder, dass du Ärger mit den Manlius hast"
"Alleine gegen drei ist auch unfair"
"Na, dir scheint es aber nicht geschadet zu haben. Wie heißt du?"
"Ich bin Lucius"
"Ich bin Marcus Silius. Und das ist meine Bande"
Silius machte einen Wink in Richtung seiner Leute, die ziemlich zufrieden darüber, die unbeliebten Manlius Brüder verjagt zu haben, in der Strasse standen.
"Keine Sorge. Hier können dir die Manlius Brüder nichts tun. Das ist unser Revier hier"
sagte er stolz.