Avitus ging in die Hocke und nahm ein Stück Holz von dem kleinen Stapel, der unweit des Feuers lag. Er stocherte damit ein wenig im Feuer herum, um die bereits brennenden und knisternden Holzstücke etwas beiseite zu schieben, damit Platz für das neue geschaffen wurde und legte es dann rein, bevor er sich wieder erhob.
"Ja, es könnte in der Tat zum Problem für und werden, wenn zu viele von ihnen wegen Unerfahrenheit fallen sollten. Die Parther sind, wie man hört, meisterhafte Schützen und schicken ihre schwere Kavallerie erst dann zum Frontalangriff, wenn ihre Bögen die Reihen ihrer Feinde dezimiert und vor allem demoralisiert haben"
er blickte die ganze Zeit ins Feuer, während er sprach.
"Ich denke, nichts ist entmutigender, als ununterbrochen von einem beritteten Gegner aus der Entfernung beschossen zu werden"
Zum Glück ließ Avitus seine Rekruten dieses Gefühl zumindest im Ansatz kennenlernen, indem er zu Beginn der Ausbildung, dann, wenn die Männer dasScutum kennenlernten, einige Contubernia erfahrener Milites antreten ließ, allesamt mit Steinen bewaffnet und diesen den befehl erteilte, die Rekruten erbarmungslos mit einem Steinhagel einzudecken. So lernten viele ihr Scutum in den ersten Stunden ihrer Ausbildung schätzen.
"Da kannst du Gift drauf nehmen"
pflichtete ihm der Hastatus bei. Seinen Strohhalm hatte er wieder ausgespuckt und kaute stattdessen an einem dünnen Zweig.
Aber nichts destotrotz befürchtete Avitus, seine Ausbildung zu sehr auf die Begegnung mit nordischen Barbaren fokusiert zu haben und fürchtete nun, dass die Männer vielleicht nicht richtig vorbereitet in den Kampf mit einem so beweglichen und taktisch anspruchsvollen gegner wie den Parthern geschickt würden. Selbst das Agmen Quadratum würde ihnen nichts nützen. Crassus hatte diese Taktik angewandt, ohne den geringsten Erfolg. Solange die Parther laufend mit Pfeilen versorgt wurden, würden sie früher oder später jede noch so disziplinierte Linie zusammenschießen und letztlich mit ihren furchterregenden gepanzerten Reitern sprengen. Doch wie auch immer... wie schon der Prineps sagte, war er voller Hoffnung, nein Überzeugung, dass Mars den Männern - und damit auch ihm selbst - den nötigen Kampfgeist und die erforderliche Kraft verlieh, damit sie stets standhaft blieben.
Avitus hörte den Worten des Princeps Posterior zu, der den Mann zumindest grob zu kennen schien. Zu deutlich hörte er dessen Meinung über die Tribuni heraus und musste lächeln. Die allgemeine Abneigung einfacher Soldaten - die Centurionen standen zwar an der Spitze derer, waren aber nichtsdesto trotz Teil der Masse einfacher, kämpfender Soldaten, zumindest empfand es Avitus so - gegenüber den Tribuni war legendär, auch wenn senatorische Tribuni normalerweise ein weit aus schlechteren Ruf hatten, als ritterliche.
"Nun, wie auch immer. Der Mann ist jetzt hier. Morgen wird er die Nachhut übernehmen. Die Erste..."
damit war die Kohorte gemeint
"... bildet wieder die Spitze. Das Manöver wird, wie beim Appell angekündigt, ersteinmal fortgesetzt. Mit einer Verlegung in den nächsten Tagen ist daher wohl nicht zu rechnen, gänzlich auschließen will ich das jedoch nicht. Wir warten auf Kunde aus Rom"
Avitus warf noch ein Stück Holz ins Feuer. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wehrte es sich gegen die Flammen, doch dann griffen sie über und erfassten es, frassen sich ins Holz hinein und verwandeltes es nach und nach zu toter Asche.
"Du kannst es wohl nicht abwarten, hm?"
fragte er Aristides. Avitus lächelte. Kam nicht wirklich oft vor, dass er lächelte. Natürlich sah er selbst dem Krieg mit einer gewissen - vielleicht seltsamen, ja geradezu unnatürlichen - Freude und Ungeduld entgegen. Wie viele andere Soldaten verdrängte er die Sorge um das eigene Wohlergehen, die unweigerlich aufkam, jedoch von der Aussicht auf Ruhm und Beute zurückgedrängt wurde. Bei anderen war es die Angst, als Feigling abgestempelt zu werden, die diese Sorge verborgen hielt, wieder andere waren verrückt genug, derlei Sorgen nicht zu kennen. Jeder ging halt auf die eigene Art und Weise mit seinen Gefühlen und Ängsten um.