Beiträge von Servius Artorius Reatinus



    Ad Marcus Vinicius Lucianus

    Provincia Germania
    ~~~~~
    Mogontiacum
    ~~~~~
    Regia Legati Augusti Pro Praetore


    ____________________________________________



    Mein geschätzter Patron,



    sehr bereue ich es, nicht mehr die Zeit gefunden zu haben, dich zum Abschied persönlich aufgesucht zu haben. Es ist eine untröstliche Angelegenheit für mich und hinterlässt mit Sicherheit einen Fleck auf deinem Vertrauen mir gegenüber. Ein Brief ist besser als nichts.


    Wenn dir einer meiner schnellsten Sklaven diesen Brief überbringt, so werde ich schon kurz davor sein, Mogontiacum zu verlassen. Mantua und die Legio I rufen mich. Ein Ruf, dem ich folgen muss und werde. Ich danke dir, Lucianus, für deine Unterstützung auf meinem Wege und möchte dir in jedem Fall die Meine zusagen. Ich werde dir schreiben, wenn ich angekommen bin.


    Pass auf dich auf, mein Patron, mögen die Götter dich und die deinen hüten.




    Ein beeindruckender Zug, den der ehemalige Präfekt der Legio II anführte, trotterte geradewegs die Via Praetoria hinunter. Schon aus der Ferne ersichtlich, gingen ehrfürchtige Soldaten zu einem Sicherheitsabstand an den Wegesrand, um den Zug ungehindert passieren zu lassen. Der ganze Sklavenhaushalt des Artoriers, Ochsenkarren, vollbeladen mit Gepäck. Ein imposanter Anblick war es, laut und ungestüm, bis sie an der Porta Praetoria halt machten.


    "Servius Artorius Reatinus. Ehemaliger Praefectus Castrorum. Melde mich ab, und das dauerhaft", gab er in bruchstückhaften Sätzen zu erkennen und grinste die Torwachen dabei verhohlen an.

    Die Geste des Parthers, war sie doch unaufällig, war für den Artorier kaum zu übersehen. Reatinus war kein Freund von langen, tränenreichen Abschieden. Nein, er mochte es lieber kurz und schmerzlos. Es war Zeit, fand der Artorier, zu gehen und der zweiten Heimat den Rücken zu kehren, um zur ersten Heimat, Italien, aufzubrechen. Reatinus sah einmal wehmütig zurück zur ehemaligen Bleibe und umarmte Crispus noch einmal zum Abschied. So trennten sich die Wege zweier ehemaliger Soldatenkameraden für eine Weile.
    "Crispus, meine Zeit ist gekommen. Ich werde dir schreiben, wenn ich angekommen bin. Mögen die Götter über dich wachen. Und pass auch auf deine Nichte auf - sie ist eine wunderbare Frau."


    Reatinus ließ sich dieses Mal nicht von einem Sklaven auf sein Pferd helfen. Immerhin war er noch fit genug, dass er es noch selbst mit einem schwungvollen Satz hinauf schaffte. Hektor schnaubte tatenfreudig, als wüsste er, dass ein längeres Abenteuer bevorstünde. Mit einer Handgeste befahl er dem Zug, sich in Bewegung zu setzen und nickte Crispus ein letztes Mal zu.

    Der Abschiedbesuch für den ehemaligen Praefectus nahm erstaunliche Ausmaße an, so dass sogar Boten des neuen Lagerkommandanten auftauchten. Mit diesem hier hatte Reatinus allerdings gerechnet, als sich Reatinus ihm zuwandte. Das Erinnerungen heraufweckende "Praefectus" des Mannes überhörte Reatinus - zumindest tat er so. "Ach ja". Reatinus besann sich und staunte anschließend über das Geschenk, das der Iulier geschickt hatte.


    "Lasse dem neuen Praefecten meine besten Wünsche ausrichten. Und danke für sein Präsent, ich werde mich dafür erkenntlich zeigen."

    Wenn das Schicksal zuschlug, dann mit Härte und Unbarmherzigkeit, musste Reatinus schmerzend feststellen, als einer seiner Sklaven die Taberna betrat und mit unterwürfiger Geste vor der Türe stehend nach ihm bat. Scheinbar hatten sie schon alles erledigt. Waren sie wirklich so schnell gewesen, hatten sie sich mehr als sonst beeilt oder kam Reatinus das nur so vor? Er wollte nicht gehen, denn die Aura der Petronierin hielt ihn gefesselt wie erlegtes Wild. Während er nach hinten sah, arbeitete sein Kopf und war dem Kurzschluss nahe. Doch da Köpfe entgegen von umgangssprachlichen Künsteleien nicht in Rauch aufgingen, musste Reatinus eine Entscheidung fällen. Und beide hatten keinen sonderlich befriedigenden Ausgang. Und er entschied sich für einen Weg, der irgendwie besser war und doch der größere Fehler: Die Sklaven sollten nicht frieren, doch er musste gehen.

    "Crispina"
    , sprach Reatinus bedauernd, denn er wollte bleiben, "Ich muss los. Verzeih mir. Bitte schreibe mir, wenn du mich nicht vergisst." Die Mitgenommenheit schickte ihrerseits einen Impuls an Reatinus´ Beine, sich in Bewegung zu setzen, und so verschwand er bald.



    Sim-Off:

    So, tut mir leid für das abrupte Ende. Aber du weißt, Mantua ruft... ;)

    Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    Ich bin von Montag bis Freitag auf Schulabschlussfahrt in Prag!


    Dies betrifft die IDs Reatinus und Aurelius Avianus! :)



    Und jetzt bin ich auch wieder zurück. Ab morgen ist mit Postings von meiner Seite zu rechnen. :)

    Welch weise Worte das waren, dachte sich der Artorier nickend und stellte fest, dass die Petronierin nicht nur symphatisch, sondern auch klug war. Dass Crispus und sie irgendwie in Streit geraten konnten, verwunderte den Artorier immer mehr, denn schließlich schienen alle beide eine gute Erziehung genossen zu haben. Auch traute sich die Petronierin endlich an den heruntergekühlten Wein heran.
    Das schöne Schmunzeln von Crispina steckte Reatinus an und brachte ihn aus seiner Verlegenheit, welche er vergebens versuchte, alleine abzulegen.


    "Ja, aber ein unterschätztes Mittel ist die Desinfektion. Macht heute kaum einer, und hoffentlich wird es irgendwann Tage geben, wo es Gang und Gebe wird. Immerhin geht es den Patienten schneller besser." Reatinus hatte zwar auch Heiler, aber traute auch hier nur bestimmten Sorten davon über dem Weg.


    Wer könnte so glückliche, schöne, strahlende Augen übersehen, dachte sich Reatinus über die Freude Crispina und strahlte selbst ungespielt. (Er war eh ein schlechter Schauspieler!)
    "Dein Onkel würde mir sicherlich vertrauen", sprach Reatinus freudig und wunderte sich andererseits darüber, dass sie erst um Erlaubnis fragen musste. An dieser Stelle hätte Reatinus vielleicht im Nachhinein eher um Verzeihung gebeten.



    Als ein erschöpfter Crispus nun ankam und vor ihnen stand, war Reatinus schon auf seinem Pferd, wurde von Bashir hinauf geholfen. Erstaunt blickte Reatinus den Petronier an und konnte noch nicht so recht realisieren, dass Crispus sich extra wegen ihm hier einfand und sogar einen schweren Marathonlauf hinlegte, nur um sich von ihm zu verabschieden. Reatinus schätzte es, wenn ein Freund ihn nicht vergaß. Denn es war wahre Freundschaft.


    "Crispus, Crispus!" Lachend stieg Reatinus mit einem theatralischen Sprung von Hektor und ließ sich in die Arme nehmen. "Doch nicht so hastig, mein Freund", Reatinus schnürte seine Wasserflasche ab, um sie zu öffnen und sie dem etwas verausgabten Petronier zu reichen, "Hier, nimm einen Schluck! Eigentlich wollte ich dich aufsuchen, oder meinst du, ich wäre ohne Abschied fortgegangen?"

    "Ah, da ist sie ja", murmelte Reatinus nach Auffinden der Tabula vor sich her und wischte mit der Hand einmal über ihre Fläche. Nachdem die leicht, sich auf ihr befindliche Staubschicht sich in der leichten Brise des Windes verzog, besah der Artorier die Tafel. Sie war eher eine Kritzelei, doch sie war auch in Eile verfasst. Und vielleicht war es ja vorteilhaft, dass Reatinus der Einzige war, der diese Schrift lesen konnte. Reinschrift wäre doch langweilig gewesen. Das konnte ja jeder lesen!
    "Hmmm... schon recht weit. Hoffentlich kann ich den ganzen Mist bald vergessen", machte sich Reatinus Hoffnungen. Wenn es den Punkt "zerbrochenes, teures Dekorationsstück" gegeben hätte, würde Reatinus diesen nun auch getrost abhaken können, dachte er sich immer noch verärgert über das Unglück von vorhin. Er freute sich schon auf die Reise, sie würde sicherlich ungleich angenehmer verlaufen. Gegen den ganzen Trubel würden es vielleicht sogar die kalten Alpen noch gut mit ihnen zu meinen.


    Reatinus trabte weiter unerschöpflich durch das Haus. Es war nun schon kahl und wenig lebendig. Das extreme Gegenteil vom Anblick der Inneneinrichtung von vor drei Stunden. Im Atrium blieb Reatinus kurz stehen. Hier hatte er so manchen Feierabend nach einem schwierigen, intensiven Arbeitstag ausgespannt. Einen kurzen Moment lang blieb er stehen und stieß die Erinnerungen, die aufkeimten, hinfort.
    "Ich kann nicht stehen bleiben", hatte Reatinus gesagt, "Ich muss weiter, solange ich kann". Er hätte Ambitionen, hatte er gesagt. Doch er bereute es jetzt irgendwie doch schon seit einer geraumen Zeit, die Legio II zu verlassen.
    Aber für Sentamentalitäten hatte der in (gelinde gesagt) Beschäftigung geratene Artorier nun wirklich nicht. So lief er weiter und inspizierte jeden Raum. Bis jetzt war ein jeder leer, nur die wirklich großen Möbelstücke nahm er natürlich nicht mit. Eher die persönlichen Habseligkeiten, welche von Baldram, dem germanischen Hühnen und Ianitor des Hauses mit strengen Augen während der Reise unabwegig überwacht werden würden.


    Reatinus war fertig, das Packen aller Sachen fand nun endlich ein Ende. Auf einmal dominierte eine Totenstille und ruhig warteten alle Sklaven vor dem Domus. Reatinus sah einmal zurück, wehleidig und wurde sich bewusst, dass neue Zeiten anbrachen und die alten verstrichen. Er war auch ein wenig neugierig auf Mantua. Es lag in seiner Heimatprovinz. Beachtlich war die Ladung des ehemaligen Praefecten, die Ochsen waren beinahe zu bemitleiden für ihre Arbeit, den Karren bis nach Mantua mit sich zu ziehen. Sie hatten Proviant und die richtige Kleidung für eine Wanderung über die Alpen. Genauestens hatte Reatinus auch die Route einstudiert.
    "Bashir", rief Reatinus und blickte sich suchend um, "Mein Pferd! Ist es reisefertig und gesattelt?!"

    Das Schicksal schlug gerade bei Reatinus zu, wenn er es am Wenigsten gebrauchen konnte, stellte der Artorier seufzend fest und rieb sich verspannt das Gesicht. Einige wenige Schaulustige waren dem ehemaligen Praefecten gefolgt, um das Spektakel mitzuverfolgen. Immerhin war es eine Seltenheit, dass der Hausherr etwas lauter wurde. Wärend die Britin mit sichtlicher Empörung über ihr Missgeschick anfing, die Hunderte von kleinen Scherben aufzuräumen, wandte sich Reatinus wieder an Bashir. Dieser fing an, Síne mit dem Aufräumen zu unterstützen.


    "Vergiss nicht, vor der Abreise Hektor zu satteln. Du hattest schon immer ein Händchen für mein Pferd", sprach Reatinus und zog wieder in der schweigenden Stille davon, seine Wachstafel zu suchen.

    Nachdem nun einige Zeit mit der Konversation verstrichen war, konnte Reatinus endlich den Wein genießen, auf den er schon die ganze Zeit gewartet hatte. Entspannt nahm er einen Schluck der roten, alkoholischen Flüssigkeit zu sich und kommentierte dies anschließend mit: "Guter Tropfen!" Guter Tropfen... das klang simpel, aber traf es so ziemlich auf den Punkt. Denn der Wein schmeckte hervorragend, stellte der Weinkenner fest.
    "Nicht zu jammern und das Beste aus etwas zu machen. Es gibt viele Menschen, die wollen das nicht so sehen und geben sich ihren Beschwerden hin", stellte Reatinus eine eigene, kleine Behauptung basierend auf Beobachtung auf. Reatinus war ein Perfektionst. Es war nicht so extrem, dass das Beste gerade noch gut genug war. Aber das Beste strebte er beinahe akribisch an.


    "Ja, verrückt", lachte Reatinus heiter auf, "Sonst hätte ich mich nicht gemeldet. Wirklich." Seine Augen strahlten ob der Einschätzung der Petronierin über ihn. Verlegen kratzte er sich den Hinterkopf und fand damit in sich eine ganz neue Charaktereigenschaft. "Ach, naja. Man tut, was man kann", erwiderte er bescheiden und legte den mittlerweile nur noch warmen Weinbecher wieder auf den Tisch.


    Er seufzte kurz in sich hinein und überlegte, was ihm über Medizin einfiel. "Ähm... also, ich weiß zum Beispiel, wie man diverse Verletzungen behandelt. Und wie man gesund lebt. Ich kann zumindest auch schon Krankheiten einschätzen."


    Dass es ausgerechnet die Pferde waren, welche Crispina interessierten, überraschte ihn wenig. Denn viele Frauen hatten ein Faible für Pferde oder Tiere allgemein. War wohl schon immer so! "Ich kann sie dir zeigen. Sie sind sehr gutmütige Tiere, sie werden dich schnell kennenlernen. Von hier aus ist die Zucht nichtmal allzu weit."

    "Nein, das wird nicht nötig sein. Danke", lehnte Reatinus lächelnd das Angebot des Parthers ab, welcher sich als sehr fleißig entpuppte und seine Leidensgenossen mit tatenkräftiger Hilfe unterstützte. Auch Alexandros´ Talent, Übersicht selbst in den schwierigen Situationen zu behalten und diese zu meistern, zeigte sich von Neuem. Er konnte zwar den natürlich gegebenen Stress und das Darunter und Darüber des Umzuges nicht gänzlich bannen, aber zumindest linderte der Grieche mit seinem Geschick das Los aller. Auch das von Reatinus, denn er konnte seinen eigenen Stress bewältigen, wohl in dem Wissen, dass der Maiordomus alles unter Kontrolle hätte.


    "Oh, da fällt mir noch was ein", wollte Reatinus den Parther erinnern, "Vergiss nicht, vor der Abreise..."
    Reatinus wurde von einem schallenden, klirrenden Lärm in den Gängen des Hauses unterbrochen und traute einen Moment lang empört seinen Sinnen nicht. In seinem Stress ließ er die Tabula sofort im Boden versinken und trabte in Richtung des Geschehens, um zu sehen, welcher Unfall schrecklichen Ausmaßes sich wohl ereignet haben könnte. Während er in eiligen Schritten auf dem Gang abbog, hörte man ihn leise, unverständliche Laute murmeln, welche ihm die Götter sicherlich übel nahmen. Am Tatort des Geschehens wartete eine betäubte Síne, welche ihr Missgeschick selbst nicht wahr haben wollte - und die Scherben eines der wertvollsten Stücke von Reatinus. Eine Tonvase, die Jahrzehnte überdauert hat fand nun ihren Tod und wanderte über den Tonvasenstyx! Reatinus raufte sich die Haare, rieb sich das Gesicht, seufzte laut und lang... und änderte daran nichts.


    "H... Herr... es... es tut mir leid! Es war ein V-V-V-Versehen", versuchte sich die stotternde, verängstigte Sklavin aus Britannien zu rechtfertigen. "Diese Vase hat Jahre überdauert, vielleicht hat die mal einem Etrusker gehört!" So schimpfte Reatinus und nahm anschließend tief Luft. Etwas Anderes als Gnade walten lassen konnte er ja nun auch nicht!
    "Nun gut, dann räum wenigstens die Scherben weg."

    Ein Andenken hatte Reatinus immerhin behalten dürfen, während er sich wieder zu den Stabsoffizieren gesellte und seine frisch erworbene Phalera mit dem Angustus Clavus säuberte. Der Artorier wandte sich auf seinem Rückweg dem Legaten zu, denn es lag ihm sehr auf dem Herzen, sich noch einmal persönlich von dem Vinicier zu verabschieden.


    "Mein Legat, kann ich dich nach dem Appell kurz sprechen?"

    "Es wird sich zeigen", rieb sich Reatinus das Kinn seufzte nachdenklich. Er würde mit den aufkeimenden Erinnerungen zu kämpfen haben und wird sie loswerden wollen, anfangs mit weniger durchschlagendem Erfolg. Reatinus kannte sich, er wusste, welche Gefühle er durchlaufen würde. Kalt kalkuliert.


    "Dann tu dies bitte bald", antwortete Reatinus rasch, "Bis ich gehen muss, ist nur eine Frage der Zeit." Entschlossen winkte der Artorier die Frage ab, ob es noch etwas gäbe. Er hatte nichts mehr zu sagen und verstummte, als er die letzten paar Tropfen Vinum durch den Hals schickte.

    Überall im Hause rannten geschäftige Sklaven hin und her, hektisch wurden Dinge verstaut oder Möbelstücke auf Karren verladen. Geredet wurde nicht viel, nach und nach leerte sich unter hektischem Treiben, manchmal auch gestresstem Seufzen jeder Winkel des artorianischen Heimes in der Legio II. Mal hier, mal da kreuzte Reatinus´ Weg immer ein Sklave, der vollbepackt Habseligkeiten mit sich herumtrug und sich insgeheim wünschte, der Artorier wäre hier geblieben, wäre seinem Posten als Praefect weiter nachgekommen. Das Schauspiel, welches sich im Domus Praefecti Castrorum abgespielte, war nicht schwierig zu erklären: Sie zogen um und räumten das Haus für den iulischen Nachfolger in Reatinus´ ehemaligem Amt.
    Reatinus lief mit einer Tabula in dem Haus herum und hakte alle persönlichen Möbelstücke ab, welche er mit sich nehmen wollte. Ohne Zweifel war er einer der am meisten gestressten Bewohner des Hauses, denn seine Augen mussten überall sein. Und dies schaffte der Artorier nicht immer und auch an alles denken konnte er nicht. Beschäftigt und seine Umwelt nur so sehr beachtend, wie er nur musste, machte er auf seiner Tabula unter jedem Punkt ein Häckchen, welchen er erledigt wissen wollte.

    Eine Auszeichnung hatte der Artorier weder verlangt noch erwartet. Sie war ihm nur ein kleiner Trost, aber wenigstens blieb die Arbeit des Artoriers nicht unbemerkt und undankbar. "Ich danke dir, Legat", bedankte sich Reatinus mit gedrungener, militärischer Stimme und sah anschließend auf die Menge herab, welche die Zeremonie mehr oder weniger interessiert mitverfolgte. Er nickte, als er Worte an die Männer richten sollte, welche ihm spontan einfielen - denn vorbereitet hatte er keine.

    "Männer der Legio II


    Als Probatus bin ich gekommen und als Praefectus Castrorum gehe ich! Großzügig war das Schicksal mit mir und noch großzügiger war es, mir meinen Aufstieg in einer Truppe wie der Legio II Germanica zu gewähren! Keine Legion wäre besser gewesen und es schmerzt, zu gehen! Doch das Rad der Zeit dreht sich, alles ist im Wandel! Ich gehe und muss meinem Nachfolger weichen, wohl in der Ehre, eine der besten Legionen unseres großen Imperiums zu verlassen! Männer, ihr seid eine allzeit bereite Truppe und eure Loyalität sucht Ihresgleichen! Müsste ich eine Armee aufs Feld senden und die Wahl zwischen allen jenen des Imperiums haben, ich würde euch entsenden!


    ROMA VICTRIX!"


    Die Rede endete mit einem Nicken des Praefectus. Er wollte es absichtlich nicht in die Länge ziehen.

    Als Reatinus seinen Namen hörte, fing sein Herz an, zu rasen. Er hatte sich zuvor zwischen den Stabsoffizieren verschanzt und trat mit langsamen Schritten und hochgeschwellter Brust nach vorne. Warum, warum hatte der Legat ausgerechnet ihn als Ersten genommen? Reatinus wäre lieber zwischen den Tribunen geblieben und nicht weiter aufgefallen.


    Er stand nun vorne, machte eine Kehrtwende und blickte dem Legaten tief in die Augen, nachdem er salutierte. "Praefectus Artorius, zur Stelle", hieß es.