Beiträge von Servius Artorius Reatinus

    "Das muss es nicht, aber danke", sagte Reatinus nur knapp und nickte dem Primus Pilus zu. Es war hier nicht die richtige Zeit und noch weniger der richtige Ort, um über diesen Verlust zu reden. Es galt, die Vergangenheit ruhen zu lassen und gehobenen Hauptes nach vorne zu schauen. Sie waren nun übrig, die Überlebenden im Angesicht des Todes. Und sie hatten noch etwas vor sich.
    "Sehr gut", kommentierte der Artorier und ließ dabei unwissentlich offen, ob Licinus dies als Lob oder eine Bewertung der Lage auffassen konnte, "Die Centurien sind überraschenderweise noch relativ vollzählig. Centuria IV. hat noch insgesamt 73 Mann. Die V. hat 70. Nur an der Centuria VI hat die Seuche etwas mehr gekrazt, ihr bleiben noch 64 Mann*. Ach ja, bevor ich das vergesse und auch noch ein Grund, weshalb ich Dich mitnehme: Du musst als Ersatzmann für den Centurio der IV. herhalten, der Centurio dort hat sich unglücklicherweise eine Verletzung zugezogen." Die Centurien waren noch die Paradebeispiele für Mannstärke. Andere Centurien hat es mehr mitgenommen. Und da es in der Bevölkerung Mantuas noch genügend Tote gab, konnten sie sich auch nicht über zahlreiche Neurekrutierungen freuen - es sei denn, es kamen besonders viele aus anderen Städten im Umfeld oder auch Versetzungen von anderen Legionen.


    Reatinus hielt kurz inne. "Morgen wenn die Sonne aufgeht, Porta Praetoria", schilderte er stichwortartig, "Ich sage den Centuriones Bescheid, sie trommeln ihre Männer zusammen und bringen grundlegende Baumaterialien mit. Du brauchst nur zu kommen. Noch fragen?"


    Sim-Off:

    * Zahlen habe ich mir einfach ausgedacht, weil es meines Wissens nach keinen Stärkebericht für nach der Seuche gibt. Das passt hoffentlich so! ;)

    Celer hatte durchaus abgenommen in all dem Trubel, den die Seuche über sie gebracht hatte. Doch Reatinus war froh, dass es nur ein wenig Gewicht war und nicht das Leben. Sie hatten die Seuche heil überstanden, kämpften immer noch mit den Nachwirkungen, doch sie lebten und waren noch alle beeinander und zusammen. Ja, nur mit dieser einen, schmerzlichen Ausnahme. Bashir war tot - und er war nicht zu ersetzen. "Da hast du Recht, Neffe", sagte Reatinus seufzend, "Die Legion kämpft ebenfalls mit den Folgen der Seuche. Wir haben unwahrscheinlich viele Soldaten verloren, die Nachwirkungen sind spürbar. Der Tod höchstselbst hat in Mantua gewütet und dies nimmt uns alle noch mit. Momentan kümmert sich Alexandros um mein Pferd, aber der hat wirklich kein Händchen für Pferde. Bashir konnte das viel besser." Ja, der Maiordomus hatte auch seine Stärken, aber die Pflege eines Pferdes zählte sich nicht dazu. Reatinus seufzte. Man konnte nichts daran ändern.
    "Und du", fragte er neugierig, "Ich schätze, in der Stadt geht es drunter und drüber."

    Da er nicht wusste, ob der erste Satz des Iuliers eher scherzhaft gemeint war oder eine Anspielung zur Heraushebung seines zurzeitigen Befindens war, bemüte sich der Artorier nicht erst, einen passenden Gesichtsausdruck aufzulegen und beließ diesen auf "neutral" und "nichtssagend". Er nickte einfach nur und beließ die Aussage unkommentiert.
    "Nunja, körperlich geht es mir gut", sagte er und aus dem neutralen Gesichtsaudruck wurde ein Bedauernder, "Ich muss nur einen Verlust verdauen. Es war ein Sklave, aber dafür treu und fleißig." So traf es sich gut, dass der Primus Pilus für Ablenkung sorgte, indem er auf die dienstliche Ebene überwechselte. Reatinus fackelte wie für ihn üblich nicht lange und erzählte sofort, was er wollte. "Nun, ich habe vom Praefectus Castrorum einen Auftrag bekommen, Männer für Reparatur- und Bauarbeiten in der mitgenommenen Stadt mitzunehmen und das Kommando über die Arbeiten zu führen. Zunächst denke ich da an die Centurien IV, V und VI in der Cohors IX. Wo Du ins Spiel kommst: Ich brauche einen verlässlichen Mann, der die Lage in der Stadt kennt und mir bei der Koordinierung von drei Centurien unter die Arme greifen kann. Es können nach Notwendigkeit mehr Männer werden. Es wäre mir eine immense Erleichterung, wenn ich jemanden hätte, der die Befehle an die übrigen Centuriones weiterleiten könnte und mir bei der Aufsicht der Arbeiten unter die Arme greifen könnte." Er sah den Iulier fragend an. "Oder brauchst du noch Zeit, Dich zu erholen?"

    Reatinus wurde im Triclinium aufgefunden, wo er sich auf seiner Liege nach einem harten Arbeitstag entspannte. Der Tisch war durchzogen mit geleerten Tellern, hier und da einigen Essensresten, die keinen Weg mehr in Reatinus' Magen gefunden hatten. Eigentlich aß er nicht viel, er war einer der typischen Genügsamen, die sich nicht über Maß vollstopften. Vielleicht noch eine alte Angewohntheit aus Legionärszeiten - denn da aß man, dass man gerade noch satt wurde und vielleicht etwas Proviant übrig blieb.
    Da war nun sein Neffe, der das Gespräch mit Reatinus suchte. "Oh, salve, Marcus", grüßte er zurück, "Selbstverständlich habe ich Zeit! Nimm doch Platz und bedien Dich, solange es noch warm ist!" Es war ohnehin langweilig alleine. Und er hatte schon seit einer Weile kein Gespräch mehr mit Celer geführt.

    Reatinus trat in die Stube und sah dort sogleich den Primus Pilus, der erst auf den zweiten Blick, nach genauerem Hinsehen, nicht ganz auf der Höhe war. Er salutierte immer noch gekonnt. Aber man erkannte einen geschafften Mann sofort, wenn man ihn sah. Der Iulier musste müde sein, müde von der Seuche und all der Anstrengungen. Gerne hätte Reatinus ihm Ruhe gegönnt, doch er brauchte ihn jetzt! "Salve, Iulius", grüßte der Tribun zurück, "Du bist nicht gerade das, was ich mir unter einer erholten Person vorstelle."
    Eigentlich war die Anmerkung unnötig. Man sah es. Er wollte den Primus Pilus nicht sofort mit Dienstlichem belasten.

    Mit den Worten des Lagerkommandanten erhob sich der Artorier auch schon und grinste zurück. "Ich hoffe, dass die keinen Schaden anrichten, während sie sich anderer Dinge widmen. Ich kann nämlich nicht garantieren, dass der Materialverbrauch niedrig wird", scherzte er. Offensichtlich bezog sich der Praefectus auf die senatorische Variante eines Tribuns. Männer, gegen die oft Vorurteile herrschten.
    Als sein Gegenüber abschloss, nickte Reatinus zur Bestätigung: "Die Materialanforderungen wirst Du frühstmöglich erhalten." Er salutierte und trat zurück. "Vale bene, Praefectus", verabschiedete er sich und verließ das Officium.

    Direkt im Anschluss auf das Gespräch mit dem Praefectus Castrorum marschierte der Tribun den Unterkünften des Primus Pilus entgegen. Ihm kamen immer wieder die muskulösen, durchtrainierten Veteranen der ersten Centurie der ersten Cohors entgegen. Erfahrene, gezeichnete Kampfmaschinen waren das, Bilder von Soldaten. Reatinus mochte den Anblick, doch er würde erst mit der Hauptkampfmaschine, dem Primus Pilus, arbeiten. Sofern dieser Zeit entbehren konnte.
    So trat er in strammer Haltung vor die Unterkünfte des Iuliers, zupfte sich seine Tunika zurecht und klopfte dreimal kräftig an. Es war ihm wichtig, dass der Iulier ihn bei seinem Auftrag begleitete, denn er er hatte Erfahrung um die Lage in Mantua. Mehr als Reatinus sogar - aber das wollte er wiederum auch nicht zugeben, nicht einmal gegenüber sich selbst.

    "Jawohl", sagte Reatinus in militärischer Manier und blickte den Praefectus dann fragend an. "Darf ich wegtreten, Praefectus, oder liegt noch etwas an?" Er würde den Primus Pilus direkt im Anschluss auf dieses Gespräch aufsuchen. Er brauchte ihn fast schon unbedingt, wenn er nicht ins kalte Wasser springen wollte.

    Er nickte nur knapp. "Nach der Seuche vermute ich, wird es viel an Leuten und Material brauchen. Ich würde zunächst drei Centuria mitnehmen, mitsamt Grundbaustoffen und dazugehörigem Werkzeug - ich denke da an Centurie IV, V und VI, die noch recht mannstark und erfahren sind. Allerdings hat sich dort der Centurio der IV. eine Verletzung zugezogen und ich brauche daher einen Ersatzmann, da ich unmöglich koordinieren kann und gleichzeitig die Aufsicht dreier fast vollen Centuriae führen kann. Mir schwebt da der Primus Pilus vor. Er hat sich während der Seuche ausgezeichnet und wird die Lage in der Stadt kennen wie kein anderer. Seine Führungskraft wird mir eine erhebliche Erleichterung sein, er kann notfalls auch die anderen Centurios auf meinen Befehl hin delegieren."
    Der Tribun rieb sich nachdenklich das Kinn. Er fasste für sich selbst zusammen, was wohl an Baustoffen nötig war. "Darüber hinaus werde ich zunächst Holz, Ziegel und alles Nötige für Beton mitnehmen. Sollte uns die Mannstärke nicht ausreichen oder weitere Materialien fehlen, so lasse ich Dich das wissen. Ich nehme an, die Genauigkeiten erfahre ich vor Ort?" Ein fragender Blick legte sich auf den Praefectus.

    Beklommen erwiderte Reatinus die Umarmung seines Neffen, schien einen Moment lang nicht ganz er selbst zu sein. Ihm war schwer, seine Schultern drückten hinunter, als würden sie Steine erschweren. Mit einem weiteren Seufzen äußerte er die vergebliche Hoffnung, sich die Schwere aus dem Herz pusten zu können. Es brachte ihm an Ende nichts, denn die Verluste, die sie schon erlitten hatten und erleiden würden müsste die Zeit heilen. Zu viele Freunde und treue Diener waren umgekommen, fanden ihr Ende auf einem Boot, welches sie über den Styx beförderte. Auch belastete Reatinus die Sorge um seinen Neffen, der indirekt über seine Pflichten in der Stadt auch nicht ganz sicher vor der Seuche war. Niemand war noch sicher. Sollte er wieder alles verlieren? Hatten die Götter nicht schon genug zugeschlagen? Würden sie ihm das Einzige nehmen was ihm blieb, die einzige Stütze, die ihn hielt?
    Er wandte sich Bashir zu oder der leblosen Hülle, die seine Seele hinterlassen hatte. "Lebe wohl, treuer Diener. Ich hätte Dir die Freiheit schenken sollen, du hättest sie Dir verdient gehabt." Er hätte die Augen geschlossen, einmal mit der Hand sanft über das Gesicht gestrichen, um ihn zu ehren. Doch wusste er um das Risiko und ließ es sein, wandte nur seinen Blick ab. "Ihr könnt ihn wegbringen. Wir werden ihn schnellstmöglichst bestatten. Und seht zu, dass sich niemand ansteckt." Er sah, während er redete, in eine ganz andere Richtung als zum Geschehen.

    Reatinus nahm Platz und grinste den Praefectus Castrorum an, der lachte und die Stimmung ein wenig lockerte. Selbstverständlich bewahrte er dabei die dienstliche Souverenität, die von ihm als ritterlicher Tribun erwartet wurde. Er saß nun da in schnurgerader Haltung und sah den Praefectus an. "Wie auch immer", sagte er, "Dann hat mich der Legat eben zu Dir befohlen, aber hier bin ich trotzdem."
    Während er dem Ausführungen des Lagerkommandeurs zuhörte, überflog er interessiert die Liste mit den Aufgaben, die sein Neffe Celer verfasst hatte. Er nickte knapp und blickte anschließend auf. "Ich verstehe, also braucht die Stadt Mantua Hilfe beim Wiederaufbau. Vermutlich weiß Celer, dass ich Aufgaben beende, die ich anfange. Nun gut, es soll geschehen." Natürlich dann die obligatorische Frage, die jeder gute Soldat nach dem Erhalt eines Befehles stellte:


    "Wann soll ich los und wer ist mir unterstellt?"

    Der Praefectus Castrorum ließ den Artorier natürlich nicht hier stehen, wenn er schon auf Befehl gekommen war und bat hinein - dies ließ sich Reatinus sich auch nicht zweimal sagen und nickte dem Scriba zu, der nun wieder seinen Platz aufsuchen konnte. Der Tribun trat hinein, ließ noch die Türe hinter sich schließen und nahm vor dem Praefectus stramme Haltung an. Er salutierte. "Salve, Praefectus! Du hast mich zu Dir beordert!"

    Mittlerweile hatten sie den Lageralltag wieder aufgenommen, der seit Ausbruch der Seuche verloren gegangen war. Zumindest versuchten sie, wieder in die Abläufe hineinzufinden, doch ganz das Selbe wie davor war es nicht. Es war einfach anders, denn vertraute Gesichter waren nicht mehr da. So war es auch heute, dass die Stimmung und die Beklommenheit des Todes noch nicht ganz von ihnen gewichen war, als Reatinus dem Befehl des Praefectus Castrorum folgte und sich zu seinem Officium begab. Dort trat er hinein, ohne sich dem Scriba vorzustellen - denn sein Gesicht sollte diesem wohl bekannt sein, der Rang an seinem Äußeren ersichtlich.


    "Salve", grüßte Reatinus mit einem Salut, "Der Praefectus Castrorum rief nach mir."

    Die Überreichung der Phalera an den Duccier verfolgte Reatinus ebenso schweigsam mit und legte dabei eine steinerne Miene auf. Der senatorische Tribun nahm seine Phalera entgegen und strich zögerlich über das Metall. Als wäre er nicht froh, ausgezeichnet worden zu sein. Als wäre er nicht froh, eine Auszeichnung zu erhalten, an die andere senatorische Tribunen nicht einmal während ihrer kurzen Amtszeit kamen, weil sie nicht viel mehr geleistet hatten, als in ihren Stuhl zu pupsen. Der Duccier hatte etwas erreicht. Doch ging es ihm mehr um die Auszeichnung oder den Verdienst dahinter? Dann war der Primus Pilus dran und wurde hervorgerufen, der sich für die ausgezeichnete Truppenführung eine Armilla in Gold verdient hatte.


    Reatinus würde keine Auszeichnung bekommen - er war auch froh darüber, denn geleistet hatte er nichts. Im Grunde war er froh, zu leben. Und dass ein Großteil seines Haushaltes überlebt hatte. Mit einer umso traurigeren Ausnahme, die ihn immer noch verfolgte. Da es keinen Jubel gab, keine lauten Rufe quer über den Platz, verfiel der Artorier schon in seine Gedanken, während er dreinsah, als wäre er voll dabei.

    Sim-Off:

    Von der Werkarte der Gens Artoria abbuchen, bitte! :)



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    Ad Marcus Petronius Crispus

    Domus Petronia
    ~~~
    Provincia Germania
    ~~~
    Mogontiacum


    ____________________________________________


    Salve, mein Freund Crispus!



    Nach der langen Zeit der Stille freut es mich, wieder von Dir zu hören und dass Du in Germanien noch wohlauf bist. Es ist wahrlich eine lange Zeit vergangen und dein Sohn wird gewiss schon groß gewachsen sein und viel gelernt haben - wie könnte es bei einem solchen Vater auch anders sein! Gewiss wirst du ihn gut erzogen haben und es wäre mir eine Freude, deinen Spross eines Tages zu begegnen.


    Gerne versorge ich Dich auch mit Bauplänen zum Vorzugspreis - wie viele davon würdest du denn benötigen, damit ich sie für Deine Zwecke reservieren kann?


    Hier in Mantua hat eine Seuche gewütet und verheerende Spuren hinterlassen. Ich bin froh, mit dem Leben davongekommen zu sein, doch einen meiner Diener hat es erwischt. Es war ein besonderer Mann. Eifrig, loyal und immer zur Stelle... es war ein schmerzlicher Verlust, denn ich werde nie einen besseren Sklaven finden. Und nie jemanden, der mein Ross so gut pflegen kann, wie er.
    Nun sind wir hier verblieben und versuchen, wieder in unseren geregelten Tagesablauf zu finden. Du kannst Dir mit Sicherheit vorstellen, dass es angesichts der Spuren der Seuche nicht allzu einfach wäre. Doch wir sind die Legio I - wir haben Vieles überstanden, das wird uns wohl nicht aus den Caligae hauen.


    Ansonsten habe ich noch kein Weib geheiratet, nein - Dienst und Zweifel an dem Geschlecht halten mich davon ab, zu suchen. Ich warte auf ein Kommando und hoffe, dass die Götter mich nach Ägypten als Praefectus Legionis schicken. Doch muss ich diese Entscheidung in ihre Hände und in jene der hohen Tiere in Rom geben und kann auch weiterhin nur hoffen, dass mir Höheres beschieden wird. Ich bin nun schon seit einer Weile Tribun.


    Wie steht es um Deine Zukunftspläne, Crispus?



    Mögen die Götter Dich vor allen Gefahren schützen, mein Freund.


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    Reatinus verfolgte die Reden unberührt mit, stand da mit neutraler Miene, während die Worte über den Platz ertönten, der trotz der versammelten Reste der Legion ruhig war. Man konnte die Vögel singen hören, so ruhig war es. Diese Reden, dachte sich Reatinus, konnten über die traurige Tatsache nicht hinwegtäuschen, dass sie gegenüber dem Willen der Götter letzten Endes keine Chance hatten. Sie waren hilflos gewesen, hatten zu viel verloren, weil sie die Götter missachtet hatten.
    Vala hatte seine Rede gerade beendet, da trat er auch schon zurück und überließ das Wort wieder dem Legaten.

    35% Prozent... Reatinus ließ sich das auf der Zunge zergehen. Fünfunddreißig Prozent! Der Kerl war ein Hellseher oder kannte ihren preislichen Rahmen, denn nach dem, was Reatinus überschlug, waren dies gute zweieinhalb As. Reatinus nickte. Nicht, weil er die Feilschkunst des Bauern anerkannte, sondern weil der Fuchs genau wusste, wie weit er gehen konnte. "Na gut", sagte er, "Wie viel können wir mitnehmen?"

    Die letzten Tage waren anders gewesen. Reatinus hatte keine Konzentration, begegnete im Dienst allen mit Verwirrung und Teilnahmslosigkeit. Alle hatten sich gefragt, was mit dem Tribunen los war, sie hatten ihn selbst gefragt, doch er redete nicht darüber. So groß war die Sorge. Er machte sich Vorwürfe. Hatte er richtig reagiert, hätte er Bashir einen richtigen Arzt holen sollen? Würde er überleben?
    Seine Gedanken waren voll und ganz bei seinem Sklaven. Kein anderer konnte Hector so gut pflegen. Ja, der Parther hatte ein Händchen für Pferde, doch er war treu und eifrig. Ein Sklaven mit Eigenschaften, die man sogar bei den Großen vergebens suchte.


    Reatinus kam just vom Dienst nach Hause, als er vom Haussklaven, geschickt von Celer, über den Tod Bashirs informiert wurde. Dem Artorier wurde das Herz schwer, er wollte am liebsten alleine sein. Doch dies konnte er sich nicht leisten. Er hatte eine Pflicht, nämlich Abschied zu nehmen. Resigniert nickte Reatinus und schickte den Diener fort, begab sich dann mit langsamen Schritten und schwerem, gesenkten Kopf in die Sklavenunterkünfte. Seine Schritte waren langsam und als er hineintrat, hallten sie wieder. Totenstille. "Irgendwie", sagte er seufzend, "Habe ich es kommen sehen. Für seine Treue soll ihm eine letzte Ehre zukommen."

    Mit keiner Pracht, keiner Paraderüstung und keinem noch so pompösen Aufmarsch ließ sich verdecken, dass die Seuche auch die Legion schwer erwischt hatte. Alle hatten sie Verluste zu beklagen, im Dienst als auch im Haushalt. Reatinus war verschont geblieben. Seine Zeit war nicht gekommen. Doch hier stand er nun als Lebender, blickte herab auf eine Legion, die nur einen Teil ihres ehemaligen Stolzes behalten hatte. Zu viele waren tot. Zu sehr war der ruhmreiche Aufmarsch durch diese Tatsache geschmälert. Noch vor der Seuche konnte er eine ganze Legion unter lautem Dröhnen tausender gleichmäßiger Schritte vor sich aufmarschieren sehen, immer wieder mit Ehrfurcht und Stolz erfüllt. Die Seuche hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Der Tod hatte mit eiserner Sichel durch Mantua gewütet und hatte einen großen Teil der Bevölkerung des Leben genommen, als würde er sie ernten, wie Getreide. Die wenigen Überlebenden in der Legio I standen nun hier unterhalb des Tribunals und der Anblick war für Reatinus tragisch. Der Anblick flöste nur halb so viel Ehrfurcht und Respekt ein, wie vorher. Die Straßen im Castellum boten im Gegenteil zu früher mehr Platz und der Campus war beiweitem nicht voll. Hier passte noch eine halbe Legion hinein. Man konnte während des sonst so lauten Aufmarsches, untermahlt vom Geschrei der Centuriones normalerweise nicht in normaler Lautstärke miteinander reden. Doch heute war alles anders.


    Reatinus hatte sich gemeinsam mit den anderen Tribunen zum Appell eingefunden. Es war vorbei und er hatte das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Seine Pflichten vernachlässigt zu haben. Denn er hatte nicht viel getan. Am liebsten wäre er gar nicht hier - was sollte er auch hier, als jemand, der kaum etwas geleistet, nur verloren hatte?

    Reatinus folgte dem Mann und musste sich wundern, dass der gängige Marktpreis außerhalb der Stadt schon als Beleidigung angesehen wurde. Er hatte beileibe nicht vor, sich über den Tisch ziehen zu lassen. Der mysteriöse Bauer öffnete wenig später den Speicher, welcher reich Gefüllt mit sauberem Getreide war. Reatinus nickte zufrieden.


    "Da der gängige Marktpreis scheinbar eine Beleidigung ist", sagte er ohne geringste Zeichen von Verunsicherung, "Würde ich sagen, machst Du ein 'angemesseneres' Angebot."