Beiträge von Marcus Flavius Aristides


    Acanthus taxierte die Frau vor der porta der Herrschaften und wußte nicht so recht, was er davon halten sollte. Nein, eigentlich wußte er es schon, Verachtung und Ärger stieg in ihm auf. Warum schickten die Aurelier nicht einen Boten, der auch den Sinn dieser Funktion erfüllen konnte, nämlich eine Botschaft in einer zivilisierten Sprache überbringen? Es war als ob man einen fußlahmen und stummen Krüppel an die porta setzen würde, der als ianitor dienen sollte. Oder beßer, einen tauben ianitor. Acanthus wußte indes nicht, wie er jetzt reagieren sollte. Der erste Impuls von Acanthus war, der Frau die Tür vor der Nase zu zu werfen, wie er das sonst bei Gesindel machte. Aber da es wohl tatsächlich um eine Botschaft an den Herrn Aquillius ging, beherrschte sich Acanthus eisern. Erst dann ging Acanthus auf, warum der Herr dieser Sklavin ausgerechnet sie geschickt hatte. Sie war hübsch, sie konnte kaum Latein sprechen, ergo: sie mußte ein Betthäschen sein, das eine ganz andere Art der Botschaft überbringen sollte, als man sie sonst auf papyrus verfaßte.


    „Sollst – Du – die – Botschaft – persönlich – über – bringen?“
    Deutlich und betont, als ob Acanthus mit einem geistig zurück gebliebenen Idioten sprechen würde, formulierte er die Worte.



    Auf seinem Stuhl zu harren und in den Raum zu starren, dabei nichts zu denken, nur zu sehen, zu beobachten und zu lauschen, das war eine Kunst, die Acanthus perfektioniert hatte in all den Jahren seines Dienstes an der porta. Auch heute betrieb er jenes kleines Spiel. Staubflocken tanzten vor seinen Augen, wie muntere kleine Geisterwesen, die sich an dem goldenen Licht erfreuten, dennoch sah Acanthus sie nicht, noch interessierte er sich für den Schimmer auf dem roten Marmor, der in einem harmonischen Muster sich mit dem weißen Marmor vom schwarzen Meer vereinte. Erst das Pochen an der Tür ließ seinen Geist wieder in seinen Körper zurück kehren, der leere Blick aus den Augen schwand und der ianitor erhob sich, um zur Tür zu gehen und das übliche:
    „Was willst Du?“
    von sich zu geben. Kalt und völlig desinteressiert besah er sich die Frau vor der Tür, eindeutig eine peregrina oder serva, keine vornehme Dame, dafür war ihr Teint zu dunkel. Acanthus lauschte, verstand aber kein Wort.
    „Meinst Du den dominus Flavius A-qui-lius?“
    , sprach er überbetont aus.
    „Die Botschaft kannst Du mir geben!“
    , fügte er an, denn was sie sonst gemeint haben könnte, das verstand er nicht, dafür war ihr Latein zu schlecht.

    In den Wipfeln über ihren Köpfen stoben zwei Vögel auf, ein Amselpaar, das sich zeternd um einige Zweige stritten, die sie auf dem Boden aufgesammelt hatten. Die Amsel mit dem braunen Gefieder schien zu obsiegen und den Vogel mit dem pechschwarzen Gefieder vertreiben zu können, die Zweige zwischen den gelben Schnabel flog der Vogel einige pedes weiter und landete auf einer Schirmpinie, um dort weiter an dem Nest zu bauen, das es in den nächsten Wochen bewohnen würde, bis die Jungen aufgezogen waren und selber flügge wurden, dann würde das Nest verlassen und den Witterungen ausgesetzt sein, bis vielleicht im nächsten Frühjahr ein anderes Amselpaar dort einzog. Marcus hob einen Herzschlag lang den Blick an und verfolgte den Flug des Vogels, er blinzelte kurz und wollte über mögliche Omen und Zeichen nachdenken, kam jedoch nicht mehr dazu, als Epicharis schon etwas anmerkte. Ach herrje, einen Senatorengatten wollte Epicharis also haben? Eigentlich wunderte es ihn nicht, welche römische Frau wünschte sich das nicht, selbst wenn der Senat nur noch ein Schattentheater vollführte und der klägliche Rest von dem war, was er einst darstellte, dennoch war das Prestige enorm und gerade für die Ehefrauen wichtig, wie Marcus glaubte in seiner kleinen bescheidenen Welt und kläglichen Erfahrungshorizonten.
    „So ein Unsinn, junge Dame, als ob ich Dich nicht mehr wollte?!“
    Marcus schüttelte den Kopf, lächelnd und die Hand hebend, um Epicharis sanft über den Rücken zu streichen, er hätte sie mit Sicherheit an sich gezogen und geküßt, wenn sie nicht mitten im Park wären und einige Passanten an ihnen vorbei zogen, die ihnen durchaus neugierige Blicke zu warfen. Marcus wollte schon den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, aber die junge Frau redete bereits weiter, so schloß Marcus den Mund wieder, er machte sonst noch mehr einen reichlich dämlichen Eindruck.
    „Kriegsheld?“
    , murmelte er jedoch leise, während Epicharis ganz von ihren Einfällen und Vorstellungen mitgerißen zu sein schien, Marcus jedoch mehr wehmütig machte. Und zu guter Letzt schaffte es Epicharis noch, jemanden ins Spiel zu bringen, dessen Erwähnung ihn schon dazu brachte, allerlei dumme Dinge zu tun – seine Mutter. Marcus blinzelte verblüfft und sah Epicharis mit einem Schlag verwundert, aber auch etwas mißtrauisch an; hatte gar seine Mutter mit seiner Verlobten bereits Korrespondenz gehalten und sie darauf eingeschworen, was Marcus zukünftiger Weg sein sollte? War am Ende es schon ein abgekartetes Spiel. Er und Senator? Ja, er konnte sich gut vorstellen, wie das war mit seinem Vetter Gracchus in dem Senat zu sitzen, sogar sehr gut...


    ...“Und so sage ich euch, geschätzte Senatoren, daß wir die Getreideversorgung sichern müssen. Dazu müßen wir neue Gesetze ausformulieren! Paragraph Blabla und SoundSo! Oder will mir jemand widersprechen?“
    Ein lautes Schnarchen durchbrach die Stille in dem Augenblick; zahlreiche Köpfe wandten sich zu einem schnarchenden und tief schlafenden Aristides herum, ein verlegen- indigniertes Räuspern von seinem Vetter, Marcus spürte einen Hieb vom Ellbogen in der Seite und erwachte mal wieder in der endlos, langweiligen Senatssitzung.
    „Hm?“
    ...


    ....Ja, Marcus konnte es sich gut vorstellen und es grauste ihn. Er lächelte schief und zuckte mit der Schulter.
    „Ach, ich glaube kaum, daß sie uns als Kriegshelden feiern werden, im Gegenteil, wahrscheinlich werden viele uns noch dafür verantwortlich machen, daß der Kaiser in unseren Reihen verletzt und gestorben ist.“
    Herrje, warum hatte Epicharis nur seine Mutter ins Spiel gebracht? Marcus humpelte etwas weiter und auf eine sonnenüberflutete Lichtung zu, wo sie vielleicht schon die erste Rast machen konnten.
    „Natürlich möchte ich nach Rom kommen...aber in die Politik?“
    Marcus sah Epicharis etwas zweifelnd an. Erst da ging es ihm auf, daß sie eigentlich die Hochzeit ansprechen wollte.
    „Ja, die Hochzeit...ähm, wollen wir vielleicht dort uns hinsetzen?“
    Marcus hob eine Krücke und deutete damit auf die mit Blumen übersäte Wiese.
    „Könntest Du Dir auch vorstellen, einen Soldaten als Ehemann zu haben?“
    , fragte Marcus dann doch, ehe noch mehr Senatsvorschläge und Mutterwünsche kamen.
    „Außerdem habe ich mir überlegt, ob wir vielleicht nach Baiae reisen sollen? Du könntest meine Mutter kennen lernen und die Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Was meinst Du?“

    Es war vollbracht! Sie waren in Rom angekommen, sie waren nun ein Teil der cohortes urbanae und neue Wege taten sich auf. Marcus lächelte zufrieden und nickte dankbar bei den Worten von Hungaricus.
    „Ich danke Dir, praefectus!“
    Daß die Männer noch heute Ausgang haben durften, würde wohl die Meisten sehr freuen, schließlich lockten die Vergnügungen von Rom. Aber auch Marcus würde das nutzen und noch in der heimatlichen villa einkehren, seine Familie sehen und womöglich noch am Abend durch Rom streifen, je nachdem. Marcus salutierte noch einmal vor seinem neuen Vorgesetzen.
    Vale, praefectus!“
    Dann drehte sich Marcus um und verließ das officium, wobei es nicht zu übersehen war, daß er mit seinem rechten Bein humpelte, selbst wenn die Knochen schon wieder zusammen gewachsen war, nur noch Narben seine Haut zierten, so vermochte er sein Knie nicht mehr wie früher zu nutzen.

    Schon wurden neue Gebote in Richtung der Tribüne geworfen als der nächste Sklave vorgestellt wurde und dem interessierten Käufer angepriesen, Sesterzensummen wurden gerufen, nach den Zähne und Gesundheitszustand des nubischen Sklaven, der dort ausgestellt wurde, gefragt, doch Marcus sah nicht zu Bühne, geschweige denn kümmerte er sich noch weiter um das rege Treiben um ihn herum. Er stützte sich auf der Krücke ab, um etwas bequemer in der dichten Menschenmenge zu stehen, die immerhin eine Ellbogenlänge von ihnen noch entfernt war, aber so ein purpurner Streifen des Senator schien durchaus noch seine Wirkung unter den Menschen Roms zu haben. Der Senator schien es hingegen recht sportlich zu nehmen, daß er gerade überboten worden war und nicht nachtragend, was Marcus durchaus erleichterte, er mochte unnötige Konflikte und Kontroversen nicht. Marcus nickte langsam und auch bei der weiteren Bemerkung von Meridius.
    „Die Parzen scheinen mir gewogen zu sein und ich denke, es wir schon besser werden!“
    , erwiderte Marcus mit einem schiefen Grinsen. Daß ihm der medicus prophezeite, daß sein Bein nie mehr so werden würde, wie vor jenem vermaledeiten Tag in Parthia, das erwähnte Marcus nicht, denn er wollte immer noch nicht daran glauben und hoffte weiterhin das Beste.
    „Ich danke Dir!“
    , fügte er an, die Genesungswünsche betreffend.
    „Ich hätte da eine Frage an Dich, Senator. Ich habe schon in Germania, dann in Italien und in Parthia unter legatus Decimus Livianus gedient, auch in der Zeit, als er verschollen ist!“
    Schlimme Zeit, insbesondere da es für die Legion ein schwerer Verlust war, aber - wenn Marcus daran zurück dachte – womöglich schon einer der ersten bösen Omen, die zu dem größten Verlust führten – den Tod des Kaisers.
    „In der Legion hat man eigentlich nichts über ihn mehr erfahren, es wurde schlicht totgeschwiegen. Weißt Du etwas über seinen Verbleib und ob ihn die Parther gefangen genommen haben?“

    Man brauchte schon einen geschichtlichen Schlaghammer, um Marcus die Zusammenhänge deutlich zu machen, die Epicharis ansprach, aber der dezente Hinweis brachte ihm leider nicht die erwünschte Erleuchtung; ratlos musterte er Epicharis und fragte sich, welchen Brand sie wohl gemeint hatte, der – den Göttern sei Dank – immerhin vor auch seiner Geburt lag, die Vierzig hatte er noch nicht erreicht, selbst wenn das nicht mehr lange dauern sollte, was er freilich noch mit großem Erfolg verdrängte. Marcus runzelte einen Augenblick lang die Stirn, aber das war auch sein einziges Zugeständnis seiner Ratlosigkeit; nach einigen Herzschlägen gab er das Grübeln darüber auf, was Epicharis gemeint haben könnte und nickte. Er würde Gracchus fragen und der würde ihn sicherlich erklären, was Epicharis gemeint hatte. Als die Sänfte mit einem Ruck herunter gelaßen wurde, zog ein stechender Schmerz durch Marcus' Bein, selbst wenn er noch nicht lange heute unterwegs war, fühlte er sich dennoch schon ein wenig erschlagen, aber das Fieber, mit dem er um Tod oder Leben gerungen hatte, lag noch nicht viele Tage zurück und hatte ihn deutlich geschwächt, aber er hatte fest vor, es sich heute nicht anmerken zu laßen, nicht an dem ersten Tag im Rom und in Gesellschaft seiner jungen Verlobten. Ein schiefes Lächeln quittierte Epicharis bei ihrer erstaunten Frage und er zuckte mit der Schulter. Den Schah hatte Marcus nie zu Gesicht bekommen.
    „Och...!“
    , meinte Marcus mit einem nostalgischen Unterton. Welcher Mann würde sich nicht gerne der Vorstellung ergeben, sich so rege betätigen zu können – nur daß Marcus die Vorstellung schrecklich fand, sie alle als Ehefrauen zu haben.
    „Wahrscheinlich gar nicht!“
    , fügte Marcus dann an, man mußte nun mal der Realität ins Gesicht schauen, Marcus hätte wohl schon bei einem Zehntel seine Nöte. Es verblüffte immer noch Marcus, wenn er so spontane Zuneigungsbekundungen von Epicharis erhielt, aber er erfreute sich daran, denn es offerierte ihm, daß er wohl nicht ganz zu oft in Fettnäpfchen getreten war.


    Das Tuch der Sänfte wurde aufgeschlagen und Marcus wartete geduldig, daß Epicharis die Sänfte verließ, ehe er vorsichtig sein Bein heraus schwang und mit den Händen etwas nach half, damit das empfindliche Knie nicht gegen einen der Pfosten stieß. Zwei Sklaven griffen ihm unter die Achseln und halfen Marcus auf die Beine, reichten ihm auch gleich die Krücken an und so vermochte Marcus nach der umständlichen Prozedur wieder festen Halt auf römischen Boden zu finden. Er sog die Luft tief in sich ein und betrachtete die Baumwipfel, die grünen Bepflanzungen und den Eingang; auch sah er kurz zu den Sklaven hinüber, sein Leibsklave und die beiden jungen Frauen, die in Epicharis' Gefolge waren. Ein mildes Lächeln glitt über seine Züge; zwei junge, hübsche und angenehme Sklavinnen schienen sie zu sein. Marcus war froh, daß Epicharis so angenehmen Umgang zu haben schien, so etwas tat einer jungen Frau doch sicherlich gut. Erneut schweiften seine Augen über das Stück Grün, den Garten jenes sonderlichen Beraters des Augustus, dem man so allerhand Dinge nachsagte.
    „Nett!“
    , meinte Marcus.
    „Ähm, schön, meine ich!“


    Wirklich einen Sinn für gärtnerische Schönheit hatte Marcus nicht, als junger Mann war er mal von seiner Mutter dazu genötigt worden, sich mit den traditionellen Werten eines Römers zu beschäftigen, sprich, er sollte mal selber einige Pflanzen hegen und behüten, wie es schon Augustus mit Leidenschaft getan hatte. Leider waren alle Pflanzen eingegangen und als braune, traurige Reste geendet. So hatte sogar seine Mutter schnell davon abgesehen, Marcus damit noch länger zu belästigen. Den grünen Daumen seines Bruders hatte Marcus gewiß nicht. Marcus ging einige Schritte, humpelnd freilich und sich auf die Krücken abstützend. So betrat er mit Epicharis an der Seite den Garten und sie wurden gleich eingehüllt in das muntere Zwitschern vieler Vögel, das Summen der Bienen, die die Frühlingssonne heraus gelockt hatte. Gepflegte Wege mit weißen Kieselsteinen schlängelten sich zwischen blühenden Blumen, frisch gesproßenen Sträuchern und hohen Platanen entlang, ein Brunnen plätscherte in ihrer Nähe. Am Wegesrand standen hin und wieder Marmorstatuen.


    Marcus warf seiner Verlobten einen Seitenblick zu. Was meinte sie denn damit? Er sah sie nachdenklich an und blieb einen Moment stehen, denn um Laufen zu können, brauchte er seine volle Konzentration; noch war er nicht sonderlich geschickt mit den Krücken. Er leckte sich über die Lippen und runzelte kurz die Stirn.
    „Ähm...“
    , murmelte er. Sie meinte sicher, was er denn jetzt vor hatte: Politik oder Legion? Militär oder Zivilleben? Marcus zuckte mit der Schulter.
    „Ich weiß es nicht so genau!“
    , gab Marcus schließlich zu. Daß er nach Rom wollte, das war ihm klar, wie er das bewerkstelligen konnte, noch nicht so genau. Marcus ging einige Schritte weiter, humpelnd. Zwischen den Bäumen sah er mal das helle Aufleuchten einer anderen toga, deren Träger durch den Garten spazieren ging in Gesellschaft und mit einigen Sklaven, die ihm ebenfalls folgten. An solch einem Tag suchten auch andere Römer danach, die erfrischenden Gärten zu besuchen.
    „Es erwarten natürlich alle, daß ich bald in die Politik gehe!“
    , fügte Marcus an und blieb wieder stehen. Er sah grübelnd von einem Pinienbaum zu Epicharis und sie ratlos an.
    „Ich denke, ich tauge nicht dafür!“
    , gab er zu, etwas, was ihn erstaunte, denn das würde er sonst höchstens bei seinem Vetter Gracchus tun.
    „Oder meinst Du etwas anderes?“
    , fragte Marcus vorsichtshalber nach.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    ....
    Gut. Ihr wurdet schon erwartet. Du wirst die vierte Centurie der ersten Kohorte übernehmen. Die meisten deiner Männer gehen mit dir, die anderen werden auf andere Centurien aufgeteilt. Der Tribunus Cohortis Urbanae wird euch eure Quartiere zuweisen und euch mit der Castra ein wenig vertraut machen. Hast du diesbezüglich oder wegen etwas anderem Fragen?



    Eben noch waren die Schultern verhärtet, Marcus hatte es noch nicht einmal gemerkt, wie er angespannt darauf wartete, was der praefectus urbi erwiderte, doch schon die ersten Worte brachten die Erleichterung, es würden keine weiteren Hürden folgen, die cohortes urbanae sie nicht aus der castra verweisen; es war für Marcus durchaus ein großes Ansinnen, endlich in der Hauptstadt des Imperiums, Roma, seinen Dienst fortzuführen. Gleichwohl die Erleichterung und Zufriedenheit sich in ihm wegen dieser Tatsache bereit machte, so konnte er nicht umhin auch eine gewiße Ernüchterung zu verspüren: vierte centuria, erste cohors. Es war schon ein Prestigeverlust von der Legion weg zu gehen, aber dann auch noch vom princeps zum princeps posterior degradiert zu werden ganz besonders. Marcus' Nasenflügel erbebten einen Moment, doch die Enttäuschung währte nur in dem Augenblick und für einen Herzschlag, denn die Freude, in Rom angekommen zu sein, überwog die Verdrossenheit über den neuen Rang. Aber das war nun mal das Los, wenn man die Einheit verließ, in der man lange Zeit gedient hatte und an anderer Stelle von Neuem anfangen mußte. Schließlich konnte der PU wohl kaum einen der schon dienenden Soldaten deswegen von dessem Posten entheben und Marcus hatte wahrscheinlich noch Glück, überhaupt einen Posten in der ersten cohors zu erhalten. Außerdem war in endlich in Roma, somit waren die Parzen ihm seit langem das erste Mal wieder wohlgesonnen. Marcus nickte bei den Befehlen und Anweisungen, die ihm Hungaricus gab und schüttelte andeutungsweise den Kopf.
    „Nein, praefectus, ich habe keine Fragen!“

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Stimmt. Es bereitet mir ja höllisches Vergnügen, die Spieler auf jede mögliche Weise zu ärgern. Oder wars, weil ich einfach vergessen habe und mich niemand, nicht mal die, die es angehen würde, erinnert hat? Nein nein, es muß ersteres sein.


    :rolleyes:


    Da tun sich ja Abgründe auf von denen ich nie geahnt hätte :]
    Ja, klar, wenn sich noch nicht mal die Betroffenen melden ist das natürlich auch mit deren Schuld. Ich wollte doch ich auch niemanden den schwarzen Kater zuschieben. Darum ging es ja nicht ;)


    Und zu dem Planbaren: Nun ja, es ist nicht diese Wahl das erste Mal gewesen, daß es auf dem letzten Drücker gewesen ist mit der Debatte. Und das liegt nun mal schon mitunter an der falschen Planung der Termine, nicht nur hier, sondern schon bei den letzten Wahlen. Man schaue sich doch mal die Fristen an.


    Beispiel letzte Wahl:
    25./26.05. ist die Wahl
    Beim Consul kann man sich noch bis zum 18. 05. melden


    Die Wahl davor:
    24./25.02.
    Meldefrist bis zum 17.02


    Da ist es doch kein Wunder, wenn nicht mehr genug Zeit bleibt, eine ordentliche Debatte zu starten. Egal wie flink Du, Hungi, damit auch wärest und es schon am 18.05. um 23.59 gestartet hättest. Es ist einfach zu wenig Zeit zwischen der Meldefrist und der Wahl. Das meinte ich mit meinem eher kurz gefaßten vorigen Beitrag.

    Das verletzte Bein kribbelte, das andere Bein wiederum schien sich nicht zu Wort melden zu wollen, außer, daß es eingeschlafen zu sein schien; Marcus reckte und streckte sich ein wenig und bewegte vorsichtig seine Zehen, auch die unterhalb des Verbandes, ein leises Stöhnen, gepaart mit einem ungeduldigen Laute entfleuchte seinen Lippen; er haßte es krank zu sein, er verabscheute es, eine Verletzung auskurieren zu müßen; es gab viel zu wenig Zeit im Leben und am Besten verbrachte man sie – wenn man schon gerade nicht arbeiten mußte – damit, sie mit Müßiggang und den Freuden des Lebens. Da sein Sohn bereits wieder sich aufmachte, seinem Spiel- und Bewegungsdrang nachzugehen – der Junge schien den ganzen Tag sich rasend durch die villa bewegen zu müßen – wandte Marcus die Aufmerksamkeit von seinem Erben wieder auf die Speisen und die Sklavin, die ihm eigentlich für den Moment hatte Gesellschaft leisten müßen. Doch der Platz auf der Kline war leer, nur eine Mulde zeigte auf den Polstern noch, daß dort vorhin noch jemand geseßen hatte. Marcus blinzelte und sah sich in dem Innenhof um, es brauchte drei Herzschläge, bis er die junge Sklavin sah, die sich offensichtlich wegzuschleichen gedachte. Marcus griff nach den Krücken und erhob sich leise ächzend. Durch die vielen vorigen Tage war Marcus es langsam doch geübt, sich schneller mit den Krücken zu bewegen, weswegen er mit wenigen schwingenden Humpelschritten der Sklavin gefolgt war. Direkt hinter ihr blieb Marcus stehen und betrachtete die Haltung der Sklavin, die wirklich einer Maus oder einem scheuen Reh sehr ähnlich war, das vor dem Jäger in verängstigter Haltung erstarrt war. Ein amüsiertes Grinsen zog über Marcus Gesicht.


    „Mir dünkt...“
    , begann Marcus.
    „Mir dünkt, Dir gefällt die Auswahl der Speisen nicht!“
    Mit dem Kopf schüttelnd zuckte Marcus mit den Schultern. Was sollte man machen, die meisten Sklaven waren nun mal Banausen – wenn nicht sogar Kulturbanausen.
    „Aber das ist doch noch lange kein Grund sich davon zu stehlen, hm?“
    Marcus stützte sich auf den Krücken ab und umrundete die Sklavin; vor ihr blieb er stehen und lehnte sich auf die linke Krücke. Mit der rechten Hand griff er unter das Kinn der Sklavin und hob ihr Gesicht an, um ihr prüfend in die Augen zu sehen. Seine Augenbrauen wölbten sich in die Höhe und nach einigen Herzschläge ließ er seine Hand wieder sinken.
    „Du kannst gehen, puella! Und richte dem Vater des Kindes meine Glückwünsche aus, es wird mit Sicherheit ein hübsches Kind werden!“
    Schon ließ Marcus ab von der Sklavin und stützte sich auf seine Krücken, um langsam davon zu humpeln; hinein in die villa der Flavier und zu dem oder der, was ihn in seinem Zimmer erwartete.

    Vielleicht könnte man demnächst mal die Senatsdebatte und Kandidatenbefragung etwas früher anfangen, drei Tage vor der Wahl ist ja eigentlich ein Witz. Es sollte schon zwei Wochen vorher sein, was natürlich die Fristen nach vorne verschiebt, aber das ist ja alles planbar ;)

    [SIZE=7]Ach herrje, der Wonnemonat Mai, eindeutig.[/SIZE]


    Hungi, alter Knabe*, alles, alles Gute zum Geburstag wünsche ich Dir. Auf eine erfolgreiches und frohgemutes Lebensjahr. :)



    [SIZE=7]* Darf man sagen, wenn man sich im ähnlichen Alterspektrum bewegt. [/SIZE]

    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    Ich sage gleich auch schon mal vorträglich Bescheid - am Wochenende steht wieder ein LARP-Con an, ich werde also ab Freitag bis Sonntagabend nicht online sein. Ob ich davor noch groß zum Schreiben kommen werde, kann ich nicht versprechen - ist noch zuviel vorzubereiten ;)


    Mein verehrter Vetter hätte es wahrlich nicht treffender sagen können, denn haargenau das gleiche gilt auch für mich. Bis Sonntag dann. :wink:

    Einige Herzschläge lang musterte Marcus die Maserung der Tür, ein Astloch, was es als Muster in das Holz geschafft hatte, die Ringe, die so typisch für dieses Material waren, als schon das Herein zu hören war, Marcus blinzelte einige Momente, dann raffte er noch mal seine Schultern in die Höhe, klemmte den Helm fester unter seinem Arm und öffnete die Tür. Sogleich trat er auch in das officium und einige Schritte in dem Raum hinein, nicht ohne die Tür vorher zu schließen. Von draußen konnte Marcus die Stimmen von Soldaten hören, zudem ein Hämmern, das wohl von einem Soldaten stammte, der gerade etwas reparierte. Den Mann vor sich kannte Marcus nicht, zumindest erinnerte er sich nicht daran, ihm jemals begegnet zu sein, doch das war das officium des praefectus urbi, darum nahm Marcus an, daß es sich wohl um Vinicius Hungaricus handeln mußte. Marcus schlug die Faust gegen die Rüstung auf seiner linken Brustseite und salutierte vor dem praefectus.


    Ave, praefectus!“
    , fügte Marcus hinzu.
    „Ich bin centurio Flavius Aristides von der legio Prima! Ich bin hier, um Dich zu ersuchen, mich, und ein paar Männer meiner Einheit, samt meines optio, bei den cohortes urbanae aufzunehmen.“
    , erklärte Marcus sein Anliegen.
    „Der praefectus castrorum, Artorius Avitus, hat einer Versetzung zugestimmt, praefectus! Hier die Versetzungsurkunde, praefectus!“
    Marcus reichte die Urkunden an Hungaricus, wo auch die Namen von denen Soldaten standen, die bei den cohortes urbanae nun ihr neues Heim finden sollten, unter anderem er selber, sein optio Decimus Serapio und einige andere Männer*.




    * NPCs, die schon bespielt wurden und mitgenommen werden sollen.

    Am frühen Nachmittag war es dann so weit, erst waren sie - Marcus und die folgenden Soldaten - in der castra angekommen, ihrem neuen Heim für die nächste Zeit, dann galt es, die Versetzung auch bei der CU fest zu machen. So hatte Marcus seine besten Legionssachen angezogen, sein calo hatte noch mal sorgfältig Helm und Rüstung poliert, ehe Marcus sie sich über die rostrote Soldatentunika gezogen hatte, sein cingulum militare glänzte auch prachtvoll, das Schwert war auf die Seite geschnallt, dort, wo sie nur die centuriones trugen, dann hatte er sich seinen dunkelroten Umhang übergeworfen und war schließlich losmarschiert, wobei sein Kinn noch etwas juckte von der Rasur, die ihm ein anderer Sklave noch verpaßt hatte. Die principia zu finden war wahrlich nicht schwer und auch das officium des praefectus urbi nicht. Marcus blieb einen Augenblick davor stehen und atmete tief ein, aber er war fest entschloßen und hatte bisher noch nicht seine Entscheidung bereut. So hob er die Hand und klopfte gegen die Tür.

    Ein Blick auf die soliden Mauern geworfen, die nun seit vielen Generationen schon in Rom standen, seitdem Tiberius die Verlegung und Stationierung erlaubt hatte, und Marcus beschlich doch einen Moment lang ein mulmiges Gefühl, schließlich lagen nicht nur die cohortes urbanae hinter jenen Mauern, schon manch ein Senator war hier her verschleppt worden, manche gar hingerichtet. Marcus verengte einen Herzschlag lang seine Augen, so daß ihm der Gruß völlig entging, ehe er dann wieder zu dem Soldaten sah. Schon wurden die Tore geöffnet und Marcus sah sich zu den Männern hinter ihm um, die er mit einem Nicken aufforderte, ihm in die castra hinein zu folgen. Die Schultern aufgerichtet und festen Schrittes marschierte Marcus nun in die Mauern hinein, die für die nächste Zeit die Umgrenzung seiner neuen Arbeits- und Wohnstätte darstellen würden. Ein neuer Schritt in eine andere Zukunft, und dieser war ganz leicht zu tun, schon war Marcus in die castra praetoria hinein marschiert und folgte der Lagergaße, die zu dem Teil der CU führte.

    Die Sonne strahlte bereits am Firmament als weitere schwere Schritte sich mit dem Lärmen der Straße vermischte, ein Trupp von Soldaten kam den Weg entlang, Kind und Kegel war noch in der Stadt unter gebracht worden, Pferde und Wägen in den Ställen am Straßenrand abgestellt und nun waren es nur noch die Soldaten, die sich aufgemacht hatten, um zu dem Kastell der cohortes urbanae zu marschieren. Klack, klock, klack, die genagelten Sohlen hallten laut in den Straßen wieder. Marcus ging den Soldaten zwei Schritte voraus und hielt den roten Umhang über seinen Arm gelegt; es war einfach zu heiß an jenem Tage, um in der dicken paenula aufzutreten, schon unter dem Helm, den Marcus trug, schwitzte er enorm, aber wenn er es mit manchen Tagen in Parthia verglich, war das noch ein vergnüglicher Frühlingsspaziergang. Als das Tor auftauchte, blieb Marcus einen Moment stehen, das waren sie also, die cohortes urbanae – der Ort, an dem Marcus die nächste Zeit dienen würde, bis das Schicksal es anders entscheiden würde. Marcus hob die Hand und wischte sich über die Stirn hinweg und sah von den Toren wieder zu den Häusern der Stadt, die sich in verworrenen und verwinkelten Gaßen anordneten, ein undurchdringliches Gewühl zu bilden schienen, undurchschaubar für Fremde und doch vertraut für Marcus; es war zwar nicht Baiae, aber dennoch auch sein Zuhause, denn seine übrige Familie lebte hier, in Roma. Mit festen Schritten überwand Marcus auch noch die letzten pedes bis zum Tor und den davor stehenden Soldaten, die das Kastell bewachen sollten. Marcus nickte einem der Männer zu.


    „Salve, miles! Ich bin centurio Flavius Aristides von der legio Prima. Das sind Männer aus meiner Einheit. Wir wurden als Verstärkung zu den cohortes urbanae versetzt. Ich bitte darum, paßieren zu dürfen!“
    Ein Blick auf den Soldaten hatte Marcus gezeigt, daß jener vom Rang niedriger als er war.

    Sanft breitete sich das Licht der Sonne über den Hügeln von Mantua aus, der Boden war noch feucht von dem langen Regen, der seit zwei Tagen die Stunden der Soldaten getrübt hatte, doch nun hatte der Regen aufgehört; zwischen den Wolkenresten bereitete sich der rosige Glanz aus, den die Sonne erzeugte, als sie langsam über den Horizont stieg und das Land mit ihrem milden Licht zu liebkosen begann. Unter seinen Füßen schmatzte der Schlamm, der sich in den letzten beiden Tagen gebildet hatte, als Marcus auf das Tor zuging, in voller Rüstung, mit seinem besten dunkelroten Umhang, den polierten Helm unter den Arm geklemmt und die Augen auf den dämmernden Horizont gerichtet; ihm folgte ein Muli, der mit seinem Gepäck beladen war, ebenso einige seiner Sklaven und sein Pferd. Die restlichen Dinge, die sein Besitz waren, waren auf einem Wagen geladen, der ebenso folgte. Schweigend trat Marcus auf ein Stück intervallum vor den Toren und ging auf die Soldaten zu, die bereits in dieser frühen Stunde warteten. Marcus nickte den Männern zu, die in Marschbereitschaft der Dinge harrten, die auf sie zu kommen würden; er sah in bärtige, schon vom Leben gezeichnete Gesichter, aber auch in die von jungen Männern, die gerade wenige Jahre ihren Dienst in der Legion taten.


    „Guten Morgen, milites!“
    , grüßte Marcus sie und lächelte einen Herzschlag lang. Mit seinen Augen suchte Marcus die Männer ab, zählte sie und überprüfte, ob alles bereit war.
    „Marschgepäck aufnehmen, Soldaten!“
    , befahl Marcus schließlich und setzte seinen Helm dabei auf, mit beiden Händen befestigte er den Riemen unter seinem sauber rasierten Kinn, dann trat er auf das Tor und den wachhabenden Soldaten zu, centurio Bruseus harrte dort, mit einem Salut gegen die linke Brust schlagend blieb Marcus vor ihm stehen, ernsthaft und mit erhobenen Hauptes.
    centurio Bruseus, melde mich und meine Männer vom Lager ab.“
    Bruseus starrte stumm auf Marcus, dann hob er seine Faust und schlug sie gegen seine linke Brustseite.
    „Du und Deine Männer können paßieren, centurio!“
    Marcus spürte erneut die Melancholie aufsteigen, er schluckte einen Moment, unter der Haut seines Kehle sprang der Adamsapfel in die Höhe.
    „Alles Gute, Bruseus!“
    Der ältere centurio, der in den nächsten Tagen auch seine Entlaßung aus der Legion erwirken würde, nickte ernsthaft.
    „Dir auch, centurio! Auch Deinen Soldaten!“
    Marcus nickte, dann wandte er sich ab, während er die dunkle und kräftige Kasernenhofstimme von Bruseus vernahm:
    „Öffnet das Tor!“


    Marcus spähte in das Morgenlicht, das sich über dem Horizont ausbreitete, ein sanfter roter Ton, der immer mehr von den Wolken auffraß, die doch so schwer und bleiern in den letzten Tagen über Mantua gehangen haben. Nun war es an der Zeit, auszuziehen aus der Legion und der Prima den Rücken zu zu kehren. Marcus betrachtete die Palisaden, auf denen er so oft Wache geschoben hatte, er sah zu dem Wachturm, in dem er oft gewürfelt hatte mit den anderen Soldaten und Marcus seufzte schwer. Er hätte nie geahnt, wie schwer es ihm fiel, die Prima zu verlaßen und der Legion den Rücken zu zu wenden. Langsam ging er zu dem Trupp von Soldaten, die ihn nach Rom begleiten sollten.


    „Abmarsch, Männer!“


    Marcus ging den Männern voraus und trat durch das Tor, nicht ohne noch seinem Mitcenturio zum Abschied zu grüßen. Vor dem Tor wartete schon der Troß, der so manch einen der Männer begleiten würde, inoffizielle Ehefrauen, Kinder, Sklaven, Haus- und Hoftiere, Wägen, sprich, eine kleine illustre Gesellschaft. Marcus wartete, bis sich der Trupp an Soldaten und Zivilisten sortiert hatte, er ließ sich die Zügel seines Pferdes reichen und schlug den Weg ein – noch zu Fuß – in Richtung Rom. Obwohl die Morgensonne wunderschön auf das Kastell der Prima schien, sah Marcus nicht noch ein weiteres Mal zurück.