Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    [Blockierte Grafik: http://img366.imageshack.us/img366/8029/appius2vq9.jpg| Appius Carteius Cirenthius


    Mit einem Nicken kommentierte Appius die Worte von Tacitus, ja, das klang wahrhaftig wahr, Mütter waren eben Mütter und oftmals schwer zu verstehen, gerade für ihre Kinder. Die frische Luft tat Appius zwar gut, aber eine abscheuliche Übelkeit machte sich in seinen Gedärmen breit. Dennoch betrachtete er immer noch mit Freude das Schild. Zwar begann langsam in seinem Geist sich auch die vollen Konsequenzen seiner Entscheidung – die er jetzt auch getroffen hatte! - zu entfalten, denn er würde damit völlig auf seinen eigenen Füßen stehen und mußte alle Entscheidungen alleine treffen, dennoch wollte er das als eine große Gelegenheit ansehen. Noch einmal strich Appius mit seinen Fingerspitzen über das Holz, was ein Meilenstein zu seiner neuen Zukunft darstellte und sah zu dem jungen Soldaten. Den Kaiser auf dem Forum sehen? Das wäre auch für Appius eine große Freude und vielleicht würde er jetzt – wo er nach Rom ziehen würde – das auch erleben können.


    „Wenn Du in Rom bist, dann komme bei mir vorbei und wir versuchen gemeinsam den Kaiser zu erspähen!“
    , gab Appius ganz mutig – entgegen seiner sonst mehr zurückhaltenden Art – von sich. Er merkte das auch sofort und fing an, verlegen mit der Fußspitze in der Erde neben dem Schild zu graben. Oh, oh, und schon begann es wieder um ihn herum zu schaukeln, wie in einem Sturm, dem Sturm, den er tatsächlich auch erlebt hatte, als sie nach Parthia gezogen sind, wohl einer der gefährlichsten Momente seines Lebens, die Gefahren des Krieges waren ja auch an ihm vorbei gegangen. Verblüfft blinzelte Appius schließlich als er die weiteren Worte von Appius vernahm; nur wenige hätten es so verdient wie er? Da wurde Appius, der solche Worte doch nicht gewöhnt war, ganz und gar verlegen, er hob die Hand und kratzte sich verlegen an der Nase, womöglich war sogar ein wenig Röte in sein Gesicht gestiegen, aber es war ja Nacht und in dem Halbdunkel war das sicherlich schwerer zu erkennen.
    „Danke!“
    , murmelte Appius.
    „Ja, ich laße Dir dann die Adresse zukommen, Valerius! Versprochen! Ansonsten wünsche ich Dir viel Erfolg in der Legion und daß die Götter Dir stets gewogen sind.“
    Noch etwas verschämt und schüchtern hob Appius die Hand zum Abschied.
    „Auf Wiedersehen und eine gute Nacht noch!“
    Appius sah dem Valerier noch einen Moment hinter her, ehe er selber schwankend und vom Wein benebelt in seine Unterkunft zurück kehrte. Das war wirklich ein denkwürdiger und entscheidungsträchtiger Abend in Appius' Leben gewesen, den er gewiß nicht mehr vergeßen würde.


    - Finis! -



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    [Blockierte Grafik: http://img366.imageshack.us/img366/8029/appius2vq9.jpg| Appius Carteius Cirenthius


    Sichtlich aufgeregt lauschte Appius den Worten von Tacitus, wie ein Verdurstender in der staubtrockenen Wüste hing er mit den Augen an den Lippen des jungen Soldaten, der – wie noch keiner in seinem Leben zuvor – Appius Mut machte und ihm eine neue Perspektive für sein Leben eröffnete, die womöglich ihm das Quäntchen Glück schenken konnte, welches er schon sein ganzes Leben lang gesucht hatte. War er nur bereit auch die Legion zu verlaßen und einen neuen und unbekannten Pfad im Gebirge des Lebens zu erklimmen? Langsam, aber immer deutlicher tauchte ein Ja vor Appius' Augen auf, doch er nickte erst nur schwach. Was Mütter betraft, so war Appius nicht mit großer Weisheit gesegnet, schon seine eigen Mutter hatte er nie verstanden, sie war ihm auch eine viel zu laute Frau. Grübelnd hob Appius seine Hand und rieb sich an seinem Kinn, während er darüber nachdachte, was er erwidern konnte. Ein verlegenes:
    „Vielleicht...öhm...Mütter haben ja ihre eigene, oft unverständliche Art, das Beste zu meinen!“
    Was er damit meinte, das verstand Appius selber nicht, aber die Flucht lag in der nächsten Frage von Tacitus – der Kaiser, den Göttern sei Dank, mit dem kannte er sich beßer aus, natürlich nicht mit der Person des neuen Kaisers, vielmehr mit Amt und Würde.


    „Also, während Deiner Grundausbildung wird – wenn es nicht eine große Ausnahme sein wird – Dir wohl der Freigang noch verwehrt sein, auch nach Mantua wirst Du nicht gehen dürfen, es sei denn, Dein centurio entscheidet anders. Ob Du später nach Rom reisen darfst, hängt dann auch von Deinem centurio ab, manche gewähren das, viele jedoch nicht, es sei denn...“
    Appius hob seine Hand und rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander.
    „...es sei denn, die kleine Zuwendung stimmt.“
    Etwas, was Appius nun mal nicht anders kannte, seitdem er in der Legion war und es für normal hielt, nur, daß bis jetzt die Meisten vergaßen, auch mal eine solche Zuwendung ihm zukommen zu laßen, aber wer wollte schon etwas von ihm im regulären Dienst, niemand.
    „Aber so unwahrscheinlich, daß der Kaiser der Prima einen Besuch abstatten wird, halte ich es nicht, schließlich wird sich der Kaiser sicherlich der Loyalität der Legion sichern wollen, die in den letzten Stunden seines Vaters an dessen göttlicher Seite und für ihn gekämpft hat. Also denke ich mal – aber versprechen kann ich es nicht! - daß er womöglich nach Mantua reisen wird, sobald er sich in Rom etabliert hat.“
    Das wäre natürlich für Appius ein Grund länger zu bleiben, aber er war sich sicher, daß er niemals den Kaiser aus wirklicher Nähe sehen durfte, er war schließlich nur ein Bürohengst und in der Hierarchie ziemlich weit unten, zudem wohl kaum einer der repräsentablen Soldaten. Aber womöglich gehörte ja Tacitus dann zu den Auserwählten, dem jungen Soldaten würde Appius das von Herzen gönnen, ansonsten wohl niemandem in der Legion.


    Die kühle Nachtluft vermochte das dusselige Gefühl von Appius etwas zu mindern – er hatte einfach zu viel Wein für seine Verhältnisse getrunken – so daß er einigermaßen ruhig die Schilder hoch halten konnte; ein Strahlen glitt über die Züge von Appius – es sah zwar etwas komisch aus, weil die Gesichtszüge von Appius dabei immer noch verkrampft waren, er war das Lachen oder Lächeln einfach nicht gewöhnt – aber er fühlte schon etwas, was dem Glück nahe kam, denn auch er mochte das Schild am Liebsten, seine Drusilla hatte schließlich dafür Modell gestanden, beziehungsweise gelegen.
    „Findest Du wirklich?“
    , fragte Appius sicherheitshalber nach und meinte gleich, wie von der Ballista geschoßen.
    „Dann nehme ich es! Es ist auch mein Lieblingsschild!“
    Die sonst kalten Augen des Rekrutierungsoptio fingen an, zu leuchten und ein sehr seltener – lebhafter! - Glanz trat an die Stelle, wo sonst nur Frost, Distanz und das stille Beleidigt-Sein seinen Platz gefunden hatte.
    „Danke, Valerius, ich denke, Du...“
    Appius zögerte, die ersten Worte waren ihm aus einem – für ihn unerklärlichen Impuls – heraus gesprudelt.
    „... hast mir sehr geholfen!“
    , fügte er etwas kleinlauter an, aber langsam schwand doch die Sorge, daß Tacitus über ihn lachen würde, irgendwie hatte er Vertrauen zu dem Valerier gefaßt.
    „Ich werde gleich morgen um meine Entlaßung bitten.“


    Appius bückte sich und stellte das Schild ab, als er sich wieder aufrichten wollte, fing alles um ihn herum an zu drehen, wie auf einem Schiff, daß in einen Meerwirbel gekommen war und nun auf die Tiefen des Ozeans gerißen werden sollte. Appius schluckte und griff schnell nach der Hausmauer neben ihm und dann kam sie – die Übelkeit – die ihn nicht erst am Katermorgen erwartete, sondern schon nach dem Konsum des Weingenußes, jedes Mal war das so gewesen, wenn Appius beim Wein über die Strenge geschlagen hatte.
    „Oh...!“
    , murmelte er.
    „Mir wird gerade etwas mulmig. Vielleicht...sollte ich mich etwas hinlegen!“
    Appius war mit einem Schlag weiß im Gesicht geworden mit einem grünlichen Ton um die Nase. Doch Appius wollte natürlich nicht einfach unhöflich davon eilen und sich seiner Unpäßlichkeit ergeben.
    „Valerius, ich möchte Dir danken, danken für alles, ich glaube, Du ahnst gar nicht, was Du heute für mich getan hast. Wenn ich den Laden in Rom eröffne, dann mußt Du mich unbedingt dort besuchen kommen. Also...ich meine, Du bist jederzeit eingeladen und wenn Du etwas brauchst, dann sage mir ruhig Bescheid, ja?“
    Appius sah Tacitus ernsthaft, etwas blaß, aber dankbar an.





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    [SIZE=7]Eis in Tarraco? Das klingt ja schon mal nach guten Vorsätzen für die nächste Zeit. [/SIZE]


    Dies natalis est, dies natalis est, gratulamur care Macer, dies natalis est.*


    Alles, alles Gute zum Geburtstag =)






    [SIZE=7]*Für eventuelle Lateinfehler, lesen sie die Packungsbeilage oder Fragen sie ihren Lateinlehrer oder Historiker.[/SIZE]

    Die Sonne brannte in seinem Nacken; Marcus spürte, daß er sicherlich noch am Abend einen ausgeprägten Sonnenbrand bekommen würde. Einige Male blinzelte er, um die Schweißtropfen, die in seinen Augenwinkeln brannten, zu vertreiben. Dabei dachte er darüber nach, welche Welten doch aufeinander trafen; die der Verwaltung und all der vielen zivilen Römer und die des Militärs; denn Marcus könnte sich nie im Leben vorstellen, den Weg einzuschlagen, den Modestus gewählt hatte, aber Marcus konnte es sich gut für seine Vettern vorstellen, die auch mehr für zivile und religiöse Bereiche talentiert waren und – wie Marcus glaubte! - weniger für den Dienst in der Legion, insbesondere den eines normalen Soldaten – der Weg, den Marcus damals gewählt hatte. Marcus nickte jedoch, selbst wenn sie unterschiedliche Wünsche hatten, so waren er und Modestus sich gar nicht mal so unähnlich, wie es Marcus schien.


    „Jedem das Seine oder wie auch immer das noch heißt!“
    , meinte Marcus lächelnd.
    „Aber ich denke, wir verstehen uns dahingehend doch recht gut!“
    , fügte er gleich darauf an, so wie es ihm eben noch durch den Geist gegangen war, der Gedanke.


    Was die Auszeichnungen anging, da zuckte Marcus mit der Schulter – er hatte Anderes gehört, eben von Soldaten, die in der Heimat oder im friedlichen Kastell genau dieselben Auszeichnungen erhalten hatten, wie die Soldaten an der Front, die zwei Arm- oder Halsringe eben, nichts, womit man sich sonderlich rühmen konnte und den mehr lächerlichen Titel Held von Circesium würde Marcus niemals in den Mund nehmen, nein, die Nacht war zwar riskant und dann doch mit hohem Gewinn gewesen, aber nun mal eine schlecht befestigte Stadt und wenig mit Soldaten bevölkerten, alte Männer und Jünglinge eben. Aber so war es eben und auch kein Grund, sich lange darüber zu beklagen, Marcus tat den Dienst nicht der Auszeichnungen wegen – zumindest spielte das mehr oder minder eine unwesentliche Rolle. Daß Modestus jedoch in kurzer Zeit viel an Reputation gewinnen wollte, das war für Marcus mehr als verständlich.


    Subpraefectus der Vigilen? Praefectus?“
    Das klang tatsächlich nicht schlecht, aber Marcus selber hatte sich wenig Gedanken noch darum gemacht, aber das würde er in den nächsten Tagen gewiß noch tun.
    „Nun, ich werde sehen, welche Verantwortung mir der Kaiser – also, wenn er mal in Rom eingetroffen ist – zugestehen würde, aber dafür muß ich wohl nach Rom. Na, mal sehen, darüber zerbreche ich mir in nächster Zeit den Kopf!“
    , sprach er und steckte sein Schwert zurück in die Schwertscheide. Marcus wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn – ja, Holzschwerter waren in der Tat wohl beßer und Marcus wußte natürlich, wo sie zu finden waren, schließlich hatte er sie oft genug den probati gegeben, damit sie mit den schweren Schwertern die ersten Erfahrungen machen konnten.


    „Einen Moment, ich hole welche!“
    , meinte er zu Modestus und wandte sich ab, schon verschwand er, wenn auch nicht aus dem Sichtfeld, und kam kurze Zeit später mit den Übungsschwertern zurück, von denen er eines an Modestus weiter reichte. Noch ehe Marcus sein Schild ergriff, nahm er noch einen tiefen Schluck von dem Wasser aus dem Holzeimer und ließ etwas von dem Wasser aus der Schöpfkelle über seinen Kopf und Nacken rieseln, ehe er sich wieder dem tribunus zu wandte und das Schild anhob. Sogleich ging Marcus in die Grundstellung, wie er es den jungen Soldaten immer bei brachte, und seit vielen, vielen Jahren selber praktizierte - linkes Bein etwas vor und an das Schild gedrückt.
    „Bereit?“
    , fragte Marcus.

    Verstehe einer die Welt, oder beßer: Verstehe einer die Welt, die sich der Legat konstruierte und die Marcus nicht ganz nachvollziehen konnte, das Ganze war durchaus etwas merkwürdig, aber sehr bezeichnend für das, was er selber schon in der Prima erlebt hatte, seitdem Vitamalacus das Kommando übertragen bekommen hatte; die Überlegung zeigte durchaus der Gesichtsausdruck, den Marcus zog, gleichwohl man es mit der Mimik während des konzentrierten Schlagens mit dem Schwerte verwechseln konnte. Ein officium als Arbeitsplatz war jedoch für Marcus wenig erstrebenswert, er hätte wohl lieber noch mal die Grundausbildung gemacht und die Zeit auf dem campus verbracht, statt hinter einem Stapel von Schriftrollen, wo er schon nach drei Rollen schreckliche Kopfschmerzen bekommen hätte – die Zeichen verschwammen meist bald vor seinen Augen, wenn er viel Lesen mußte. Aber hätte sich Marcus genauer an seine Grundausbildung zurück erinnert, die er ja teilweise auch bei dem Tiberier absolviert hatte, ehe dann Avitus sie doch recht schnell übernommen hatte, so hätte Marcus bestimmt erahnt, wie anstrengend das war, wenn man so ein Training nicht gewöhnt war.


    Schritt zurück, Grundstellung, das Knie gegen den Weidenschild gepreßt, mit dem Schwertarm vor und erneut auf den Pfahl eingeschlagen, schwer atmend ließ Marcus das Schwert für einen Moment sinken, ein Feind hätte diesen Augenblick sicherlich genutzt, um ihn tödlich zu verletzen, aber der Pfahl rührte sich freilich nicht einen Zoll.


    „Es ist schade, daß Dir das Militär so vergällt wurde, tribunus! Vor einigen Jahren hätte ich wohl ähnliches wie Du gesagt, es war nicht mein größter Traum in die Legion einzutreten - oder überhaupt mein Wunsch! -, doch mittlerweile kann ich mir ein Leben ohne Militärdienst nicht mehr vorstellen, es ist meine zweite Haut geworden.“
    Was er auch Männern wie Livianus und Avitus verdankte, ebenso Plautius.
    „Der Neunzehnte?“
    , murmelte Marcus und dachte nach, ach, das war ja schon recht bald. Schade war es, daß der Tribun so wenig hatte lernen können bei der Prima, selbst wenn Marcus bei dem Mann durchaus sah, daß er eben lernen wollte und Erfahrungen sammeln – wie launisch doch das Schicksal und das Leben mit solchen Männern war; bei der Secunda wäre der Annaeer sicher besser aufgehoben gewesen als bei der Prima.
    „Na, mit Auszeichnungen wird beim Militär gegeizt, tribunus! Im Krieg gegen die Parther haben wir gerade mal zwei Auszeichnungen erhalten, die jeder Soldat in der Heimat zur selben Zeit auch bekommen hat!“
    Marcus zuckte mit der Schulter.


    Nun sank auch der Arm mit dem Schild herab, als Modestus die Frage an ihn richtete; ohne daß jener es wohl ahnte, hatte er doch einen Punkt getroffen bei Marcus, der in letzter Zeit oft empfindlich gerieben wurde, selbst wenn Marcus nicht zu der Sorte hoch ehrgeiziger Männer gehörte; Marcus verzog ein wenig das Gesicht und ließ das Schild sinken, sah über den campus hinweg und leckte sich über die trockenen Lippen ehe er antwortete.


    Primus pilus? Wenn, müßte ich zu einer anderen Legion wechseln und da besteht dann keine große Aussicht, daß ich das noch zu meinen Lebzeiten erreiche! Hier in der Prima steht mir der Weg nicht offen, das hat sich schon deutlich gezeigt...und selbiges gilt auch für den praefectusposten!“
    Marcus zuckte mit der Schulter, selbst wenn seine Miene auch eine Mischung aus Ärger und Frustration zeigte.
    „Ein Posten in Rom würde mir gut gefallen...aber das steht auch alles noch in den Sternen...oder in Fortunas' Händen!“
    Marcus sah von den anderen trainierenden Soldaten zu Modestus.
    „Wie wäre es, wenn wir den Pfahl Pfahl sein laßen und uns mit den Waffen ein wenig meßen, tribunus?“

    Aus dem Vollen schöpfte Marcus als er an der Tafel, die schon reichlich gedeckt war, sich bediente, aber er hatte auch wieder seinen alten Appetit wieder gefunden, selbst wenn Epicharis schon die ersten Versuche gemacht hatte, ihn auf Diät zu setzen; aber da würde wohl noch viel Arbeit bevor stehen und sich in den Essensgelüsten zurück zu halten, das hatte Marcus gewiß nicht vor. So leerte er bereits die erste Platte mit kleinen Käseköstlichkeiten – gefüllte Oliven, gestopfte Eier, heißes Brot mit geschmolzenen Käse – der Gaumen wurde erfreut. Dabei sah er Aquilius ratlos an, denn er hatte nicht den blaßesten Schimmer, was Aquilius gerade gesagt, beziehungsweise gemeint hatte. Man kann nicht ändern, was der Mensch selten ändert? Aber was hatte das mit den dunkelhäutigen Schönheiten zu tun, die Aquilius als Vergleich heran zog – sprich, die Verschachtelung des Satzes und der komplexe Gedankengang dahinter, der entzog sich dem armen Marcus gänzlich, dementsprechend zog Marcus auch eine bedröppelte Miene. Ein etwas ratloses: „Öhm!“, entfleuchte seinen Lippen, ehe er die Verwirrung einfach mit einem großzügigen Schluck von dem harzig-würzigen Wein herunter schluckte. Aber ein seliges Lächeln schlich sich doch auf das Gesicht von Marcus, denn selbst wenn ihm der Sinn der Worte entgingen, erinnerte es ihn an einen der vorigen Tage, wo er jener ausgeprägten Leidenschaft frönen konnte mit einer dunkelhäutigen Sklavin, Sokhana, Sokhna, Marcus war der Namen schon wieder entfallen, aber ihre füllige und üppige Statur, die würde er gewiß nicht vergeßen.


    Mit einem schiefen Grinsen quittierte Marcus die Worte von Aquilius und nickte, als dieser von seiner Verlobten sprach: Prisca hieß sie also, nicht, daß es Marcus etwas sagen würde, aber Prisca war auch kein Name, den es selten in Rom gab, dennoch meinte er nicht, eine Aurelia Prisca zu kennen, noch von ihr bis dato gehört zu haben, aber der dümmlich-selige Gesichtsausdruck, den Männer immer dann zogen, wenn eine Frau sie gehörig um ihren Finger gewickelt hatte, sah er deutlich bei Aquilius, zumindest bildete sich Marcus das ein, aber wenn er in den Spiegel sah, würde er wohl bei sich einen ähnlichen Ausdruck erkennen können. Breit grinsend und abwinkend mußte Marcus jedoch seinem Vetter widersprechen.


    „Na, na, na, Caius, sprich nicht so von unserer Familie, wir sind doch schließlich kein Kind von Traurigkeit, wirklich nicht, nicht wie die Clau...ähm...“
    Ein Seitenblick zu Gracchus, der ja auch mit einer Claudierin verbunden war, ließ ihn den Vergleich wieder im Munde entschwinden. Außerdem ging Marcus auch auf, daß Epicharis ebenso kein Kind von Traurigkeit war, sondern eine fröhlich-leichte Liebenswürdigkeit besaß, was sie nicht von ihrem Vater haben konnte, es sei denn, Marcus hatte sich gehörig in dem Mann getäuscht.
    „...also, wirklich nicht, gerade die Flavier wißen doch zu leben. Wirklich!“
    Was Marcus mit einem gut gelaunten Lächeln und seinem gesunden Appetit unterstrich.
    „Prisca also...nun, dann bin ich schon gespannt, was Du uns in die villa holen wirst!“
    , sprach er und aß ein Stück Brot, breit grinsend.


    Etwas zögernd sah Marcus dann von einem Vetter zum Anderen, ganz sicher, ob er nicht doch ein Fettnäpfchen mit voller Wucht getroffen hatte, das war Marcus nicht, aber die Reaktionen der Beiden schienen das nicht zu bestätigen, so winkte Marcus nur ab.
    „Ach, nichts!“
    , murmelte er und sah seinen Vetter Gracchus nun doch etwas länger und nachdenklich an; doch, er war blaßer als noch bevor Marcus in den Krieg gezogen war und ausgemergelt schien er auch zu sein, all die Pflichten, all die Sorgen um die Familie schienen Gracchus sehr mit zu nehmen, samt der Ämter, dem Ruf der Politik und ähnlichen lästigen, aber höchst römisch-tugendvollen Dingen. Marcus sah Gracchus an und dachte nach, er konnte nicht verlangen, daß sich Gracchus stets um alles kümmerte, er konnte nicht immer all den Ballast auf seinen jüngeren Vetter abwälzen, nur weil dieser so strebsam und klug war, so daß es stets erschien, er würde alle Schwierigkeiten mit Würde und dann doch mit Leichtigkeit bewältigen.
    „Natürlich, Manius!“
    , meinte Marcus schließlich und nachdem er ausgekaut hat.
    „Was Dir im Moment zu viel ist, kann ich Dir gerne abnehmen, an Pflichten in unserer Familie und auch sonstigen Dingen.“
    Ein wenig Urlaub täte Gracchus wohl ganz gut, vielleicht sollte Marcus ihm mal raten, ein wenig in Baiae an den heißen Quellen auszuspannen, doch noch ehe er etwas dahin gehend anfügen konnte, warf Aquilius wieder etwas ein.
    „Straton? Wer ist das?“
    , fragte Marcus, der mit dem Sklaven nichts verbinden konnte, weder Gesicht, noch Erinnerungen.

    Götterwille, Schicksalslos, Fortuna, die Weberinnen, wer mochte schon sagen, was sie für den morgigen Tag bereit hielten? Womöglich das größte Glück auf Erden oder dann doch ein ungeschickter Ausrutscher bei einem Bad, man schlug sich den Kopf an und aus war es mit dem Leben, die Zukunft war ungewiß; so nickte Marcus auf die Worte von Florus hin und drehte die Rolle mit den Antworten zum Examen in seiner Hand. Er wollte wenigstens etwas dem Schicksal auf die Sprünge helfen, indem er seinen Weg mit dem Ablegen des Examens erleichterte.


    „Dann wollen wir hoffen, daß die Götter es gut mit uns meinen, nicht wahr, praefectus!“
    Marcus lächelte schief und hangelte nach den Krücken.
    „So, dann werde ich mal meine Fragen abgeben, ehe das zuständige officium noch schließt.“
    , erklärte Marcus und begann umständlich wieder auf die Beine zu kommen. Ein Ächzen folgte der Bemühung.
    „Es hat mich sehr gefreut, praefectus, Deine Bekanntschaft zu machen. Viel Erfolg für Deinen weiteren Weg! Vale!
    Marcus nickte ihm noch einmal freundlich und mit gutmütigem Gesichtsausdruck zu, ehe er sich auf die Krücken stützte und davon humpelte, um den schriftlichen Teil des Examens zu erledigen. Daß er schon in absehbarer Zeit wieder dem praefectus begegnen würde, das ahnte Marcus zu dem Zeitpunkt nicht.

    Grau und bleiern hingen die Wolken über dem castellum, ein Vorhang aus dicken und kalten Regentropfen ergoß sich über die Dächer, stetig plätscherte es über seinen Kopf, die Wolken verdüsterten den Innenraum von Marcus' Unterkunft, die für einen Soldaten doch sehr geräumig war, denn es waren die eines centurio. Das Licht flackerte über Marcus Gesicht, doch die Schatten überwogen, die tiefen Ringe unter den Augen zeichneten sich deutlich ab, die er einer schlaflosen Nacht wegen hatte, gestern hatte er die Urkunden von seinem Vorgesetzten bekommen, hatte alles veranlaßt, aber noch keinen der Soldaten zu sich gerufen, er hatte Avitus' Worte noch in seinem Geist gehört: War es ehrenhaft gegenüber den anderen Soldaten, was Marcus tat? Grübelnd starrte Marcus aus dem Fenster und sah in den trüben Regen hinaus, der Entschluß fiel ihm sehr schwer, die Prima war mehr zu einer Heimat geworden als er jemals geahnt hatte; war es schon anderen Männern wie ihm ergangen, die am Scheideweg des Lebens standen und sich für den linken oder den rechten Pfad entscheiden mußten, aber lieber den Alten gegangen wären? Marcus glaubte, daß es so sein mußte! Gerade der Krieg hatte Marcus noch fester an diese Legion geschweißt, noch stärker die Banden zu den anderen Soldaten geschmiedet, ehern und fest waren sie, doch es war Zeit, diese Bande zu zerschlagen, selbst wenn es ihm sehr schwer fiel. Immer wieder erzitterte eine Flamme in den tönernen Lampen, eine erlosch als eine Windböe durch das geöffnete Fenster drang und Regen mit hinein trug; Marcus stützte sein Kinn auf dem Handballen ab und stierte in die trostlose Gräue, schwermütig, melancholisch, von Avitus' Worten aufgerüttelt und zweifelnd. Zukunft? Aufstieg? Die Prima...nein, es war für ihn klar, unter diesem Legaten würde es hier in der Prima für Marcus keine Zukunft geben können, außer weiter hin mit seiner Einheit der Legion und dem Kaiser zu dienen, aber fern der Familie, viel zu fern. Nein, er hatte genug Opfer gebracht für das Imperium, genug Blut, genug von seinem Leben dem Kaiser geschenkt, er hatte seine Pflicht getan! Er lehnte sich zurück, prompt trat aus dem Schatten ein Sklave, der ihn schon seit Stunden nicht zu stören gewagt hatte. Marcus wandte nicht die Augen zu dem jungen Orientalen als er sprach.


    „Geh' und hole Cafo!“
    Schweigend wandte sich der Sklave um und verschwand lautlos, die schweren Schritte eines Mannes verrieten Marcus, daß es sich nur um den signifer handeln konnte, er löste sich vom Anblick der dicken Regenschlieren und sah zu Cafo, dessen vernarbtes Gesicht von vielen Schlachten und Kriegen zeugte.
    „Er hat es bewilligt...“
    , meinte Marcus zu einem der Dienstältesten Männer in seiner Einheit.
    „...der Alte...“
    , fügte Marcus mit einem schiefen Lächeln an, der Spitzname von Avitus früher und selbst heute noch; selbst wenn jener doch an Jahren jünger als Marcus war, hatte Marcus ihn hin und wieder genutzt. Cafo nahm das mit einem andeutungsweise Nicken hin, mit einem Deuten von seinem Kopf entließ Marcus ihn wieder, Cafo wußte genauso wie Naevius Bescheid, selbst wenn die anderen Auserwählten es nicht taten, vielleicht würde Marcus es ihnen eines Tages sagen.
    „Den optio!“
    , befahl Marcus trocken an den Sklaven, der ein weiteres Mal davon eilte. Marcus trat zu dem Fenster und streckte die Finger hinaus, kalte Tropfen prallten auf seine Haut, glitten an den Fingerkuppen vorbei um sich wieder gegen die Erde zu stürzen; Marcus ließ die Regentropfen auf seine Hand fallen und zerrieb sie zwischen den Fingern, um sie an die Lippen zu führen – Regen aus Italia, schmeckte er anders als in Parthia, der seltene parthische Regen? Erneut hörte Marcus Schritte und er sah nur kurz über seine Schulter.
    Optio!“
    , grüßte Marcus den Decimer.
    „Einige Männer sind zu den cohortes urbanae nach Roma versetzt worden, Du und ich gehören auch dazu. Ebenso die Männer auf der Liste hier!“
    Marcus deutete mit seinem Kinn auf die Liste, die er den letzten Abend stundenlang angestarrt hatte, betrunken von Wein und Wehmut, nun lag sie immer noch unberührt auf einem massiven Schreibtisch, der sonst ganz leer war.
    „Wir rücken morgen früh aus! Bereite alles vor! Die Männer sollen im Morgengrauen abmarschbereit sein! Sie sollen auch ihre Familien mitnehmen, wir bleiben lange in Rom! Wegtreten, optio!“
    Marcus sah von Serapio weg und wieder in den Regen, wobei sein Gesicht in Schatten gehüllt lag, undurchdringlich und verdüstert. Seine ganze Haltung und sein dem jungen Mann zugewandter Rücken sprachen davon, daß er keine Worte oder Fragen hören wollte.

    Zitat

    Original von Lucius Artorius Avitus
    ...


    Den Atem angehalten hatte Marcus abgewartet, was der Entschluß von seinem Vorgesetzten war, würden die Männer folgen dürfen oder nicht? Marcus atmete fast unhörbar aus als Avitus sprach, ein müdes Lächeln erschien auf den Gesichtszügen von Marcus als er die erste Frage von Avitus vernahm; natürlich war Marcus das klar, natürlich würde die CU für ihn nicht für ewig den richtigen Dienst anbieten, keine Einheit sein, wo er den Rest seines Lebens in Ruhe verbringen konnte – so sehr es ihn auch reizte, aber seine Familie, ganz gewiß seine Mutter, würden viel dagegen haben, aber in der Prima, sah es dort anders aus? Das müde Lächeln wandelte sich in ein kurzes, trockenes, aber durchaus resigniertes Lachen.
    „Nun, praefectus, ich glaube, es ist uns beiden klar, daß dasselbe auch für die Prima gilt! Ein Aufstieg ist hier nicht mehr in Sicht!“
    Marcus konnte es sich nicht anders denken, daß auch Avitus Bescheid wußte – die letzten Beförderungen hatten vier centuriones übergangen und Marcus war nun einmal einer von diesen!


    Marcus nickte langsam, einige Namen für Beförderungen aufzuschreiben, das würde ihm gewiß nicht schwer fallen, denn er hatte schon den einen oder anderen Mitsoldaten im Sinn, der aus der ersten cohors stammte und mit Sicherheit verdient, mutig und verläßlich war, die Prima hatte viele gute Männer, die seine Position einnehmen konnten.
    „Du wirst die Liste noch heute Nachmittag erhalten, praefectus! Es gibt gute Männer, die die Weggehenden ersetzen können.“


    Marcus lauschte Avitus, nickte verstehend – er wußte doch um die alte Affinität von Avitus zu den cohortes urbanae, die den jungen Artorier von damals auf den Weg zu einer steilen Karriere gebracht hatte -, er war Avitus dankbar für sein Entgegenkommen und hoffte, eines Tages sich bei ihm revanchieren zu können.
    „Danke, praefectus.“
    , meinte er jedoch in dem Moment schlicht und zögerte; Abschiedsworte schienen fehl am Platz, eine persönliche Nähe hatten sie nie gehabt, selbst wenn er Avitus über alle Maßen schätzte.
    „Den Segen von Mars wünsche ich Dir, praefectus! Vale!“
    Marcus salutierte noch mal, womöglich das letzte Mal in seinem Leben, vor Avitus, ehe er sich herum drehte und das officium verließ, um zu den Schreibern zu gehen und sich die Urkunden für sich und die Männer auszuhändigen, in Richtung der Unterkünfte zu schreiten und von Naevius besagte Liste für Avitus anzufertigen, die letzten Dinge zu organisieren, etc.

    Die Hände an der Tunika verkrampft wartete Marcus einige Herzschläge, doch dann war alles vorbei, etwas verblüfft blinzelnd sah Marcus in die Runde und atmete kaum hörbar, aber sehr erleichtert aus; dann war es vorbei, so oder so, egal, ob er bestanden hatte oder nicht, Marcus war einfach froh, ein marginales Lächeln streifte seine Lippen und er erhob sich etwas langsam, seiner Verletzung wegen und stützte sich am Tisch ab.
    „Ähm...ja, dann vielen Dank!“
    , meinte Marcus, er wußte nicht recht, was er sonst sagen sollte. Mit einem freundlichen Kopfnicken wandte er sich Florus und Macer zu.
    Vale, Senator, vale, praefectus!“
    Auch mehr als das, vermochte Marcus nicht mehr von sich zu geben, er war auch recht erschlagen von all den Worten, die er hatte finden müßen in der Debatte. Langsam verließ er jedoch den Raum, blieb noch einen Augenblick vor dem Raum stehen und sank auf einer der Bänke, die im Gang standen. Im war ganz flau im Magen; sich Parthern stellen, im Schlachtgetümmel zu bestehen, das war doch etwas ganz anderes als eine Prüfung, eine Mündliche, zu absolvieren. Schrecklich! Dann erhob er sich und verabschiedete sich auch mit einem Nicken und einem persönlichen vale an jeden der Teilnehmer, die er ja von der Legion oder einem Fest durchaus kannte, ehe er langsam sich nach draußen begab.

    Gute Menschenkenntnis konnte man Marcus gewiß nicht nachsagen, so bemerkte er von dem Zögern von Modestus nicht viel und auch nicht, ob er sich in seinen Einschätzungen irrte oder nicht. Marcus sah bei der Frage von Modestus auf und nickte, ein wirklich rühmliche Verletzung war das am Bein nicht – der Kampf weder heroisch, noch sonderlich wichtig gewesen – weswegen die Narbe mehr eine schmachvolle Erinnerung an einen sehr unglücklichen Tag war, so hob Marcus seinen rechten Mundwinkel ein wenig und zuckte resigniert die Schulter; es war auch wirklich Pech gewesen in diesem Dorf, da hatte er den Krieg schon fast überstanden und dann war das gekommen.


    „Ja, ein Andenken aus Parthia, was ich wohl mein ganzes Leben lang nicht mehr vergeßen werde! Aber das ist nun mal den Preis, den wir als Soldaten zu zahlen haben, wenn wir dem Kaiser und dem Imperium dienen!“


    Und Marcus hatte ja noch Glück gehabt; Marcus begann sein Bein etwas zu bewegen und massierte die Muskeln um sein Knie, langsam wurde es wieder etwas besser, so daß er erneut nach dem Schild und Schwert griff, er wollte trainieren und würde gewiß nicht nach so kurzer Zeit schlapp machen. Was er dann jedoch von Modestus hörte, das erstaunte ihn dann doch sehr; verblüfft ließ er das Schwert sinken, womit er gerade den Übungspfahl malträtieren wollte und sah den Tribun erstaunt und nachdenklich dabei an; so eine Art hätte er selbst Vitamalacus nicht zu getraut, aber Marcus sollte dann doch wieder mal überrascht werden; Marcus Verwunderung schlug schließlich in Belustigung über, nicht über den neuen Tribun, sondern gewißen Erinnerungen, die in Marcus hoch kamen.


    „Ein Übungsmarsch mit probati?“
    Marcus lachte trocken und schüttelte den Kopf; den Sinn dahinter konnte Marcus nicht ganz nachvollziehen, aber was sollte man schon sagen, wenn man nur centurio war, Marcus schluckte ein paar Worte herunter, die ihm auf der Zunge brannten und die womöglich selbst gegenüber einem doch offensichtlich verärgerten Tribun unangebracht waren, langsam begann Marcus mit seinen Schwertübungen und begann, in einem steten Rhythmus auf den Pfahl zu schlagen.
    „Weißt Du, Tribun, ich muß an eine Begebenheit denken vor nicht allzu langer Zeit hier im Castell. Ein neuer Tribun erreichte das Tor und wurde dort recht ungebührlich von den Soldaten empfangen, sie haben es gewagt nicht zu salutieren. Er hat sie gleich darauf zu einem Strafexerzieren her gerufen; außerdem bin ich mir sicher, jener Tribun wäre gewiß nicht begeistert gewesen, wie ein probatus behandelt zu werden, das als senatorischer Tribun. Er war Dein Vorgänger und ist mit in den Krieg gezogen.“
    Marcus schlug auf den Pfahl.
    „Jener Mann ist genau der Mann, der Dich zu Dingen heran zieht, die er selber nie getan hätte.“
    Was davon zu halten war und wie man das zu beurteilen hatte, das wußte Marcus, aber das überließ er lieber Modestus. Marcus ließ das Schwert sinken und sah Modestus an.
    „Was möchstest Du, Tribun, wenn ich fragen darf, denn von dem Tribunat mitnehmen? Also lernmäßig, wenn Du verstehst, was ich meine?“

    [Blockierte Grafik: http://img366.imageshack.us/img366/8029/appius2vq9.jpg| Appius Carteius Cirenthius


    Es war ein sonderbares Gefühl für Appius, eine sehr neue Erfahrung, daß sich jemand für seine Person zu interessieren schien und nicht nur seine Reden mit einem genervten Nicken kommentierte, denn Tacitus nahm tatsächlich Anteil an dem, was Appius von sich gab und fragte sogar nach, und es waren nicht nur höfliche Fragen, sondern Dinge, die Appius selber zum Nachdenken brachten! Wie lange diente Appius denn nun genau in der Legion? Appius hob die Hand und bewegte mit zwei Fingern seine frettchenhafte Nasenspitze hin und her und dachte darüber nach, zählte es anhand der Konsule in seinen Gedanken ab, dem Regierungsjahr des letzten Kaisers und ähnlichen Hilfen, zudem natürlich auch seinen Geburtstag, den er in den letzten zwanzig Jahren immer alleine oder mit seiner Katze gefeiert hatte.


    „Drei...ja, dreiundzwanzig Jahre diene ich nun schon in der Legion!“
    , verkündete Appius schließlich, nachdem er in aller Schnelle es nachgerechnet hatte.
    „Dreiundzwanzig Jahre, vier Monate und sieben Tage!“
    Appius nahm viele Dinge nun mal sehr genau. Er konnte sogar sagen, zu welcher Tagesstunde er den Eid geschworen hatte, denn das war damals ein sehr wichtiger Tag für ihn gewesen. Erstaunt sah Appius jedoch Tacitus an, ja, das Geld, was man bei der ehrenhaften Entlaßung erhielt? Daran hatte er kaum gedacht, für ihn war die Entlaßung, trotz der ganzen Dienstzeit, noch so weit weg. Aber eigentlich hatte Tacitus Recht und wie er Recht hatte. Appius Mund stand für den Moment offen, so daß bequem ein paar Fliegen Obdach darin hätten finden können.
    „Oh!“
    , murmelte er.
    „Das ist...eine gute Idee. Meinst Du, ich sollte das tun?“


    Langsam formte es sich in Appius, mußte jedoch erst noch wachsen und gedeihen. Derweil konzentrierte sich Appius auf die Antwort von Tacitus und nickte langsam, ja, das konnte er gut nachvollziehen, schließlich hielt Appius ja rein gar nichts vom Senat, so nickte er zustimmend.
    „Nun, Du hast ja viele, viele Jahre Zeit darüber nachzudenken, womöglich willst Du ja irgendwann nicht mehr weg und gehst zu den evocati, wenn Deine Dienstzeit vorbei ist.“
    Ja, Appius konnte sich gut vorstellen, daß Tacitus eine solche Karriere machte, er hielt jetzt schon sehr viel von diesem Mann und er würde später, wenn er etwas Erfahrung hatte, mit Sicherheit ein sehr guter Kommandant werden. Bei der Nachtwache sich das Genick zu brechen, das war ein wahrlich unrühmlicher Tod, Appius nickte ganz betreten, denn ihm hätte durchaus auch so etwas blühen können, Appius hatte einfach zwei linke Füße und war recht ungeschicklich was den körperlichen Dienst als Soldat anging.
    „Dann sind die Bedenken Deiner Mutter wohl zu verstehen, aber ich glaube, viele Mütter wollen sicherlich nur ihre Kinder beschützen.“
    Theoretisch war das mehr für Appius, seine eigene Mutter und er hatte kein gutes Verhältnis miteinander gehabt, aber er hatte das bei Tieren oft gesehen und auch von anderen mal gehört, womöglich war das bei Tacitus' Mutter auch der Fall.
    „Der Dienst in der Legion ist schon etwas ganz besonderes!“
    Appius nickte.
    „Und dem Kaiser kann man so wirklich am Besten dienen!“
    Oder im Kaiserpalast, aber Appius hätte sich in seinem Leben nicht vorstellen können, eine solche Ehre zu erfahren und dem Kaiser so nahe sein zu dürfen – Soldat zu sein war schon das höchste Ziel, was der aus der Unterschicht kommende Appius je erreichen würde.


    Die Schilder? Appius' Augen begannen für einen Moment zu leuchten und schnell sprang er auf, so daß der Stuhl polternd nach hinten fiel, Appius sah etwas verlegen auf den Selbigen und dann zu Tacitus zurück.
    „Ja, gerne können wir nach draußen dafür gehen.“


    Appius eilte zu einer Kiste hinter dem Bett, wobei er sich kurz an dem Bett fest halten mußte, es war ihm dann doch arg schummrig zu mute, was wohl an dem vielen ungewohnten und starken Wein lag, doch eilig, ehe es sich Tacitus womöglich doch noch anders überlegt, ergriff Appius ein Lederbündel und ging zur Tür, um diese aufzureißen und nach draußen zu laufen. Auch gehend hatte Appius eine seltsame Haltung, stocksteif, dabei jedoch die Schultern nach vorne gekrümmt und etwas unbeholfen in seiner Art. Klare und frische Abendluft schlug ihnen entgegen, die Sonne war schon hinter dem Horizont unter gegangen, an manchen Stellen im Lager brannten Fackeln, dort, wo sie den Weg erleuchten sollten oder den Wehrgang erhellen. Mit dem Lederbündel in der Hand drehte sich Appius zu Tacitus um.
    „Ich werde gleich morgen zu meinem Vorgesetzten gehen und um meine Entlaßung bitten. Dann werde ich in Rom mein Geschäft aufmachen.“
    , verkündete Appius, nachdem das Pflänzchen seiner Überlegungen genug gesproßen war.
    „Meinst Du, ich sollte das machen?“
    , fragte Appius jedoch den jungen Mann, dessen Meinung er jetzt schon als sehr wichtig erachtete. Vorsichtig schlug Appius dabei das weiche Leder zurück und zeigte zwei Holzschilder, die ein Schreiner wohl in Form gebracht hatte, bemalt hatte Appius sie. Eines der Schilder war in Katzenform. Die Katze war rot und gelb bemalt, darauf war in akribischer Schrift gemalt: Ad faeles Drusilla. Das zweite Schild hingegen war mehr schlichterer Natur und zeigte den schlichten Titel: Carteius' Gemischtwarenladen.
    „Welches findest Du besser?“
    , fragte Appius mit einem sehr untypischen, aber lebhaften Ausdruck auf dem Gesicht.



    [Blockierte Grafik: http://img510.imageshack.us/img510/268/leg1optiopf1.png]

    Im Geäst über Marcus' Kopf zwitscherte fröhlich ein Vogel, der sich an dem Sonnenschein der hereinbrechenden Jahreszeit erfreute und auf sein Gefieder scheinen ließ; Marcus hingegen war nicht nach fröhlichem Gezwitscher zu mute, ja, den Namen des Gottes hatte er oft genug auf den Lippen der Parther gehört, immer wieder, so daß er am Anfang geglaubt hatte, daß es sich wohl um den Feldherrn der Männer handelte, den übrigen Kontext verstand Marcus aufgrund der Sprachbarrieren natürlich nicht; erst einige Wochen später war er aufgeklärt worden, um was und wen es sich bei Ahura Mazda handelte. Marcus war es jedoch gleich, ob Cassim zu fremden Göttern betete oder nicht; der Glaube von Sklaven war ohnehin nicht von Belang. Auch interessierte sich Marcus nicht für den Glauben fremder Völker, weder für ihre Götter, noch alles andere, so daß er auch keine Rückfragen an Cassim stellte.


    „Also gut, dann bete ruhig zu Deinem Gott.“


    Wie man mit nur einem oder nur zwei Göttern auskam, das war Marcus freilich ein Rätsel, aber eines, was er nicht unbedingt ergründen wollte. Marcus griff nach den Krücken und stützte sich auf seinem gesunden Bein ab, um aufzustehen; sehr langsam und vorsichtig tat er das, um ja nicht sein verletztes Bein zu belasten und einen unsäglichen Schmerz zu verursachen, noch war die Wunde schließlich recht frisch. Marcus stützte sich schließlich auf die Krücken und musterte noch mal Cassim nachdenklich, schon mit etwas weniger Ingrimm als noch am Anfang ihrer Begegnung.


    „Wende Dich an Hannibal, er wird Dir Deine Fragen beantworten und alles für Dich organisieren, was Du für Deine Arbeit brauchst. Ich werde bei Zeiten wieder nach Dir rufen laßen, um mir Deine Fortschritte anzusehen.“


    Marcus sah noch mal zu seinem anderen Sklaven und wandte sich ab, um in Richtung des Hauses zu humpeln, wobei er durchaus darauf achtete, Cassim nicht den Rücken zu zu kehren. Schon etwas geübt im Gang mit den Krücken erklomm Marcus auch die Treppen und verschwand im Inneren des Hauses.

    Der Blick wanderte von der Liste, von Naevius' Hand verfaßt, zu Avitus, wieder zurück und erneut zu seinem Vorgesetzten, während dieser die Liste musterte und ganz offensichtlich nicht von seinem Anliegen begeistert war; Marcus hatte durchaus damit gerechnet, aber das waren nun mal Männer, auf die er sich nun schon so lange verlaßen konnte, mit denen er schon längere Zeit in der Prima diente und so manch ein Namen, den er im Auge behalten wollte, junge Soldaten, die es durchaus weit bringen konnten, wie sein optio. Dennoch konnte Marcus die Bedenken und die Reaktion von Avitus durchaus verstehen und nachvollziehen; Marcus verlagerte sein Stand ein wenig von einem Bein auf das Andere und nickte ganz langsam.


    „Es ist nicht so, praefectus, daß ich – und natürlich die genannten Männer – den Dienst in der Prima nicht mehr gerne täten, ganz gewiß nicht. Die Prima ist uns allen – und wohl auch unter Anderem durch den Krieg – zu einer zweiten Heimat, einer zweiten Familie geworden. Mir fällt der Entschluß auch nicht sehr einfach, die Prima zu verlaßen...“
    Trotz des Legaten dachte Marcus immer noch so, aber er hegte bei Legaten eine ähnliche Meinung wie bei den tribuni – sie waren nur auf Zeit in der Prima und wechselten dann doch relativ schnell, was zählte, waren letztendlich nur die Berufssoldaten und daß sie für den Kaiser kämpften. Aber Marcus wollte nun doch zu seiner Familie zurück kehren, nach Rom, und die Familie wog für Marcus dann doch schwerer als alles andere.
    „Es war kein leichter Entschluß, aber ein gut überdachter, ebenso auch die Männer mit zu nehmen, praefectus. Optio Decimus ist jung, fleißig und strebsam, aus dem jungen Mann kann durchaus noch etwas werden und ich möchte ihn – so gut es mir möglich ist – auch dahin gehend weiter fördern. Mein signifer hingegen steht schon am Ende seiner Dienstzeit, ich weiß durchaus von ihm, daß er erwägt die Legion in den nächsten Wochen zu verlaßen, ein weiterer Krieg ist nicht in seinem Sinne, so daß er bei den Urbanern durchaus noch dem Kaiser dienen kann ohne erneut ins Feld geschickt zu werden. Ähnlich verhält es sich bei einigen anderen der erfahrenen Soldaten und immunes, die ich auf die Liste geschrieben habe. Dann sind da noch ein paar Soldaten, die durchaus Erfahrung habe, womöglich noch ein paar Jahre bei der Prima, aber nicht unbedingt wichtige Posten inne haben.“
    Sie waren eben nur wichtig für Marcus, gute Männer, die er durchaus noch gebrauchen konnte, verläßlich, erprobt, solide eben.
    „Die Prima ist wieder in Italia, praefectus, im Stammland, wo durchaus neue Soldaten ausgehoben werden können. Ich denke, an Nachschub wird er der Legion in nächster Zeit sicherlich nicht mangeln. Und erfahrene Soldaten, die die vakanten Posten füllen könnten, haben wir durchaus auch, gerade für diese sind die Versetzungen doch eine große Chance, in der Prima aufzusteigen.“
    Marcus pausierte einen Moment und meinte dann, mit einem womöglich decouragierten Unterton:
    „Wir sind alle ersätzlich, praefectus, ich, die Männer hier, die Prima wird darunter bestimmt nicht sehr leiden.“

    Nur das stete Tröpfeln der Regentropfen unterbrach die Stille, die sich in dem Raum ausbreitete; Marcus, der sich dem Schweigen anschloß, wurde es dann doch etwas unbehaglich, er hob die Hand und wischte sich ein paar Tropfen vom Nacken, die aus seinen feuchten Haaren auf seine Haut herunter rieselten. Unruhig wurde Marcus jedoch nicht, er hatte sich das Ganze gut überlegt, viele Stunden überdacht und darüber gegrübelt – obwohl das doch weniger sein Naturell und er ein Mensch von spontanen Entscheidungen war – aber es war wohl einer der wenigen Momente in seinem Leben, wo er den Entschluß aus freiem und eigenen Willen gefaßt hatte, nun war er hier, im officium des praefectus und es war verkündet, unumkehrbar, entgültig! Dennoch war Marcus doch froh, als sich Avitus dann doch herum drehte und das Schweigen, was immer lastender im Raum schwebte, brach. Marcus brauchte nicht lange nachzudenken, er hatte sich auch dazu Gedanken gemacht, mit dem einen oder anderen Soldaten vorher gesprochen, nicht mit allen, versteht sich, und schon eine Liste angefertigt von jenen Männern, die seine Arbeit sehr erleichterten oder ihm auch gute Kameraden geworden waren, treue und verläßliche Männer eben.


    „Das sind ein paar Männer meiner Einheit, angefangen von meinem optio, dem signifer, meinem Schreiber, dem neuen tesserarius...*...“
    Marcus kramte eine Liste hervor, eine papyrusrolle, die Naevius sorgfältig verfaßt hatte – er war der Erste, dem Marcus von der Versetzung erzählt hatte -, die Liste reichte er an Avitus weiter, wobei er auch einen Schritt näher an den Schreibtisch trat, einen feuchten Fußabdruck auf dem Boden hinterlaßend.
    „Auf der Liste sind die Namen der Männer, die mich zu den cohortes urbanae von Rom begleiten sollen, praefectus.“
    Marcus hoffte inständig, daß insbesondere die wichtigsten Männer ihn begleiten durften, wobei Marcus eigentlich bei jedem der Männer ein Wichtig dahinter testieren würde. Marcus trat wieder einen Schritt zurück und sah ruhig zu seinem Vorgesetzten, wenn auch jetzt wohl die Stunde der Wahrheit oder der Moment der Entscheidung kommen würde.



    * SimOff: Einige weitere Namen werden hier genannt, inclusive wichtiger, aber nicht namentlich genannter NPCs.

    Marcus' Schultern sackten etwas hinunter als Avitus ihn zum bequemen Stehen aufforderte, sonst lockerte sich wenig an der Haltung von Aristides, während er darauf wartete, daß Avitus auf sein Gesuch reagierte, mit dem Echo rechnete Marcus dann jedoch nicht, war Avitus etwa verblüfft? Oder war Marcus einfach nur zu sehr mit der Tür ins Haus gefallen? Marcus verfolgte die Bewegung seines Vorgesetzten und sah auch einige Herzschläge hinaus in die Regenschlieren, die sich wie graue lange Fäden vor dem Fenster hinunter zogen, leise plätscherte es und die Pfützen fraßen gierig jeden Tropfen, der sich mit ihnen vermengte. Worauf Avitus sah, das konnte Marcus nicht erkennen, er sah selber nur unbestimmt auf den düster-silbrigen Vorhang aus Wasser. Marcus verlagerte sein Gewicht von einem Fuß zum Anderen, um sein nicht mehr ganz so gesundes Bein zu entlasten. Ganz leise war das Geräusch zu vernehmen, als etwas Wasser aus dem Leder seiner Stiefel drang. Obwohl Avitus raus guckte, nickte Marcus langsam.


    „In der Tat, praefectus, daran dachte ich auch, an Rom!“


    Etwas anderes käme für ihn auch nicht in Betracht – außer Baiae – da doch der größte Teil seiner Familie in Rom lebte, da auch Epicharis dort weilte, all jenes wog für ihn weit aus schwerer als die immer noch vorhandene Sehnsucht nach seiner wirklichen Heimatstadt, nämlich Baiae. Schweigend verharrte Marcus, während sein Blick erneut durch den Regen zu dringen suchte; irgendwo da draußen lag auch die Baracke seiner Einheit, von der er einige der Männer mit zu nehmen gedachte, egal ob sie wollten oder nicht, aber Marcus hegte keinen Zweifel an der Loyalität der Männer; es war kein einfacher Entschluß für Marcus gewesen, aber einer, der ihn am Ende doch erleichtert hatte; zuviele Dinge hatten sich in der Prima verändert, die ihm zeigten, daß eine Veränderung notwendig war und Marcus war gewiß niemand, der sich zu lange in Illusionen wägen würde. Seine Augen irrten auf den Rücken von Avitus; ja, er und Avitus waren noch die letzten Soldaten, die aus Germania mit Livianus zur Prima gekommen waren, lang war es her.

    Es war kein einfacher Gang, der heutige, aber einer, der wohl längst an der Zeit war; Marcus, noch durchnässt von dem letzten Regenschauer, sah sich einen Herzschlag lang in dem Arbeitsräumen um, wo jetzt der dritte praefectus in Marcus Dienstzeit hier in der Prima seine Arbeit verrichtete, zuerst dieser komische Kauz namens Sophus, der Aurelier, den man nie außerhalb seines Hauses oder dem officium sah, Marcus war ihm nie begegnet, hatte jedoch genug seltsame Geschichten über jenen Kerl gehört, dann der Matinier, dem sympathisch, drolligen Gesellen, der im Grunde ein guter Kommandant war und nun jetzt Avitus, der Marcus' ganze Laufbahn lang sein vorgesetzter Offizier - und durchaus Vorbild - gewesen war; viel Zeit war nun schon ins Land gestrichen, seitdem er in Germania der Legion beigetreten war, seitdem sie dann nach Italia gefolgt waren, dem vorigen Legaten, Livianus, viel Zeit bis zum heutigen, verregneten Tag. Marcus ließ das einen Moment Revue paßieren, gerade als in der Soldat – Livius- anmeldete und bei Avitus ankündigte. Marcus wartete ruhig, bis der Soldat zurück kam und lächelte dünn, da ihn ein wenig Wehmut beherrschte – aber es erschien Marcus auch wie ein Wink, daß der praefectus da war und auch Zeit erübrigen konnte. Marcus nickte dem Soldaten zu.


    „Danke, miles!“
    , fügte er dem noch an, ehe er durch die Tür und in den Raum dahinter trat. Marcus trat hinein, wobei das Hinken an seinem Bein ihn in seinem doch sonst mehr forschen Schreiten hinderte.
    Ave, praefectus!“
    , grüßte Marcus Avitus und grüßte ihn, indem er die Faust gegen die Brust schlug und salutierte.
    „Ich möchte Dich nicht lange stören, praefectus, es geht heute um eine eigene Angelegenheit, zumindest fast eine Eigene. Ich möchte für mich und ein paar Männer meiner Einheit die Versetzung zu den cohortes urbanae beantragen.“

    Draußen hingen die Wolken schwer über dem Himmel, grau und bleiern, die Sonne verbergend und immer wieder Regenschauer auf die Erde schickend, der Boden hatte sich schon aufgelöst und war an vielen Stellen schlammig, der Regen prasselte gegen die Dächer, die Wände und auf die - dennoc h beschäftigen - Soldaten, die zur Zeit ihren Dienst taten, aber auch auf Marcus, der, langsam gehend und mit einem Hinken und Humpeln an seinem rechten Bein, auf die principia zu strebte. Langsam betrat er das Gebäude und wischte sich durch die dunklen Haare, die vom Regen ganz naß waren, auch wischte er sich einige Tropfen von der Stirn, ehe er einen kleinen Umweg machte, zu einem der Altäre ging und vor dem Schrein des Mars ein kleines Opfer zurück ließ, samt eines Gebetes. Doch an diesem Tag war Marcus in einer solchen Stimmung, zudem erhoffte er sich davon ein wenig Unterstützung bei seiner Entscheidung, die er in den letzten Tagen getroffen hatte. So strebte er, noch etwas naß und schlammige Spuren auf dem Boden hinterlaßend, auf die Tür des praefectus zu. Bei einem der scribae angekommen, blieb Marcus stehen und nickte diesem ernst zu.


    Salve, centurio Flavius Aristides – also ich! - möchte gerne bei praefectus Artorius vorsprechen. Ist er zu sprechen?“
    , fragte Marcus.