Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Es zeigte sich keine Regung auf dem markanten Gesicht des Syrers, es verschattete sich dennoch in dem Raum, denn noch grauere Regenwolken zogen über den Himmel von Rom, um weiterhin ihre Schleusen über der großen Metropole und dem schlagenden Herzen des Imperiums zu öffnen. Jaref beugte sich etwas nach vorne und noch ehe ein Atemzug verstrich, ließ er den scharfen Dolch über die Haut von Deron fahren, direkt am Handballen, zuerst war nur eine hauchdünne, feine weiße Linie zu erkennen, dann quoll das Blut hervor; immer noch wie im Schraubstock hielt Jaref die fremde Hand fest und drückte fester gegen das Fleisch, damit mehr von dem Blut in die Schüssel tropfte und sich mit dem anderen Lebensodem zu vermengen. Erst dann lockerte er den Griff und ließ von der Hand des Deron ab.


    Aus den Räumen nebenan drang ein helles Kreischen zu den Beiden hinüber; die Worte waren nicht zu vernehmen, doch es stammte immer noch von der keifenden Alten. Der Syrer kümmerte sich nicht darum, sondern griff nach der ersten Phiole, deren Glaskolben er vorsichtig hinaus zog und den Hals nach unten kippte; langsam träufelte das schon halb geronnene Blut aus dem Behältnis und löste sich in der Flüssigkeit der Schüssel nur langsam auf. Auch aus der anderen Phiole folgte das Blut und alle drei Lebensodem bildeten ein zart rosa Gespinnst in dem öligen Untergrund. Mit einer zielsicheren Bewegung griff Jaref nach dem Nacken des Kaninchens und begann leise und völlig unverständliche Worte zu summen. Ein hoher Oberton mischte sich mit einem tiefen Brummen, ganz als ob zwei verschiedene Menschen hier waren und die Worte von sich gaben. Das Kaninchen zapptelte wild, die Worte von Jaref wurden eindringlicher, dann blitzte der Dolch im Schein der Öllampe auf. Die Spitze stieß in das weiche und weiße Fell und er schlitzte dem Tier die Kehle auf. Das Blut spritzte nicht nur über die Schüssel, sondern auch über das Gesicht des Jaref, aber auch über die Kleidung der beiden Männer; ein roter Schwall ergoß sich in der Schüssel. Achtlos ließ Jaref das Kaninchen in ein anderes Behältnis fallen und griff ohne überflüssige Bewegungen nach einer Karaffe, um schwungvoll etwas von der klaren Flüssigkeit dort hinein zu gießen. Mit einer Zange griff er nach einem glühenden Kohlestück aus der Gußeisernen Pfanne in der Nähe; als das Glutstück die Oberfläche der Flüssigkeit berührte, flammte diese blau und rot brennend auf, doch schon nach wenigen Herzschlägen erstarben diese Flammen wieder.


    Jaref beugte sich über die Schüssel und starrte lange und konzentriert dort hinein. Es schien eine schiere Ewigkeit zu vergehen, ehe Jaref leise brummte und die dichten Augenbrauen zusammen zog.
    „Hmmm....das Kind wird Unheil über Dich bringen. Großes Unheil, ich sehe Tod und Leid auf Dich zukommen. Das Kind trägt den Samen eines Anderen in sich. Und es ist dennoch Deins. So wie es Dein Schicksal unwiderbringlich besiegeln wird.“
    Jaref sah auf und seine Augen richteten sich düster auf den anderen Mann.



    EDIT: Da hier kein Interesse von Seiten Corvinus' zu bestehen scheint, werde ich das auch mal offiziell als beendet deklarieren. Finis. Egal, was auch immer an jenem Tag dort noch passierte.


    Ein sinniger Gedanke, insbesondere wenn man an das peculium der Sklaven denkt, das Geld, das sie sich ersparen durften. Diese Diskussion ist jedoch schon mehrmals geführt worden und - meines Wissens nach - immer wegen der technischen Realisierbarkeit abgeschmettert worden - was ich nie wirklich verstanden habe bei den wenigen Sklaven, die wir haben. Aber hier ein Zitat von meinem SimOn Bruder Felix.



    Aus: Anregung zum Thema SKLAVEN
    Bin zu faul nach den anderen Diskussionen zu suchen ;)

    Zufrieden deutete Marcus ein Nicken an, es würde sich erweisen, ob es bei dem Mann um einen Aufschneider oder einen Könner sich handelte; aber er würde den Mann sicher nicht alleine auf die Jagd nach den Sklaven schicken und ihm noch einige Sklaven seines 'Vertrauens' mitgeben; so schlug er zwei Fliegen mit einer Klappe, die Sklaven hatten jemand, der sie anführte und koordinierte, hoffentlich mit Können die Jagd anleitete und gleichzeitig würde er einen der Sklaven darauf aufmerksam machen, dafür zu sorgen, daß alles gut über die Bühne ging, nur welchen Sklaven? Nachdenklich runzelte Marcus für einige Herzschläge die Stirn und nickte einen Moment fahrig bei den Worten des Catubodus, ehe ihm eine Idee kam. Marcus winkte einen der Sklaven heran und flüsterte ihm etwas zu, ehe dieser sich mit dem Auftrag davon machte.
    „Hannibal? Der Sklave ist schon sein ganzes Leben lang ein Sklave, um genau zu sein, entstammt er einer flavischen Sklavenlinie, eigentlich sind diese Sklaven uns bis zum Tode loyal, aber es gibt immer wieder einige schwarze Schafe. Geboren wurde er in Baiae, wie ich, und er kennt sich in diesem Land hervorragend aus, wie ich. Laut meines Wissenstandes ist ihr Ziel Ravenna, wahrscheinlich wollen sie von dort aus ein Schiff nehmen, womöglich sogar nach Syrien. Die Gruppe ist wohl mit Pferden ausgerüstet, sie haben einige aus dem Stall gestohlen. Wieviel an Waffen und Geld ihnen zur Verfügung steht, weiß ich nicht. Ansonsten...Hannibal ist ein miserabler Reiter. Cassim hinwieder müsste das exzellent beherrschen, er war mal Soldat bei der Elitereiterei der Parther und da kommt man nicht hin, wenn man es nicht wirklich beherrscht. Chimerion...?“
    Marcus warf Celerina einen fragenden Blick zu, denn über ihren Sklaven wußte Marcus reichlich wenig, eigentlich gar nichts, er konnte noch nicht mal ein Gesicht mit dem Namen verbinden.
    „An Ausrüstung kannst Du alles hier in der villa erhalten, was Du und die Anderen brauchen, sowohl Pferde, Waffen, Proviant und ähnliches. Es kann binnen einer hora alles bereit sein. Ich werde Dir eine Handvoll Sklaven mitgeben, custodes, und eine ehemalige gladiatrix, die Sklavin des flavischen Haushaltes ist, ihr Name ist Penthesilea.“
    Nach eben jener hatte er den Sklaven vorhin schicken laßen und er hoffte, daß die junge Frau sich sputen würde, im atrium zu erscheinen.
    „Was verlangst Du als Bezahlung?“

    Dominus? Das zeugte doch von Respekt, oder? Auf jeden Fall gefiel es Marcus und sein verschloßenes Gesicht von vor wenigen Herzschlägen entspannte sich marginal, unbedeutend, weil seine Frau verschleppt, sein ehemaliger Leibsklave geflohen war und der Parther sich aus dem Staub gemacht hatte. Wie sollte man da noch eine gute Laune bekommen? Und das zeigte sich natürlich auch auf dem Gesicht des Flaviers, der langsam nickte als er die Antwort vernahm. Jemand mit Erfahrung war natürlich von Vorteil, selbst wenn er den Mann nicht alleine auf seine Sklaven hetzen wollte, ein wenig ein Kontrollfaktor war schon notwendig, nur was…und wie? Ein Teil seiner Gedanken drehte sich kreisend und träge um das Problem.
    „Nun, die Erfahrung wirst Du auch brauchen, die Sklaven, die geflohen sind, sind reichlich gefährlich.“
    Etwas, was er für den Preis nicht hätte erwähnen sollen, aber das war nur sekundär wichtig, in erster Linie kam es Marcus darauf an, daß die Sklaven eingefangen wurden und seine Ehefrau gesund nach Hause zurück kam.
    „Es sind drei Sklaven, die geflohen sind. Ein Sklave namens Hannibal, er dient mir eigentlich schon recht lange und er kennt sich in Italia gut aus. Dann ein Parther namens Cassim. Er ist erst seit einigen Monaten in der villa und ein…ähm…Barbar namens Chimerion.“
    Wo dieser her kam, wußte Marcus nicht, aber letztendlich war das ohne Bedeutung.
    „Sie haben eine Geisel dabei und eine junge Sklavin, die auch nicht ganz freiwillig mitgekommen ist. Traust Du es Dir zu, die Sklaven wieder einzufangen. Und wenn ja, was benötigst Du dafür an Ausrüstung, Sklaven oder sonstigem?“
    Die Zeit brannte Marcus unter den Nägeln und er wollte keine lange Reden verschwenden, wenn er doch gleich zum Punkt kommen konnte, der wichtig war.

    Grimmig, derart war der Ausdruck von Marcus schon den ganzen Tag, eigentlich seitdem er erfahren hatte, daß eine ganze Abteilung von Sklaven verschwunden war, aber genauso seine Ehefrau mit sich verschleppt hatten; seinen ersten Impuls, ein Pferd zu nehmen und den Sklaven hinter her zu reiten hatte Marcus nach einigem tiefen Durchatmen wieder verworfen; er konnte hier nicht weg im Moment, gleichwohl es ihn in den Fingern juckte und er sich große Sorgen um Epicharis’ Wohlergehen machte. Gerade, als er dabei war, eine Notiz an einige alte Soldatenbekannten zu schreiben, die er auf die Sklaven hetzen wollte, klopfte es sachte an der Tür zu seinem Zimmer.
    „Herein!“
    Ein Sklave streckte seinen Kopf durch die leicht geöffnete Tür.
    „Herr, da ist ein Mann, der von der Flucht erfahren hat. Er scheint ein Sklavenjäger zu sein.“
    - „Ein Was?“
    „Jemand, der für Geld entflohene Sklaven wieder einfängt. Wenn die vigilen dazu nicht in der Lage sind, dominus!“
    - „Hm…ist er schon im Hause?“
    Der Sklave nickte; Marcus legte die Schreibutensilien zur Seite und erhob sich, um an den Sklaven vorbei in Richtung des atrium zu laufen; da er heute alle Amtsangelegenheiten abgesagt hatte, trug er – wie oft im Hause – nur eine recht einfache Tunika und seine Haussandalen. Marcus musterte den Fremden einige Herzschläge lang und versuchte einzuschätzen, mit was für einen Schlag Mensch er da zu tun hatte, wobei er die letzten Worte von Catubodus aufschnappte und prompt seine linke Augenbraue - in höchst flavischer Manier, womöglich eher gracchischer Art - anhob und den Mann einen Herzschlag lang geringschätzig musterte.
    Salve!“
    Marcus nickte dem Mann reserviert, aber nicht abweisend zu.
    „Ich habe gehört, daß Du unsere Sklaven wieder einfangen kannst. Hast Du Erfahrung in so etwas?“

    Rot wie die aufgehende Sonne, purpur wie das Abendrot, derart hatte sich bereits das Gesicht von Marcus verfärbt, seines Zornes wegen, den er mit dem Schmettern der tabula ungeniert Luft gemacht hat; die Tafel lag nun zerbrochen neben dem Rand des Fischteiches und einer Statue, die den Flug des Schriftstückes hatte auffangen müssen. Mühsam sog Marcus die Luft durch seine Nase ein und aus und schnaubte wütend, seine Fäuste dabei fest zusammen geballt. Herrje, das konnte doch nicht wahr sein! Warum hatten die Parzen es so mit ihm gemeint, daß sie ihm erneut einen derartig aufsäßigen Sklaven ins Haus gesteckt hatten und schon wieder musste seine Familie deswegen leiden; ein kleiner Teil von seinem Bewusstsein fragte sich, ob sich Gracchus nicht von je her geirrt hatte und dieser Fluch eher auf ihn – Marcus – lastete; oder es war das Haus, das derartiges Unglück anzog und die Menschen ins Leid stürzte, all den schrecklichen Erinnerungen der flavischen Kaiserzeit wegen? Nur am Rande vernahm er die Worte seiner Anverwandten und reagierte für einige Herzschläge nicht, ehe es dann doch in sein Bewußtsein träufelte.
    „Dein Sklave…?“
    , echote er und drehte sich zu Celerina um, der hitzige Rotton stand ihm bestimmt immer noch im Gesicht geschrieben und mit Sicherheit war es deutlicher zu sehen als noch vor einigen Monaten, wo die Sonne ihm ein tiefes Braun verpaßt hatte, die mittlerweile deutlich blaßer geworden war.
    „Ach, kann es sein, daß es dieser Chimondros…“
    „Chimerion, Herr!“
    , warf der ältere Sklave vorsichtig ein; Marcus warf ihm einen warnenden und bösen Seitenblick zu, der den Sklaven etwas zu verunsichern schien, noch mehr, als er es ohnehin schon war.
    „…auf jeden Fall ist nicht nur Dein Sklave getürmt, Celerina, zwei von meinen Sklaven auch, womöglich auch drei, und sie haben meine Frau mitgenommen!“
    Jetzt, wo er es aussprach, mengte sich auch mit Wucht Sorge um Epicharis in den Zorn hinein, dennoch schnaubte er erstmal erneut und wütend.

    Langsam hatte sich Marcus an das stete, drückende Gefühl der Amtstoga auf seinen Schultern gewöhnt, aber ganz eben doch nicht, insbesondere an einem solchen Tag wie heute, wo die Sonne fröhlich und munter vom blauen Himmel strahlte und schon warm mit ihren Strahlen liebkoste. Und da waren die vielen Lagen Stoff natürlich hinderlich und verwandelten sich in einen unerträglichen Hitzeoffen, da Marcus schon von Natur aus ein eher hitziger Mensch war; aber Pflicht war Pflicht und mittlerweile, nach einigen Wochen im Amt, hatte sich Marcus schon etwas mehr an diese Last gewöhnt. So auch als er durch die Straßen von Rom marschierte, zu Fuß, denn er mochte eigentlich das Schaukeln in der Sänfte nicht, und mit seinem Schreiber im Schlepptau, den er mit einigen Bestechungen, wie einer sehr langen Mittagspause und einem guten Mahl – etwas, womit auch Marcus leicht zu ködern war – dazu gebracht hatte, ebenfalls den Fußmarsch bis zur castra der Prätorianer anzutreten. Einige Schritte vor den Toren blieb Marcus stehen, um sein schmerzendes Knie zu reiben, das ihm heute wieder arg zu schaffen macht, immer dann, wenn er nicht zu einem ausgiebigem Thermengang kam, was die Beschwerden deutlich linderte, und er sein Bein zu sehr nutzte. Ein wenig Melancholie schlich sich auf das Gesicht von Marcus, denn noch vor kurzem – wenigen Wochen, Monaten – war er selber hier täglich ein und aus gegangen, zu den Urbanern. Doch nach einigen Herzschlägen verschloß er jenes Gefühl hinter einer reservierten Fassade auf seinem Gesicht – was manche vielleicht sogar als hochmütig interpretieren konnten, aber nicht die Intention war – und er trat auf einen der Schwarzröcke zu, nickte höflich diesem zu.
    Salve, miles! Mein Name ist Flavius Aristides, ich bin der triumvir capitalis…ich würde mir gerne einen Einblick in die momentane Situation der castra verschaffen, gibt es vielleicht einen Soldaten oder sogar optio, der etwas Zeit erübrigen könnte?“

    „Er hat Schuld!“
    - „Das ist gar nicht wahr, er hat angefangen und mich dazu noch übelst beleidigt. Ich fordere Gerechtigkeit, Flavius!“
    Müde lehnte sich Marcus in seinem Stuhl zurück und sah zu den beiden Streithähnen, die sich in seinen Arbeitsräumen – Räume waren eher übertrieben, es war nur ein Einziger – versammelt hatten, um den Instanzenweg des römischen Rechts einzuleiten, als Handlanger des Prätor oblag es natürlich Marcus, sich um die Drecksarbeit zu kümmern; Prätor, schon wenn er an diesen dachte, zogen melancholische Wolken auf, denn eigentlich hätte jetzt sein Vetter quasi sein Vorgesetzter sein sollen, aber nun war es ein Anderer geworden und Marcus konnte den Kerl nicht ausstehen und dieser ganz offensichtlich nicht ihn, zumindest waren sie schon einige Mal aneinander geraten und das war jetzt auch mitunter der Grund, warum sich Marcus mit solchen Dingen beschäftigen mußte. Und das schon die geschlagenen letzten beiden Wochen, das ewige Genörgel, Gekeife und Geschimpfe sägte jeden Tag stärker an seinen Nerven und sein Gesicht verfinsterte sich von hora zu hora mehr; hatten die Römer nichts besseres zu tun als sich im Nachbarschaftskrieg gegenseitig zu zerfetzen? Marcus schloß genervt die Augen und rieb sich die Schläfen, während der nicht endende Wortschwall des Kontrahenten von dem Gerechtigkeitsfanatiker an ihm vorbei floß. Irgendwas von Preisdrückerei, Strecken von Teig mit Kreide, statt Mehl, etc. meinte Marcus daraus zu hören; nach einer Weile öffnete Marcus die Augen, die schon rot gerändert waren; daß das Amt derart anstrengend war, hätte er nicht gedacht, vielleicht sollte er die nächsten Tage Asny hier her setzen, ihre frostige Eisprinzessinenaura würde gewiß die zeternde Kundschaft abschrecken.
    „Hinterlaßt die Gebühr und ich werde eure Angelegenheit bearbeiten!“
    Beizeiten, sprich, es würde bestimmt Monate dauern, denn Marcus kam schon mit den anderen Anträgen nicht mehr hinter her und sie türmten sich bereits beeindruckend neben seinem Schreibtisch. Keinen Widerspruch duldend, wedelte Marcus mit der Hand und deutete auf den angemieteten scriba, den Marcus gefunden hatte und wo er langsam zu dem Schluß kam, daß jener kaum besser schreiben konnte als Marcus selber, aber zumindest halbierte sich damit die Arbeit schon mal, wenn der Schreiber mal arbeitete und nicht vor sich hin döste, was Marcus auch einige Male beobachtet hatte, aber wer sollte es ihm verdenken? Marcus hätte bei der Arbeit wohl dasselbe getan und tat es auch hin und wieder, ein Grund mehr, warum es sich schon türmte auf seinem Schreibtisch.

    Die Wärme kroch unter Marcus Haut, glitt in sein Innerstes, schmiegte sich an seine Knochen, durchzog jeden Zoll von seinem Körper und löste jegliche starre Komponenten in ihm, die verhindert hätten, daß er sich entspannen könnte – mal davon abgesehen, daß er vielleicht nicht eine Sklavin hätte mit nehmen sollen, die ihn in eine ständige Habacht-Stellung versetzte, immer darauf gefaßt sein müßend, einen Seitenhieb verpaßt zu bekommen; dennoch zeigte die wohligen Dampfschwaden ihre Wirkung und Marcus schloß genießerisch die Augen; das heiße Wasser, das über seine Füße und Beine rann, riß ihn aus der Welt der gemütlichen Trägheit hinaus, die sich wie ein warmer Wattebausch um jeden seiner Gedanken legte und ihn jenseits der kalten und klaren Welt hinfort tragen wollte; Marcus sog für einen Moment die Luft tief durch seine Nase ein, doch das Wasser war für ihn am Rande der Erträglichkeit, es war nicht zu heiß, um ihn zu sehr zu stören oder gar zu verbrühen, hatte aber noch nicht die wohlige Hitzetemperatur erreicht, doch schon nach dem ersten Schwung Wasser gewöhnte er sich an die Wärme und ließ seine Schultern – die sich für einige Herzschläge lang unwillkürlich angespannt hatten – wieder gemächlich herunter sinken, und schon kurz danach hatte sich seine Haut bereits an die hitzige Temperatur adaptiert und Marcus konnte leise und wohlig seufzen, in die Thermen zu gehen war wohl wirklich einer der größten Lieblingsbeschäftigungen von Marcus, mal von Essen, Trinken und den Lupanaren abgesehen, denen er genauso oder sogar eifriger frönte; selbst nach der Hochzeit, die nicht all seine alten Lebensgewohnheiten vertrieben hatte; Marcus war gar nicht auf die Idee gekommen, etwas daran zu ändern. Und in diese träge Entspanntheit rieselten Asnys Worte, wie eben jene später erwähnte Perlenkette, und fanden dort den Boden von Belustigung; als ob sie darüber groß etwas zu entscheiden hätte? Es klang schon fast umgekehrt, als ob sie die Herrin und er die Marionette in ihren Händen war, doch selbst wenn er sie für recht gewitzt, manipulativ und brillant hielt, so war ihr Einfluß auf ihn noch recht gering, sie hatte eben noch nicht die richtige Art gefunden, ihn zu manipulieren, dafür waren ihre Anstrengungen doch zu rabiat und zu offensichtlich – sogar für Marcus, ihr fehlte noch die Feinheit, die seine Mutter besaß, aber welch Wunder, es trennte die beiden Frauen viele Jahrzehnte und natürlich hatte Agrippina als seine Mutter einen deutlichen Vorteil von Natur aus. Er knurrte leise als Erwiderung, etwas, was man als Zeichen von Unwillen interpretieren konnte, oder als Äußerung seiner Belustigung, aber er schwieg sich aus, bis auf ein leises:
    „Soso!“
    , was er als Einzigstes von sich gab, auch die Metapher ließ er links am Wegesrand ihrer Thermenunterhaltung liegen; denn seine Gedanken waren einfach zu träge, um diesem bildlichen Vergleich annähernd folgen zu können und zu erschließen, ob er jetzt der Brunnen war oder doch nur der Bachlauf, er tippte auf das Letzte, denn Asny pflegte kaum eine Gelegenheit auszulaßen, um ihn auf tatsächlich vorhandene oder auch nur von ihr ersponnene Makel an seiner Person aufzuzeigen.


    Marcus lehnte sich noch ein Stück mehr auf seine Ellbogen und schloß wieder die Augen, der graue Wassernebel verschwand hinter den schwarzen Augenlidern, vor deren Schwärze weiße Lichtpunkte tanzten und ihm noch immer vorgaukelten, daß er die Sonne hinter dem offenen Fenster weiter oben erblickte, die sich langsam zu einem rot glühenden Sonnenball verwandelte, gleich als ob er sich drohend wie ein Meteor auf die Erde stürzen wollte, um alles auszulöschen, was jemals an Rom oder die Menschen dort erinnert hätte, als Zeichen des Götterzornes, dann verschwand auch dieses grelle Leuchten und kleine weiße Kreise zogen sich vor Marcus’ Augen entlang, bis nur noch die angenehme und beruhigende Dunkelheit übrig blieb.
    „Vulgär? Soso, aber wie es Dir erscheint, ist reichlich wenig von Belang, denn wenn ich Dir eine Frage stelle, dann erwarte ich, daß Du sie mir wahrheitsgemäß beantwortest. Auch wenn Du es wahrscheinlich als ein Perlen vor die Säue werfen erachtest, wenn Du Deine so strahlenden, glänzenden und makellosen Fähigkeiten, die jede Perle vor Neid erblaßen laßen würde, vor mir ausbreitest. Es ist mir jedoch gleich, Asny, ich habe Dich etwas gefragt und erwarte die korrekte und präzise Antwort auf die Frage und keine Ausflüchte.“
    Marcus öffnete einen ganz kleinen Spalt die Augen, blinzelte kurz und schloß sie sofort wieder, denn er wollte sich nicht zum Affen machen, während er sprach, daß womöglich die Sklavin ganz woanders hin eilte und er mit den wabernden Dampfschwaden Konversation führte, obwohl das wohl zu dem gleichen Ergebnis führte, wahrscheinlich hätte er sogar mit diesen Schwaden wohl eine produktivere und befriedigendere Unterhaltung.
    „Und abermals überspannst Du den Bogen viel zu sehr, Asny, aber da ich annehmen muß, daß Du einen Bogen niemals in Deiner Hand gehalten hast, geschweige denn, damit umzugehen weißt, will ich Dir nur folgendes vor Augen führen: Überspannst Du den Bogen, kann die Sehne reißen, diese wiederum trifft den, der den Bogen spannt und nicht das Ziel, worauf der Bogen gerichtet ist. Also hüte Deine Zunge! Was auch immer Du mit Deinen Beleidigungen und unsäglichen Sticheleien bewirken willst, ich dulde das nicht länger.“
    Daß er kein Genie wie Gracchus war, das war ihm natürlich bewußt, daß er sogar unter einigem Manko der intellektuellen Leistungen zu leiden hatte, im Vergleich zu seiner Familie, das wußte er genauso, aber er ließ sich das von keinem der Sklaven vorhalten, hätte es wohl früher höchstens scherzhaft von Hannibal hin gekommen, bevor dieser vom Himmel der Sklavenfavoriten in den Keller des Sklavenabschaums gefallen war; aber von Asny, der Sklavin, die ihm noch nicht mal ein ganzes Jahr diente – oder war es schon ein Jahr? – würde er so etwas gewiß nicht hinnehmen und schon gar nicht in ständig wiederkehrender Penetranz. Dennoch geisterte eine Frage in Marcus’ Geist herum: Welche Korrekturen? Sein Bauch vielleicht? Gut, der hatte eine ordentliche Wölbung erhalten, auch hatte die Muskelkraft bei ihm etwas nachgelaßen, selbst wenn Marcus durchaus noch kräftig war und nicht nur einfach ein fauler Fettsack; sein Knie war nicht mehr zu retten und unter einer Glatze litt er noch nicht, weswegen ihm nicht mehr viel einfiel; was auch daran lag, daß Marcus im Grunde völlig im Reinen mit sich war, zumindest so gut man es als normaler Mensch eben sein konnte.


    Leise ächzend erhob sich Marcus nach der Behandlung im Warmwasserraum und nickte langsam, während er es sich durch den Kopf gehen ließ, welches Opfer denn angebracht wäre, da es sich um staatliche Belange handelte, fand er Iuppiter nicht ganz unpaßend, dem Göttervater, der Recht und Ordnung zusammen hielt.
    „Gut, dann besorge ein Opfertier für Iuppiter, es sollte sich in der mittleren Opferkategorie handeln, also keinen Ochsen oder ähnliches, das ist mehr für ein großes Opfer paßend.“
    Die Farbe nannte er wohlweißlich nicht, denn er wollte, daß Asny das selber ermittelte und das richtige Opfertier aussuchte, wengleich er keine Zweifel daran hegte, daß sie es schon richtig machte; seine Holzschuhe klackten im nächsten Moment wieder über den Steinboden und er trabte – nur am Ausgang das nasse Tuch gegen ein Frisches wechselnd – weiter auf dem Badevergnügungsweg der römischen Thermen – dem tepidarium. Mild und nicht derart von der Hitze erschlagend, war der nächste Raum und nur warme Schwaden, aber kein heißer Wasserdampf, schwebten träge über ihn hinweg. Er holte kurz Luft und spürte, wie die Trägheit, die die Hitze in ihm verursachte, schon etwas weniger wurde und auch sein Kopf ein klein wenig klarer, seufzend ließ er sich auch in dem Raum nieder, um einige Herzschläge lang hier verweilen und sich entspannen zu können. Erst dann drangen wieder die anderen Worte in seine Erinnerung, er nickte huldvoll, warum sollte es nicht Asny machen, sie würde ihn später sowieso noch abreiben müßen mit dem strigilis und anschließend einölen, dann konnte er sich das Geld für jemand von den Thermen sparen.
    „Aber natürlich, wenn Du dieser Fähigkeit kundig bist, dann kannst Du mir das später beweisen, so Du mir schon eine Antwort auf Deinen Perlenschatz verweigert hast, den Du nicht auf einer Perlenschnur sehen willst.“
    Irgendwie hätten jedoch die Worte: zu unser aller Zufriedenheit Marcus aufhorchen laßen, denn das klang aus Asnys Munde doch recht unheilvoll und gefährlich; ein ganz kleiner Teil in Marcus, der von der Wärme jedoch gut betäubt war, meldete auch leise Zweifel an, ob es nicht am Ende eine schreckliche Tortur war, für die er noch die nächsten Tage büßen musste, und nur, weil Asny wieder ihre kleinen – wie Marcus fand – sadistischen Triebe befriedigen wollte; doch jener warnende Anteil verstummte nach einem kurzen Aufmucksen und kroch wieder in die dunkle Ecke zurück, wo es her kam, um sich dort besorgt zusammen zu rollen und einzudämmern.

    Ein kalter und unheilschwangerer Blick ruhte noch einige weitere Herzschläge auf dem Mann vor Jaref, denn über den Tisch ziehen lassen wollte sich der Wahrsager nicht. Zumal sich das herum sprechen würde und es ganz und gar nicht gut für sein Geschäft war. Der Boden knarrte im Einklang mit der Tropfensymphonie als er sich geschmeidig von dem Kissen erhob. Obwohl sein Körper hager und asketisch war, vernachlässigte er ihn nicht, er wollte schließlich am Besten noch mindestens zwei Jahrzehnte mit diesem Körper leben und das auch gut.
    „Ja, das genügt!“
    , erwiderte er und legte die Phiolen vorsichtig auf das Kissen, das ihm eben noch als Sitzplatz gedient hatte. Seine langen Knochenfinger langten nach einem weiteren Korb, der in einem der schäbigen und schiefen Regale stand, die das Zimmer zierten. Seine Hand griff in das weiche, flauschige Fell eines jungen Kaninchens, vielleicht zwei Wochen alt und von zierlicher, filigraner Gestalt, das Fell war weiß mit einigen schwarzen Tupfen und wirkte so flauschig, das es wohl jeden dazu eingeladen hätte, es zu kraulen. Doch Jaref griff dem Tier nur geschäftig in den Nacken und trug das zappelnde Bündel zurück zu dem Kissen, auf dem er sich nicht minder gewandt wieder herunter sinken ließ, nicht ohne mit Obacht die Phiolen auf seinen Schoß zu legen, direkt neben dem Kaninchen, das er fest hielt. Das Tier beruhigte sich kurz darauf und begann an einem Teil der Kleidung von Jaref zu knabbern, der sich daran nicht störte.


    Mit einem sparsamen Bewegung griff er nach einer alten Tonkaraffe, auf denen blutig rote Male gezeichnet waren und durch deren Bauch ein feiner Riss sich zog; ein Strahl von grünen, zähen Öl ergoß sich in eine große Schüssel vor Jarefs Beinen, rann die Rundung hinab und versammelte sich zu einer Lache am Boden des Gefäßes. Er entkorkte die Phiolen und ließ das Blut in das Öl träufeln, dann warf er noch einige Brocken schwarzer und undefinierbarer Substanz dazu, ehe seine Hand plötzlich nach vorne schnellte und die von Deron packte, wie ein Schraubstock legten sich die Finger um das Handgelenk des anderen Mannes und zog die Hand über die Schüssel; ein scharfer, krumm gebogener Dolch kam zum Vorschein und die grauen Augen richteten sich kalt auf Deron.
    „Stelle die Frage, die Du beantwortet haben willst! Aber ich warne Dich, stelle sie genau und auch nur dann, wenn Du die Antwort wissen willst. Denn die Wahrheit ist nicht immer zum eigenen Vorteil.“




    Es war einige Tage nach der Saturnalienfeier und Marcus litt immer noch unter den Nachwirkungen von all dem Feiern und dem vielen Trinken, aber auch dem ausgiebigem Schlemmen, dem er gefrönt hatte, nach jenem eher mageren Saturnalienabend, wo die Familie zusammen gekommen war. Dementsprechend matt und mit brummendem Schädel saß er im Garten, um die wenigen Sonnenstrahlen des Tages auszunutzen und blinzelte in das goldene Licht hoch, als ein Schatten auf ihn fiel. Marcus, der keine Lust hatte, sich mit irgendwas zu beschäftigen, egal was, verharrte und hoffte, der Schatten würde wieder verschwinden, er tat es jedoch nicht, sondern ein marginales Räuspern war zu vernehmen; Marcus blinzelte und ließ seine Augen zu dem Fleck hinüber wandern, der Ursache von der Störung seines Sonnenbades war; ein älterer Sklave mit weißen Haaren, faltigem Gesicht und einem arg zerknirschten, ängstlichen und besorgtem Ausdruck auf dem Gesicht.
    „Dominus…Entschuldigung…!“
    Marcus seufzte leise und winkte ihm, näher heran zu treten.
    „Ja, was gibt’s?“
    - „Herr, es gibt…ähm…schlechte Nachrichten!“
    Abwartend sah Marcus den Sklaven an, doch der schien sich nicht zu trauen, weiter zu sprechen.
    „Was denn?“
    , fragte er schließlich unwirsch, was bei dem alten Mann ein Zucken seiner Wangenmuskulatur verursachte.
    „Ähm…hier…“
    Er reichte eine Tafel an Marcus weiter, die zur Hälfte unleserlich geworden war. Nach einigen Anläufen gelang es Marcus, zumindest eine Zeile zu entziffern.
    „Eeent- Entführung und Sk…-Sk…-Sklavenflucht?“
    Verdattert sah Marcus auf, der Sklave schien am Liebsten sich in Luft auflösen zu wollen, doch ein strenger Blick von Marcus hielt ihn an Ort und Stelle.
    „Was hat das zu bedeuten?“
    „Es sind einige Sklaven geflohen, wohl schon vor ein paar Tagen. Vorgestern glaube ich, es ist nicht so ganz klar und es scheint, als ob sie Geiseln genommen haben.“
    Marcus wurde blass und starrte den Sklaven jetzt entgeistert an.
    „Welche Sklaven und welche Geiseln?“
    Der Sklave flüsterte leise die Namen, Marcus runzelte die Stirn und forderte den Sklaven auf, sich zu wiederholen…ein Herzschlag später flog ein Vogel erschrocken über ihm aus der Krone eines Baumes auf; er hatte sich über den wütenden Laut und das Scheppern der Tafel erschrocken…

    Zitat

    Original von Asny



    Blau war schon immer Marcus liebste Farbe gewesen, womöglich hatte er als Kind zuerst das blaue Meer gesehen, die satte Farbe des sommerlichen Himmels über Baiae oder die Nachtbläue von dem süditalischen, klaren Sternenhimmel; auf jeden Fall vermochte die Farbe blau eine gewiße Ruhe und Harmonie in ihm zu wecken, der Anblick von Meer weckte Kindheitserinnerungen, schöne Zeiten und aufregende, kleine und große Abenteuer, die er auf dem Gewässer erlebt hatte, darum war er heute besonders gut in der Lage, die ewigen Stichelleien seiner Sklavin zu ertragen. Wer sich jetzt fragt, warum er überhaupt so eine Sklavin an seiner Seite duldete und ihr sogar eine solche Stellung einräumte, der kannte Marcus einfach schlecht; Marcus hatte schon von je her ein Faible für energische und willenststare, kluge Frauen gehabt, sie vielleicht sogar angezogen und nicht von sich fortgestoßen und alles nur wegen einer einzigen Frau, die sein ganzes Leben prägte und es heute noch tat, mit ihr allumfaßenden, göttlichen Erscheinung: seine Mutter, die für ihn die vollkommenste und großartigste Frau war, die je die Welt beschritten hat und die von der Menschheit gesehen wurde; keine Frau konnte sich mit ihr meßen, doch jede Frau, die sich ihr nur annährte, weckte das Interesse in Marcus; Asny vermochte einige Schritte auf den Pfad dieser Göttin zu laufen und wäre sie nicht völlig entgegen Marcus' üblichen Typus, eben mehr dem Äußeren seiner Mutter ähnlich, dann hätte er sie schon längst in sein Bett geholt, aber Asny war zu blond, zu hellhäutig und zu blauäugig, somit nicht sein Beuteschema; es war mehr dieser - wenn auch oft penetrant störender - Charakter, den Marcus faszinierte, gleichzeitig zwar einschüchterte, aber dennoch an ihn band - selbst wenn das bestimmt nicht die Absicht seiner Sklavin war. Aus dem Grund nahm er manches von ihr auch hin, gleichwohl sie ihn hin und wieder ärgerten, selbst jetzt, wo er doch eigentlich von all dem Blau in eine harmonische und gut gelaunte Grundstimmung versetzt worden war; seine Nasenflügel blähten sich marginal auf als er tief einatmete und die Zeremonie des Brautpaares weiter beobachtete; ein Teil seines Geistes registrierte mit Zufriedenheit, daß das Brautpaar sicherlich alle Götter und Geister, samt der Ahnen, irgendwie zumindest auf ihre Seite brachten, denn die Ehe einer Flavierin sollte immer von dem Wohlwollen der übernatürlichen Wesen beschienen sein; selbst wenn es ihm bei dem Bräutigam reichlich egal war, der konnte schon froh sein, eine Flavierin abbekommen zu haben; während Marcus' Augen auf dem Brautpaar ruhte, sein Gesicht eine eher neutrale Fassung dabei offenbarte, meinte er leise:
    "Und glaubst Du wirklich, ein Getreidesack - wie Du es sagst - hätte in Parthia die Kämpfe überlebt? In mancher Hinsicht, Asny, bist Du nicht in der Lage, die Oberfläche zu durchschauen; Deine Urteilsfähigkeit ist wohl zu flink, um in dieser Hinsicht zu den richtigen Schlüßen zu kommen."
    Sicherlich hatte Marcus in den letzten Wochen und Monaten noch einige Pfund zugenommen, aber ansich hatte er schon während des Parthiafeldzuges ein ordentliches Gewicht erreicht; das Fiasko hatte mit seiner Beförderung zum Zenturio angefangen, als er sich Sklaven halten konnte, einen, der ihn bekochte und eine dekadente Unterkunft besaß. Ja? Ja, was? Sie wußte es, aber sie hielt es wohl nicht für nötig, es auch zu beweisen? Letztendlich schloß Marcus nur daraus, daß sie es eben nicht wußte, aber ihrem Ego wegen nicht eingestehen wollte, er rollte kurz mit seinen Augen und betrachtete seine Verwandte, wirklich schön hatte sie sich für diesen Tag heraus geputzt, aber kein Wunder, es war ihre Hochzeit und an diesem Tag strahlte sie auch wie ein leuchtender Diamant unter Kieselsteinen. Gemächlich schlenderte Marcus weiter und an einem anderen Gast vorbei, der sich gegen die Rehling lehnte. Er meinte, daß Asny wieder etwas gesagt hatte, doch mit dem Plätschern der Wellen wurden ihre Worte verschluckt, nur das Wort Salzwasser konnte er noch aufschnappen, was ihr einen fragenden Blick einbrachte, doch wenn es wichtig war, würde sie es schon wiederholen, weswegen Marcus nicht nach hakte.


    Er sann hinwieder lieber über die darauf folgenden Worte nach, trank dabei den Becher gemächlich leer und reichte ihn an einen vorbei eilenden Sklaven weiter; das Schiff mit einem Freund teilen, aber warum? Er wollte doch kein Handelsschiff daraus machen, welche Verschwendung, mal davon abgesehen, daß er gar nicht wußte, ob ihm das gesetzlich erlaubt war, die Senatoren hatten ja schließlich selber dafür gesorgt, daß die Welt der Geschäfte für die oberen Stände - außer den Rittern - deutlich schwieriger geworden ist, mal davon abgesehen, daß er sich mit dieser Welt - der des Handels - gar nicht gut auskannte, im Gegenteil, es war ihm noch fremder als die Politik, außerdem hatte er kein gutes Händchen für Geld; zudem fiel ihm auf die Schnelle eher nur ein Freund ein - aus alten Tagen - der aber in Ägypten mittlerweile lebte und sich selten in Italia zeigte, ihm war das Klima in Ägypten angenehmer - irgendetwas mit den Lungen hatte er, aber Marcus war kein medicus und kannte sich damit reichlich wenig aus! So brummte er abermals leise und unbestimmt und ließ seinen Blick über Mast, Segel und Planken des Schiffes streifen.
    "Investition? Asny, ich will keine Handelsschiff erwerben, wenn es mal für einige Wochen im Hafen liegt und für keine Fahrt genutzt wird, ist es auch nicht so schlimm."
    Fand Marcus zumindest, jedes Krämerherz würde jetzt sich zusammenkrampfen und einen Anfall erleiden, bei der Vorstellung, was das Schiff doch an Einträgen erbringen könnte, während all der Tage, die es untätig im Auf und Ab des Hafenplätscherns vor sich hin dümpelte, aber nein, Marcus besaß eher die Mentalität, daß Ausgeben seliger war, denn Nehmen und das hatte er sein Leben lang bisher recht erfolgreich praktiziert, sehr zum Leidwesen seines Vermögens, das immer wieder erbärmlich herunter geschrumpft war und sich sinnloser Investitionen hatte opfern müssen. Aber über den schnöden Mammon verlor Marcus keinen weiteren Gedanken, als er sich die weiteren verbalen Erläuterungen seiner Sklavin anhörte; Geschenk? Eine Fahrt? Von wem, bei allen guten Göttern, hatte Asny das geschenkt bekommen? Derart verdutzt musterte er die junge Frau, aber genauso als sie ihre Schwester im Zusammenhang mit dem Wort: Spaß vernahm; warum sollte es Asny wichtig sein, daß ihre Schwester Spaß verspürte? Einmal hatte sie ihre Familie erwähnt und es hatte damals Marcus so geschienen, daß sie froh gewesen war, diesen familiären Balast los geworden zu sein, oder dann doch nicht? Gab es eine Schwester, die ihr wichtig war? Vielleicht war die kalte Asny genau dort zu packen, und er konnte mal diese ominöse Schwester in die villa holen, um zu sehen, ob der Eisblock mal schmolz und sich etwas Menschliches unter dieser blassblauen Oberfläche zeigte.
    "Deine Schwester? Wie heißt sie?"
    Möglichst unbeteiligt und nur marginal interessiert, so wollte Marcus die Frage formulieren, vielleicht würde er ihr so eher die Wahrheit entlocken können und weniger wieder an dieser eisernen Mauer abprallen, die wirkungsvoll jegliche Attacke verhinderte, oder eben auch die Versuche, mehr über diese seltsam, fremdartige Person mit dem Namen Asny heraus zu finden, dem Mysterium, diesem See, der scheinbar nicht so tief war, aber deßen ruhiger Oberfläche man nicht ansah, das er in Wirklichkeit ein Gletschersee war und diese hatten bekanntermaßen unergründliche Tiefen; gleichwohl Marcus kein Gelehrter war, so hatte er doch den Abenteuerdrang in sich und vielleicht reizte es ihn deswegen so sehr, daß er auch aus jenem Grunde die Sklavin nicht schon längst den Löwen zum Fraß vorgeworfen hatte - mal von der nicht unbedeutenden Tatsache abgesehen, daß sie ihre sonstige Arbeit wirklich tadellos erledigte, vielleicht ein wenig zu perfekt. Aber etwas, was Aristides, nebst einiger Wörter, die Asny leichthin hatte fallen laßen, nicht verstand, war, warum man eine Schiffspartie nicht genießen konnte, was gab es schöneres als einige Stunden oder sogar Tage auf dem Meer zu verbringen, wenn es nach Marcus gegangen wäre, er hätte sich vor Jahren mit Freuden der classis angeschloßen, was ihm natürlich verboten worden war, obwohl es doch viel näher an Baiae lag, aber dort verdiente man sich nicht so leicht die Sporen, angeblich, aber das waren alles andere Zeiten gewesen.


    Platsch! Irritiert wandte sich Marcus' Kopf in Richtung der See, es war nicht die übliche Geräuschkulisse, etwas, was in den sonstigen Ablauf nicht ganz paßte, ein Laut, der ihn aus dem Gespräch, aber auch dem Betrachten der Zeremonie heraus riß. War da etwas ins Wasser gefallen? Hatte er da nicht auch einen menschlichen Laut vernommen? Ganz sicher war sich Marcus, eben noch gefangen in den Erinnerungen und der Hochzeit, nicht wirklich, so suchte er die Oberfläche des Hafenbeckens mit seinen Augen ab, ein verdächtiger Strudel war linkerhand zu sehen und Marcus, etwas von der strahlenden Sonne des Tages geblendet, verengte seine Augen, um beßer dorthin zu spähen.
    "Hast Du das auch gehört, Asny? Ist da jemand vielleicht über Bord gegangen?"
    Marcus war sich wirklich ganz und gar nicht sicher, deswegen wollte er auch nicht gleich zu schreien anfangen mit: Mann über Bord, sondern sich selber vergewißern, schließlich konnte eine solche Geschichte sonst einen Schatten auf die Hochzeit seiner Anverwandten werfen, etwas, was Marcus natürlich nicht riskieren wollte; immer noch den Blick auf die Oberfläche fixiert, schritt Marcus etwas schneller aus und in Richtung der Rehling, die in einer etwas ruhigeren Ecke des Schiffes lag.

    Es war ein angenehmes Prickeln, was über Jarefs Nacken rieselte, die Gewißheit, daß er mit Blicken, mit seiner ruhigen Präsenz und wenigen Gesten einen Menschen derart aus der Fassung bringen konnte, ihnen sogar Angst einjagen, das war etwas, woran er lange geübt hatte, selbst wenn er mit seinen eigenartig grau-kalten Augen schon von je her einen Vorteil besaß, aber die hagere Askese und viel Übung hatten ihm dabei geholfen; und heute verdiente er auf die Art mehr Geld als die bunten und kreischenden Wahrsager, die schrill sangen, sich mit ihrem Körper wogten und leicht als Scharlatane zu entlarven waren, aber nein, Jaref hielt sich nicht für einen Scharlatan, er glaubte an all das, was er tat und meinte auch, eine große Gabe zu besitzen. Und er war nicht leicht aus der Ruhe zu bringen, die ihn umstrahlte, selbst wenn es ärgerlich ihn durchzuckte; Makesh, der Idiot, dachte Jaref, hatte mal wieder den falschen Preis ausgehandelt. Aber obwohl Makesh ein gewitzter Verhandler war, fehlte ihm doch viel von dem Geist, den wiederum Jaref geerbt hatte, wie unterschiedlich doch zwei Brüder sein konnten, selbst wenn nur ein Jahr zwischen ihrer Geburt lagen. Marginal nickte Jaref, er war kein Geschäftskrämer und er feilschte nicht, das hatte sein Bruder zu erledigen, wenn er sich selber zu sehr mit solchen mondänen Dingen beschäftigte, so glaubte Jaref, könnte es ihm schaden, aber er konnte sich auch nicht von jedem Dahergelaufenen in seinem Preis drücken laßen, das war mitunter eben für die Zukunft nicht gut.


    Er griff mit seiner kalten und trockenen Hand, die rauh und etwas schuppig war, sich fast wie eine Schlange anfühlten, nach den filigranen Phiolen und entnahm sie vorsichtig der zitternden Hand seines Gegenübers; und obwohl Jaref innerlich über die Aufregung des Mannes grinste, wenn nicht sogar lachte über die klamme Hand, die er kurz berührte, ließ er sich äußerlich nichts davon anmerken; sorgsam die Glasphiolen haltend – soetwas war ja auch nicht billig, außerdem trugen sie sehr kostbaren Inhalt in sich – zog er die Hand an sich heran und griff nach einer der Phiolen, um sie gegen das Licht zu halten; warm und dunkel glänzte das Licht auf der tiefroten bis fast braunen Oberfläche des Blutes und brach sich in viele funkelnde Strahlen dort, wo nur das Glas vorherrschte; einige grünweiße Lichttupfen glitten über das hagere Gesicht des Syrers. Während er noch die Phiole vor sein Auge hielt, um sich das Blut anzusehen, meinte er leise und mit kaltem Tonfall:
    „Es ist immer hundert Sesterzen für solche Fälle, aber gut, ich werde mich dieses Mal mit den Achtzig begnügen. Sollte ich jedoch erfahren, daß Du mit meinem Bruder Hundert abgemacht hast und mich hier belügst, dann...“
    Er ließ die Phiole sinken und fixierte mit seinen grauen Augen den Anderen.
    „...wirst Du Deines Lebens nicht mehr glücklich werden, denn ich mag es nicht, wenn man mich betrügen will. Haben wir uns verstanden?“




    Das stete Wogen unter seinen Füßen, der sanfte Plätschern der Wellen gegen die Bordwand, das Knarren des Schiffes, das sanfte Murmeln der Balken, all das war eine Symphonie in Marcus' Ohren, ein mildes Reigen auf dem blauen Ozean und es erfreute Marcus' Herz dermaßen, daß ihm jegliche negativen Schwingungen vollkommen entgingen, er war einfach zu gut gelaunt, trotz seines Hungers, der langsam anschwoll und durch die wohlriechenden Düfte von den Speisen, die wohl auf der Hochzeit kredenzt werden sollten, noch gemehrt wurde; die Hände hinter dem Rücken verschränkt und sogar noch kaum die Last der toga verspürend, ließ Marcus seinen Blick weiter über das Schiff und dann mal das Meer und die anderen Schiffe im Hafen wandern; vielleicht sollte er sich selber mal ein Schiff kaufen und einfach davon segeln, einfach weg von Rom, von den ihm drohenden Pflichten, die ihm mehr unliebsam waren, einfach über die blaue See dem Horizont entgegen. Marcus' Mundwinkel hoben sich ganz leicht bei der Vorstellung und sein Blick wanderte in die Ferne, darüber sinnend, was einem alles auf hoher See begegnen könnte und einfach nur von einem Tag zum Anderen vor sich hin leben dürfend; es war eine herrliche Vorstellung und es juckte Marcus in den Fingern. Matrosen dafür zu finden, war bestimmt nicht so schwer, zumindest stellte sich Marcus das so vor, schließlich sollte es kein Kriegsschiff werden. Er neigte nur andeutungsweise, aber zufrieden den Kopf als Asny antwortete, denn es klang recht manierlich, was die junge Frau von sich gab, außerdem schien sie ihm wirklich zugehört zu haben, was auch nicht alle Sklaven taten oder nur Interesse heuchelten, während sie lieber darüber sannen, wie sie am Besten von der Seite ihres Herrn weichen oder sich einfach das Leben angenehmer machen konnten; eine kleine Irritationsfalte erschien zwischen Marcus' Augenbrauen und er sah nach hinten zum Schiff als er die Erfahrung von Asny vernahm, versuchte das Gesagte in einen richtigen Zusammenhang zu bringen und zu verstehen, was Asny genau meinte. Das über die Soldaten weckte gleichzeitig Belustigung in Marcus, andererseits auch ein wenig Missmut, wie sie über Soldaten sprach, denn Soldaten waren für Marcus natürlich noch Kollegen - und nicht mit dem Sklavenvieh zu vergleichen, das man hin und wieder in den Schiffsbauch zwängte! - aber die Belustigung überwog seiner jovialen Stimmung wegen deutlich, weswegen es erneut um seine Mundwinkel zuckte.


    Da sich Marcus noch immer mit dem Bild beschäftigte, wie ein stämmiger Soldat, ein solcher Ochse von Mann mit Schultern wie ein Schrank, aber sich nach unten verjüngend, von einem Windhauch an Land ins Straucheln gebracht wurde, tropfte die unverschämte Beleidigung von Asny erst langsam in Marcus' Kopf, wandte sich dort wie eine träge Schlange, um dann flink und fies in seine Gedanken zu beißen; einen Herzschlag lang sah Marcus Asny einfach nur verblüfft und entgeistert an, ehe sich seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen preßten und er sie streng und kalt ansah; er mochte noch nachsichtig sein, wenn sie ihn unter vier Augen provozierte und aus der Reserve lockte, wenn sie eine unverschämte Stichelei nach der Anderen fallen ließ, aber in der Öffentlichkeit ging das zu weit, zumal er keine Lust, noch sonderlich einen Nutzen darin sah, wenn er sich mit ihr unter aller Augen auseinander setzen mußte. Er atmetet einige Male tief ein und sah wieder über den Ozean, die Wellen wirkten durchaus beruhigend auf ihn und glätteten die zornigen - und durchaus beleidigten - Worte in seinen Gedanken herab; Marcus fand den Skorpionstachel- wie sie das mit dem Schiff so treffend beschrieben hatte - , den Asny besaß und immer wieder zu Nutzen vermochte, recht unangenehm, zumal er eigentlich mit sich im Reinen war, aber es gar nicht mochte, wenn man ihn zu dick nannte oder es gar andeutete - denn er merkte ja schon, daß seine zwei Zentner etwas viel waren.
    "Was die körperliche Physis angeht, Asny, bin ich Dir immer noch überlegen, auch wenn Du noch so sehr trainierst. So viel zu unseren Freude der Arbeit und Natur betreffend."
    , antwortete Marcus mit kalter, und nicht minder schneidender, aber leiser Stimme, die fast von dem Plätschern des Salzwassers überschattet wurde.
    "Eine liburnia ist ein feines Schiff und gleitet ganz wunderbar im Wasser, das stimmt. Und auch sehr martialisch, besonders wenn sie nicht nur den dekorativen Teil am Achtersteven, sondern einen massiven Schiffsschnabel unter dem Bugspriet besitzt. Du weißt doch sicherlich, warum die rostra auf dem forum romanum ihren Namen trägt?"
    Marcus hegte keinen Zweifel daran, aber wenn sie ihn testete, dann konnte er das auch hin und wieder tun, und ihre Grenzen - von denen sie anscheinend keine hatte - erforschen damit, aber noch fing er eher mit leichten Fragen an, deren Antworten bestimmt wie ein Pfeil von der geistigen Sehne geschoßen kam.
    "Hm!"
    , brummte er lediglich als Kommentar zu Asnys Worten bezüglich der Seekrankheit und er legte eine geistige Notiz ab, daß er in Zukunft genau darauf achten mußte, wann Asny sich drückte oder er sie wirklich nicht zur Arbeit heran ziehen konnte, wenn sie schon derart offen zu Schau trug, daß sie entschied, wann sie mitkam und wann nicht, herrje, was war bloß mit den Sklaven von heute los, war das auch früher so schlimm gewesen? Marcus meinte nicht, aber da hatte sich seine Mutter um solche Angelegenheiten gekümmert.


    Jetzt wandte sich Marcus doch einige Herschläge der Hochzeitsgesellschaft zu und betrachtete das Treiben, auch etwas, was im Moment seine Laune noch zu heben wußte, aber besonders, als ein Sklave mit Bechern vorbei eilte; Marcus winkte ihn heran und ließ sich von dem honiggoldenen Tropfen reichen, der seinen Appetit nicht mehr schüren brauchte, aber dennoch eine gute Einleitung zu einem dekadent-leckeren Mahl war; Marcus führte auch gleich den Becher an die Lippen und genoß einen Schluck von dem süßen Gesöff, dabei langsam an der Rehling entlang schlendernd und das Schiff betrachtend, abwartend, daß die anderen Gäste Platz nahmen oder sich zusammen tummelten, um zu sehen, wo er seine Nische finden würde und mit wem er sich in den nächsten Momenten unterhalten wollte, im Moment war ihm eher weniger nach dem üblichen Hochzeits- und Feiertratsch, weswegen er sich noch momentan zurück hielt.
    "Asny, ich möchte, daß Du Dich in den nächsten Tagen erkundigst, was eine liburnia oder andere ähnliche Schiffstypen kosten und ob und wo solche Schiffe erhältlich sind."
    , meinte Marcus zu seiner Sklavin, dabei wieder den weiten Horizont absuchend, der mit jeder Blaunuance und weißen Wolkentupfen eine Einladung zu ihm schrie, ihn zu erkunden.
    "Wie kommt es eigentlich, daß Du auf einer liburnia gefahren bist?"

    Tatat-tu-tum-ta-ta-tu-tum, Jaref mochte das monotone Plingen in all den kleinen Schüsseln um sich herum, er mochte Regen, er mochte es, wenn die Welt grün und voller Pflanzen waren, denn Jaref kam von einem Landstrich vom toten Meer, wo mehr die Trockenheit über das Naße herrschte, wo der Regen ein seltenes Geschenk der Götter war und Menschen das Glück oder den Tod brachte - wenn er sich dem Land verweigerte. Und obwohl Rom kein Britannia war, so regnete es doch deutlich öfters hier als in seinem Heimatdorf, dem er seiner Armut wegen entflohen war, vor langer Zeit, und seitdem hatte er viele Widrigkeiten erdulden mußte und überstanden. Das vom Regenwetter diffuse Zwielicht in dem Raum wurde nur von dem Glimmen einer Kohleschale unterbrochen, die zugleich etwas Wärme spendete, denn einen Nachteil hatte das Wetter, es war Jaref ein wenig zu kalt und kroch ihm in seine nicht mehr ganz jungen Knochen, um an seinen Zehngelenken unangenehm sich in Schmerzen zu manifestieren. Die Augen halb geschlossen vernahm Jaref die Schritte auf dem hölzernen, etwas morschen Boden; er saß immer noch im Schneidesitz auf dem dicken Kissen, dass mit vielen Gänsefedern und etwas Stroh gestopft war, und er hielt die Augen immer noch halb geschlossen als er hörte, daß die Schritt verharrten und sich nicht weiter näherten. Jaref wartete einige Herzschläge, denn er wußte, daß die Besucher immer sich gaffend umsahen, vielleicht sogar verängstigt, manchmal mißtrauisch, aber auf jeden Fall mit Respekt, ob nicht übernatürliche Kräfte sich gleich hier zeigen würden, all die Amulette aus Knochen, die an den Balken hingen, den Vogelschädeln, die aufgereiht auf einem Regal lagen, das rote Glänzen auf den großen Metallschüsseln, das von dem vielen Blut der Opfertiere stammte, aber auch der Geruch nach Weihrauch, orientalischen Kräutern, gemischt mit den Ausdünstungen nach Tier und Mensch, zudem die blutigroten Zeichen an manchen Teilen der Wände, vermochte eine andere Welt dem normalen Mann oder Frau zu eröffnen, eine, in die auch die Geister leichter gelangten, die Schleier zum Jenseitigen schienen nicht ganz so stark zu sein, selbst wenn hier noch kein mundus lag.


    Erst, nachdem er dem Mann genug Zeit gelassen hatte, um einerseits noch unbehaglicher zu werden, andererseits zu der Erkenntnis kam, daß Jaref vielleicht von solchen okkulten Dingen etwas verstand, wenn er sich mit dem ganzen Plunder umgab, wandte Jaref sein Gesicht zu Deron. Große, graue Augen, die die Farbe einer Taube oder eines dichten Morgennebels hatten, waren das Erste was man in dem hageren Gesicht des Syrers erkannte. Eingefallen wirkten die Wangen des Mannes, einem Asketen aus der Wüste glich er, der sich in dieses herunter gekommene Viertel verirrt hatte und in all dem Regen verloren schien, doch die Augen von Jaref vermittelten keine Hilflosigkeit, eher ein durchdringendes Sondieren seines Gegenübers – Deron, ganz als ob Jaref danach ergründete, die tiefen Geheimnisse von jenem bereits jetzt zu erfahren. Schweigend hob Jaref seine knochige Hand, an der einige Elfenbein- und Silberarmreifen klimperten, über die eine rotgewebter Wollumhang fiel, den sich Jaref der klammen Kälte wegen umgelegt hatte; mit der Hand deutete er auf eine Sitzgegelegenheit ihm gegenüber, zwischen den beiden Kissen stand die große Schüssel, in der immer noch das Blut mit dem Ei vermengt sich befand. Jaref schwieg immer noch und schien es wohl nicht für nötig zu erachten den Mann zu begrüßen, oder die sonstige orientalischen, übertriebenen Schmeicheleien zu beginnen, um an das Geld zu kommen, was er immer für seine Dienste verlangte. Er hatte fest gestellt, daß die Stille seine Besucher mehr beeindruckte als übertriebende Blumensprache.
    „Hast Du das Blut von ihr und dem Kind mitgebracht?“
    Schneidend und kalt durchbrach Jaref doch die Ruhe im Raum, die von dem Stakkato der Regentropfen begleitet wurde.
    „Und das Geld? Hundert Sesterzen!“



    Schwungvoll wurde die Tür zum officium des tresvir capitalis aufgestoßen, und zwei Männer spähten in den Raum hinein, einer davon war ein außerordentlich beleibter und kleingewachsener Mann mit einem leuchtend roten Haarkranz auf dem Kopf, der in der Mitte eine rosige Lichtung von Haut offenbarte, aber auch Marcus Flavius Aristides, frisch ernannter tresvir capitalis und gänzlicher Neuling in den Amtsangelegenheiten seines Bereiches, mal von der Politik sowieso abgesehen, das ebenso ein unbekanntes Schlachtfeld für ihn war. Unbestimmer Miene musterte Marcus einige Herzschläge lang die Einrichtung, doch obwohl er eigentlich nichts erwartet hatte, ernüchterte ihn die spartanische Bürokratie doch enorm, immerhin war ein großes Fenster zu sehen, so daß es ihn nicht allzu sehr an die Zeit im Rekrutierungsbüro erinnerte, am Anfang, als er nach Mantua versetzt worden war.
    "Deinen Vorgänger habe ich nicht oft hier gesehen, aber der war auch viel in der Stadt unterwegs, um sich um die Carcer und ähnliche Amtsgeschäfte zu kümmern. Aber an sich ist das hier Dein Reich, tresvir!"
    , meinte der Rothaarige; Marcus nickte langsam und trat vorsichtig in den Raum, fast, als ob er besorgt wäre, daß ihn einer jener ominösen Verwaltungsmonster ansprang, von denen man doch munkelte, genauso wie die Geschichte mit den Krokodilen in der Kanalisation von Rom; doch ihn starrte nur die Leere des Raumes an, der große Tisch mit schon hoch gestapelten papyri und der Geruch nach Pergament - den Marcus nicht mochte, es erinnerte ihn an viele, gequälte Lektionen in seiner Kindheit, er vermochte es, nicht seine Nase zu rümpfen und nickte dem Mann, der ihn freundlicherweise hier her geführt hatte, zu.
    "Ich danke Dir, Rusius...ähm...falls ich Fragen habe?"
    "Gleich zwei Türen weiter auf der linken Seite, dann einen guten Einstand, Flavius!"
    "Danke!"
    Rusius schloß die Tür hinter Marcus und ließ ihn dort allein zurück; ratlos stand Marcus dort und bereute es, Asny nicht doch mitgenommen zu haben, aber er wollte sein neues Terretorium erstmal erkunden, ehe er sich in diesem beweisen sollte und dem kritischen Auge seiner Sklavin stellen mußte; langsam ging er um den Schreibtisch herum und beäugte skeptisch die Papiere, die wohl von ihm bearbeitet werden mußten; zögerlich nahm er auf dem Stuhl Platz und betrachtete den Haufen; dann lehnte er sich zurück und fing an mit dem Stuhl zu kippeln, denn noch hatte er nicht das Bedürfnis, sich mit dem Schreibkram zu befaßen, erstmal wollte er in den Raum hinein schnuppern.
    "Uaa!"
    Fast hätte es den Stuhl zurück gerißen und Marcus unsanft auf den Boden geworfen, als einer der Stuhlbeine von etwas, was darunter steckte, rutschte; nur mit Mühe konnte er sich an der Tischkante fest halten und das kleine Malheur verhindern; nachdem er sich so gerettet hatte, spähte er auf den Boden hinunter und erkannte einen zusammengefalltenten Fetzen; mit gerunzelter Stirn hob er diesen hoch und faltete ihn auseinander, es schienen mehrere papyrusseiten zu sein, die einst als Wackelunterlage des Stuhls gedient hatten.
    "Diiiiee...AAAbb- Aabenteuer der schönen Luc- c- i - llaa...huch? Herrje..."
    Marcus blätterte weiter und sah gleich, daß es nicht die Lucilla war, die immer noch so einen großen Eindruck bei Marcus hinterlaßen hatte und die perse - nach seiner Mutter - wohl zu seinen Traumfrauen gehörte, außerdem sah er kleine, schnell dahin gekritzelte Initialen - CFA - und dahinter ein doch recht pikante, syrisch anmutende Geschichte. Ein Grinsen breitete sich aus und Marcus konnte sich sehr gut vorstellen, wem das gehört hatte, natürlich niemand anderem als seinem Vetter, der einst hier auch gearbeitet hatte, und kein Wunder, daß er so oft hier war, wenn er sich derart die Zeit vertrieb. Marcus blätterte die erste Seite auf und begann vergnügt, wenn auch holprig, zu lesen; nach einer Weile gluckste er leise auf und ließ die Finger über die schon etwas ausgebleichten und knittrigen Zeilen wandern, und derart - etwas weniger trocken, aber durchaus vergnüglicher als Marcus es sich gedacht hatte - begann die Amtszeit für Marcus.

    Liebe Jana,


    wie Du ja weißt, finde ich es sehr, sehr schade, daß Du das IR verläßt. Du bist eine langjährige und treue Weggefährtin auf den verschlungenen Pfaden des IRs gewesen. Du bist immer und stets ein Quell großer Inspiration für mich gewesen, eine Hort von vielen kreativen, humorvollen, tiefsinnigen und spannenden Ideen. Du hast das IR in einer unglaublichen Weise bereichert, als Moderatorin, als eine treibende Kraft im CD, als eine extrem fleißige Schafferin hier im IR - die ja bis zum Ende noch Gruppen-IDs geschrieben hat, ohne je Aufsehen um Anerkennung daraus zu machen - als eine großartige Schreiberin und als eine tolle Mitspielerin - kein Wunder, daß ich Fan von jedem Deiner Charaktere war, die alle ein interessantes und spannendes Konzept besaßen.


    Ich danke Dir für das gemeinsame, freudvolle Spiel im IR, aber auch, daß Du es stets geschafft hast, mich zu fordern, fördern und schreiberische Impulse zu vermitteln. Ich danke Dir für all die hunderte Male, in der Du für mich Probe gelesen hast, sowohl bei meinen Beiträgen, als auch, um mein Gewißen zu sein, wenn es um Konflikte mit den Mitspielern im IR ging. Danke schön für all das, was Du uns hier im IR geschenkt und gegeben hast. Sowohl an Beiträgen, als auch an der vielen SimOff Arbeit, die Du geleistet hast. Das IR wird ohne Dich nicht mehr für mich so sein wie früher und viel von dem Reiz verlieren. Obwohl es ein großer Verlust ist, ist es mit Sicherheit eine gute und mutige Entscheidung von Dir - gerade, weil das IR Dir viel bedeutet, aber es so nicht weiter gehen kann. Alles, alles Gute für Dich und man sieht sich ja beim nächsten Grilltreffen :]

    Wünsch Dir auch alles Gute und vielleicht findest Du ja den Weg ins IR zurück...oder weiter ins Leben - was ja mehr zu bevorzugen ist*. ;)



    [SIZE=7]*Was ich im Sinne meinte: Das Leben ist eh viel schöner ^^[/SIZE]