Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Oha, ein Küken wird erwachsen :D Na, dann paß mal auf, die letzten Jahre gen Dreißig gehen ganz flott vorbei, einmal gezwinkert und schon wars das! :D


    Alles, alles Gute zum Geburtstag und ich hoffe, daß der Tag heute schon mal ein guter Einstand für ein kommendes glückliches und erfolgreiches Lebensjahr ist.

    Optio Nonius Nobus starrte gelangweilt vor sich her; eine Fliege summte durch den Raum und flog träge und fett von dem Spucknapf in der Ecke zu den Resten von Nobus' Abendessen in der Wachstube; gelangweilt spielte Nobus mit einigen Würfeln in der Hand und sah immer wieder zu der Tür des kleinen Wachhauses, das eine gründliche Renovierung gebrauchen konnte, aber sie waren ja nur die Nachtwache, ein Haufen von Sklaven, ehemaligen Freigelaßenen und einigen wenigen verrückten Bürgern, die versuchten, sich hier bei den Vigilen einen Namen zu machen, was nur den allerwenigsten gelang. Nonius Nobus war einer davon, sein Name war außerhalb des Wachhauses wohl niemanden bekannt, höchstens einem der wenigen Tribune, der diesen Namen mal auf der Liste der korrupten Vigilen gesehen hatte, doch bisher war Nobus nichts nachzuweisen, auch wenn er regelmäßig Geld in seine eigene Tasche steckte. Klein, hager und dürr, mit einer Spitzen Nase und einem häßlichen Frettchengesicht, das war Nonius Nobus und ganz anders als sein Kumpane Cadius Colonius, der mehr in die Breite als die Höhe ging, aber sein Würfelkumpan schien im Moment nicht aufzutauchen, weswegen sich Nobus dem Sack widmete, den sie in der Nachtschicht zuvor einem verdächtigem Subjekt abgenommen hatte, seine beteuernde Worte, daß er nur ein Lieferjunge war, hatte Nobus ignoriert, wohlwißend, daß es durchaus wahr sein konnte, aber diese Tatsache machte Nobus noch umso gieriger. Seine Finger zogen gerade eine hölzerne Schatulle hervor als die Tür mit einem Stoß aufging; erschrocken und wie ertappt sah Nobus auf und auf einen Mann in einer strahlend weißen toga und darunter wohl beleibter Statur.
    „Ähm...ja, was gibt’s?“
    , brummelte er abweisend und hätte den Kerl am Liebsten sofort wieder hinaus geworfen, denn es war die letzten beiden Stunden seiner Dienstzeit und eigentlich hatte er vor gehabt, sie in der taberna nebenan zu verbringen.





    SimOff: Mit freundlicher Genehmigung der SL

    Vor einigen Wochen? Tagen? Wer weiß...
    Zaghaft sprossen die ersten Pflanzen aus dem winterlich gebeutelten Boden, die ersten Knospen an den Bäumen sprossen hervor, um in wenigen Tagen in einem Meer von rosa, weißen und gelben Blüten zu erstrahlen und den Menschen laut und jubelierend zu verkünden, daß der Winter auch in Rom ein Ende hatte, auch oder gerade, denn die Wintermonate waren hier kürzer als im hohen Norden, wenn auch länger als in dem Süden, der den Winter nur als eine sanfte Liebkosung des kühleren Wetters kannte. Noch hatte die Amtszeit nicht begonnen, selbst wenn die Wahl vor wenigen Tagen statt gefunden hatte; Marcus wußte um der Ergebnis und war einerseits erleichtert, nicht auf die Nase gefallen zu sein, andererseits beklemmt, daß er jetzt keinen Schritt zurück machen konnte und wohl oder übel den Weg einschlagen, den seine Familie für ihn auserkoren hatte. Es war wenige Tage vor seinem vierzigsten Geburtstag, die Umstände in der villa konnten glücklicher sein, die Entführung lastete wie eine dumpfe, drückende Glocke über Marcus; aber sie konnte auch noch bedeutend schlechter sein; und wenn man eben glaubte, es konnte nur noch schlechter werden, so wurde es auch. Marcus wanderte unruhig im Garten auf und ab und starrte grübeln auf den Himmel, der sich langsam rot und purpur färbte, da die Sonne sich im abendlichen Spiel dem Horizont näherte. Ebenso, wenn auch um Längen weniger spektakulär und völlig farblos, näherte sich eine r der älteren Sklaven, der als Schreiber in dem Anwesen arbeitete. Stumm und wortlos reichte er Marcus einen Brief, den er zwischen der anderen Korrespondenz gefunden hatte; Marcus nahm ihn entgegen und sah den Sklaven fragend an, doch das Siegel war noch ungebrochen und er erkannte natürlich sofort den flavischen Abdruck darauf und die elegant schwungvolle Schrift seines Vetters.


    Der Sklave verließ den Garten als Marcus das rote Siegelwachs durchbrach und das Pergament öffnete, seine Augen flogen über die ersten Zeilen und leise murmelte er den einen oder anderen Brocken aus der Schrift vor sich her, denn leise lesen konnte Marcus immer noch nicht: Gruß und Heil dir, Vetter, nun wieder in der Ferne...Denn weit fort von Rom werde ich bereits sein, so du diese Zeilen liest, gen Achaia... nicht da mein Leib mich im Stich lässt, nicht da mein Geist neuerlich von Nebel umhüllt ist, meide ich deiner angesichtig zu werden vor der Abreise... So hoffe ich, du magst Nachsicht üben mit mir, kannst mir dies verzeihen...Eine Bitte indes möchte ich dir antragen, nicht um meinetwillen, sondern zum Wohle der Flavia, habe Acht auf meine Gemahlin und mehr noch meinen Sohn... Langsam ließ Marcus den Brief herunter sinken und starrte durch den immergrünen Bewuchs der Gartenlaube, durch den die sanften Strahlen der Abendsonne hindurch krochen und ein Schatten- und Lichtspiel auf den Boden, dem Brief und Marcus warf. Tatsächlich fühlte sich Marcus im Stich gelaßen, aber weniger, weil sein Vetter das Heil in der Ferne suchte und hoffte, dadurch zu geneßen, sondern mehr von den Göttern, die Manius Gracchus mit einem solch schweren Schicksal beluden; immerfort schien sich sein Vetter für unzulänglich zu halten, dabei war er der beste Flavier in der Familie gewesen, wahrscheinlich in der ganzen Ahnenreihe und ganz besonders seitdem sie in den patrizisischen Stand gehoben wurden, er hätte wohl ein nobler und würdiger Kaiser sogar werden, hätte viel bewegen und erreichen können, aber die Parzen waren grausam mit diesem Mann. Marcus' Schultern sackten hinab und er lehnte sich gegen eine umwachsene Marmorsäule in seinem Rücken; ein jünglinghafter Ganymed starrte höhnisch lachend zwischen den Säulen hervor, die Amphore bereit haltend, als ob er darauf wartete, daß Iuppiter herab stieg, um sich an der Ambrosia zu laben; hatte die Statue nicht immer Wohlgefallen bei Gracchus geweckt? Marcus seufzte nochmal und wandte die Augen von dem bemalten Marmor ab. Es war schlimmer geworden; jetzt war Marcus der Letzte von den drei Vettern in Rom, die einst doch sich so zugetan waren und in tiefer Freundschaft verbunden; die Familie schien immer mehr auseinander zu brechen; Marcus erhob sich und wanderte in Richtung des Hauses, um den Kummer heute mit einigen Amphoren Wein zu ertränken.

    Marcus floh liebend gerne auch in den Trost des Weines, wenn er nervös war, aber noch viel lieber in den der Speisen; denn sein Hunger und Appetit stieg proportional mit seiner innerlichen Aufregung oder Aufruhr in der Regel; doch heute war er im Gegensatz zu seinem Vetter reichlich ruhig und gelaßen, jeglich sein anscheinend doch so markantes Augenbrauenspiel hätte etwas Aufruhr in das Antlitz von Marcus gebracht, aber bis auf ein marginales und kaum bedeutendes, schon amüsiertes Zucken beider Augenbrauen, blieb Marcus' Gesicht eher gelaßen und ruhig als er seinem Vetter aus Ravenna lauschte.
    „Hmh!“
    , brummte Marcus leise als Erwiderung; er horchte kurz in sich hinein und fragte sich, ob er denn glücklich mit Piso sein wollte? Irgendwie war das doch eine Formulierung, die mehr auf Leontia, der zarten und lieblichen Schwester paßte, und nicht auf ihn, aber innerlich zuckte er darüber mit der Schulter und verkniff sich auch jedes Grinsen; eigentlich könnte Piso es doch besser wißen, schließlich war Marcus in den ersten drei Dekaden seines Lebens ein ziemlicher Tunichtgut und Faulenzer gewesen, selbst als er schon das erste Mal verheiratet war, war er mehr ein cenagänger als ein Arbeitstier gewesen; und jetzt war er die moralische Instanz für tugendhafte und strebsame Lebensführung? Mit einem Schlag kam sich Marcus bedeutend älter vor und er merkte, daß er heute vierzig Jahre alt geworden war. Die Zeit seiner Jugend schien Äonen her zu sein und anscheinend sahen alle anderen das auch, selbst wenn Marcus sich noch bis vor wenigen Jahren eigentlich recht jung gefühlt hatte.
    „Äh...ja...!“
    , meinte Marcus darum betroffen, eine Regung, die Piso sicherlich nicht einordnen konnte, aber Marcus, der für einen Herzschlag darum verwirrt war, achtete nicht darauf, wie es auf seinen Vetter wirken mußte. Außerdem fragte sich Marcus, was das für ein Posten überhaupt war, er war lang und klang bedeutend, anscheinend hatte sich Piso doch etwas ansehnliches da geangelt. Aber was er wohl den lieben langen Tag tat? Sklaven herum scheuchen? Den Palast beaufsichtigen?
    „Und...ähm...gefällt Dir Deine neue Arbeit?“
    , fragte Marcus in dem Versuch, vielleicht doch mehr darüber zu erfahren. Die Frage nach der acta machte Marcus nun doch verlegen; er las niemals die acta, außer jemand las sie ihm vor, ansonsten schaffte er höchstens einen halben Artikel und nickte dann mit den papyrusblättern selig in Morpheus' Reich davon, Marcus war nun mal keine Leseratte und mit seiner Leseschwäche arg beeinträchtigt.
    „Ähm...ich glaube, der Artikel ist mir entgangen. In der acta, wegen Deiner Beförderung?“

    Einen Moment mußte Marcus über die Frage von Catubodus nachdenken; wie er mit den Sklaven in der Sanktion vorgehen wollte, darüber hatte er sich noch keinen Gedanken gemacht, gleichwohl sein erster Gedanke war, sie alle ans Kreuz zu binden und das auf der via appia, so daß es auch jeder sehen konnte, schließlich waren sie zu weit gegangen, in dem sie seine Frau entführt hatten; Marcus' Lippen verschmälerten sich dabei und selbst wenn ein kleiner und alter Anteil in ihm sich unwohl fühlte und sich schon fast schmerzhaft zusammen krampfte, bei dem Gedanken seinen früheren Spielkamerad und ehemaligen Leibsklaven ans Kreuz zu schlagen, so überwog der Zorn und die Wut bei Weitem.
    „Es wäre sehr viel vorteilhafter, wenn Du die Sklaven – also meine – lebend zurück bringst, damit sie ihre Strafe hier erhalten, sollte es jedoch sehr ungünstig kommen, dann ist ihr Leben keine weitere Beachtung mehr wert, insbesondere, wenn es das Leben meiner Frau gefährdet, dann kannst Du alle Beide töten. Wenn Du sie verletzt und noch lebendig zurück bringst, ist das auch ausreichend, ihre Unversehrtheit kümmert mich herzlich wenig.“
    Da sonst keine Fragen offen waren, nickte er dem Sklavenjäger reserviert, aber höflich zu.
    „Dann viel Erfolg, Catubodus!“
    Marcus nickte auch Penthesilea noch mal zu, sie wußte ja, was zu tun war und auch, daß sie sich mit dem Jäger um die weitere Organisation zu kümmern hatte; weswegen Marcus sich abwandte und nur kurz und aufmunternd seiner Verwandten zu lächelte, ehe er mit wieder grimmiger Miene in Richtung der flavischen Gänge verschwand.

    Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, daß er ein Narr ist.
    - William Shakespeare, 1564 - 1616


    Es gibt Momente im Leben eines jeden Menschen, in dem sich das Leben verzerrt, in dem sich die Momente wie aus einem anderen Universum geschickt anfühlten, in denen der Mensch glaubte: So etwas kann nicht Real sein, es muß aus einer Satire entstammen. Und genau einen solchen unglaublichen Moment erlebte Marcus Flavius Aristides; Marcus Flavius Aristides, der in seinem Leben schon einiges erfahren hatte, der vielen unterschiedlichen Menschen begegnet war: groß, klein, dick, dünn; dumm, clever, brillant; freundlich, liebenswert, ironisch, sarkastisch; gutartig, böse, fies und hinterhältig; an Charakteren hatte der Patrizier namens Marcus Flavius Aristides in seinen vollen vierzig Lebensjahren schon einiges erlebt und hatte sich gegen so manchen Spott, dem er schon begegnet war, gut gewappnet, selbst wenn sein dickes Fell noch lange nicht dick genug war, um es einfach und ohne Gram weg zu stecken, wenn jemand auf der Wiese seines Seelenlebens mit Lachen und Hohn herum stach und große Löcher des Spotts hinein grub; nein, so abgebrüht war er doch wieder nicht. Fassungslos richtete sich Marcus auf seine Hände auf und hob den Kopf von der warmen und weichen Unterlage, wo er sich eben noch gedachte, zu entspannen – wohlverdient, wie er fand, nach dem Streß der letzten Wochen rund um Wahlkampf, Wahlkampfspiele und sonstigen Widrigkeiten. Es war nicht nur der Abgang, den Asny wählte, der ihn fassungslos machte, sondern jedes einzelne Wort, das aus ihrem doch oft so unschuldig lächelnden Mund kam; gerade die paradoxe Kombination von dem lieblich, fast schon engelhaften Gesicht der Asny mit den bitterbösen und sarkastischen Worten erschütterte Marcus immer wieder; warum verschwendete ein junges und doch ansehnliches Mädchen ihre Zeit mit solchem verbalem und gedanklichen Gift? Gerade weil sie ihr Potential doch viel sinnvoller nutzen könnte und ihren Intellekt auf sinnigere Dinge richten; Marcus war nicht nur ratlos, er war heillos verwirrt.


    War er von den Worten getroffen? Ja, das war er sicherlich, denn selbst wenn einige Dinge, die ihm Asny immer wieder an den Kopf warf, mittlerweile von ihm abperlten, so fand ihr kluger Kopf immer wieder neue Aspekte, die an ihm fehlerhaft, schwächlich, dümmlich oder völlig sinnlos waren, er schien nur ein Sammelsurium von Makeln und Fehlern zu sein, frei von jeglichen Vorzügen oder Charakterstärken; noch nie hat er jemanden getroffen, der ihn bis zum Boden seines Daseins für den Abschaum der Menschheit zu halten schien; selbst der gehäßigste Neider, der spöttischste Satyriker in seinem Lebensweg von Bekanntschaften hatte das nicht vollbracht. Erbost und tief getroffen schnaubte Marcus durch seine Nase und erhob sich langsam und nicht sonderlich elegant von der Liege, wobei seine Hände nach dem Tuch um seine Hüften griffen, um dieses fester zu ziehen, wenigstens einen Rest von Würde wollte er sich heute in diesem Bad bewahren, selbst wenn Asny mit einem Skalpell erneut die Hülle um ihn herum aufgeschnitten hatte und sein Seelenleben mit Genuß seziert hatte; nein, ein brünstiger Auerochse war er bestimmt nicht...wobei Marcus Auerochsen sogar als recht würdevoll in Erinnerung hatte, aber trotzdem! Er kam auf seine Füße zurück und grummelte leise in sich hinein; die paßenden Worte waren ihm auf die Schnelle nicht eingefallen, dafür war er mitunter nicht immer schlagfertig genug, selbst wenn ihm hin und wieder mal das eine oder andere Bonmot einfiel.
    „Ich werde doch ganz gewiß nicht irgendeine Frau bespringen...wie ein Karnickel!“
    , murmelte Marcus eine Weile später, Asny war schon längst nicht mehr in Sicht, aber sie hätte bestimmt jedes Wort, das er gesprochen hatte, fein säuberlich auseinander genommen und ad absurdum geführt. Er schüttelte den Kopf und starrte ratlos auf die Kacheln vor seinen Füßen, die in Grün, Blau, Weiß und Gold gefärbt waren und in der Gesamtheit ein Bild von Meer, Nymphen und Fischen bildete, um den Städter aus Rom doch ein wenig Meer und Natur vorgaukeln zu können, mit einem Schuß vom Übernatürlichen.


    Wäre Marcus eine Figur in einem Drama oder Tragödie, dann würde er diese Gelegenheit mit Sicherheit nutzen, um einer dieser langatmigen Monologe zu halten, in denen er dem Zuschauer sein ganzes Dilemma, seine halbe Lebensgeschichte und seine Pläne für die Zukunft zu Füßen legen würde; aber Marcus besaß weder einen Hang zur Melodramatik, noch ein schauspielerisches Talent oder Bestreben, so grummelte er nur leise etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und begann zu grübeln, halb dabei gegen die Marmorbank gelehnt, die sonst als Massagetisch diente. Das Plätschern des grauen Regenschleiers paßte jetzt sehr viel besser zu seiner Stimmung als noch vor einer hora als er eigentlich noch recht guter Dinge war; was würde sein Vetter tun, wenn er an Marcus' Stelle wäre? Wahrscheinlich würde er die Angelegenheit an Sciurus delegieren und kein weiteres Augenmerk mehr auf die Sklavin richten und was Sciurus tun würde, konnte er sich schon denken; aber Marcus besaß keinen Sciurus – selbst wenn er gerne einen solchen Sklaven gehabt hätte, loyal, dezent, stetsfort ein stiller und treuer Begleiter, dabei sehr klug und fleißig; eigentlich war Sciurus zu perfekt um wahr zu sein für einen Sklaven, wo hatte Gracchus ihn nur gekauft? - und aus dem Grund des Fehlens eines solchen Sklavens mußte Marcus selber sich darum kümmern. Was hätte Aquilius getan? Asny die Freiheit geschenkt und ihr einen Beutel Sesterzen in die Hand gedrückt und wahrscheinlich mit einem Lachen die Frau behüpft, die Asny wohl gedachte, ihm jetzt zu kommen zu laßen, aber Aquilius war diesbezüglich immer unbesorgter und selbstbewußter gewesen, er scherte sich scheinbar wenig um die Meinung anderer. Marcus' einstige Unbekümmertheit war in den Jahren auch geschmolzen, wie viel von seiner Sorglosigkeit. Was sein Bruder machen würde, war deutlich und klar, er würde Asny den Löwen vorwerfen und keinen weiteren Gedanken an sie verschwenden. Aber Marcus war eben Marcus und selbst wenn er nicht von der zimperlichen Sorte Patrizier war, so empfand er alle Vorgehensweisen, die bei seinen Verwandten tauglich waren, als eine weitere Niederlage gegenüber der Sklavin; denn ganz so wie er vorher behauptet hatte, war es nicht, ihm war ihre Meinung nicht zur Gänze egal, selbst wenn er trotzdem nur eine Sklavin in ihr sah.


    Marcus hob seine Hand und fuhr sich ratlos über den Nacken und rieb sich dann mit dem Zeigefinger die pochenden Schläfen, denn der Tag hatte ihm weniger Erholung als denn ziemliche Kopfschmerzen eingebracht; aber dann paßierte es und zwar noch sehr zaghaft und langsam, einem kleinen Keim wie im Frühling wurde es gestattet aus dem Morast von Marcus' Gedankenwelt heraus zu kriechen, noch hatte der Keimling keine großartige Form und nur die Spitzen von Blättern, die sich erst in zwei Teile aufteilen sollten, langsam den Stil nach oben führend und schließlich Stück für Stück zu einer Pflanze wachsen, bis sie große Blüten und Samen tragen sollte, die wiederum andere Bereiche des Morastes begrünen konnte, doch jetzt war dieser Sämling klein und mehr der Hauch einer Idee; es würde sich zeigen müßen, ob er jemals groß werden würde, oder gleich von den barschen Füßen von Asnys Intellekt zertrampelt wurde. Aber dieser Hauch und diese kleine Pflanze, die zum ersten Mal das Licht seiner geistigen Welt erblickte, brachte doch etwas wie Amüsement und eine gewiße Spannung in ihn, ob es denn vielleicht dieses Mal zu seinen Gunsten ausgehen würde. Seine Mundwinkel, die eben lieber Richtung Boden fallen wollten, hoben sich einen Deut nach oben und sein erbost zusammen gezogenen Augenbrauen wanderten an den alten Platz zurück, genauso glättete sich die Falte zwischen ihnen und auch das Krausen auf seiner Stirn; erneut und entschloßen zog er das Tuch fester und richtete sich auf, seine Augen wanderten durch den leeren Raum und er trat von der Bank weg, um in Richtung des Durchgangs zu zu gehen, aus dem Asny eben noch verschwunden war, drei Schritte weit schaffte er zumindest, sich dem Ausgang zu nähern...


    ....und ihn wohl dann irgendwann doch noch erreichte, um die Bäder zu verlassen.



    Edit: -- Nach zwei Monaten hab ich hier auch den Faden verloren und schlag vor, es so zu belassen.

    Zufrieden nickte Marcus, er glaubte der kleinen Dido, denn sie hatte immer den Eindruck erweckt, zufrieden mit ihrem Dasein zu sein und nicht gut Freund mit ihrem Vater; Marcus sah von ihrem neuen Sklavenjäger zu der dunkelhäutigen Sklavin.
    „Du wirst dafür Sorge tragen, daß ihr alles an Ausrüstung, Pferde und Proviant zusammen bekommt und führe...“
    Er sah verwirrt zu dem Sklavenjäger.
    „Wie ist eigentlich Dein Name?“
    Immerhin war es gut, zu wißen, wen er da hinter den Sklaven herschickte.
    „Entschuldige uns bitte einen Moment!“
    Marcus drehte sich um und berührte Penthesilea am Arm, um sie etwas von den Anderen zu führen. Neben einigen Säulen und in einem ausreichenden Abstand blieb er stehen und musterte die junge Frau; gewaschen, manierlich angezogen und wieder von den Wunden genesen sah sie auf dem zweiten Blick durchaus reizend aus, und sie hatte eine sehr schöne Hautfarbe, wie Marcus fand, seine Augen verirrten sich auch einen Moment in Richtung ihres Auschnitts ehe er leise zu ihr meinte:
    „Du wirst dafür Sorge tragen, daß der Sklavenhändler das tut, was er versprochen hat. Wenn er versuchen sollte, mit dem Geld zu fliehen, dann strecke ihn nieder, wenn er sich von den Sklaven beschwatzen laßen sollte oder ähnliches, dann dassselbe. Du wirst dort meine Augen und Ohren sein! Und Du darfst jedes Mittel nutzen, um meine Frau lebend und gesund zurück zu bringen. Die Sklaven sind bedeutungslos dagegen und ihr Leben keinen Pfifferling mehr wert, sie müßen nicht lebend zurück kommen.“
    Er sah ihr eindringlich in die Augen und hoffte, daß sie ihn ausreichend verstanden hatte; Marcus drehte sich wieder um und ging zurück zu den Gruppe.
    „Penthesilea wird Dich zu den Ställen führen und auch die Sklaven mit Dir aussuchen, das werde ich eurem Urteil überlaßen. Hast Du noch Fragen?“

    Der Charme und Liebreiz seiner Sklavin war mal wieder überwältigend und Marcus verzog das Gesicht leidig; auf der Hochzeit wollte er sich jedoch nicht streiten, es sollte ein freudiges Ereignis sein, wenn seine Verwandte heiratete und nicht von den Sticheleien von Asny getrübt sein; Marcus stellte wieder mal auf Durchzug und beschloß, es für den heutigen Tag gut sein zu laßen. Sein Kopf sah noch mal über die Oberfläche des Salzwassers hinweg und er nickte langsam, Asny hatte bestimmt recht und es war nichts bedeutendes. Auf ihren Widerspruch bezüglich Parthia nickte er nur langsam und wandte den Blick wieder auf die Hochzeitsgesellschaft, bei dem Opfer zuckte er lediglich mit der Schulter. Es brachte nichts, solch sinnlose und fruchtlose Diskussionen mit Asny zu führen; Marcus würde zwar sich gerne darin wähnen, daß dann der Klügere nachgab – also er – aber ganz würde es nicht den Tatsachen entsprechen. Marcus lehnte sich gegen die Rehling und atmete seufzend ein.
    „Wenn Du meinst, Asny!“
    Da sie weder ein Senator, noch nicht mal ein Bürger der Stadt war, interessierte ihn ihre Meinung bezüglich seines politischen Werdegangs nicht sonderlich. Er warf ihr einen mißtrauischen Blick zu wegen ihrer Schwester und konnte sich des Eindrucks nicht verwehren, daß sie ihn anlog, genauso wie bei der ersten Begegnung im Garten und das mißfiel Marcus gehörig, denn eigentlich hätte sie damals dazu lernen können, sie tat es jedoch nicht und schien auch gar kein Interesse daran zu haben. Jedenfalls verleidete es ihm gehörig die Gesellschaft der Sklavin.
    „Wenn Du willst, kannst Du Dich der Gesellschaft der anderen Sklaven anschließen. Du mußt nicht immer hinter mir her laufen heute, wie Du willst, Asny.“
    ...zumal Marcus jetzt seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge lenken würde, nämlich der Feier und nicht, sich mit der Sklavin zanken zu müßen, weil sie ein unendlicher, beßerwißerischer Sturkopf war. Ob sie weiter hinter ihm her lief oder nicht, das überließ er ihr in dem Moment.


    Marcus gab sich einem sachten Stoß von der Rehling und wandte sich in die Richtung, wo das Festmahl nun begann. Seine Augen suchten nach einem strategisch günstigen Platz und er nahm auf einer der Klinen Platz, die in der Nähe von Köstlichkeiten stand, aber auch nicht weit vom Hochzeitspaar; Marcus ließ sich einen Becher Reichen mit Wein und wartete, bis auch die anderen Gäste sich langsam zu Eßen tümmelten, dann hob er seine Stimme an.
    „Meine Familie muß heute einen großen Verlust hinnehmen, denn ein Aurelier, Aurelius Corvinus, hat uns eine wunderschöne, kluge und liebenswerte junge Frau geraubt. Nur mit den Zähnen knirschend konnte ich es akzeptieren, daß Flavia Celerina in die villa Aurelia ziehen wird, aber ich tröste mich mit dem Gedanken, daß sie dort gut aufgehoben ist und ihr Ehemann ihr jeden Wunsch von den Lippen ablesen wird...“
    … ein warnender Blick zu Corvinus, daß er das auch wirklich tat, ehe sich sein Mund zu einem Schmunzeln verzog.
    „Auf das Brautpaar und mögen ihnen die Götter in ihrem Eheleben hold sein, und ihnen viele Kinder bescheren.“
    Marcus hob dann auch den Becher und trank einen Schluck, an das Brautpaar jetzt in einem leiseren Tonfall gewandt, fügte er an:
    „Ich wünsche euch Beiden alles Gute und Celerina, Du weißt, Du bist immer bei uns willkommen und die villa Flavia wird immer Dein Zuhause bleiben, egal was paßiert!“

    Guten Morgen,


    eben da Du keine PNs verschicken kannst, hatte ich Email oder ICQ vorgeschlagen ;)
    So, ich habe mal eine Nacht darüber geschlafen und bin zu dem folgenden Schluß gekommen:
    Wenn ich jemanden blind und auf Vertrauen aufnehme, dann muß ich schon von seiner Idee und dem Charakterkonzept überzeugt sein und die Person sollte sich im Klaren sein, was wir in der gens Flavia wollen - bzw. das, was den Charakter der Familie bisher ausgemacht hat. Dein Charakterkonzept ist schon mal gut für das IR, aber für meine Vorstellungen für die gens Flavia reicht sie nicht aus. Zumal ich das Gefühl habe, daß Du Dir nicht speziell zu unserer Familie Gedanken gemacht hast oder Dich über uns informiert hast - zb. tabulariumsseite. Das ist nicht schlimm, denn Du scheinst ja Deinen ersten Charakter im IR zu beginnen. Aber vielleicht verstehst Du, daß es mir wichtig ist, daß die Familie das alte Profil und den Charakter behält, den wir in den letzten Jahren mehr oder minder versucht haben zu pflegen.


    Man kann im IR prinzipiell drei Charaktere spielen, als Patrizier noch zusätzlich einen Sklaven. Darum würde ich Dir anraten, mit Deinem ersten Charakter vielleicht erstmal Aufnahme in einer anderen Familie zu suchen. Auf dieser Seite ( http://www.imperium-romanum.info/lists.php?a=ag ) findest Du einige sehr nette und hilfsbereite Familien, die gerne neue Mitglieder aufnehmen. Ich denke, Du kannst dort bei den Meisten auch eine gute Hilfestellung bekommen für den Einstieg im IR - wofür mir momentan auch die Zeit fehlen würde.


    Wenn Du ein paar Monate im IR dabei bist und Dich schon eingefunden hast in dieses Spiel, kannst Du Dich - wenn Du dann noch Lust hast - gerne per PN bei mir melden und wir reden noch mal über eine Aufnahme in die gens Flavia.


    Zudem gibt es auch noch drei andere Patrizierfamilien, wo Du es versuchen könntest, wenn es Dir wichtig ist, mit dem ersten Charakter einen Solchen zu spielen.


    Ansonsten wünsche ich Dir alles Gute und ich bin mir sicher, daß Du auch in einer anderen Familie und hier im IR großen Spaß finden kannst.


    mfg
    MFA

    Patrizier sind die alte "Adelsschicht" des Antiken Rom. In früher Zeit waren sie in Rom die Machthaber, bis sich die Plebejer ihre Rechte erkämpften und auch den Weg in den Senat und an oberste Stelle erarbeiten konnten. Patrizier haben ein paar Vor- aber auch ihre Nachteile.


    Vorteile:

    Zitat

    hohes Ansehen, Zugang zu besonderen Ämtern, Steuerfreiheit, berechtigt zu einer zusätzlichen Sklaven-ID


    Nachteile:
    1. Es gibt ein paar Dinge, die ein Patrizier nicht tun sollte.
    - Er sollte nicht in die Mannschaftsränge der Legionen einsteigen - gut, ich habe es auch gemacht, aber damals gab es keinen anderen Weg im Militär.
    - Von manchen Leuten wird es nicht gern gesehen, wenn er sich in die Plebejischen Bereiche - Rittertum, etc. - einmischt, wobei es da durchaus möglich ist, daß ein Patrizier ein Ritterposten animmt.
    2. Du mußt einer Kultvereinigung beitreten - wobei ich das eher als einen spielerischen Vorteil sehe, da es ja auch wieder neue Spielfelder ermöglicht.
    3. etwas, was ich bestimmt vergeßen habe ;)


    Die Plätze sind begrenzt a. weil es die Steuerfreiheit gibt, b. Patriziern schon Wege und Möglichkeiten offen stehen, Karrieren anzufangen, die sich Plebejer erst erarbeiten müssen und c. weil Patrizier leichter in die Politik kommen können und zudem noch im kultischen Bereich einige Vorteile haben, etc.


    Es gibt bei den Flaviern übrigens auch die Möglichkeit, in den plebejischen Zweig ein zu treten. Wenn Du das gerne machen möchtest, wärest Du nicht unbedingt mit uns Flaviern verwandt, könntest jedoch auch ein Klient sein und somit dann doch ein wenig zur Familie gehören. Eine Aufnahme in den plebejischen Zweig ist auch ohne große Ausfragerei über Deinen Charakter möglich.


    Ansonsten kannst Du es, wenn Du einen Patrizier spielen willst, hier hinein schreiben, oder es per Email machen oder ICQ - wobei Du mir bei beidem Deine Kontaktadressen geben müsstest, damit ich Dich anschreiben kann.

    Salve Octavianus,


    herzlich Willkommen im IR auch von mir.


    Nun zu Deinem Wunsch in die gens Flavia einzutreten.
    Eine patrizische gens hat aufgrund der Spielregeln nur eine begrenzte Spielerplätzekapazität. Die gens Flavia hat momentan noch freie Plätze, weswegen eine Aufnahme theoretisch möglich ist. Aber da wir eben so wenig Plätze frei haben, verstehst Du es sicherlich, wenn ich deswegen auch sicher sein will, daß es Dir ernst ist und Du Dir auch Gedanken zu unserer Familie gemacht hast. Denn im IR erlebt man es immer wieder, daß sich jemand anmeldet und dann doch schnell die Lust verliert, was in unserem Fall dann besonders schade wäre, da dann ein aktives Familienmitglied weniger möglich wäre.


    So, dann mal einige Fragen vorweg:
    Was stellst Du Dir für einen Charakter vor? Du kannst mir dazu alles erzählen, vom Lebenslauf bis hin wie die Persönlichkeit Deiner Figur sein soll.
    Warum willst Du in die gens Flavia?
    Was stellst Du Dir für eine Zukunft für den Charakter vor?
    Wo in der Familie möchtest Du angesiedelt sein, wenn es zu einer Aufnahme kommen würde? Sprich, wie die Verwandschaft zu den jetzigen Flaviern aussehen soll.
    Hast Du unseren SimOff Kommentar im tabularium gelesen?


    Gruß
    Marcus


    P.S: Zu dem Namen, es würde dann Gaius Flavius Aquilinius heißen. Doch da eine Frage: Ist Dir der cognomen wichtig? Denn wir hatten bis vor kurzem einen Aquilius in der Familie und um Verwirrungen zu vermeiden, wäre ein anderer cognomen wenn, dann doch sinnig, hm?

    Kein Gefeilsche? Marcus' Gesicht bekam darüber einen zufriedenen Ausdruck, denn er mochte das Feilschen nicht und schon gar nicht in dieser Angelegenheit. Marcus winkte den Sklaven heran und schickte ihn leise flüsternd wieder davon, damit dieser die Tafel holte, die ihnen die kleine Dido hinterlaßen hatte. Derweil winkte er auch die gladiatrix zu sich und näher zu treten, an Catubodus gewandt meinte Marcus:
    „Das ist Penthesilea, sie ist eine ehemalige gladiatrix und sie wird Dich mit einigen anderen Sklaven begleiten, um die Flüchtigen zu faßen.“
    Worauf die Sklavin dabei zu achten hatte, das würde Marcus ihr später noch unter vier Augen sagen, aber nicht jetzt und hier im atrium. Der Sklave kam bereits wieder zurück und Marcus ergriff die Tafel, die er ihm gebracht hatte. Einige Schriftzeichen waren darauf verwischt, da die Tafel leider im Schlamm gelandet war, ehe sie ihren Weg in seine Hände gefunden hatte, aber man konnte noch genügend identifizieren, um den Sinn der Botschaft zu erkennen; er reichte sie Catubodus weiter und fügte an:
    „Das ist die Botschaft von der Sklavin Dido, die unfreiwillig mitgeflohen ist. Sie ist die Tochter von Hannibal, was der Grund wohl ist, daß er sie mitgenommen hat.“

    Schweigend wartete Marcus und spähte auf das Tor und zu den Baracken, die er dahinter erspähen konnte, vertraute Konturen, vertraute Lagerstraßen, er kannte das alles hier sehr gut, nur den prätorianischen Teil, der war ihm gänzlich unbekannt, denn sein Dienst hatte ihn nicht zu den Schwarzröcken geführt. Er sah auf als schließlich der optio kam und Marcus nickte ihm freundlich zu.
    Salve, optio Quintilius. Nein, es gab keine Ungereimheiten und um ehrlich zu sein, hat mich auch nie ein solcher Bericht erreicht. Außerdem wie heißt es so schön, was Du selber kannst erledigen, verschiebe nicht auf Morgen.“
    Und abermals warf Marcus Redewendungen durcheinander – etwas, was ihm leichthin paßierte und er nie bemerkte.
    „Neben den Carcer interessiert es mich, welches Aufkommen an Kriminalität wir in den letzten Jahren zu verzeichnen hatte, der jetzige Prätor möchte sich darüber ein Bild machen und es ist mir als Aufgabe zu gefallen. Gibt es Listen über die Insassen und ihrer Taten der vergangenen Zeit?“

    Marcus lehnte sich gegen das Fenstersims, aus dem er eben noch geschaut hatte, und verschränkte die Arme vor der Brust, während sein Kopf ein marginales Nicken in Richtung von zwei Stühlen machte, wo auch ein Tonkrug stand und Becher, etwas, was ein Sklave noch vor kurzem gebracht hatte, obwohl Marcus zu dem Zeitpunkt nicht mit Besuch gerechnet hatte.
    „Natürlich, nimm ruhig Platz und bedien' Dich, wenn Du durstig bist...“
    ...oder einfach einen Becher zum Festhalten brauchst, dachte Marcus zudem; denn – wie ihm auf den zweiten Blick auffiel – Piso wirkte reichlich nervös und was bei Marcus einen weiteren Schuß Mißtrauen weckte, hatte sein Vetter womöglich etwas ausgefreßen? Als dann jedoch die Sprache auf Leontia kam, zuckten Marcus' Augenbrauen einen Moment unwillig nach oben, denn in diesen Tagen drückte schon genug Sorgen und Kummer auf Marcus' Schultern, so daß die Erinnerung an Leontia doppelt schwer wog, denn es versetzte ihn immer noch in Kummer, daß seine junge und mitten im Leben stehende Lieblingsbase so jäh aus dem Leben gerißen worden war – und unter sehr seltsamen Umständen, die Marcus immer noch nicht verstand. Marcus' Gesicht verschloss sich jedoch bei der Erwähnung seiner Base und seine eben noch recht entspannten Hände krampften sich für einen Moment zusammen; doch er schwieg...vorerst zumindest. Schlussendlich konnte es Marcus nicht laßen, abermals wanderte seine Augenbraue nach oben. Seit wann kümmerte es Piso, was er – Marcus – über ihn dachte? Es verwirrte Marcus einige Herzschläge dermaßen, daß sich der abweisende Ausdruck etwas glättete. Wie peinlich! Das waren genau die Worte, die Marcus immer wieder von seiner Base gehört hatte, wenn sie von ihrem Bruder sprach. Schweigend musterte er seinen Vetter und dachte einige weitere Herzschläge über die Frage nach, nach einigen Momenten zuckte er schließlich mit der Schulter.
    „Wieso sollte ich das denken, Aulus, als ich in Deinem Alter war habe ich auch noch nichts sonderlich sinnvolles getrieben.“
    Tat er das jetzt etwa? Irgendwie fand er sein Leben momentan wieder reichlich sinnlos, das, was ihn erfüllte, konnte er nicht mehr ausführen und das, was er tun mußte, fand er reichlich stupide.
    „Ich glaube, Du kannst Dir denken, warum Deine Schwester nicht sehr glücklich mit Dir war...“
    , fügte Marcus an und zuckte schließlich noch mal mit der Schulter. Irgendwie fand er es immer noch schwierig über sie zu sprechen, ebenso über seine kleine, verstorbene Tochter.
    „Warum ist Dir das jetzt wichtig, ich meine, früher war Dir das doch auch egal?“

    Er war ein Tropfen im Meer des Wasser, er war ein Blatt im stürmischen Wind, er war eine Flamme im lodernden Inferno, nichts konnte ihn erschüttern, nichts aus meiner Natur herausreißen – wie schön fände Marcus das, leider war dem nicht so und derartige Gedanken schoßen ihm auch nicht durch den Kopf, denn dafür war er viel zu sehr von der Hitze, dem Dampfraum und den vielen Worten seiner Sklavin benebelt; selbst wenn es ihm einige Herzschläge an Ruhe vergönnt war, ehedem sich Asny wieder ihrem nächsten Sturmangriff hingab und wohl versuchte ihn aus dem Sattel seines bisherigen Lebens und Weltanschauung zu stoßen; dennoch vermochte Marcus sich in dem Augenblick wenig zu ärgern; gerade seine Erfahrungen mit sehr klugen und willensstarken Frauen hatte ihn in einer gewissen Weise auch abgehärtet; er vermochte die Worte an sich vorbei plätschern zu lassen und im Sand der geistigen Ödnis versickterte, wo sich selten ein bewusster Gedanke hin verirrte und wohl auch einen elenden geistigen Dursttod sterben würde, da dieser Bereich fern von jeden intellektuellen Regenschauern lag und niemals auch nur einen Tropfen von Wissen, Erkenntnis oder Weisheit erhielt. Wäre Asny hinwieder jedoch nur eine römische Bürgerin und somit fest in Marcus’ Schema und Weltbild eingefügt, hätte sie ihn nicht ein einziges Mal in der Vergangenheit ärgern können, es war mehr der Status, der doch Gehorsam, Respekt und Unterwürfigkeit verlangte, den sie dermaßen ignorierte und sich darüber erhaben zu fühlen schien, dieser Status und das konträre Bild was Asny davon immer wieder lieferte, war der Quell jener Stacheln, die auch trafen. Marcus streckte sich ein wenig und warf Asny einen gelangweilten Blick zu, zwischen seinen halb geschloßenen Augen.


    „Asny, langsam bist Du wie einer der staubigen, alten Griechen, die sich ständig wiederholen und nichts Neues bringen; Du wirst berechenbar. Respekt? Mich interessiert Dein Respekt einen feuchten Dreck, Asny, und das wird sich auch nie ändern. Warum? Weil Du in Person unbedeutend bist, Du bist ein Werkzeug, ein Statusobjekt, das seinen Zweck zu erfüllen hat. Nicht mehr, aber natürlich auch nicht weniger. Du beginnst aber immer wieder zu offenbaren, daß Du diesen Zweck nicht zu erfüllen vermagst. Zuviele Makel…! Du gehst mir nur langsam mit Deinem Geschwafel auf den Geist, selbst ärgern kannst Du mich nicht mehr…nur noch langweilen.“
    Marcus erhob sich langsam, um nicht durch die Hitze in seinem Kreislauf beeinflußt zu werden; nach einigen Herzschlägen fühlte sich Marcus einigermaßen sicher, ob der warmen Dampfschwaden und rückte das Tuch um seine Hüften wieder etwas enger unter seinem Bauch; die Entspannung des Tages tat ihm immer noch gut und auf seinem Gesicht lag ein milder und wenig erboster Ausdruck.
    „Willst Du mich wirklich zum Nachdenken bringen, wie Du es behauptest, solltest Du Deine Taktik überdenken, denn sie ist eher die eines Nashorns, der versucht, Eier mit seinem Hufen zu greifen. Plump und wenig erfolgreich!“


    Jetzt war es genug an Hitze und Marcus drehte sich um, um dann doch in den nächsten Raum zu laufen, immer laut klackend mit den hölzernen Schuhen; doch schon der nächste Raum bestach mit seiner erfrischenden Kühle, es war auch jener Raum, den Marcus zu Anfang aufgesucht hatte und erneut einen kalten Sprung ins kühle Becken versprach; und Marcus, deßen Körper von oben bis unten in eine gesunde Röte getaucht war, zudem noch eine Schweißschicht auf seinem Körper besaß, konnte der Versuchung und Erfrischung natürlich nicht widerstehen; er legte das klamme und naße Tuch zur Seite und machte einen wenig eleganten, dafür energischen Satz in das Becken und tauchte sofort tief unter, so weit es eben ging – in dieser Hinsicht war ihm seine Größe schon hin und wieder im Weg. Prickelnd und wie feine Nadelstiche glitt das kalte Wasser über seine Haut und nachdem der erste Kälteschock überwunden war, merkte Marcus, wie sehr das Wasser seinen Körper belebte und es tat ihm reichlich gut, weswegen er noch einige kräftige Schwimmzüge anschloß, ehe er sich abermals aus dem eiskalten Wasserbecken erhob und an die Stufen watete, die aus dem Becken hinaus führte, wo er sich ein frisches Tuch reichen ließ; wieder sammelten sich kleiner Wasserpfützen zu seinen Füßen, als er einige Herzschläge lang stehen blieb.


    Seine Zeit war tatsächlich nicht mehr so freizügig begrenzt, wie noch zu dem Zeitpunkt, als er die dritte Dekade erreicht hatte und außer Feiern, Frauen, Jagen – egal ob die holde Weiblichkeit, wenn sie sich mal dafür anbot, was in letzter Zeit eher selten in Marcus' Leben war, oder das Wild – und Essen im Kopf hatte; schon während des Militärs hatte sich Marcus jedoch an diese Entsagungen gewöhnt und empfand den Mangel daran nicht mehr als sonderlich tragisch, hinwieder Vorbehalte, die nur darauf deuteten, daß er immer noch ein Leben wie vor einer Dekade führte, amüsierten ihn nicht, aber er zuckte lediglich mit der Schulter darauf.
    „Wenn es meine Zeit erlaubt, dann schaue ich mir die potentiellen Opfertiere an.“
    , meinte er darum knapp und reserviert – natürlich kam selten ein freundlicher Tonfall gegenüber Asny auf, die meiste Zeit zumindest. Nachdem das Badeprogramm erstmal absolviert war, Marcus wieder etwas erfrischte, war es langsam Zeit, diesen Fertigkeiten von Asny auf den Grund zu gehen, selbst wenn er nicht ahnte – oder überhaupt darüber nachdachte – ob es wirklich eine Erholung oder vielmehr eine Folter sein würde; derart unbedarft schritt er langsam in die Richtung, wo die dafür bereit gestellten Räumlichkeiten waren. Was ihn hinwieder amüsierte, war die Tatsache, wie vehement Asny immer wieder betonte, wie wenig sie wert auf seine Meinung lag; so sehr sie darauf immer wieder beharrte, gewann diese Aussagen langsam einen merkwürdigen, eben schon amüsanten Unterton, als ob es doch nicht wahr war, aber Asny inbrünstig bemüht war, das zu negieren; es zuckte marginal um Marcus' Mundwinkel und er schwieg dazu, denn jedes Wort würde nur auf dieser Starrsinshaltung Asny versteifen laßen.


    Auf den Massageliegen aus Stein, auf denen schon Leinentücher lagen, nahm Marcus erst Platz und brachte seine zwei Zentner Leibesmaße nicht tumb, wenn auch nicht mit akrobatischen grazilen Bewegungen auf die Liege und drehte sich auf den Bauch, dabei das Kinn auf seinen verschränkten Armen abstützend. Es summte und brummte immer noch in den Thermen, überall waren mal anschwellende und abklingende Schritte, wie das Murmeln von Stimmen zu hören, von draußen das Lachen und die Rufe derjenigen, die sich am Leibe ertüchtigen, spielten oder sich einfach nur amüsierten und unterhielten. Marcus lauschte einige Herzschläge auf all die Geräuschkulisse und all das Leben in dieser großen Badeanlage; und den Moment des Friedens genießend, stahl sich auch für einen kurzen Moment ein Lächeln auf sein Gesicht.
    „Pflegst Du einen guten Kontakt zu den anderen Sklaven des Haushaltes?“
    , fragte Marcus, noch ehe Asny mit ihren Künsten beginnen konnte, irgendwie hatte Marcus das Gefühl, Asny war eine Einzelgängerin, die sich wenig mit den anderen Sklaven abgab, aber vielleicht war sie den Menschen ihres Standes gegenüber gnädiger, man konnte ja nie wißen – außer die Person, die Asny wohl am Besten kannte – sie selber.

    Die villa erschien Marcus so unendlich leer, nachdem sein Vetter vor einigen Tagen – oder waren es schon Wochen her – abgereist war; wenn einer den Segen der Götter verdient hatte, dann gewiß sein Vetter Manius Gracchus, aber die Götter spielten gerade mit ihm ihr grausames Spiel; es war einer jener Tage, an denen er dem Amte nicht nachgehen mußte, heute waren die Amtsgeschäfte vom religiösen Kalender aus verboten, die Togen konnten in ihren Schränken bleiben, die officii blieben geschlossen, selbst wenn draußen in der Stadt weiterhin das Leben pulsierte, wie eh und je. Marcus hatte den Plan verworfen, heute die Thermen aufzusuchen: Sein Vetter war erkrankt und in der Ferne, seine Ehefrau entführt und ihr Schicksal ungewiß, welcher Mann konnte an solchen Tagen sich solchen Freuden hingeben? Marcus sicherlich nicht und so stand er grübelnd und in sich gekehrt am Fenster, wie schon die letzte Stunde, ohne sich zu rühren und zu entscheiden, was er tun sollte. Wo war die Sorglosigkeit geblieben, mit der er früher in den Tag lebte? Wo die Freude am einfachen Dasein, ohne Pflichten, ohne die Last der Verantwortung auf der Schulter? Hinfort wie auch seine Jugendjahre, denn heute war ein durchaus entscheidender Tag in Marcus' Leben, er war ein Jahr älter geworden, eine Dekade hatte er hinter sich gelaßen und er ging keinesfalls mit Freude in die Nächste. Er konnte seine Familie nicht zusammen halten, er vermochte seine Ehefrau nicht zu beschützen, gleichsam damals, als Arrecina entführt wurde. Die Stimme in seinem Rücken drang erst einen Moment später zu ihm hinüber und Marcus wandte seinen Kopf in Richtung der Tür, die einen Spalt geöffnet war; seine Augenbraue wanderte einen Deut in die Höhe – verwandtschaftliche Ähnlichkeit zu der Manier des Gracchus aufweisend – und ein wenig Verblüffung zeigte sich im Gesicht von Marcus.
    „Aulus?“
    Den Vetter hätte er wirklich nicht erwartet, und schon gar nicht hier in seinen eigenen Räumlichkeiten, zumal er sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, daß Piso zwar mit aller Welt auf gutem Fuß stehen wollte, ihn jedoch gemieden hatte – gut, Marcus hatte auch keine sonderlich gute Meinung von seinem Vetter, Leontia sei Dank. Wahrscheinlich will er Geld haben, dachte sich Marcus. Da er wohl Gracchus nicht mehr anschnorren kann.
    „Ja, habe ich. Komm' doch rein!“

    Aus den Augenwinkeln bemerkte Marcus das Herannahen der Sklavin, nach der er den anderen servus eben noch geschickt hatte; zufrieden nickte Marcus marginal auf ihr Erscheinen und deutete ihr, etwas näher und in die Szenerie zu treten; ehedem er sich wieder dem Sklavenhändler widmete, die junge Sklavin würde ihren Auftrag schon noch erfahren, sobald er das Geschäftliche mit dem Fremden geregelt hatte und sie zu einer Einigung kamen.
    „Sie sind Sklaven, sie befolgen Befehle. Bezüglich Ravenna, nun, wie ich vorhin sagte, ist eine Sklavin unfreiwillig mitgenommen worden. Sie hat uns eine Nachricht hinterlaßen, wo die Sklaven hin wollen und was ihre Pläne sind; zumindest die erste Etappe scheint sie erfahren zu haben. Es ist auch nicht ganz abwegig, denn wenn es nach Cassim gehen würde, dann werden sie bestimmt Richtung Syria und Parthia fliehen wollen, wo die Heimat des Sklaven liegt. Hannibal hätte keinen Platz, wo er sonst hin fliehen soll und bei dem Dritten...“
    Marcus zuckte mit der Schulter und sah wieder zu Celerina, schließlich kannte sie ihren Sklaven am Besten, oder zumindest so wie Marcus Cassim kannte. Die Frage des Geldes war natürlich sehr leidlich und natürlich war die Rettung seiner Ehefrau unbezahlbar, die Sklaven waren dagegen keinen Pfifferling mehr wert. Er winkte wieder den Sklaven heran, der ihm schon so gute Dienste geboten hat und flüsterte ihm leise etwas zu, der verschwand darauf hin.
    „Die Fünfhundert sollst Du bekommen. Für die Ergreifung der Sklaven weitere fünfhundert und für die Rettung meiner Frau tausend Sesterzen.“
    Das Monatsgehalt eines Zenturios, wie Marcus sehr wohl wußte; aber Marcus war kein Mann, der gut mit Geld umgehen konnte und manche Maßstäbe – eben, was man einem Sklavenhändler zahlen sollte – waren ihm einfach unbekannt.

    Schade um ihn, aber einen sehr schönen und runden Lebensweg hast Du da dargestellt. Und natürlich das IR mit interessanten Beiträgen bereichert.
    Und danke nochmal, für die Rettung aus Syria/Parthia und die schön ausgespielte Überschiffung nach Italia :)

    „Naja, nicht ganz, mein Aufgabenbereich erstreckt sich auch auf die Dinge außerhalb der carcer. Aber natürlich meinte ich damit eher die Situation und Lage der kriminellen Energien unserer Stadt und weniger den Zustand der Baracken oder des Geländes, miles.“
    , erwiderte Marcus und versuchte sich damit schnell aus der Affäre zu ziehen, er hatte schon in den letzten Wochen gemerkt, daß er sich zum einen deutlich präziser ausdrücken mußte und die Leute im Allgemeinen doch recht viel Haarspalterei betrieben auf dem Feld der Politik, etwas, was Marcus freilich nicht behagte. Und es wunderte ihn nicht, daß sein Vorgänger nichts darüber erwähnt und keine Aufzeichnungen über die Inspektion hinter laßen hatte – zumindest keine, die er gefunden hat.
    „Welcher optio ist für den carcer zuständig, miles?“
    , fragte Marcus jetzt eindeutig eine Nuance schärfer und ungeduldiger, dabei durchaus den Tonfall annehmend, den er gegenüber einem Soldaten unter seinem Kommando auch angeschlagen hätte.