Mit einem genüßlichen Seufzer auf den Lippen streckte sich Marcus und merkte langsam: es wurde mal Zeit für einen Raumwechsel. Denn auch Marcus hielt es nicht länger als eine Viertel hora in einem solchen Dampfraum aus. Doch Nortrunas Worte, die ihn wohl bis zur Grenze reizen sollte, ließen seine Augenbraue abermals in die Höhe wandern. Verblüfft sah Marcus die junge Frau an. Ob sie es darauf anlegte, grob behandelt zu werden? Bestraft zu werden oder warum schien sie auszutesten, bis wohin sie gehen konnte und übertrat dies offensichtlich? Wäre er nicht in den Thermen, hätte Marcus mit Sicherheit ganz andere Seiten bei solchen Widerworten aufgezogen. Gehörte er doch auch nicht zu den Herren, die sich von ihren Sklaven auf der Nase rumtanzen ließ. Nur die Trägheit des Bades ließ ihn in dem Moment noch nicht wie ein zorniger Vulkan ausbrechen.
„Du mußt viel Mut haben, Venustas, solche Worte einem Flavier gegenüber auszusprechen. Hast Du noch nicht davon gehört, daß bei uns ungehorsame Sklaven den Löwen vorgeworfen werden? Bedenke das in Zukunft, wenn Du mit mir sprichst. Ansonsten überlege ich mir, ob ich Dich nicht an meinen Bruder Felix verschenke. Du hast vielleicht schon von ihm in der villa gehört.“
Es verwunderte Marcus jedoch nicht sonderlich, daß sich Hannibal in seiner Abwesenheit noch sehr viel mehr heraus nahm als in seiner Gegenwart. Obwohl Hannibal, wenn sie alleine waren, durchaus auch das ein oder andere Wort gesprochen hatte, was Marcus niemals bei einem anderen Sklaven geduldet hätte. Trotzdem war Marcus durchaus unzufrieden damit, was für ein Bild sein Sklave bei anderen abgab, denn das fiel zwangsläufig auf ihn- Marcus Flavius Aristides- zurück. Außerdem war es kein gutes Vorbild für die anderen Sklaven. Träge richtete sich Marcus auf.
„Aber gut, daß Du mir das mit Hannibal berichtest, Venustas. Das wird in Zukunft ganz gewiss nicht mehr vorkommen. Meine Sklaven haben sich nicht wie die hohe Herrschaft aufzuführen.“
Marcus griff nach dem Tuch um seine Hüfte und schlang es noch mal fester um sich herum ehe er sich erhob und vor Nortruna stellte. Mit seinen Händen stützte er sich links und rechts von ihr ab und kam ihr doch recht nahe. Sein Oberarm streifte ihre Schulter und sein Gesicht näherte sich ihrem Antlitz doch um ein bedeutendes Stück. Mein einem feinen Lächeln um die Lippen sah er ihr ins Gesicht.
„Meine Liebe, du bist so eine schöne, junge Frau. Und ich sehe es in Deinen aufgeweckten Augen, Du bist klug. Daß Du einen gewissen Eigensinn zeigst, schreckt mich auch nicht ab. Im Gegenteil, Frauen, die Leidenschaft und Wildheit in sich bergen, haben mich schon immer mehr gereizt als die braven Lämmchen. Und aus diesem Grund, weil ich denke, wir könnten uns doch im Grunde gut verstehen, Du und ich, möchte ich Dir gleich sagen, daß es aussichtslos ist von meiner Familie zu fliehen. Ich wäre traurig, wenn Du es tun würdest, denn es würde mich zu Dingen zwingen, die ich mit Dir eigentlich nicht tun will, gerade weil Du mir gefällst!“
Sie spielte mit ihm, schien ihn zu reizen und Marcus hatte nun vor, den Spieß umzudrehen. Seine rechte Hand löste sich von der marmornen Treppe, die mit einem feinen Wasserfilm überzogen war und seine Hand legte sich auf ihren, so keck entblößten, Oberschenkel. Langsam strich er über ihre Haut entlang und unter das Tuch, was sie um sich geschlungen trug. Immer höher wanderte seine Hand, einzig aus dem Grund sie selber zu reizen, denn aus wirklichem Verlangen heraus. Marcus beugte sich ganz dicht nach vorne und war nur wenige Finger breit von ihren Lippen entfernt, dabei sah er sie intensiv und mit einem entspannten Lächeln an.
„Ich liebe die Musik, Venustas, und ich bin schon begierig darauf, Deiner Stimme lauschen zu dürfen. Ich bin mir sicher, sie wird mich in höchste Verzückung schwelgen lassen…“
Schon wollten Marcus Lippen die von Nortruna berühren, sein Atem glitt hauchzart über ihren Mund hinweg als sich Schritte näherten. Ein vernehmliches Hüsteln unterbrach Marcus Intention. Auch das zweite undezente Räuspern von dem älteren Herren, der das Dampfbad betreten hatte, ließ Marcus noch nicht zurückweichen. Marcus verharrte nur ein Deut vom Ziel entfernt.