Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Die Fliege summte um seinen Kopf herum und Marcus verscheuchte sie mit einer schnellen Gestik, wobei er die Amazone nicht aus den Augen ließ; sie schien noch vom Kampf geschwächt zu sein als sie sich mit deutlicher Mühe erhob, aber Marcus konnte noch die Verbände erkennen, die u.a. an ihrer Schulter zu sehen war und die blauen Flecken, die ihren Körper zierten; die laszive Art, mit der sich die Frau erhob, ließ seine Augenbrauen hochschnellen, doch den Augenschmaus ließ er sich natürlich nicht entgehen und verzog seinen Mund zu einem noch breitem Grinsen, herrje, hübsch anzusehen und doch eher nach seinem Geschmack war die Amazone, schon eine Ironie des Schicksals, daß sie ihren Weg in den Besitz eines Mannes gefunden hatte, der mit ihr wirklich gar nichts anzufangen wußte, zumindest, was ihre physischen Reize anging, die sie doch offenbar hatte; er ließ seine Augen an ihr hoch und runter schweifen während er ihren Worten lauschte, soso Penthesilea, Königin der Amazonen, Marcus fand den Namen drollig, aber in Anbetracht, daß sein früherer Leibsklave den Namen des Eroberers Hannibal trug, wunderte er sich nicht darüber; Afrika und Ägypten, aha! Marcus nickte zufrieden, bisher, was er gesehen und gehört hatte, gefiel ihm, selbst wenn er wußte, daß er seine eigenen Maßstäbe anlegte und sein Vetter weitaus kritischer war.


    „Du bist uns bei den Kämpfen aufgefallen, Penthesilea!“
    Herrje, welch Wunder, sie hatte schließlich dort gewonnen und das durchaus mit einer beeindruckenden Zähigkeit, die Marcus bei einer Frau nie vermutet hätte.
    „Zum einen erhälst Du noch Dein Preisgeld, Du bist ohnmächtig geworden, ehe Du es erhalten konntest. Zum Anderen überlegt mein Vetter, ob Du nicht in der villa nützlich sein könntest. Wir werden in der nächsten Zeit gewiß keine Spiele mehr abhalten und brauchen erstmal keine Gladiatorin, aber eine Leibwächterin wäre meinem Vetter sicherlich nützlich. Siehst Du Dich befähigt, solchen Aufgaben nachzugehen?“

    Herrje, hätte man Marcus vor ein paar Jahren ein solche Handlung vollführen sehen, dann hätte man ihn glatt unter der Art von tolldreisten Menschen mit dem 'Anrempeln, ansprechen, verliebt, verlobt, verheiratet'- Tick halten können, die reichlich dämlichste und plumpeste Art, sich kennen zu lernen. Aber Marcus war nun mal manchmal reichlich tump, selbst wenn es nicht seine Intention war und wirklich nur ein Mißgeschick, denn selbst wenn seine Ehefrau nicht gerade nur ein paar passus von ihm entfernt stehen würde und er nicht so reichlich dämlich war, direkt vor ihrer Nase eine andere, junge und hübsche Frau anzugraben, so fiel Prisca auch nicht in sein Beuteschema, selbst wenn sie eine außerordentliche Schönheit war, dennoch weckte sie nicht die Art von Interesse bei ihm, die seine Augen zum Funkeln brachte und seinen Geist nach den charmantesten Worten suchen ließ, um sie rum zu kriegen. Ein Blick genügte jedoch und er erkannte,daß er zwar das Mißgeschick an ihr, aber nicht an sich verhindert hatte; die Soße hatte einen deutlichen Fleck auf seiner toga hinterlaßen, oh weh, seine Frau würde ihn lynchen dafür.
    „Die Freude ist ganz auf meiner Seite, verehrte Aurelia!“
    , erwiderte Marcus mit einem verlegen-jugendlichen Lächeln auf den Lippen; dabei sah er sich nach Epicharis um, doch er konnte sie mit einem Mal nicht mehr entdecken. Sie war doch nicht etwas schon weg? Wenn, dann gäbe es bei ihrer momentanen Stimmung reichlich Ärger später noch, weil er sie des Essens wegen kurz alleine gelaßen hatte.


    „Ich glaube, ich habe meine Frau bereits verloren.“
    , meinte Marcus dann, noch mal einen suchenden Blick über all die Gäste schweifen laßen, doch selbst wenn Epicharis eher von kleinerem Wuchs war – verglichen mit seiner eigenen Größe – war sie nicht zu sehen.
    „Wahrscheinlich macht sie sich nur frisch.“
    Waren sie sich schon mal begegnet? Marcus konnte sich nicht wirklich daran erinnern, selbst wenn er es nicht auszuschließen vermochte, doch so konnte er nur erstmal mit dem Kopf schütteln.
    „Nein, ich glaube nicht, ich habe Deinen Namen lediglich durch meine Ehefrau erfahren...“
    ...und vorher schon aus dem Mund meines Vetters gehört, fügte Marcus in Gedanken hinzu, aber noch wollte er das delikate Thema nicht anschneiden, vielleicht auch gar nicht. Auf jeden Fall wunderte sich Marcus nicht, daß er Prisca hier sah, hatte er doch auch Ursus – den er von den Saliern her kannte – entdeckt, ebenfalls ein Aurelier. Der Teller war irgendwie unpraktisch, außerdem sah Marcus nicht, ob er sich irgendwo hinlegen konnte zum Essen, doch der Duft von dem gebratenem Geflügel stieg ihm einfach verlockend in die Nase, weswegen er schnell einen kleinen Happen zu sich nahm, und anschließend seine mit Soße bekleckerten Finger ableckte, in dem Versuch, dabei noch dezent zu bleiben.
    „Eine schöne Hochzeit, hm?“
    , sprach Marcus unbedarft in der Absicht, ein Gespräch zu beginnen, wobei ihm einfach noch unverfängliche Anknüpfungspunkte fehlten. Dann jedoch hätte er sich selbst Ohrfeigen können; Hochzeit, Verlobung, ungeziemliches Verhalten, die Assoziationskette folgte prompt und Marcus erwartete schon fast ein empört, zorniges Gesicht der Aurelierin, vielleicht sogar verzweifelt, wenn Aquilius ihr das Herz gebrochen hatte – wer wußte das schon?- mit dem Vorwurf: Ja, eine sehr schöne Hochzeit, ich hätte auch eine Solche haben können, wenn Dein Vetter nicht so mieser Herzensbrecher wäre! Marcus suchte ganz schnell nach etwas, um von einem solchen Gedanken abzulenken und vielleicht das Terrain mit all den Fettnäpfchen schnell wieder zu verlaßen, ihm wollte nicht so recht was gescheites einfallen, darum schloß er lahm an.
    „...und das Wetter ist auch nicht schlecht zur Zeit, hm?“
    Das Wetter, na, toll, Marcus, wieder mal ein brillanter Schachzug, schallt er sich selber tadelnd, aber seine Gedanken waren leer gefegt.

    Obwohl ihm nichts lieber gewesen wäre, als einfach aus der Sklavenunterkunft zu verschwinden und die Sklavin eine leidende Sklavin zu sein laßen, behielt etwas Marcus im Türrahmen der Unterkunft, was es genau war, wußte er nicht, doch seine Augen durchdrangen die Dunkelheit und ruhten auf der jungen Frau, deren Haare wohl das Leuchtendste in der Unterkunft war und wie ein weißer Schleier sie zu umwogen schien; er lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust und tat das, was er schon längst hätte tun sollen und was ihm das Leben in seiner ersten Ehe gerettet hatte – und er hätte wohl nie gedacht, daß eine Sklavin ihn dazu brachte -, er stellte auf Durchzug um, die Worte plätscherten an ihm vorbei, teilweise vernahm er sie, aber eigentlich drangen sie in sein eines Ohr hinein, um ohne Umwege wieder aus dem Anderem hinaus zu schallen; daß es sich dabei wieder um ihre grenzenlose Arroganz handelte, vermochte er schon aus der Intonation zu ermitteln, darum kümmerte er sich nicht sonderlich und verfolgte mehr ihre Bemühung, sich aus dem Bett zu erheben, um sich wohl doch selbst zur Sklavenunterkunft zu schleifen; skeptisch hob er seine Augenbrauen, doch er sagte nichts, da es zum Einen nur wieder auf weiteren triefenden Spott getroffen hätte und zudem er der Sklavin auch gar keine Erleichterung gönnte, jemand mit einem solchen narzisstischen Wahn gehörte die Verletzlichkeit des eigenen Seins auch aufgezeigt, selbst wenn Marcus ordentliche Zweifel hegte, daß sie daraus überhaupt etwas Sinnvolles zu lernen vermochte. Entmannen, das Wort drang dann doch zu seinen Sphären durch und er hob nur müde und mehr gelangweilt die Augenbrauen, denn in einem war sich Marcus absolut sicher, physisch war er ihr haushoch überlegen, und selbst wenn sie trainiert war, so war er doch ein erfahrener Soldat, somit nahm er ihre Drohung nicht im Ansatz ernst; er rollte nur einen Herzschlag mit den Augen und betrachtete das Flackern der letzten Öllampe, die immer mehr an Leuchtkraft verlor und ihr Reich an die Dunkelheit abtreten mußte.


    Darum schwieg Marcus einfach nur und er rührte sich auch nicht vom Fleck als sich Asny endlich aufgerichtet hatte; der Sklave, der wartend und fast schon lauernd darauf harrte, daß Marcus sich entfernte und er sich um die Mitsklavin zu kümmern hatte, starrte ebenso aufmerksam, oder sogar deutlich wachsamer, auf die junge Asny, denn Marcus' Gedanken begannen, nun, wo er auf Durchzugsmodus geschaltet hatte, automatisch woanders hin zu fliegen, er sann über das nach, was er morgen tun wollte, wen er wohl in den Thermen treffen konnte, ob er morgen noch einen Ausflug in das Nachtleben unternehmen sollte; oder er sattelte sein Pferd und ritt einfach die Stadt hinaus und weg von dem Trubel der Menschen, um mal wieder einfach nur jagen zu gehen und einem seiner liebsten Vergnügungen – nach Essen und lupanar! - nachzugehen; doch, während er darüber nach sann, fand er den Gedanken immer verlockender und interessanter, zumal ihm auf dem Rücken eines Pferdes sein Bein weniger Schwierigkeiten machte und er nach Herzenslust auch das Land an sich vorbei fliegen laßen konnte; die Vorstellung weckte ein marginales Lächeln auf seinen Lippen, das von der Dunkelheit mehr verborgen war und von dem Licht der Lampe kaum gezeigt wurde.


    Seine Augen richteten sich mehr unbewußt auf Asny und er wartete, ob sie jetzt an ihm vorbei die Sklavenunterkunft verlaßen konnte und sich auf den Beinen zu halten vermochte. In Gedanken verglich Marcus Asny mit den Frauen, denen er bisher in seinem Leben begegnet war; sie hatte zwar etwas von der Brillanz seiner Mutter, aber seine Mutter – in seinen Augen wirklich eine Göttin, die jede sterbliche Frau überragte und nie in Gefahr war von ihrem Thron gestoßen zu werden – vereinigte Brillanz mit einer ungemeinen Eleganz, etwas, was den rohen und groben Worten der jungen Sklavin fehlte, obwohl sie recht klug war und ihre Argumente trafen wie scharfe Messerstiche, so waren ihre Worte eher wie ungeschliffene Diamanten in der Welt der Sprache, da täuschten auch die wohl hoch gegriffenen Worte nicht darüber hinweg. Im Grunde entblößte sich immer mehr die Plumpheit ihrer ganzen Affronts, als er einige Herzschläge ruhiger darüber nachdachte; dann wiederum kam er in Gedanken auf seine erste Ehefrau: sowohl sie als auch Asny trugen einen ähnlichen Wesenzug, nämlich sowohl die Intention ihn fix und fertig zu machen, aber auch die spitze Stichelei, mit der Beide gehörig in Wunden herum stocherte, die man als normaler Mensch doch in Ruhe ließ, aber nicht so solche Frauen wie diese Beiden. Mit Epicharis wiederum hatte Asny nichts gemein, ihr fehlte die Leichtigkeit, denn Epicharis – manchmal eher wie ein fröhlicher Schmetterling wirkend – aufwies, aber auch die lieblichfreundliche Art, die die junge Frau offenbarte; doch bei näherer Betrachtung befand Marcus doch eine Ähnlichkeit; auch Epicharis schien nicht ganz zufrieden mit mancher Wahl, die er traf, zu sein; wenn es auch noch nie in dieser Art von Nörgelei umgeschlagen war, die er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Mit den Sklavinnen, die ihm bisher im Leben über den Weg gelaufen hatte, hatte Asny sicherlich auch die eine oder andere Fazette gemein, aber so viel Anmaßung war ihm selbst bei der rebellischsten Sklavin, wie Nortruna zum Beispiel, nicht begegnet; aber ihre miesepetrige und unlustige Art erinnerte ihn doch ein wenig an seine verbiesterte Amme, bei der er sich immer wieder den einen oder anderen Scherz erlaubt hatte, bis sie eines Tages aus der villa verschwunden war, einige Jahre später hatte er erst erfahren, daß sie seiner Mutter gegenüber wohl etwas Falsches von sich gegeben hatte; Marcus – der immer noch an der Tür gelehnt stand – grübelte gerade weiter über die Frauen im Allgemeinen nach und sah nachdenklich durch die Gestalten in der Sklavenunterkunft, daß er seine Tochter abermals aus seinen Überlegungen ausklammerte, war nicht ohne Grund.

    Es waren ein paar Tage vergangen seitdem Marcus und sein Vetter im flavischen Theater die Spiele abgehalten hatten, um bei den Senatoren für ihr Wahlanliegen zu werben und nebenbei vielleicht auch die Bevölkerung gewogen zu machen; ob das wiederum gelungen war würde sich erst mit der Zeit erweisen und ob es das Quäntchen Gewicht bei der Abstimmung war, vermochte Marcus nicht zu sagen, eins stand jedoch fest, er war, wie natürlich sein Vetter – bei dem Marcus natürlich das als einen natürlichen Erfolg seines Genies ansah- gewählt worden; aber daß ihm – Marcus Flavius Aristides – die Senatoren ihr Vertrauen ausgesprochen hatten, das erstaunte ihn immer noch seitdem er es kürzlich erfahren hatte und mit dieser ständig staunenden Miene war er auch heute unterwegs und um seinem Vetter eine kleine Gefälligkeit zu erweisen; der in Erwartung möglicher Blutorgien und verletzter menschlicher Wesen wohl lieber einen anderen Aufenthaltsort aufsuchen wollte als eine Gladiatorenschule, wobei das ihn wiederum verwunderte, bei all dem Augenschmaus, der sich für seinen Vetter bieten würde. Auf jeden Fall erreichte er den ludus an diesem Tag zu Fuß, dabei keine toga – sehr zu seiner Erleichterung – tragend; und nur ein wenig vom Marsch verschwitzt, ihm folgte einer der flavischen Sklaven, an den Namen entsann er sich schon nicht mehr und Marcus wußte auch gar nicht, ob er ihn überhaupt erfahren hatte. Es bedurfte nur einen kurzen Wortwechsel, dann wurden die Tore der Schule geöffnet und Marcus konnte in den geräumigen Innenhof treten, der auch zum Teil der Ort war, an dem sich die Kämpen übten und schlugen, um für den Ernst – den Spielen – bereit zu sein. Marcus beobachtete Gedankenverloren einen gladiator, der sich mit einer Strohpuppe schlug, und wartete auf den lanista, doch es war erst einer der anderen Lehrer, da der lanista gerade verhindert zu sein schien, der aus den Räumlichkeiten trat und auf ihn zu eilte, um einen Katzbuckel vor ihm zu machen.
    Salve, dominus!“
    -Salve, ich bin hier wegen der restlichen Forderungen, die noch ausstehen...“
    , sprachs Marcus und nickte dem Mann eher herablaßend dabei zu, denn natürlich hätte er auch einen Sklaven dazu schicken können oder der fleißige Sciurus nebst der fleißigen Asny – die er eher ungerne an einen solchen Ort geordert hätte – aber er sollte sich auch die Sklavin anschauen, ob sie auch noch für die villa tauglich war...oder eben nicht! Marcus wartete jedoch, bis der Mann mit den Wachstafeln und den noch nicht bezahlten Rechnungen kam und drückte hie und da sein Siegel in das rote Wachs hinein, dabei selber sich die Zahlen anschauend, ob sie auch stimmten, denn selbst wenn er kein Händchen mit Geld hatte und es ihm durch die Finger ran wie Sand, so hatte er dennoch noch ein wenig von seiner Zeit als Zenturio mitgenommen, und selbst wenn es hier kein posca oder die Schuhnägel war, die bezahlt werden mußten, so war Marcus auch hin und wieder in der Lage sich nicht über den Tisch ziehen zu laßen und ein eiserner Verhandlungspartner zu sein. Erst als das zu seiner Zufriedenheit erledigt war – wobei Zufriedenheit da nicht ganz paßend war, Marcus war immer noch entsetzt, wieviel die Spiele sie gekostet hatten; wie oft man dafür hätte in ein lupanar gehen können! - wandte er sich dem eigentlichen Grund seines Besuches zu.


    „Die Amazone! Lebt sie noch?“
    - „Ja, dominus!“
    Marcus nickte zufrieden.
    „Dann führe mich zu ihr.“
    Der Mann verbeugte sich eifrig und trabte ihm voran und zu den Gebäuden, die den Kämpfern als Unterkünfte dienten und die wirklich bescheiden waren; Marcus warf einige neugierige Blicke durch die offenen Türen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie die Kämpfer hier lebten, ehe er dem Mann in einen kleinen Raum hinein folgte; Marcus ließ seine Augen über das Innere in dem Raum schweifen und guckte dann zu der verletzten Amazone, wobei er dem Mann, der ihn hierher geführt hatte, mit dem Kinn und den Worten bedeutete:
    „Laß' uns allein!“
    Der Mann verschwand auch umgehend, während Marcus weiterhin die Amazone taxierte und einer eingehenden Untersuchung unterzog; was ihm natürlich sofort ins Auge stach, war die schöne, dunkle Bräune ihrer Haut, selbst wenn sie nicht ganz die mollig, weichen Rundungen einer Frau hatte, die Marcus gefiel – für Marcus waren die meisten Frauen einfach zu schlank -; aber dennoch gefiel ihm, was er dort sah, was seine Mundwinkel eine Nuance nach oben schickte und mit Sicherheit den ersten Eindruck prägte, den er von der Amazone hatte. Eine dicke Fliege surrte durch den Raum und klatschte immer wieder gegen die Wand, Marcus wunderte sich einen Moment, woher das Insekt zu dieser Jahreszeit kam, doch er sah nicht zu dem brummenden Insektengeräusch, sondern er verschränkte die Arme vor der Brust und taxierte weiterhin die Sklavin.
    „Ich bin Flavius Aristides, der Vetter Deines neuen Herrn!“
    , erklärte Marcus, um klare Fronten zu schaffen und nicht in eine ähnliche Situation zu geraten wie bei der Begegnung mit seiner Sklavin Asny, die ihn glatt am Anfang wohl verwechselt hatte, oder vielleicht auch nicht? Ganz war Marcus noch nicht dahinter gestiegen und sowieso verdrängte er diesen Tag lieber aus seinen Erinnerungen; da er eben ein Meister der Verdrängung und des Vergeßens war, entsann er sich aber auch nicht mehr an den Namen der Amazone.
    „Wie ist Dein Name, puella, und wo kommst Du her?“

    Marcus' Augen hatten sich mittlerweile an das Zwielicht in der Küche gewöhnt, selbst wenn seine Augen eher auf dem roten Glimmen ruhte, das eine beruhigende und einlullende Wirkung auf ihn hatte, selbst wenn die Glut keine Wärme mehr abzustrahlen wußte, aber auch wenn es in der Küche etwas kühler geworden war von der Nacht, so fror er nicht, er hatte auch genug Speck an seiner Leibesmitte dafür und von Natur aus einen inneren Ofen, so daß er die Kühle eher angenehm empfand und für einige Herzschläge auch geschafft die Augen schloß, aber sie schnell wieder öffnete, denn Marcus hatte in der Legion gelernt, überall und in jeder Position einzuschlafen und wäre er erstmal hinweg gedämmert, hätte es schon die parthische Kavallerie bedurft, um ihn aus seinem Schlaf – mitsamt eines herzhaften Sägens ganzer Wälder – wieder zu wecken; oder ein Horn, das in der Legion zum Sammeln gerufen hätte, auch darauf würde er heute immer noch reagieren und prompt aufspringen; aber jetzt war noch nicht die Zeit zu schlafen, auch wenn er es sich langsam immer gemütlicher auf der Holzbank machte; er hatte schon eine Weile nicht über seinem Bruder nachgedacht und fragte sich einen Moment, wie es ihm wohl ging, auf Sardinien, aber sie Beide hatten schon von je her ein eher mageres Verhältnis gehabt, was durchaus daran lag, daß Felix bei den Claudiern aufgewachsen war und erst spät sein flavisches Erbe entdeckt hatte; er grinste schief bei den Worten von Bridhe.
    „Ich glaube auch, zumal mein Bruder Felix bestimmt noch Kontakt zu den Soldaten der classis hat, er war dort einige Zeit lang praefectus. Und es gibt kaum üblere Schläger als Matrosen!“
    Marcus lächelte für einige Herzschläge lang versonnen, da er sich gut vorstellen konnte, daß das ein sehr angenehmes Kommando war, natürlich reichlich voll mit Arbeit, aber direkt bei vielen, vielen Schiffen und am Meer, was könnte schöner sein?


    Marcus drehte seinen Kopf ein wenig als Bridhe anfing von ihrer Familie zu sprechen, er wußte ja recht wenig von der ehemaligen Sklavin, nur, daß sie aus dem fernen Britannien kam – und irgendetwas mit Schwanenfleisch geisterte da noch in seinem Kopf herum, womit er sie wohl ziemlich vor den Kopf gestoßen hatte, wann und wie, das hatte er aber schon längst wieder vergeßen – er hob die Hand und kratzte sich an der Wange, die schon reichlich stoppelig war, aber ihm sproß der Bart immer zu schnell, so daß er sich schon am Abend wieder rasieren könnte; er zauderte ein Moment, denn Bridhe umgab etwas Trauriges, er konnte nicht genau benennen, woran er das ausmachte, aber manchmal war Marcus eben doch nicht nur ein Klotz auf Beinen und bekam durchaus mit, daß seine Mitmenschen etwas bewegte, er räusperte sich leise und sprach dann doch nach dem kurzen Zögern.
    „Deine Familie, lebt sie in Deiner Heimat...?“
    Hoffentlich war er jetzt nicht in ein Fettnäpfchen mit seinem unnachahmlichen Talent, jedes auch mit seinen Hufen zu finden, getreten, denn bei Sklaven und Freigelaßenen konnte man von jedem schlimmen Schicksal ausgehen, wenn sie aus der Freiheit heraus gerißen wurden, anders bei Sklaven der flavischen Linie, deren Eltern schon unfrei gewesen waren. Das mit der Bürgerliste wiederum beantwortete er lediglich mit einem freundlichen Nicken, das war für ihn selbstverständlich, der Junge gehörte zur Familie und somit war es für Marcus eine natürliche Pflicht, seinen Beitrag für den Jungen, aber auch der Mutter zu leisten, sofern sie es auch wollte.


    Was sein Bein machte? Prompt meldete es sich und zeugte deutlich seine Unzufriedenheit, daß Marcus den ganzen Tag durch die culina, aber auch im Haus herum gehetzt war; einen Tag auf dem campus würde Marcus gewiß nicht mehr aushalten, was natürlich nicht gerade die glücklichen Aspekte seines Innenlebens schürte.
    „Ach ja, das beschwert sich mal wieder über die parthische Begegnung und den heutigen Tag sowieso.“
    Marcus grinste schief und sah mit einem Stirnrunzeln auf sein Bein, wo er die Narben eher erahnte als sie wirklich sah, aber all diese würden ihn bis zum Ende seine Lebens an den Krieg in Parthia zurück erinnern, selbst wenn er sonst gut im Verdrängen war, anscheinend sollte es nicht so sein.
    „Wie lange bist Du eigentlich schon in Rom?“

    Anscheinend hatte er die deutliche Achillesferse des Parthers getroffen mit der Strafe, und Marcus hatte das durchaus geahnt, daß jene viel effektiver sein würde als jeder Peitschenhieb, den er Cassim angedeihen laßen würde; Marcus rechter Mundwinkel hob sich in einer untypisch, aber deutliche höhnischen Art, als er seine Augen auf den Parther richtete, der sich so stark ihm gegenüber echauffierte; was bildete sich der Kerl bloß ein, schien wohl immer noch zu glauben, hier eine hochdekorierte Geisel zu sein, der man eher hoffieren sollte; Marcus schnaubte verächtlich.


    „Du hast eindeutig vergeßen, Cassim, daß Du ein Sklave bist, und nicht mehr! Ich habe Dir bisher immer großzügig gewährt, angenehmen Tätigkeiten für einen Sklaven nachzugehen, aber das scheint Dir zu Kopf gestiegen zu sein. Du vergißt Dich selbst jetzt, denn Du bist nichts als ein Sklave und wenn Du es nicht in den vier Wochen gelernt hast, dann wirst Du wohl länger dort arbeiten müßen. Also rate ich Dir, schleunigst an Deiner Einstellung zu arbeiten, ehe Du bis zu Deinem Lebensende dort vermodern wirst. Und jetzt solltest Du Dich schleunigst aus meinen Augen bewegen, denn jedes weitere Widerwort und Trotz wird Deine Zeit dort um eine Woche verlängern, verstanden?“


    Drohend und kalt richtete Marcus seine Augen auf den Parther und er lauerte nur darauf, daß sich der Parther immer mehr durch sein eigenes Tun die Strafe provozierte; denn es galt noch den Hochmut bei dem Parther zu brechen und das war bei Mars wirklich nicht leicht, aber Marcus würde erst aufhören, wenn er am Ziel war, es spielte dabei natürlich auch eine gewiße Rachsucht mit.

    Daß sich so gut um die Gäste gekümmert wurde, gefiel Marcus natürlich, darum ließ er sich nicht lange bitten und stand schon schnell mit einem Becher Wein in der Hand, der ihm vortreffllich mundete, aber welch Wunder, sie waren ja nun im Hause der Annaeer und schon beim letzten Besuch hatte sich Marcus davon überzeugen können, daß er dort einen vorzüglichen Tropfen vorfinden würde, vollmundig und in vielen Schattierungen präsentierte sich der Wein, herb, mit dem Aroma verschiedener Einflüße, so schmeckte er noch das Holzfaß - ein Nußholz vielleicht? -, ein wenig Himbeeraroma und einen sanften Abgang, der nicht den säuerlichen Geschmack eines billigen Weines hinterließ. Derart in seinem schon ungeduldigen Appetit verstärkt, ließ er sich auch etwas von den Speisen reichen, gerade als er sich umdrehte wäre er beinahe mit seinem Teller und all der Soße gegen eine prächtig und elegant gekleidete junge Frau gestoßen -Aurelia Prisca – doch im letzten Moment konnte er die Katastrophe – für eine Frau zumindest, Marcus störte sich selber nicht an den einen oder anderen Eßensflecken – verhindern.
    „Ach herrje, Entschuldigung!“
    , meinte er schnell, anscheinend harrte sie noch, selber dem Brautpaar gratulieren zu können; er musterte sie einen Herzschlag und erkannte sie dann auch wieder, was die Verlegenheit verstärkte, denn er fand es immer noch keinen sonderlich feinen Zug von seinem Vetter einfach abzuhauen, seinen Bastardsohn, aber auch seine Fastverlobte einfach so zurück zu laßen, nein, richtig war das wirklich nicht und er hätte Aquilius eigenhändig am Schlafittchen gepackt und wieder nach Rom zurück gezerrt, hätte er gewußt, wo sein Vetter war.
    „Aurelia Prica, nicht wahr? Ich bin Flavius Aristides, entschuldige bitte noch mal!“
    Womit er eher einen Generalablaß sich erbat und weniger das Beinahemalheur ansprechen wollte, aber so direkt zu sein, dafür war Marcus in dem Moment doch etwas zu feige.

    Das Salzaroma des Meeres legte sich schon auf Marcus' Lippen und er sah frogemut auf die blaue Fläche, während er der Antwort seiner Sklavin lauschte – Prudentius Balbus; nein, er konnte mit dem Namen nicht viel verbinden, auch die gens Prudentia weckte nicht irgendwelche Assoziationen oder Verknüpfungen, die ihm etwas gesagt hätte, aber scheinbar hatte der Mann es zu etwas gebracht...war da nicht mal ein consul gewesen mit einem ähnlichen Namen? Marcus erinnerte sich jedoch nicht, die Frau weckte sehr viel mehr an Erkennen mit ihrem gensnamen, doch was ihre selbige Person anging, wußte auch Marcus nichts über sie; ob sie wohl Freunde der Aurelier waren und deswegen heute geladen? Aber genau aus dem Grund hatte er Asny heute dabei, die ihm in dieser Hinsicht eine mentale Stütze sein sollte; doch noch ehe er Nachfragen konnte, was ihn über das Paar genauer informieren konnte, vernahm er, daß die Braut wohl eintraf; Marcus sah von Meer und Gästen weg und wandte sich dorthin, wo er die Verkündung vernahm, und sah dann nach einigem Spähen auch die junge Braut; ein wohlwollendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, Celerina machte den Flavierinnen alle Ehre, sie war wirklich eine schöne und bezaubernde Braut und strahlte die Anmut aus, die er doch so oft bei seinen weiblichen Verwandten gesehen hatte, von natürlich seiner strahlenden Mutter bis hin zu der eleganten Leontia, seiner Lieblingsbase. Daß Asny sich um sein Auftreten und damit dem Sitz seiner toga kümmerte, verwunderte Marcus nicht und er nahm das mit der gelaßenen Gleichmut hin, die man als Mann und Ehegatte nun mal erwarb, schließlich mußten Frauen – egal ob Sklavin oder eben Ehefrau – an einem herum zupfen, das gehörte wohl zu ihrem Wesen; und bei ihm schien es immer etwas zurecht zu rücken zu geben.


    Immer mehr bekannte Gesichter mischten sich in das Treiben der Hochzeit, es wurde immer voller auf dem Steg vor dem prächtigen Schiff, das sie hoffentlich bald alle auf die See hinaus brachte- und darauf freute sich Marcus schon sehr -, natürlich erkannte er Macer, Quarto und auch Durus wieder; auch wenn er nun nur noch flüchtig über die Gäste hinweg sah, da die Prozession mitsamt des Orestes wirklich beeindruckend und schön anzusehen war, darum schloß er sich erstmal ohne weiteres Nachfragen dem Strom an, um zu dem Opferbereich – dort wo man als Gast stehen durfte – zu folgen; dort lauschte er andächtig den Worten von Aurelius Orestes und nickte anerkennend, aber es war nicht das erste Mal, daß er ihn bei einer Amtshandlung als Priester sah und war durchaus von deßem religiösen Geschick und der Würde, die dieser Mann dabei offenbarte, mehr als beeindruckt; aus diesem Mann würde sicherlich noch ein weit bedeutenderer Mann werden als er es jetzt schon war; etwas, was Marcus ohne Neid anerkennen konnte, zumal er keinen Arg gegenüber dem Priester hegte, gespannt verfolgte er auch, wie das Voropfer in das eigentliche Opfer überging, und auch hier zeigte sich, daß der heutige Tag wohl unter einem guten Stern stand, denn bisher war alles glatt gelaufen und schien auf das Wohlwollen der Götter zu treffen, die mit keiner Wolke die Verbindung seiner Nichte trübte – was ihn für seine Nicht sehr freute!


    In einer Pause, die die üblichen Opferhandlungen so mit sich brachten und in der Marcus keinen allzugroßen Frevel begang, indem er leise sich an seine Sklavin wandte, widmete er sich wieder kurz den Gästen und ließ seinen Blick schweifen; der Prudentier, ah ja, er wollte ja noch wißen, was dieser so tat, vielleicht würden sich später dann noch Gesprächsthemen ergeben und vielleicht entpuppte sich der Mann als ein leutseliger und lustiger Geselle; dabei stachen ihm auch die Decimer – die Marcus im ersten Impuls als Ehepaar einordnete - und sein Verwandter Piso in die Augen, die sich munter zu unterhalten schienen; Marcus betrachtete sie und runzelte nach einem Herzschlag die Augenbrauen, denn er wußte nicht ganz einzuordnen, weßen Zunge weiter ausgerollt war, die des Piso der – zugegeben – recht hübschen jungen Frau wegen oder die des anderen Mannes – dem Decimer – wegen des Gesprächs mit einem Patrizier; Marcus drehte den Kopf ein wenig in Richtung von Asny, als Zeichen, daß er sie etwas fragen wollte.
    „Was treibt der Prudentier so? Und wer ist das Paar dort drüben, mit denen sich Piso unterhält?“
    , flüsterte er sehr leise, er wollte schließlich keine Opfer oder sakralen Angelegenheiten in Gefahr bringen, in dem er seine Stimme zu laut erhob. Natürlich ging Marcus davon aus, daß Asny alle Familienmitglieder der Flavier kannte, Marcus spähte wieder nach vorne, denn er wollte, trotz seiner kurzen Neugier, nichts von dem Opfer verpaßen, dem großen Moment seiner Nichte an diesem und ihrem Hochzeitstag.

    Da ich nicht weiß, wann ich wieder online bin, greife ich mal - Kraft der Stellvertreterfunktion ;) - der Stadtwache voraus - sie möge es mir verzeihen.


    Erstmal Herzlich Willkommen im IR!
    Unser gensverwalter ist momentan abwesend; aus dem Grund wird es in den nächsten zwei Wochen keine Aufnahme in den patrizischen Zweig der Familie der Flavier geben - abgesehen von vielleicht einer, die schon abgesprochen war, aber vielleicht wirst Du verstehen, daß wir bei anderen Neuaufnahmen ungerne ohne Gracchus entscheiden möchten. Wenn Du bis dahin warten möchtest - selbst mit der Möglichkeit, daß es auch eine negative Entscheidung sein könnte - soll Dir das natürlich frei stehen.


    Im Übrigen gibt es auch die Möglichkeit den plebejischen Zweig der Flavier zu wählen, die jedoch keine verwandtschaftliche Beziehung zu den jetzt bespielten Flaviern bedeutet, aber über eine SimOn Verknüpfung kann man ja immer reden ;).


    Auf jeden Fall wünsch ich Dir viel Spaß und Erfolg im IR, auch wenn Du Dich nicht fürs Warten mit der unsicheren Option entscheiden solltest. :)

    Während die Männer mit den Sandeimern in das flavische Theater strömten, um das Blut zu überdecken, wandte Marcus seinen Kopf zu dem PU, die Sklavin? Marcus wußte es nicht wirklich, darum winkte er einen Sklaven heran, der ihm wiederum etwas ins Ohr flüsterte; Marcus nickte und hob erstaunt und ein wenig belustigt auch sowohl die Augenbrauen als auch seine Mundwinkel an.
    „Tatsächlich, sie gehört meinem Vetter Flavius Gracchus, er scheint sie kürzlich und für die Spiele erworben zu haben.“
    , antwortete Marcus und mußte ein amüsiertes Glucksen unterdrücken, denn wahrscheinlich und so wie er Gracchus kannte, wußte dieser von seinem Glück noch gar nichts und hatte all diese Obliegenheiten seinem Sklaven Sciurus überlaßen oder einer anderen fleißigen Hand, wie auch Marcus kaum selber etwas für die konkrete und arbeitsreiche Planung der Spiele getan hatte. Die blauen Wogen auf dem eben noch blutig genutztem Kampfplatz zogen Marcus' Aufmerksamkeit auf sich und erneut mußte er lächeln, ah, die Verlosung, eine ausgesprochen kreative und amüsante Idee seines Sohnes war das gewesen und Marcus sofort davon begeistert gewesen, er sah sich nach links und dann nach rechts um und zog seine Nummer hervor, die er sich hatte geben laßen; es war etwas absurd, da er mit die Preise dort unten finanzieren sollte – oder hatte? - Marcus hatte noch keine Ahnung, wie und wieviel das Ganze werden würde – er verdrängte eben ausgesprochen gut, dennoch hatte er es sich nicht nehmen laßen, selber an der Verlosung teilzunehmen, schon alleine der Spannung wegen. Er spähte von seiner Nummer XII zu den hoch springenden, von Menschenhand geschaffenen Enten und grinste wie ein kleiner Junge, der sich auf die Saturnalien freute. Die Nummern wurden verlesen und die Preise dazu ausgerufen; irgendwo sah Marcus einige Leute hoch springen als wohl ihr Los gezogen worden war. Natürlich gab es keine tausende Gewinner, aber so manch einer konnte heute etwas mit nach Hause nehmen, wie ein Claudius Tucca, der stolze und frisch gebackener Besitzer eines Gemäldes, Celeste, die ein Mosaik ganz passend für eine villa ergattern konnte. Der PU Salinator erhielt sogar ein Jahresfreischein für ein Lupanar in Rom, der Senator Tiberius Durus gewann ein feuriges Jagdpferd, das Ehepaar Aelia und Prudentius eine Sklavin, die man hervorragend – wie der Sprecher behauptete – für das Hüten von Kindern nutzen konnte und Purgitius Macer erhielt ein edles und rosafarbenes Seidengewand, was als Geschenk für die daheim wartende Ehefrau gut sein könnte; selbst zwei Soldaten wurden bedacht, die trotz und gerade ihres Arbeitsfleisses auch ein Los erhalten hatten, darunter war ein gewißer Decimus Serapio, der ein romantisches Abendessen, samt Techtelmechtel mit einer Edelkonkubine - stadtbekannt und sehr exklusiv gebucht – gewann. Nur Marcus – wie einige und die meisten Zuschauer auch – erhielt einen Trostpreis in Form von einem mit Oliven gefüllten Brot und einer Kanne Wein, enttäuscht sackten darauf hin Marcus' Mundwinkel herunter und er seufzte wehmütig.



    SimOff: Wer ein WiSim Konto hat, wird dort auch etwas finden.

    Bisher hatte Marcus immer geglaubt, daß eher die einfachen Leute des römischen Imperiums seine Abneigung gegen die hohen, griechisch-römischen Tragödien teilte, umso erfrischender war es, in dieser Hinsicht scheinbar doch zwei Gleichgesinnte getroffen zu haben, was Marcus' Mundwinkel einen ordentlichen Schubs nach oben gab und er zustimmend nickte, denn natürlich war das Argument von Macer nicht von der Hand zu weisen.
    „Da wirst Du wohl Recht haben!“
    , fügte er dem hinzu und winkte einen Sklaven mit eingelegten Oliven heran. Das mit dem Rennen klang doch gut und Marcus würde sicherlich seine Freude an einer solchen Veranstaltung finden.
    „Das klingt gut mit dem Rennen, und mein Sohn wäre auch Feuer und Flamme, er ist ja wirklich ein begeisterter Anhänger der russata und kaum zu bremsen, wenn sie bei einem Rennen an den Start gehen.“
    Er sah zu seinem Sohn hinüber und lächelte kurz, ehe er den sah, mit dem sich sein Sohn wohl gerade unterhielt, war das nicht? Ja, doch! Piso! Marcus rollte mit den Augen, denn er mochte Piso nicht sonderlich, was wahrscheinlich an Leontia lag, deren Worte er noch genau im Kopf hatte und sogar der gequälte Tonfall mit dem sie – in Bezug auf ihren Bruder – meinte: "Wie peinlich!" Leontia, seine Lieblingsbase – möge sie im Elysium selig sein! - war nun mal Meinungsbildend für Marcus. Seufzend wandte er wieder den Blick ab und sah in die Arena, er hatte den Todesstoß verpaßt und blinzelte verblüfft als der Gladiator röchelnd zu Boden ging; leise pfiff er durch die Zähne, er hätte nicht erwartet, daß die Amazone gewinnen würde; zudem bemerkte er jedoch, daß der andere Gladiator auf die geschwächte Amazone zulief; Marcus winkte einen Sklaven heran, dem er einige Worte zuflüsterte; der Sklave schoß sofort zum Herold. Dieser lauschte und hob die Hände.
    „Genug!“
    , ließ er sein mächtiges Stimmorgan erklingen.
    „Die Sieger stehen fest, gewonnen haben in diesen Zweikämpfen Taurotis – der schwarze Stier – und Penthesilea – die Königin der Amazonen! Beide haben bewiesen, daß sie es wert sind, den heutigen Tag zu überleben und weiter für großen Ruhm zu kämpfen! Ehre für Taurotis, Ruhm für Penthesilea!“

    Abschätzend betrachtete Marcus den bloß gelegten Rücken der Sklavin, und selbst wenn das Licht in dieser Sklavenunterkunft mehr dürftig, und die Schatten zahlreicher als die Lichtpunkte auf der Schneeweißen Haut der Sklavin waren – in denen die Peitschenhiebe umso grober und wie eine blutige Bresche in strahlendem Schnee wirkte – so konnte er doch immerhin einigermaßen die Verletzungen abschätzen und er überlegte, ob er nicht doch den medicus des Hauses rufen sollte, damit dieser sich um den Rücken von Asny kümmerte, denn schließlich hatte sie ihn wirklich einiges an Sesterzen gekostet, selbst wenn Marcus die genaue Summe nicht kannte; aber erstmal würde sich dadurch auch ganz gut zeigen, aus was für einem Holz Asny wirklich geschnitzt war, auch wenn er keine große Hoffnung hegte, daß sie die Lehre aus dem Schmerz zog, die Marcus beabsichtigt hatte, seine normalen Disziplinarmaßnahmen schienen an Asny nicht nur zu scheitern, sondern in die völlige Gegenteiligkeit zu führen. Marcus rieb sich die Hände an einem Leinentuch trocken, hinterließ dabei auch rosafarbene Flecken von dem verdünnten Blut, das beim Waschen an seine Finger gelangt war, und wölbte seine Augenbrauen in die Höhe; Beharrlichkeit hatte Asny, und ganz unrecht hatte sie mit ihrer Argumentation ja auch wieder nicht, ein kopfloser Sklave war natürlich auch eher von geringerem Nutzen und nur für die plumpen Dinge des Alltags tauglich, also war Marcus auch bereit, ihre Antwort mit einem marginalem Neigen seines Kopfes zu quittieren und beschloß, damit die Disputatio über die Natur einer perfekten Sklavin zu beenden, er hatte seinen Standpunkt auch lang und breit ausgeweitet – sehr entgegen seines üblichen Redeverhaltens – und alles andere würde er der Zukunft überlaßen, und dann eben sehen, ob Asnys Vorstelllungen und die Seinigen konvergieren würden, oder ob es nicht eher vergebene Liebesmühe war und keine Zukunft hatte, doch das würden erst die nächsten Wochen, vielleicht sogar erst die Zukunft beweisen. Außerdem war es auch für Marcus offensichtlich, daß es Asny immer schlechter zu gehen schien, gleichwohl ihre Worte er von einer leichten Unbekümmertheit deuten sollten – sollten sie? - und wenig davon, daß sie gerade erst am Nachmittag ausgepeitscht worden war und danach Stunde um Stunde in dem Loch verbracht hatte, ein Ort, an dem schon viele Sklaven – insbesondere in der Zeit seines Bruders – verzweifelt und durchgedreht waren, aber nicht Asny, was Marcus sich merken würde und ihm viel über die junge Sklavin verraten hatte.


    Hinwieder runzelte er etwas verärgert die Stirn auf die letzten Worte der Sklavin hin, ein wenig fühlte er sich ertappt, aber nicht gänzlich schuldig, denn er hatte das noch nie so betrachtet oder derartige Intentionen gehabt, dennoch fühlte er, wie die Wärme sich an seinem Nacken ausbreitete, weil ihn eine gewiße Verlegenheit überkam, aber sie - die Verlegenheit - sollte sich nicht über seine Ohren auf das Gesicht ausbreiten, zumal er tief durchatmete und beschloß auch darauf hin keinen weiteren Disput anzufangen, er würde sowieso nur in der Argumentation unterlegen sein, da er durchaus das Diskussionspotential der Asny kennen gelernt hatte. Nur einen abschließenden Kommentar konnte er sich dazu nicht verkneifen:
    „Weißt Du, Asny, es wäre mir egal, ob Nummer vier, acht oder zwölf, Jungfrauen war noch nie mein Fall gewesen! Aber egal, Du hast wahrscheinlich Recht...“
    Womit er meinte, daß sie nicht in sein Beuteschema paßte, dafür wog sie einfach gut zwanzig Kilo zu wenig, war zu hellhäutig und die blonden Haare reizten Marcus auch nicht sonderlich; mit den Worten erhob er sich und betrachtete sie skeptisch, denn er glaubte nicht, daß sie es noch auf ihren eigenen Beinen aus dieser Unterkunft, geschweige denn in einen anderen Sklavenschlafraum schaffen würde, sie sah aus wie ein leibhaftiger Geist, der aus dem Tartaros gekrochen war, und die ätherische Essenz mit jedem Windhauch schon zerstört werden konnte. Marcus sah sich in dem Raum um, den er ursprünglich für ihre Unterkunft gehalten hatte, aber er kannte sich im Sklaventrakt doch einfach reichlich wenig aus und wußte kaum einen Raum von dem Anderen zu unterscheiden, er bemerkte eine Bewegung am Rande des Raumes, ein Schatten, der über die weniger schwarze Wand glitt, und sich zu ducken schien, um unerkannt zu bleiben, Marcus war er dennoch für einen Herzschlag aufgefallen, lange genug, um die Silhouette eines anderen Sklavens in und von der Dunkelheit diskriminieren zu können.


    „Natürlich kannst Du in Deine Unterkunft zurück kehren, aber laß Dir von dem Sklaven dort helfen; zudem muß Dein Rücken noch versorgt werden und Du bekommst die nächsten Tage Zeit, Deinen Rücken auszukurieren, eine defekte Sklavin nützt mir herzlich wenig!“
    Ob sie sich nun wirklich vom Sklaven helfen laßen wollte oder sich doch eisen und verbißen – derart vermutete Marcus – sich bis zu ihrem Schlafplatz zurück kämpfen würde, das überließ er freilich Asny, obwohl er einige Herzschläge lang überlegte, ob er sie nicht eigenhändig hochheben und einfach dorthin tragen sollte, wo sie ihn dann hin dirigierte und ihm weisen würde, wo sie eigentlich nächtigte, aber Marcus befand, daß das doch zuviel des Guten gewesen wäre, insbesondere nach ihrer doch sehr langen und sehr intensiven Auseinandersetzung, die Marcus einen gehörigen Schädel verpaßt hatte, noch mehr als das viele Bechern vorher, er hatte nur noch das Bedürfnis, sich in sein Bett zu legen und wie ein Toter bis zum nächsten Morgen zu schlafen. Er betrachtete Asny noch mal nachdenklich, nickte ihr schließlich zu und drehte sich dann um; mit wenigen Schritten hatte er die Tür erreicht, die er öffnete und in zwei neugierig spähende Sklavengesichter guckte; grimmig starrte er auf die Sklaven – die er höchstens vom Sehen her kannte – und die darauf hin eingeschüchtert zurück traten, selbst wenn sich der Eine ein breites und hämisches Grinsen verkneifen mußte; Marcus wußte dabei nicht, ob er über die Strafe von Asny sich freute oder ob sie genug gelauscht hatten, damit sie wußten, daß Asny ihn ziemlich vorgeführt hatte, immer und immer wieder; das kalte Starren von Marcus' Augen vermochte immerhin das Grinsen auf dem Gesicht – selbst wenn es nur ein Anflug war – zu vertreiben. Es war auch der Ingrimm, der Marcus deutlich ins Gesicht geschrieben stand, der den Sklaven jedwedige Lust vertrieb, sich hier noch ihrer Neugier wegen herum zu tummeln, sie machten einen Katzbuckel und verschwanden schnell im Gang wieder, Marcus sah ihnen kurz hinter her und drehte sich dann wieder in Richtung von Asny um, sie taxierend, ob sie überhaupt Transportfähig war oder ob er doch notfalls eingreifen mußte und sie doch in Richtung der Sklavenunterkunft tragen würde.

    Es knisterte leise im Ofen, als die letzten Holzscheite vom Feuer verzehrt wurden, von Feuer konnte man schon nicht mehr sprechen, es waren nur noch die letzten Überlebenden eines Herdfeuers, immer wieder leckten kleine und verzweifelte Zungen über die rotglühenden Holzreste, tanzten auf der schwarzen Kohle und vergingen in der weißen Asche, die um die rote Glut sich ausgebreitet hatte. Dennoch gab das Feuer einen warmen und mysteriösen Schein, vermochte die wirklich ganzen Ausmaße des Fiaskos in der Küche zu überspielen, selbst wenn es genug offenbart wurde. Aber für den Moment hatte Marcus nur vor, erstmal seine Füße hochzulegen, er hangelte mit der Ferse nach einer Holzkiste und zog sie näher, um daraufhin stöhnend seine schmerzenden Latschen darauf abzulegen, er kam sich vor wie am ersten Tag beim Militär, den er mit einem ausgiebigen Tagesmarsch, samt all des Gepäcks, hatte absolvieren müßen – oh, wie hatte Marcus an diesem Tag gelitten, und der Zustand seiner Füße weckten Erinnerungen an diesen Tag. Die gut gemeinten Worte von Bridhe ließen ihn hinwieder lächeln, sie schien wirklich ihr Herz am rechten Fleck zu haben – das hatte Markus erst heute gemerkt, aber manche Menschen konnte man eben nur in ihrem wahren Kern erkennen, wenn man sich von Gleich und Gleich mit ihnen zu unterhalten vermochte und nicht nur Sklaven in ihnen sah, die einen bestimmten Sinn und Zweck zu erfüllen hatten. Immer noch war jedoch ein wenig Zweifel in Marcus, denn er hatte durchaus noch vor Augen, wie seine Vettern es organisiert hatten, eben bravurös und mit den üblichen Freien, insbesondere an das Fest - bevor Marcus in den Krieg - aufgebrochen war, blieb ihm dabei gut in Erinnerung, - war das nicht noch Leontia dabei gewesen? - und natürlich war der Sklave von Gracchus für die Organisation zuständig gewesen, und auf Sciurus war nun mal Verlaß – im Gegensatz auf ihn – Marcus Flavius Aristides; weswegen Marcus leise in sich hinein seufzte.


    „Vielleicht hast Du Recht! Nun ja, auf jeden Fall haben wir keine Verluste und die Familie wird es auch überleben, daß wir...ähm...mal wieder etwas ursprünglicher gefeiert haben.“


    Den Göttern sei Dank hatten sie dieses Jahr keine Gäste gehabt, wie letztens mit den Aureliern und Claudiern, bzw. deren Sklavenschaft, denn dann hätte es sich noch ehe die Sonne wieder sich zeigte, in ganz Rom herum gesprochen. Bei Bridhes letzten Worten mußte Marcus breit grinsen.
    „Die villa verkaufen! Keine schlechte Idee, nur würde sich wohl mein Vater im Grabe herum drehen, und mein Bruder würde seine Schlägertruppe auf mich hetzten, selbst von Sardinien aus kann er ganz schön nachtragend sein.“
    Das Grinsen auf den Zügen, die nur vage beleuchtet waren und mehr von den Schatten der Nacht beherrscht wurden, hätte natürlich verraten, daß er nichts dergleichen von seinem Bruder glaubte – oder etwa doch?
    „Aber wir können uns noch eine kleine Pause gönnen, denke ich, und sowieso, Du hast schon mehr als genug heute getan, trotz Deines Kindes, ich möchte Dich nicht noch mehr belasten mit all der übrigen Arbeit.“
    Zudem überlegte sich Marcus sowieso, ob er die Schlachtreste nicht doch für den nächsten Tag stehen ließ; Marcus gähnte bei dem Gedanken nochmal herzhaft und spähte zu Bridhe.
    „Wegen der Bürgerlisten, ich stehe dafür natürlich selbstredend auch als Zeuge zur Verfügung, damit Dein Sohn zu seinem Recht kommt.“
    , setzte er noch die Angelegenheit von vor ein paar Stunden fort.

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    Gorm warf seinen Kopf zurück in seinen Stiernacken und brüllte laut vor Schmerz auf, die unteren Ränge würden wohl seinen Schmerzenslaut hören, als die Amazone ihm den Dolch in den Oberschenkel gerammt hatte; sofort schoß ein Schwall von Blut über seinen muskulösen Oberschenkel und floß bis zu seiner Wade hinunter; er taumelte einen Schritt zurück und riß sich den Dolch, den er in seinem Schwung mitgenommen hatte, aus dem Bein heraus, was natürlich das Bluten etwas schlimmer machte. Gorm holte tief Luft und saugte sie bis in die Tiefen seiner Lunge ein, jetzt war er wirklich grantig und auf einen grausamen Tod für das Weibsbild aus; leicht hinkend, aber dennoch mit all dem Zorn, der durch seine Adern pulsierte und wogte, stürmte er auf die davon kriechende Amazone, er würde immer und immer wieder sein Schwert in sie stoßen, bis sich bei ihr nichts mehr rührte, er hob das Schwert hoch über seinen Kopf, um es mit voller Wucht auf die Frau runter schlagen zu wollen, blind vor Wut sah er nichts als nur dieses Ziel: Darum entging es ihm völlig, daß die Amazone eine Waffe ergriff; seine Augen weiteten sich erstaunt als er in den Speer rannte, die Spitze bohrte sich durch sein Fleisch, brach Rippen und erreichte die Tiefen seines Brustkorbes, er hörte sogar das Knirschen von seinen Knochen, doch für einige Herzschläge lang verspürte er keinen Schmerz, sondern nur unendliches Erstaunen; seine Augen weiteten sich und sein Atem ging in einem explosiven Stoß aus seinem Mund hinaus, dann brachen erst seine Knie zusammen und daraufhin der Schaft des Speeres, nur die Spitze, sie steckte immer noch in Gorm.
    „Mistst...“
    Blut floß über Gorms Lippen und rasselte in seiner Kehle, die Luft blieb ihm aus und er keuchte, er merkte nicht, daß er auf den Sand gefallen war; Gorm starrte mit aufgerissenen Augen in den blauen Himmel, mit jedem der abgehackten Atemzüge floß mehr von roter, schaumiger Flüssigkeit aus seinem Mund, der Schmerz, mit einem Mal kam er wuchtig über Gorm und er stöhnte röchelnd, er merkte nur die Pein, das Leid, und dann jedoch glitt all das hinfort und sein Körper wurde unwichtig, er sah für einen Augenblick auf sich und die Amazone, dann erlosch das Licht in seinen Augen und der letzte Lebensfunke entwich dem Körper des Gladiators, genau als auch die ältere Amazone tot auf den Sand fiel mit durchschnittener Kehle, die die goldenen Sandkörner mit ihrem Lebensodem voll saugten. Der Nubier richtete sich schwer atmend auf und packte seine Waffe, um auf die überlebende Amazone zu zu stapfen.





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    Obwohl Marcus eher eine ungnädige Epicharis damit erweckt hatte, konnte er es natürlich nicht laßen, dem Brautzug sich anzuschließen und mit Fackeln und fröhlichen Spottversen sich auf den Weg zu dem neuen Heim der Braut zu machen, sogar Marcus ließ einen – zugegeben, eher dürftigen und schlecht gereimten – Spruch von seinen Lippen hören und gluckste darüber wohl herzlicher als jeder sonst, der ihn vernommen hatte und ob des katastrophalen Versmaßes nur schmerzlich das Gesicht verziehen mußte, immerhin hatten bestimmt schon genug von den Gästen ordentlich getrunken, damit dieser schnell wieder vergeßen wurde.
    „Mann und Frau, sie streiten gern!
    Venus' Lob, das Bett ist nicht fern!
    Drum beweißt es der Göttin lustvoll mit der Liebe
    Dann klappt's auch bald mit der vollen Wiege
    Heiha, Varus, ran an die Braut!“

    Vor dem Haus angekommen, blieb Marcus stehen und verfolgte mit einem leutseligen und jovialen Lächeln die Zeremonie, schloß sich noch zudem den anderen Gästen an und wartete, bis der Tradtion entsprochen worden war. In der casa angekommen, konnte Marcus auch den ihn begleitenden Sklaven endlich anweisen, die Geschenke an die Sklavenschaft der Annaeer weiter zu geben, damit diese ihnen am nächsten Tag – wie er es von der Tradition her kannte und es bei ihnen üblich war – überreicht wurden, zumal Marcus nicht in die Zeremonie damit platzen wollte. Ein bißchen gefeiert hätte Marcus noch gerne, aber sicherlich würde dadurch die Laune von seiner Gattin noch schlechter werden und jeder Herzschlag, der verging, würde ein Tag des Leidens in den nächsten Wochen bedeuten.

    Resigniert gab Marcus auf, er würde kein Wortgefecht, keinen Streit mit Gracchus gewinnen können, Gracchus war ihm einfach, was die Kette von logischer und geistig brillanter Argumentationen anging, einfach haushoch überlegen, da war es besser einen taktischen Rückzug zu beginnen, etwas, was selbst einem Soldaten nicht schlecht zu Gesicht stand, wenn das Terrain nun mal verloren war; seine Mundwinkel waren deutlich nach unten geneigt und er starrte wieder düster hinaus auf das Treiben der Römer, die putzmunter und völlig unbekümmert ihrem Tagestreiben nachgingen und von dem Dilemma des Marcus Flavius Aristides' nichts ahnten, und sowieso sich dafür nicht interessiert hätten. Er grummelte und brummelte noch einige Herzschläge, wußte jedoch auch wirklich nichts auf die Antwort von Gracchus zu erwidern, darum obließ er es bei dem Schweigen, und quittierte das über den Senator mit einem Nachobenwölben seiner linken Augenbraue und einem mißtrauischen Taxieren von seinem Vetter, denn Marcus glaubte dahinter Ironie und Sarkasmus, denn Marcus konnte nicht von der Annahme ausgehen, daß Gracchus das ernst meinen würden. Er würde jedoch ob der Angelegenheit noch eine Weile seinem Vetter grollen – in seiner mießen Stimmung in dem Augenblick nahm er sich vor, daß es mindestens das Amtsjahr dauern würde! Einige Herzschläge später: Mindestens bis zur Wahl! Drei Weitere: Mindestens die nächsten beiden Tage! Marcus seufzte leise und ließ das schwere und düstere Schweigen zwischen den Beiden, das wie ein Klotz auf ihnen zu lasten schien, während die Sänfte nach Hause zurück kehrte.

    Sodenn schritten die Kochbemühungen voran, die Ente wurde gerupft – ihr stand kein sonderlich glückliches Schicksal bevor, eher ein trauriges und sehr...schwarzes Ende! - und es ging weiter im emsigen Treiben bis in den Abend, mehr eher den Nachmittag hinein, an dem sich schon die Familienmitglieder versammelten – die sich erfolgreich um die Rekrutierungsmaßnahme gedrückt hatten, sehr zum Mißfallen von Marcus! - und auch die Sklaven, die jedes Recht dazu hatten, diesen Tag als ihren Tag zu feiern, der Erinnerung an das Zeitalter wegen, wo es allen Menschen gleich gut ging und die Knute der Knechtschaft noch versteckt und unerfunden war; so ging jedoch die Plakerei weiter, die Malheure heuften sich, die cena nahm immer katatstrophaler – oder für manche wohl amüsante – Züge an und hatte dann – den Göttern sei Dank – auch irgendwann ein Ende. Völlig am Ende, völlig fix und fertig und erschlagen schlurfte Marcus mit einer verwüsteten, leeren Platte zurück in die Kuche und ließ sich auf die Holzbank plumpsen. Aiai und herrje, wie hielten die Sklaven das nur tagtäglich aus, Marcus würde das keine Woche überleben und er beschloß, die Sklaven in nächster Zeit zu schonen – einen Vorsatz, den er einige Tage später schon wieder vergeßen haben sollte! Der Wein, den er heute Abend zu sich genommen hatte, tat seinen Anteil und gab ihm zudem den Rest, immerhin würde Epicharis wohl heute auch keinen Wert mehr auf seine Gesellschaft legen, sie hatte sich – wie schon manche anderen – auch bereits zurück gezogen, vor einiger Zeit schon, Marcus überlegte einen Augenblick lang – während er das Schlachtfeld in der Küche, namentlich die ganzen dreckigen Töpfe, die Reste von den Vorarbeiten, etc. betrachtete – also währenddeßen sann er darüber nach, ob er nicht doch noch ein Bad nehmen sollte, um sich im heißen Wasser zu erholen, aber es würde wohl daran scheitern, daß Marcus nicht wußte, wie man ein Bad mit heißem Wasser füllte, er kannte diese Mechanik nicht, die unter dem Boden installiert war und wo man das Feuerholz entzünden mußte, wußte er ebensowenig. Er hörte Schritte, die sich der Küche näherte und sah mehr Schemenhaft die Gestalt einer Frau – da es in der Küche nur noch das Glimmen des Ofens gab und sonst nur der Flur den Türrahmen beleuchtete.
    „Ich glaube, es war eine Katastrophe, oder? Oder meinst Du, sie haben nichts gemerkt von dem Desaster, den ich angestellt habe?“
    , fragte Marcus gähnend und sich den Nacken reibend.

    Dam, dam, dadam, daadadamdamdam, so oder mit einem ähnlichen Trauermarsch wanderte die Ente nach dem vernichtenden Urteil der erfahrensten Köchin des Raumes – natürlich Bridhe, wer denn sonst? - in die Kiste für den Kompost – natürlich wußte Marcus nicht, daß Fleisch da auch nicht hinein gehörte! Traurig sah er den dunklen Resten nach, warf jedoch auch die Knochen und die schwarze Haut dazu, da war eindeutig nichts mehr zu machen. Und Muscheln klangen doch gar nicht so übel, Marcus mochte Muscheln auch sehr gerne, selbst wenn Ente eher seine Leibspeise war!
    „Das ist eine gute Idee!“
    , erwiderte er deswegen und überlegte, was man noch dazu auftragen konnte, ah, die Speisen, die Gracchus noch am Mittag zubereitet hatte, wo er nicht viel Schneiden, sondern nur Zusammenlegen mußte, feine Pasteten, die noch von einem Händler geliefert worden waren, und ähnliche Dinge, sahen doch gar nicht so übel aus und würden wenigstens etwas von dem Mahl retten. Marcus drappierte die Speisen noch mal zurecht, warf noch ein paar der zerschnittenen Kräuter darüber – das sah doch schon mal recht professionell aus! - und nickte langsam.
    „Dein Vater, hmh, ja, verständlich, dann trägt der Sohn den Namen seines Großvaters und seines Vaters, dann wird mal bestimmt ein ganz großer Mann aus ihm werden!“
    , meinte Marcus mit einem Anflug von einem Grinsen – wobei das auch keine Ironie war, Marcus war dafür eigentlich viel zu...ja...gutmütig, um solche taktischen Wortklaubereien zu beginnen.
    „Du mußt Dich dafür nicht revanchieren, Bridhe, Du bist die Klientin von Aquilius und die Mutter seines Kindes, damit obliegt es auch uns – als die Familie von Aquilius – sich auch um Dich zu kümmern, wenn er nicht mehr dazu...naja...in der Lage ist.“
    Im Stich gelaßen hatte Aquilius seine Freigelaßene und das konnte Marcus wirklich nicht gutheißen.
    „Wenn Du möchtest, kann ich mit Dir zu der Bürgerliste gehen, aber vielleicht besprechen wird das später, ich glaub, die Trommeln da drinnen schon mit ihren Löffeln!“
    , meinte Marcus grinsend und griff nach der Platte, zustimmend nickend, was die Miesmuscheln anging. Mit Bridhe macht er sich darum auf den Weg hinein in den Speisesaal, um weiter dem saturnalischen Feiern nachzugehen, seiner Rolle als Herr zu den Saturnalien – nämlich dann bedienend – gerecht zu werden. Was noch geschah, das obliegt der Phantasie eines Jeden! Ob noch etwas geschah? Wer weiß? Vielleicht wird das eines Tages gelüftet werden...




    SimOff: Des mangelnden Interesses wegen beende ich das hier mal. Danke an alle, die gekommen sind und insbesondere an Bridhe, die tapfer mit mir ausgehalten hat ;)