Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    „Wunderbar! Dann warten wir doch bis die Männer fertig sind.“


    Gesagt, getan. Die Männer, die Pollinctores, brauchten dann doch etwas mit der Salbung und der Einbalsamierung des toten Medicus. Einige Zeit verging ehe dann endlich die Totenwache organisiert werden konnte. Blumen wurden herangeschafft, der richtige Raum wurde ausgesucht und dann die Leiche hinüber gebracht. Alles von den Pollinctores bewerkstelligt. Marcus nickte zufrieden und ging dann schließlich mit seinem Optiokollegen in den großen Raum, wo die Totenwache stattfinden sollte.



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    ~Der Tod eines Medicus, Akt 2, Szene 1- Die Leichenwache~
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    Schummriges Kerzenlicht beleuchtete den Ort des Geschehens, Weihrauch waberte durch den extra dafür geräumten großen Raum. In der Mitte war ein lectus funebris, ein Paradebett, für den toten Medicus aufgestellt worden. Große Kerzenleuchter standen an der Seite und zwei junge Männer saßen auf kleinen Holzstühlen. Mit der Tibia spielten sie lang gezogene Klagelaute, zwischendrin setzten sie die Flöte ab und jammerten und klagten um den Toten. Der Tote lag einbalsamiert und gesalbt auf dem großen Bett. Ihn umkränzten allerlei farbige Blumen und duftende Lampen. Unter seiner Zunge lag das Kupferstück, was er für die Überfahrt des Styx benötigen würde. Charon war schließlich kein Wesen, was umsonst arbeitete. So hergerichtet sah der Medicus wohl besser aus als in den letzten Jahren und besser riechen tat er allemal. Aber in den nächsten Tagen sollte die gesamte Legio hier durchmarschieren und ihrem Medicus die letzte Ehre und das letzte Geleit erweisen. Da sollte er doch einen guten letzten Eindruck hinterlassen.


    Optio Marcus Flavius Aristides war eindeutig froh darüber, daß die Männer von dem Bestattungsunternehmen die Organisation der Totenwache übernommen hatte. Mitsamt seinem Optiokollegen, Tallius Priscus, kam er schließlich in dem Raum an. Mit gerunzelter Stirn sah er auf den so friedlich schlummernden Medicus, zumindest erschien er bei diesem Licht so, und sah sich nach einer Sitzgelegenheit um. Gepolsterte Stühle standen tastsächlich für all jene bereit, die vor hatten, dort einige Stunden zu harren und den Toten den Übertritt in die Unterwelt leichter zu machen. Außerdem konnte man ja nie ganz gewiss sein, ob jener nicht doch noch lebte. Marcus ließ sich seufzend auf den Stuhl nieder und sah leicht genervt zu den Tibiaspielern, die gerade ihre Flöten abgesetzt hatten und inbrünstig jammerten.


    „Kanntest Du den Medicus gut, Optio?“

    Mit verkniffener Miene folgte Marcus dem Bespiel seines Vetters. Mit fahrigen Bewegungen, der ganze Streß und die Sorge machten Marcus schon zu schaffen, machte sich Marcus daran, sein Pferd zu versogen. Der Gurt wurde gelockert, der Sattel abgenommen und das Zaumzeug, nachdem Marcus das Pferd mit einem Seil an dem Baum angebunden hatte, heruntergezogen. Nachdem das Weitere übliche vollführt war, sah Marcus zu Aquilius. Daß dieser irgendein Gespräch über seine Tochter einleiten wollte, bemerkte Marcus dabei nicht.


    „Meine Tochter ist nun mal sehr klug. Und meine Mutter kann nicht die ganze Zeit auf sie aufpassen…ich geh Feuerholz suchen!“


    Die Worte murmelte Marcus abwesend und machte sich dann auf, den Worten Taten folgen zu lassen. Er verschwand zwischen den Monolithen und in der Dunkelheit. Noch eine Weile hörte man seine Schritte. Ein steter Wind wehte über das Fleckchen Erde, auf dem sie sich aufhielten und rasten wollte. Doch die Monolithen boten ein wenig Schutz gegen den Wind. Eine kleine Fledermaus umflatterte kurz den Stein und verschwand sofort wieder in der Dunkelheit. Schon kurz darauf kehrte Marcus zurück und warf einige Zweige in die Senke, in der sie zu rasten gedachten. Aus seiner Tasche holte er ein kleines Zündeisen und einen Feuerstein hervor und machte sich an die mühselige Arbeit, ein Feuer zu entzünden. Lange brauchte er dafür ehe er die kleinsten Zweige entfachen konnte und dann auch ein größeres Lagerfeuer hinbekam. Erst als es brannte, stand Marcus auf und holte die Satteldecke, auf die er Platz nahm. Seine Schultern sackten herunter und sein Gesicht wurde wieder grimmig. Denn immer wieder mußte er an all das Schlimme denken, was seiner Tochter passieren könnte. Er schluckte und starrte ins Feuer.


    „Vielleicht haben sie sich verirrt…!“


    Hoffnung? Eigentlich glaubte Marcus das nicht. Aber als Meister der Selbsttäuschung versuchte Marcus die Hoffnung mit Nahrung zu versorgen und ein kleines Feuer des Optimismus zu entfachen.

    Abenteuerlust? Marcus grübelte darüber nach und sah weiter auf die Stadt herunter. So ruhig, alles schlief dort bestimmt. Und nur die wirklich lebenslustigen Römer oder Menschen waren dort wohl noch in den Tabernae oder dem einzigen Lupanar der Stadt unterwegs. Abenteuerlust? In der Legio? So viele Routine wie in der Legio hatte Marcus in seinem ganzen Leben nicht gehabt. Die wahren Abenteuer hatte er noch als Junge erlebt oder bei seiner großen Reise nach Africa. Das würde er machen, wenn er nach Abenteuer suchen würde. Marcus, der sich immer ein Stück nach Africa sehnte, seufzte kurz und sah dann wieder zu den Probati.


    “Meinst Du wirklich, daß Du hier in der Prima Abenteuer findest? Ich bezweifele es doch arg. Wann ist die Prima das letzte Mal ausgerückt? Das ist ja schon eine Weile her!“


    Die Frage von Lucullus brachte Marcus zum Grübeln. Adel verpflichtet? In gewisser Weise schon. So nickte Marcus andeutungsweise, stützte sich mit seinem Arm auf der Holbalustrade ab.


    „So ist es! Die Zeiten haben sich jedoch auch ein wenig geändert. Früher hätte ich als Patrizier bestimmt nicht mit Euch hier gestanden oder auf dem Übungsplatz, sondern in so einem verstaubten Officium für unnötige Patrizier in der Legio gesessen. Ich denke schon, daß es heute besser so ist. Natürlich sind die Erwartungen von meiner Familie an mich, daß ich irgendwann in die Politik gehe und mit meiner Zeit in der Legio prahle. Aber ich glaube kaum, daß das noch passieren wird. Auch spüre ich kein Bedürfnis danach!“


    Marcus lächelte schmal. Es würde noch schwer werden, das gegenüber seiner Mutter auch durchzusetzen. Aber vielleicht würde die Zeit ihm da helfen. Fragend sah er zu Ahala.


    “Und was ist mit Dir, Caecilius? Die Hoffnung auf einen Schwarzrock?“

    Dankbar lächelnd und ehrerbietig verbeugte sich Marcus noch mal tief vor dem Kaiser. Auf das Zeichen des Kaisers hin, wandte sich Marcus ab und verließ die Regia. Erst draußen als die Sonne in sein Gesicht strahlte, die Tauben fröhlich und völlig unpassend gurrten, wurde ihm wieder bewußt, daß sein Anliegen fehlgeschlagen war. Schwermütig seufzte er kurz auf. Doch dann steckte ihn der schöne Tag wieder an und er lächelte gleich darauf. Immerhin war die Audienz nicht katastrophal verlaufen und Marcus hatte den Kaiser auf recht nette Weise einmal kennen gelernt. So hoffte er, daß er wenigstens nicht all zu peinlich wirkte als das 'Drehbuch' seiner Mutter einfach nicht mehr für die Audienz reichte und Marcus anfing zu plaudern. Doch daran konnte er sowieso nichts ändern. Darum pfiff er leise und fröhlich vor sich hin als er den Palast verließ und wieder sich ins Gewühl der Stadt warf. Schließlich stand noch eine Feier am Abend an.

    Zustimmend nickte Marcus auf die Worte des Probatus und sah von einem Gesicht zum Anderen, ob die anderen Männer, darunter auch Ahala, dem folgen konnten. Schien fast so zu sein. Vielleicht war die Frage auch zu einfach gewesen? Marcus zuckte innerlich mit der Schulter und ging etwas auf und ab. Wenn schon denken, dann bei Bewegung. Das half ihm seine Worte zu wählen und seinen Geist zu klären.


    „In der Tat ist das Gladius für den Nahkampf gut geeignet und das Pilum für den Fernkampf. Es gibt bei den Waffen eine recht übliche Einteilung in Angriffs- und Verteidigungswaffen. Doch ist diese Aufteilung eigentlich völlig unzureichend. Denn man kann jeden Gegenstand zu einem Angriffswerkzeug machen. Nicht nur das Gladius ist für den Nahkampf zum Angriff geeignet, sondern auch das Scutum, das schwere Holzschild. Das Schild kann Nasen und Knochen brechen oder den Angreifer auch einfach wieder zurück stoßen. Daneben wehrt das Scutum effektiv Schwert und Pfeile ab. Und der allergrößte Vorteil zeigt sich beim Kampf mit dem Schwert und dem Schild, daß selbst ein ungeübter Kämpfer eine Auseinandersetzung mit bewaffnete Gegner überleben und bestehen kann. Doch hier werdet Ihr in den nächsten Wochen immer und immer wieder den Kampf damit üben. Denn ungeübt sollt Ihr in der Tat nicht bleiben. Folgt mir!“


    Energisch marschierte Marcus mit den Probati den Übungsplatz bis zum hinteren Ende entlang und auf einige Holzpfähle zu. Sie ragten aus dem sandigen Boden auf und zahlreiche Kratzer und Kerben zeugten davon, daß hier rege trainiert wurde. Marcus deutete auf den Pfahl und sah dann zu Ahala.


    „Das ist ein Germane. Also stell Dir das so vor, auch wenn es jetzt erst mal ein Holzpfahl ist. Der Germane will Dich töten und danach über Rom herfallen, Dein Haus plündern, Deine Familie foltern, Deine Schwestern schänden. Nur Du stehst zwischen ihm und der Heimat. Töte ihn!“


    Marcus trat schnell zur Seite und machte Ahala den Weg frei auf den Holzpfahl. Dabei musterte er genau jede Bewegung und wie Ahala seinen Angriff vollführen wollte.

    Es war wirklich wohl zu Marcus Glück, wie seine Ausbrüche oder seine Mimik heute völlig von Lucilla mißverstanden wurde. Obwohl er doch eher ein Mann war, der gerne reichlich und genüßlich dem Wein zusprach, hatte er bei ihr jetzt wohl den Ruf eines zurückhaltenden Legionärs, ein Widerspruch in sich könnte man glauben. Marcus schluckte heftig. Der Glückliche, der Lucilla ehelichen durfte. Nicht der Akt der Ehe natürlich, sondern die angenehmen Stunden danach mit ihr. Die Ehe an sich grauste Marcus eher. Hatte er doch lange Jahre der Tortour und Tartarusqualen mit seiner ersten und einzigen Ehefrau erlebt. Doch das schien vergessen zu sein bei dem Anblick von der zauberhaften Lucilla. Ihren Zukünftigen beneidete Marcus durchaus. Senator Germanicus Avarus? Irgendwie sagte ihm der Name überhaupt nichts, gar nichts! Aber Marcus war eh nie lange in Rom gewesen und hatte sich mit nie der Liga der außergewöhnlichen Senatoren beschäftigt, zu denen man Avarus bestimmt zählen konnte. Aber Senator? Das klang doch nach einem alten und langweiligen Knochen. Marcus Stimmung stieg schlagartig. Da hatte er auf einem Feld, selbst wenn es die Ehe nicht war (darin hatte Marcus sowieso im Moment keine großen Ambitionen) vielleicht doch noch Chance, Lucilla zu „erobern“.


    Je länger sich Marcus mit Lucilla unterhielt, desto mehr taute er auf. Sprich, er aß mehr. Das Fleisch und der Obstgang, oder eher die süßen Dinge, waren doch dann mehr sein Fall als der leichte Fisch. Fröhlich und gut gelaunt unterhielt sich Marcus mit Lucilla über Themen die Rom bewegten und auch ihn, sprich nicht allzu intellektuelle Dinge. Hätte man diese in ein Traktat verfasst, wären wohl folgende Titel dabei rausgekommen:„Die Ludi im Allgemeinen! Ein Stück in vielen Sätzen!“, „Über die Tücken der römischen Strassen! Eine kurze Satire in wenigen Worten ausgedrückt!“, „Die Freuden Romas und das Amüsement dort! Eine zensierte Ausgabe, da Marcus kaum aus dem Nähkästchen plaudern konnte!“, „Die Politik und warum man sie meiden sollte? Ein Leidensbericht? Eher weniger!“, „Die exotischen Länder, die man bereisen kann! Ein bunt illustrierter Erfahrungsbericht!“ und so manche andere unverfängliche Themen. Doch Marcus war nicht mehr der Jüngste, der Wein benebelte auch irgendwann seinen Geist, mehr als er schon in seinem Normalzustand war. Darum verabschiedete er sich spät nachts von Lucilla.


    „Es war mir...(Pause, weil er über die Worte nachdenken mußte!) eine große Freude...Dich kennen gelernt zu haben, schöne Lucilla...(Irgendwann im Gespräch war er darauf übergegangen. Es mußte wohl an dem Wein liegen). Ich wünsche Dir eine angenehme Reise nach Germania und gib gut auf die Germanen...Acht. Sie sind doch ein raues Völklein. Aber dann hoffe ich doch sehr, baldig wieder einmal Deine Gesellschaft haben zu dürfen. Aber es wäre auch zu grausam, oh schönste Lucilla (er kannte eigentlich auch keine andere Lucilla), wenn mir dieses Vergnügen in Zukunft vorenthalten wird. Hm...ah ja. Ich werde die Tage ausharren und die Götter mit vielen Opfern gnädig stimmen. Vale, oh Du Schönste unter den Frauen, die das Firmament erblickt hat!“


    Erstaunlich, daß Marcus dann doch noch so viele sinnreiche Worte zusammen bekam. Mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen, einer angedeuteten Verbeugung verabschiedete er sich schließlich von ihr und machte sich auf, auch noch den letzten Rest seines Geistes in Wein zu ertränken. Aber in einer Taberna weit weg von so schönen Augen, vor denen er in allerlei peinliche Situationen geraten konnte.

    Zufrieden, daß doch alles sein gutes Ende genommen hatte und Marcus nun einigermaßen wußte, wo er die nötigen Tänze lernen konnte, vernahm Marcus den Segen seines Vetters. Ein oder zwei Becher ließ er sich dort noch munden, aber dann ließ er sich auch gleich eine lacerna bringen, den Überwurf für seine toga. Vielleicht hatte er es am Abend geahnt, aber es wurde ihn schon wenige Schritte nach dem Verlassen des Anwesens zum Vorteil. Denn der Regen prasselte auf ihn herunter und tränkte selbst seinen Überwurf und dann danach auch seine schöne weiße toga. Doch nach Hause hatte es ihn an jenem Abend nicht gezogen, sondern in die Stadt und in ein gutes Lupanar. Bei so viel trockenen Saliergesprächen brauchte Marcus auch dringend einen Ausgleich. Lange Rede, kurzer Sinn: Marcus verließ auch die Versammlung.

    Die Ablehnung war erst zu versteckt angedeutet, zu sehr in eine höfliche Aussage, daß Marcus es sofort registrierte. So brauchte er einige Herzschläge, um diese Sätze richtig zu interpretieren. Das mit der Garde lockte ihn in der Tat sehr. Konnte Marcus ja nicht ahnen, daß kurz danach der Prätorianerpräfekt persönlich um Marcus Tochter warb und somit jegliche Träume und Pläne für Marcus dort zu Nichte machte. Egal ob sie heirateten oder nicht. Denn Marcus konnte weder unter einem verärgerten Präfekten dienen, der abgewiesen wurde, noch gar unter seinem eigenen Schwiegersohn. Doch dieses Dilemma tat sich ihm nicht auf. Dafür jedoch, daß sein Anliegen somit abgeschmettert wurde. Höflich, aber dennoch bestimmt. So war es weniger verwunderlich, daß Marcus Schultern etwas heruntersackten, nachdem er es verstanden hatte. Oh weh, seine Mutter würde toben und bestimmt einem Sklaven den Rücken blutig schlagen, wenn sie davon erfuhr.


    Doch Marcus innerliche Enttäuschung währte nur kurz. Schließlich war er einfach ein optimistischer Mann und selten von Ablehnungen schwer getroffen. So neigte er höflich den Kopf und lächelte sogar freundlich. Denn den Kaiser hatte er heute als einen sehr sympathischen Menschen erlebt. Ganz anders als man es sich vorstellen würde, besonders wenn man sich so manch einen Vorgänger von ihm in Erinnerung rief.


    „Ich verstehe, werter Imperator. Ich bin Dir jedoch sehr dankbar, daß Du Dir so viel Zeit für meine Bitte und dieses Gespräch genommen hast, ehrenwerter Augustus!“

    Es war auch nichts anderes zu erwarten. Natürlich war nichts in der Nacht zu melden, mitten in der Heimat und von dem nächsten Feind oder Angreifer weit, sehr weit entfernt. Selbst Räuber und Banditen ließen sich bis auf Steinwurfnähe des Lagers nicht sehen. Aber die waren ja auch nicht so lebensmüde. Marcus nickte knapp und tippte noch mal mit seinem Optiostab, sein inzwischen liebstes Soldatenspielzeug, an seinem Rückenteil der Rüstung. Schweigend lehnte sich Marcus gegen die hölzerne Balustrade und sah auch stumm auf die Stadt hinunter. Einige Fledermäuse umflatterten eine Fackel vor der Außenmauer. Anscheinend jagten sie dort die Fliegen, die vom Feuer magisch angezogen wurden. Marcus kratzte sich am Nacken und riß sich gleich aus seinen beginnenden Gedankengängen heraus. Er wußte ja, wenn man Nachtwache hielt, fing man an philosophische Gedanken zu entwickeln. Und wenn Marcus zuviel nachdachte, dann bekam er immer schreckliche Kopfschmerzen.


    „So, Probati, eine völlig unanstrengende Lektion in der Nacht für Euch! Wozu ist der Nachtdienst noch gut als seinen Dienst zu versehen und somit der Legion treu ergeben zu sein? Man erfährt am meisten über die Mitsoldaten. Also, fangen wir mal an. Lucullus und Ahala, was hat Euch zur Legio getrieben? Aber kommt mir jetzt nicht mit ‚Imperium dienen und die Bürger zu schützen’- Kram. In der Nacht sind alle Fledermäuse grau...oder waren es Frösche?“


    Marcus kratzte sich wieder am Nacken und dachte über das Sprichwort nach. Irgendwas erschien daran wieder komisch. Vielleicht lag es auch nur daran, daß er keinen Sklaven hatte, der ihm da auf die Sprünge helfen konnte?

    Völlig entspannt hatte Marcus dort gelehnt, die Augen geschlossen und über die Götter und die Welt sinniert. Nein, das wäre in der Tat nicht ganz zutreffend. Denn eigentlich hatte Marcus nur über schöne, dunkelhäutige Frauen und natürlich über das Essen nachgedacht. Der Entschluß heute Abend in die Stadt zu gehen, war inzwischen fest beschloßen. Den Soldatenfraß tat er sich heute Abend nicht an. Außerdem hatte er eh noch genug Lohn übrig. Zufrieden mit sich und der Welt döste Marcus fast hinweg. In dem Moment sprach ihn der neue Rekrut an. Marcus blinzelte und öffnete erst ein Auge, dann das Andere. Ach ja, sein Dienst war ja noch nicht zu Ende. Marcus quälte sich von seiner „Sitz“gelegenheit. Mit einem Wink deutete er dem Probatus ihm zu folgen.


    „Also, dann auf zum Kaiser. Du wirst dort uns hoffentlich keine Schande machen und dann den Eid schwören. Aber komm...!“


    Marcus führte Ahala aus der Unterkunft und zum Fahnenplatz, wo die Standarte und das Bildnis des Kaisers standen, vor dem man den Eid und natürlich auch auf das römische Reich schwören sollte. Danach führte Marcus den Probatus wieder in die Unterkunft zurück.


    „Gut, Abendessen gibt es in dem Haus gegenüber. Versprich Dir nicht zuviel. Die Latrinen sind die Lagergasse herunter und am Ende. Der ekelhafte Gestank wird Dich schon leiten. Alles andere wirst Du mit der Zeit schon erkunden! Sonst noch Fragen?“


    Sim-Off:

    Auf dem Fahnenplatz schreib ich nix, da nur dort die Eide abgenommen werden.

    Zufrieden nickte Marcus. Das war doch gar nicht so übel für den Anfang. Den preußischen Gleichschritt kannte Marcus sowieso nicht und diese Art im gleichen Takt zu marschieren war den Römern auch nicht sonderlich geläufig. Wenn sie auch mit Präzision ihre Aufstellungen bezogen. Marcus folgte den Probati als sie ein Stück marschierte. Immer mal wieder feuerte er sie weiter mit ‚pergite...pergite!’ an und ließ sie eine ganze Runde um den Platz marschieren. Erst als sie wieder auf ihrem kleinen Übungsflecken angekommen waren, blieb Marcus stehen.


    state! in aciem venite!“


    Marcus stellte sich vor die Männer. Ob einer nicht ganz in der Linie war, erschien Marcus auch unwichtig. Der Umgang mit den Befehlen zu lernen, war ihm wichtiger. Grüblerisch musterte Marcus einen Holzpfahl in der Nähe. Da war doch etwas von einer Leitlinie, die Centurio Artorius heraus gebracht hatte. Was sollt er sie wann lehren? Herrje, Marcus hatte sich doch einen Zeitplan gemacht. Alles vergessen! So musste improvisiert werden. Marcus beschloß einfach auf unbekanntes und neues Feld vorzustoßen.


    „Gut, Probleme mit den Befehlen habt Ihr nicht. Die Anderen werde ich im Laufe Eurer Ausbildung immer wieder einstreuen! Wir kommen nun zu den Grundlagen des Kampfes. Für den Kampf ist als erstes Ausdauer und Zähigkeit wichtig, danach Technik und die Reflexe. Ausdauer und Zähigkeit werdet Ihr hier jeden Tag beweisen müssen und zeigen. Denn wer das nicht erwirbt, der fliegt wohl auch schnell aus der Legio oder geht sogar freiwillig. Die Technik und die Reflexe werdet Ihr hier lernen und mir am Ende der Ausbildung beweisen. Ehe wir zu den Formationen und dem Kämpfen in der Schlachtreihe kommen, werdet Ihr die Grundlagen des Schwert- und Schildkampfes und das Speer werfen lernen. Welche Waffen eignen sich davon zum Angriff? Weiß das jemand?“

    Mit verschränkten Armen stand Marcus vor Ahala und wartete seine Aufzählung ab. Seine Augenbrauen waren leicht zusammen gezogen, eine Falte bildete sich zwischen ihnen und er sah grüblerisch auf den Sand des Exerzierplatzes. Schließlich hob er seinen Kopf wieder an und sah zum Probatus. Er nickte knapp. Zwar hatte der Probatus für ihn ein wenig zu schnell geredet, aber Marcus war nicht falsches aufgefallen.


    „Sehr gut, Probatus. Eine solche Aufteilung findet Ihr bei jeder Legion, ob die Prima oder die Secunda in Germania. Mit dem kleinen Unterschied, daß der Befehlshaber dort der Statthalter von Germania ist. Jeder in der Legion hat zu wissen, wo sein Platz ist in dieser Hierarchie und auch mit seinem Aufgabenfeld. Nur dadurch ist die reibungslose Kriegsmaschine Legion so wirksam, daß wir der Schrecken der Welt sind. Disziplin und Gehorsam sind dabei die wichtigsten Schlüsselworte. Gehorcht Eurem Vorgesetzten immer, denn er weiß schon, was er tut. Wer den Befehl verweigert, kann ausgepeitscht, mit Carcer oder sogar mit dem eigenen Leben büßen.“


    Wie bekräftigend schlug Marcus mit dem Optiostab gegen seine Hand und ging auf und ab.


    „Darum kommen wir gleich zu den Befehlen, die ihr im Schlaf beherrschen müßt. Doch zuvor noch ein Hinweis. Wer Beschwerden oder ein Anliegen hat, der hat den Dienstweg einzuhalten. Ich möchte keinen von Euch im Officium des Legaten, Tribunus oder Präfekten sehen ehe er nicht bei mir oder bei Centurio Artorius Avitus war. Gut, dann zu den Befehlen. Und da mir gerade schlagend bewiesen wurde, was für aufgeweckte Probati ich vor mir habe, werde ich Euch einen Befehl nach dem Anderen nennen und Ihr beweißt mir, daß Ihr diese verstanden habt.“


    Der Optiostab fest umgriffen lächelte Marcus dünn, ging an den Probati vorbei und stellte sich seitlich von ihnen auf. Wieder verschränkte er die Arme hinter dem Rücken.


    in aciem venite!“


    Er ließ ihnen kaum Zeit, denn schon kam der nächste Befehl.


    state!...pergite.... aequatis passibus...pergite!“


    Marcus unterdrückte es auf seinen Zehenballen auf und ab zu wippen und wartete darauf, ob die Probati seine Befehle verstanden hatten.

    Mit dem Optiostab bewaffnet marschierte Marcus langsam und gelangweilt durch das Lager. Wieder einmal stand eine Nachtwache an. Endloses und ödes Warten! Warten? Worauf eigentlich? Aus der Stadt griff doch sowieso keiner an und mitten unter Feinden waren sie auch nicht. Selbst in Germania waren die Nachtwachen meist ereignislos gewesen. Doch es mußte sein und die Probati lernten dadurch auch mehr Disziplin lernen. Zwischendrin in der Nachtwache zog sich Marcus immer mal wieder zurück und stärkte sich ehe er seine Runde von vorne begann. So kam er auch wieder mal am Tor vorbei. Klack, klack! Sein Optiostab klopfte gegen seine lorica segmentata, die geisterhaft von dem spärlichen Mondlicht erleuchtet wurde. Marcus Blick glitt gen Himmel, klar und ohne eine Regenwolke. Immerhin. Klack, klack! Er machte das mit Absicht. Denn er wollte keinen der Soldaten eingeschlafen vorfinden. Das war einfach nur unschön, machte ihm auch Ärger und brachte dem Probatus oder Legionär nur eine unnötige Strafe. Der Schreck des Geräusches würde sie wohl genug lehren.


    So trat er an die Probati am Tor heran. Zufrieden stellte er fest, daß sie keine Verschlafenheit überdecken mußten. Ernst verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und hielt seinen Stab fest umgriffen. Eine Weile blieb er dort stehen. Ruhig und ohne die Probati anzusprechen. Sein Blick war auf die nächstliche Stadt gerichtet und er schien an etwas ganz anderes als die Wache oder die Männer um sich herum zu denken. Erst die Worte von Ahala rissen ihn aus seinen Gedanken. Er wandte seinen Kopf ihm zu, dabei lauschte er den Fragen des Probatus, den er Tag für Tag drillte und plagte. Dafür sah der jedoch noch relativ fit aus, befand Marcus.


    „Genauso wie ich an dem morgendlichen Appell teilnehme, werdet Ihr das auch tun. Es ist nun mal das Los eines Soldaten, daß er nicht immer ausgeschlafen sein kann. Trotzdem müßt Ihr auch dann voll einsatzfähig sein. Aber es ist ja nicht jede Nacht, wo Ihr Nachtwache halten müßt.“


    Marcus wußte, daß er ein wenig zu gutmütig war und ihnen noch Erklärungen ablieferte. Die meisten anderen Unteroffiziere machten das nicht. Aber Marcus war nicht einer der Strengsten. Das glaubte zumindest er selber. Und wer weiß? Vielleicht täuschte er sich da auch gewaltig. So hob er nur fragend die Augenbrauen und verzichtete darauf, sie salutieren zu lassen.


    „Gibt es eine Meldung? Besondere Vorkommnisse?“



    [SIZE=7]edit: jo, voll einsatzfähig in der Nacht *gg* Verdammte Rechtschreibfehler..[/SIZE]

    Sim-Off:

    Kein Problem. Mach wie Du Zeit hast ;) Ich bin ja auch nicht jeden Tag online. Und das ist doch schon ein längeres Posting ;)


    Munter grinsend hielt sich Titus Crassus den Bauch und nickte. Er trat an den Probatus heran, musterte wie er alles hielt und nickte ein zweites Mal höchst zufrieden mit dem Ergebnis. Marcus saß immer noch auf der Kiste und betrachtete die Beiden bei ihrem Tun. Noch mußte er nicht eingreifen und so konnte er sich weiter mit den Gedanken dem Essen widmen.


    „Sehr gut, junger Mann! Jetzt kannst Du los marschieren und bis nach Rom so laufen. Los, hopp! Nein, war nur ein Scherz...haha! Gut, alles erledigt! Hier, vergiss die Crista für Deinen Helm nicht! Dann viel Glück bei Deiner Ausbildung, Junge! Vale!“


    Freundschaftlich, väterlich und etwas gönnerhaft klopfte Titus Crassus Ahala auf die Schulter und wandte sich um. Da schien er was weniger erfreuliches entdeckt zu haben. Hinten polterte es leise und einer der Soldaten fluchte. Leise schnaubte Titus Crassus und schüttelte den Kopf.


    “He, nicht dahin, Decius! Oh, bin ich mit Idioten umgeben?“


    Schnell stapfte er an einigen Kisten vorbei und stauchte den Soldaten zusammen. Einige unflätige Brocken drangen bis nach vorne vor und der freundliche Titus Crassus schien in dem Moment gar nicht mehr gut drauf zu sein. Doch Ahala war eingekleidet. Somit befand Marcus, daß sie fertig waren. Marcus rutschte von seinem improvisierten Sitz herunter. Auch er musterte noch mal prüfend Ahala. Dabei war er wieder zufrieden, daß er nicht beim Tragen helfen mußte.


    „Komm! Ich führ Dich in Deine Unterkunft. Danach wirst Du den Fahneneid ablegen. Sag, hast Du schon vor dem Kaiser gestanden?“


    Grinsend öffnete Marcus die Tür und ging mit dem schwer beladenen Probatus aus der Ausrüstungskammer. Strammen Schrittes, jedoch nicht zu schnell wegen der Last von Ahala, ging Marcus mit ihm durch die Lagergasse und zu der Unterkunft seiner Centurie.

    Erneut einen Probatus zur Unterkunft bringend, öffnete Marcus polternd die Tür. Dabei schreckte er den ein oder anderen erschöpften Soldaten auf, der wohl Nachtwache gehalten hatte oder die Strapazen der Grundausbildung zu überwinden versuchte. Suchend sah sich Marcus in dem Licht der Nachmittagssonne um. Mit der rechten Hand deutete er auf einige Pritschen am Eingang.


    „Dort ist Platz! Such Dir eines der Lager dort aus. Verstau Dein Zeug dort und zieh danach deine Paraderüstung an. Du wirst vor dem höchsten Mann des Imperiums gleich Deinen Eid ableisten.“


    Grinsend nahm Marcus auf einem anderen freien Lager Platz und lehnt sich gegen die Holzwand. Was für ein Tag. Ein Rekrut nach dem Anderen war in sein Zimmer gestürmt. Warum bloß alle auf einmal? Wochenlang keine Seele, so daß Marcus sich schon zu Tode gelangweilt hatte und dann der Stress. Wie immer halt! Doch sein Dienst würde bald zu Ende sein. Und zu dem Zeitpunkt ahnte Marcus noch nicht, daß er bald gar nicht mehr in diesem muffigen Officium hocken mußte. Doch im Moment dachte er nur über seine unmittelbare Zukunft nach- essen und danach schlafen. Vielleicht noch ein kleiner Besuch in der Stadt.

    Strenger Miene und aufrechten Ganges lief Aristides vor den Probati auf und ab und musterte jeden einzelnen genau. Saßen ihre Tuniken, brachten sie den angemessenen Ernst mit zur Ausbildung, schienen sie zu taugen? War das nicht der aus dem Rekrutierungsbüro und der so flott sein Marschgepäck zusammen hatte? Ja, der Caecilia. Marcus nickte zufrieden, denn es waren scheinbar alle da. So stellte er sich vor ihnen auf und hielt seinen Optiostab hinter seinem Rücken.


    „Probati, heute beginnen einige harte und schwierige Wochen für Euch. Ich werde Euch über das Feld hetzen, durch Flüsse waten und jeden Tag streng exerzieren lassen. Danach werdet ihr Euch nicht auf die faule Haut legen können. Nein, Ihr werdet wie jeder andere Soldat am Tor, an der Mauer und in der Nacht Wache stehen.“


    Marcus Lippen waren fest zusammen gepresst und er sah einen jungen Mann nach dem anderen an. Er sprach zwar kräftig, aber nicht dröhnend wie manche anderen Ausbilder auf dem Platz.


    „Doch eure Ausbildung wird hart sein, weil wir nur die besten Soldaten hier in der Legion gebrauchen können. Faulenzer und Nichtstuer kann es auf dem Forum Romanum geben, aber nicht hier in der persönlichen und treuesten Legion des Kaisers. Hohe Ansprüche werden an Euch gestellt werden. Wer sie nicht erfüllen kann, der fliegt hier wieder hochkantig raus oder wird zu den Hilfstruppen versetzt. Also strengt Euch an und beweist mir, daß Ihr es wert seid in der Legio Prima dem Kaiser dienen zu dürfen. Zeigt, daß ihr dieses Privileg verdient habt.“


    Die Augen von Marcus verengten sich leicht als er wieder alle scharf musterte. Marcus glaubte zwar innerlich nicht, daß sie besser wären als die Secundus, aber es konnte nicht schaden den Probati ein wenig Dampf unter den Füßen zu machen. Außerdem konnte es ja noch werden und mit ein wenig mehr Felderfahrung sowieso.


    „Im Zuge der Ausbildung werdet Ihr alles lernen, was ein Soldat braucht, um hier zu dienen. Schwimmen, falls ihr das noch nicht könnt. Aber auch Reiten, denn nicht nur die Legionsreiterei muß das können. Nein, Ihr alle! Und wer sich dort hervortut, darf vielleicht eines Tages in der Reiterei dienen. Wenn Ihr gut seid! Ansonsten lernt Ihr das Kämpfen in einer Schlachtformation, das Kämpfen mit dem Gladius und Scutum, das Werfen eines Pilum und das Bedienen von Belagerungsmaschinen. Nebenbei natürlich auch die Theorie, was Ihr für Euren Dienst braucht. Fragen? Stellt mir Fragen, sobald Euch eine einfällt. Aber nicht erst Tage später...“

    Unvermittelt trat Aristides auf Ahala zu.


    „Wie ist eine Legion aufgebaut, Probatus?“

    Einige windschiefe Zederbäume knarrten leise in ihrer Nähe, leise ächzend unter dem Druck des steten Windes und dem Zahn der Zeit. Die Sonne versank schon einen Finger breit hinter der Hügelkette. Marcus Augenbrauen zogen sich zusammen. Ein Unwilliger, aber auch nachdenklicher Ausdruck stand in sein Gesicht geschrieben. Etwas, was man selten bei ihm sah. Aber er dachte auch scharf nach. Dies war eine Situation, die seinen trägen Geist sehr forderte. Aber die Sorge um seine Tochter ließ seinen Verstand auch wieder auf neue unerkannte Höhen steigen. Marcus versuchte sich in Rutger hinein zu denken. Ein schwieriges Unterfangen, da Marcus weder Sklave noch ein Germane war. Was würde der jedoch tun? Sich von den großen Straßen und Orten fern halten. Überall, wo sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, wäre Rutgers Flucht in Gefahr. Aber wenn er nach Germania wollte, würde er zwangsläufig einer der wenigen begehbaren Pässe dort hinnehmen müssen. Bis dahin...abgelegene Wege und sich nachts im Wald verstecken. Marcus seufzte schwer und schüttelte den Kopf.


    „Nein, ein paar Stunden können wir noch reiten. Bis wir kein Licht mehr haben!“


    Gesagt, getan! Marcus wartete nicht lange. Mit den Fersen trieb er sein dunkles Ross an. Reiter und Pferd strebten weiter in nördliche Richtung. Ihre linke Seite war in ein tiefes Rot getaucht, was Marcus Profil scharf abzeichnete. Unermüdlich preschte Marcus vorbei an den silberroten Olivenbäumen und eine Hügelanhöhe hoch. Die Landschaft wurde immer steiniger und karger. Hinter dem Hügel tauchten noch weit in der Ferne eine Reihe von niedrigen Bergen, die mittleren Apennin auf. Einige Schwalben strichen über sie hinweg, fingen die letzten Fliegen in der Abendsonne. Auf einem Hang waren die Tupfen von kleinen Schafen und einer Ziegenherde zu sehen, doch weit ab von ihrem Weg. Einem Weg, den Marcus auch nur erahnte und der sie in die falsche Richtung führen konnte. Doch Marcus ritt hora um hora weiter. Erst als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden waren, er das erste Käuzchen schreien hörte, gab er seinem völlig erschöpften Pferd eine Rast. Er zügelte sein Pferd und sah sich suchend um.


    Unwillig seine Suche unterbrechen zu müssen, ritt er auf eine Senke zu. Mehrere große Findlinge standen um die Senke herum. In der Dunkelheit wirkten sie wie Gestalten, Riesen aus einer alten Zeit. Einer Zeit als noch Heroen und Halbgötter auf der Welt wandelten. Eine alte und von dem Wind zerschundene Kastanie ragte neben den Findlingen auf und streckte ihre knorrigen Äste über die Senke wie ein Dach. Marcus sprang von dem Rücken des Pferdes und sah sich noch mal um. Grimmig nickte er.


    „Hier können wir ein paar Stunden rasten! Was meinst Du?“

    Verdutzt hatte Marcus bemerkt, daß der Sklave tatsächlich auf die Knie ging und bellte. Na, was für ein bewundernswerter Gehorsam. Dann war es wohl doch kein Fehlkauf gewesen. Marcus lächelt leicht und nach dem zweiten Mal Kläffen, grinste er sogar. Er strich seiner Tochter liebevoll über die Wange.


    “Gut, ich bin dann im Exedra, Cinilla, Sonnenschein.“


    Marcus beachtete den Sklaven nicht weiter, sondern ging ins Innere der Villa. Sein Magen knurrte und dem mußte abgeholfen werden.

    Wieder schien der Mann vor ihm lieber mit Beleidigungen um sich zu werfen. Was für ein unverschämter Kerl! Marcus bebte innerlich. Und schon wieder war ihm klar, daß er seinen Sonnenschein an den bestimmt nicht verheiraten würde. Nach solch einem Auftritt des Präfekten befand Marcus das als natürliche Reaktion. Schließlich empfand sich Marcus selber nicht gerade als empfindlich, aber solche Reden mußte er sich von einem Werber wahrlich nicht anhören. Marcus Gesicht wurde wieder rot als er so wütend wurde. Mühsam beherrschte er sich weiter. Bei seiner Stimme klang jedoch eine gehörige Portion Wut mit.


    “Ich werde einen Boten schicken, wenn ich mich entschieden habe. Einen schönen Tag noch, Präfekt. Vale!“


    Marcus winkte einem Sklaven, den Mann und seine Gefolgsleute hinaus zu führen. Erst dann ging er zu dem Anderen und griff nach dem Weinbecher. In einem Zug leerte er ihn und starrte wütend gegen eine Säule. Was erdreistete sich der Mann eigentlich? Marcus in seinem eigenen Haus, ja gut es war das seines Bruders...also in den flavischen Wänden so zu beleidigen? Und das, obwohl der Mann doch um sein Fleisch und Blut, ja Marcus eigene Tochter werben wollte! Bei Mars Fäusten...


    „Spado! Stolidus!“


    In einem seltenen Impuls, leider in Zukunft wohl nochmals, warf Marcus den Becher voll des Zorns gegen eine der Säulen und fluchte dabei unflätig. Der Sklave zuckte erschrocken zusammen als der Tonbecher an der Säule zerbrach. Eilig ging er dorthin und sammelte die Scherben auf. Marcus schritt finsterer Miene an ihm vorbei und in den Hof hinein. Dabei herrschte er noch einige Worte ehe er dorthin verschwand.


    „Hol mein Schwert!“


    Marcus mußte sich jetzt erst mal abreagieren.